Bundespatentgericht, Beschluss vom 19.03.2013, Az. 33 W (pat) 39/11

33. Senat | REWIS RS 2013, 7282

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "G8-Strandkorb" – zum Schutz staatlicher Hoheitszeichen – Zeichen besteht neben anderen Elementen aus der Kombination verschiedener Flaggen – Abbildung als verzierendes, dekoratives Element auf einem Strandkorb – kein Eindruck eines hoheitlichen Zeichens – kein Eintragungshindernis


Leitsatz

G8-Strandkorb

1. Der Schutz staatlicher Hoheitszeichen, wie z. B. Staatsflaggen, im Sinne von Art. 6ter Abs. 1 lit. a PVÜ setzt, anders als Art. 6ter Abs. 1 lit. b, c PVÜ, nicht voraus, dass der Eindruck einer Verbindung zwischen dem Benutzer der Marke und dem Hoheitsträger entsteht (EuGH GRUR Int 2010, 45 (Nr. 45) - Ahornblatt).

2. Das Eintragungshindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 6 MarkenG, mit dem Art. 6ter Abs. 1 lit. a PVÜ umgesetzt wurde, greift aber nicht ein, wenn durch die Art der Abbildung der Staatsflagge überhaupt nicht der Eindruck entstehen kann, dass es sich um ein hoheitliches Symbol handelt, mit dem eine bestimmte Legitimationswirkung verbunden ist.

3. Der Eindruck eines hoheitlichen Symbols entsteht nicht, wenn das Zeichen neben anderen Elementen aus der Kombination verschiedener Flaggen besteht und diese lediglich als verzierendes, dekoratives Element auf einem Strandkorb abgebildet sind.

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2008 017 458.7

hat der 33. Senat ([X.]) des [X.] durch den Vorsitzenden [X.], [X.] am [X.] und die Richterin Dr. Hoppe am 19. März 2013

beschlossen:

Auf die Beschwerde werden die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 36 vom 5. März 2009 und vom 24. Mai 2011 aufgehoben, soweit die Zurückweisung der Anmeldung die noch verfahrensgegenständlichen Waren und Dienstleistungen

Verpackungsbeutel, -hüllen, -taschen aus Papier oder Kunststoff, Verpackungsmaterial aus Karton, Verpackungsmaterial aus Stärke, Verpackungspapier

Fernsehwerbung, Öffentlichkeitsarbeit, Public Relations, [X.], Sponsoring in Form von Werbung, Versandwerbung, Verteilung von Werbemitteln, Werbung

umfasst.

Gründe

I.

1

Am 14. März 2008 hat die Anmelderin die farbige Bildmarke

Abbildung

2

für verschiedene Waren und Dienstleistungen angemeldet, von denen nach teilweiser Rücknahme der Anmeldung im Beschwerdeverfahren noch verfahrensgegenständlich sind:

3

Klasse 16:

4

Verpackungsbeutel, -hüllen, -taschen aus Papier oder Kunststoff, Verpackungsmaterial aus Karton, Verpackungsmaterial aus Stärke, Verpackungspapier.

5

[X.]:

6

Fernsehwerbung, Öffentlichkeitsarbeit, Public Relations, [X.], Sponsoring in Form von Werbung, Versandwerbung, Verteilung von Werbemitteln, Werbung.

7

Mit Beschluss vom 5. März 2009 hat die Markenstelle für Klasse 36 die Markenanmeldung nach § 8 Abs. 2 Nr. 6 [X.] vollständig zurückgewiesen und dazu ausgeführt, dass allein durch die in der begehrten Bildmarke abgebildeten Staatsflaggen der Eindruck entstehe, dass die beanspruchten Waren und Dienstleistungen einen Bezug zur staatlichen Gewalt hätten. Auf Grund der hiergegen eingelegten Erinnerung hat der Erinnerungsprüfer den [X.] teilweise aufgehoben und zwar für:

8

„Papeteriewaren, Buchbindeartikel, Siegel; Rundfunkwerbung; Finanzwesen, Informationen (Auskünfte) zu und Beratung in Vermögensanlagen, Finanzierungen, Fragen des Versicherungsschutzes und des [X.], soweit in Klasse 36 enthalten; Vermittlung von Vermögensanlagen, Versicherungen, Finanzierungen und Vermögensschutz, soweit in Klasse 36 enthalten; Finanzberatung; Finanzierungsberatung; Vermögensverwaltung; Vermögensplanung; Geldgeschäfte; Abwickeln von Geldgeschäften mit Kreditkarten; Versicherungswesen; Versicherungsberatung; Immobilienwesen.“

9

Im Übrigen hat er die Erinnerung zurückgewiesen. Der Erinnerungsprüfer ist der Ansicht, dass ein [X.] nach § 8 Abs. 2 Nr. 6 bzw. [X.] [X.] nicht vorliege, da die von der graphischen Gestaltung umfassten Flaggen in ihrer Vielzahl lediglich als ein dekoratives Element, nicht aber als Hoheitszeichen oder Zeichen einer internationalen zwischenstaatlichen Organisation erscheinen würden.

Im Hinblick auf verschiedene Waren und Dienstleistungen würde jedoch das [X.] nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] vorliegen, da das angemeldete Bildzeichen aus der fotografischen Wiedergabe eines [X.] bestehe, der anlässlich des sogenannten [X.] in [X.] bei einem Fototermin als Sitzgelegenheit für die an dem Gipfeltreffen teilnehmenden Staats- und Regierungschefs Verwendung gefunden habe und dadurch weithin bekannt geworden sei. Das Zeichen könne daher zur Bezeichnung der Art, des Themas bzw. des Gegenstandes verschiedener Waren und Dienstleistungen dienen. Im Zusammenhang mit den zurückgewiesenen Dienstleistungen der [X.] könne das angemeldete Zeichen darauf hindeuten, dass diese unter Verwendung der als Marke angemeldeten Wiedergabe eines [X.] erbracht würden.

Die Beschwerde der Anmelderin richtet sich gegen diese teilweise Zurückweisung der Anmeldung im Hinblick auf die noch verfahrensgegenständlichen Waren und Dienstleistungen.

Die Anmelderin ist der Ansicht, dass das angemeldete Bildzeichen die erforderliche Unterscheidungskraft aufweise, da es eine [X.]formation abbilde, welche eine besondere Eigentümlichkeit und Originalität aufweise. Insbesondere würden nicht nur die typischen Merkmale irgend eines [X.] abgebildet, sondern das Bildzeichen weise spezifische Elemente auf, die über die übliche Gestaltung von Strandkörben hinausgingen.

Im Übrigen würden die noch verfahrensgegenständlichen Waren der Klasse 16 durch das abgebildete Zeichen nicht beschrieben. Auch für die noch verfahrensgegenständlichen Dienstleistungen der [X.] sei das Zeichen unterscheidungskräftig und nicht beschreibend. Der angesprochene Verkehr erkenne in der Darstellung des sogenannten [X.] nicht die Beschreibung von Werbeprodukten bzw. einzelner Dienstleistungen aus der Werbebranche.

II.

Die zulässige Beschwerde der Anmelderin ist im Hinblick auf die nach der teilweisen Rücknahme der Anmeldung noch verfahrensgegenständlichen Waren und Dienstleistungen begründet, da ihr insoweit keine [X.]se nach § 8 [X.] entgegenstehen.

1.

Das begehrte Zeichen enthält eine Wiedergabe des sogenannten [X.], der eigens für das [X.] in [X.] im Juni 2007 hergestellt wurde.

Die G8-Gruppe ist ein informelles Forum der Staats- und Regierungschefs aus acht Industrieländern. Hierzu zählen die größten Industrienationen der Welt, nämlich: [X.], die [X.], [X.], das [X.], [X.], [X.], [X.] und [X.]. Auf ihren jährlichen Gipfeltreffen stimmen sie die gemeinsamen Positionen zu globalen politischen Fragestellungen ab, insbesondere zu den Bereichen Außen- und Sicherheitspolitik, Entwicklung und Klima. In dem Gremium der G8 ist auch die [X.] mit einem Beobachterstatus vertreten.

Bei dem Treffen im Juni 2007 in [X.] posierten die Staats- bzw. Regierungschefs der [X.] und der Präsident  der [X.] zu einem [X.] in einem überdimensional großen [X.], der in einem Halbkreis Sitzplatz für neun Personen bietet und im Innenraum mit einem blau-weißgestreiften Stoff bespannt ist, der für norddeutsche Strandkörbe typisch ist. Über den Sitzplätzen des [X.] sind die Staatsflaggen der Mitgliedsstaaten und die [X.] farbig abgebildet. Bei dem [X.] des Gipfeltreffens im Juni 2007 nahmen die Vertreter der [X.] bzw. der [X.] jeweils unter der Flagge des von ihnen vertretenen [X.]. Das hierbei angefertigte Foto wurde in zahlreichen Presseberichten veröffentlicht.

Nach dem Gipfeltreffen war der [X.] zudem auf zahlreichen Veranstaltungen, u. a. im Bundesrat, im [X.] und vor dem [X.] zu sehen. Darüber hinaus fanden auch Protestaktionen gegen den [X.] im [X.] statt. Im November 2007 ersteigerte die Anmelderin den [X.] zugunsten der Aktion „[X.]“. Danach hat die Anmelderin den [X.] für Fotogelegenheiten im Rahmen einer Spendenaktion zugunsten von „[X.]“ öffentlich zur Verfügung gestellt.

2.

Die begehrte Marke verstößt nicht gegen die [X.]se nach § 8 Abs. 2 Nr. 6 und [X.] [X.].

Die beanspruchte Bildmarke zeigt allerdings den [X.] auf dem unter anderem die nationalen Flaggen der sogenannten [X.]: ([X.], Vereinigte [X.], [X.], [X.], [X.], [X.], [X.] und [X.]) abgebildet sind. Zudem ist auch die [X.], bei der es sich um das Kennzeichen einer internationalen zwischenstaatlichen Organisation handelt, abgebildet. Diese Flaggen sind girlandenartig an dem oberen gebogenen Rand des [X.] zu erkennen, in dem 9 Personen in einem Halbkreis angeordnet sitzen können.

Während die Eintragung von Staatsflaggen in § 8 Abs. 2 Nr. 6 [X.] geregelt ist, finden sich die Bestimmungen für Flaggen und andere Kennzeichen zwischenstaatlicher Organisationen in § 8 Abs. 2 [X.] [X.].

a) Ein Verstoß gegen § 8 Abs. 2 Nr. 6 [X.] kann vorliegen, wenn eines der dort genannten Zeichen, z. B. eine Staatsflagge, identisch übernommen wird oder wenn die Marke gem. § 8 Abs. 4 S. 1 [X.] eine Nachahmung des Zeichens enthält.

Mit § 8 Abs. 2 Nr. 6, Abs. 4 S. 1 [X.] wird die völkervertragsrechtliche Bestimmung des Art. 6

Ausgehend von diesem Gesetzeszweck ist § 8 Abs. 2 Nr. 6 [X.] eng auszulegen und einer ausdehnenden Interpretation nicht zugänglich (vgl. zu § 4 Abs. 2 Nr. 2 [X.]: [X.], 47 (48) - [X.]; [X.], 495 (496) - Flaggenball; Fezer, [X.], 4. Aufl., § 8 Rd. 599).

Für den Anwendungsbereich des § 8 Abs. 2 [X.] [X.] enthält § 8 Abs. 4 S. 4 [X.], der Art. 6

Von der im Rahmen des § 8 Abs. 4 S. 4 [X.] vorzunehmenden Prüfung zu unterscheiden ist indes die Frage, ob durch die Art der Abbildung der Staatsflagge überhaupt der Eindruck eines hoheitlichen Symbols, mit dem eine bestimmte Legitimationswirkung oder der Eindruck einer staatlichen Gewalt verbunden ist, entstehen kann. Insoweit gebietet eine teleologische Auslegung im Sinne des Gesetzeszwecks, Abbildungen, die wegen abweichender Größenverhältnisse und/oder der Art der Darstellung nicht den Eindruck einer Flagge als Hoheitssymbol erwecken, vom Schutzbereich der Norm auszunehmen (vgl. [X.], 495 (496) - Flaggenball; [X.] vom 5.52011, [X.]/10 - esf école du ski français (Nr. 29 - 37). § 8 Abs. 2 Nr. 6 [X.] (bzw. in Art. 6

Im Hinblick auf die hier begehrten Waren der Klasse 16 zählen zum angesprochenen Verkehr sowohl Fachkreise als auch Endverbraucher. Dabei ist auf das Verständnis eines normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers abzustellen ([X.]H, [X.]. 1998, 795 Nr. 31) - Gut Springenheide). Die begehrten Dienstleistungen der [X.] richten sich vorwiegend an gewerblich tätige Unternehmen.

Unter Berücksichtigung des Gesamteindrucks, den die begehrte Abbildung beim angesprochenen Verkehr hervorruft, greift das [X.] des § 8 Abs. 2 Nr. 6 [X.] nicht durch, da die Anmeldung in ihrer Gesamtheit dem Publikum nicht als Marke gegenübertritt, die durch die Wiedergabe von Staatsflaggensymbolen einen Eindruck von [X.] hervorruft. Gegen den Eindruck von [X.] spricht zum Einen, dass das Zeichen neben anderen Elementen aus der Kombination mehrerer verschiedener nationaler Symbole besteht, so dass eine Zuordnung zu einem einzigen Hoheitsträger nicht mehr möglich ist, sondern lediglich ein Eindruck von Internationalität mit rein dekorativem Charakter entsteht (vgl. ebenso: [X.], 495, 496 - Flaggenball). Durch diese Art der Darstellung kann das einzelne nationale Symbol für den Betrachter in einer Vielzahl anderer untergehen, so dass ein konkreter nationaler hoheitlicher Bezug oder mehrere rein nationale und hoheitliche Bezüge des Zeichens nicht mehr erkennbar sind. Dies gilt vorliegend vor allem im Hinblick auf die Anbringung der Flaggen auf einem [X.], der keinen hoheitlichen Bezug nahelegt, sondern die Flaggen als verzierendes, dekoratives Element eines Möbelstücks erscheinen lässt, das weder ein hoheitliches Symbol verkörpert noch einen sonstigen Bezug zu einem staatlichen Organ vermittelt. Vielmehr erinnert ein [X.] an Freizeit und Urlaub, die regelmäßig nicht mit staatlichen [X.] o. ä. verbunden sind. Gerade an Stränden oder sonstigen Touristenorten ist der Gebrauch von Kombinationen von Wimpeln und Fähnchen auch mit Nationalfarben gang und gäbe, ohne dass sie deshalb vom Verkehr als hoheitliche Symbole aufgefasst würden.

Auch der Umstand, dass das Zeichen den [X.], in dem die Staats- und Regierungschefs der [X.] für ein Foto posiert haben, abbildet, gibt diesem noch keine hoheitliche, sondern allenfalls eine historisch-politische Bedeutung. In der Gesamtheit wird der Verkehr die abgebildeten Flaggen daher als rein schmückendes Dekor an einem [X.] wahrnehmen, das der Abbildung ein internationales Ambiente verschafft und an den [X.] im Juni 2007 erinnert, ohne dem Zeichen eine hoheitliche Würde oder einen Hinweis auf eine Staatsgewalt zu verleihen.

b) Es liegt auch kein Verstoß gegen § 8 Abs. 2 [X.] [X.] durch die Abbildung der Europaflagge vor.

§ 8 Abs. 2 [X.] [X.] schützt u. a. Kennzeichen internationaler zwischenstaatlicher Organisationen, die nach einer Bekanntmachung des [X.] im [X.] von der Eintragung als Marke ausgeschlossen sind. Bei der Europaflagge handelt es sich um ein solches Kennzeichen. Die Bekanntmachung ist am 29. Oktober 1979 (BGBl. 1979 I S. 1800) erfolgt.

Ein Verstoß gegen § 8 Abs. 2 [X.] [X.] liegt vor, wenn eines der dort genannten Zeichen identisch übernommen wird oder wenn die Marke gem. § 8 Abs. 4 S. 1 [X.] eine Nachahmung des Zeichens enthält. Mit § 8 Abs. 2 [X.], Abs. 4 S. 1 [X.] wird die völkervertragsrechtliche Bestimmung des Art. 6

Nach § 8 Abs. 4 S. 4 [X.] ist § 8 Abs. 2 [X.] [X.] indes nicht anzuwenden, wenn die angemeldete Marke nicht geeignet ist, beim Publikum den unzutreffenden Eindruck einer Verbindung mit einer zwischenstaatlichen Organisation hervorzurufen.

Selbst bei isolierter, von den begehrten Waren und Dienstleistungen losgelöster Betrachtung des begehrten Zeichens besteht, wie oben unter Ziff. II 2a dargelegt, nicht der Eindruck einer Verbindung zu einem Hoheitsträger, da die Europaflagge lediglich ein dekorativer Bestandteil des mit verschiedenen Flaggen verzierten [X.] ist. Dies gilt auch, wenn man das Zeichen in Zusammenhang mit den noch verfahrensgegenständlichen Waren und Dienstleistungen der Klassen 16 und 35 beurteilt, da die Darstellung des mit Flaggen verzierten [X.] auch für diese Waren und Dienstleistungen keinen hoheitlichen Bezug zur [X.] erkennen lässt.

3.

Es liegt auch kein Verstoß gegen das [X.] nach § 8 Abs. 2 Nr. 5 [X.] vor.

Insoweit ist zu berücksichtigen, dass § 8 Abs. 2 Nr. 6 und [X.], Abs. 4 [X.] spezielle Regelungen für die Eintragung von Hoheitszeichen enthalten. Ohne das Hinzutreten weiterer Umstände, an denen es vorliegend fehlt, stellt die Abbildung eines [X.] daher keinen Verstoß gegen die öffentliche Ordnung dar ([X.], 705 (706) - Euro-Billy).

4.

Es liegt auch kein [X.] nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] vor.

a) Nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] sind Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder sonstiger Merkmale der beanspruchten Waren oder Dienstleistungen dienen können.

Bei der Auslegung der absoluten [X.]se ist nach der Rechtsprechung des [X.]H zu Art. 3 Abs. 1 der [X.]L das Allgemeininteresse, das der Regelung zugrunde liegt, zu berücksichtigen ([X.]H GRUR 2008, 608 ([X.]) - [X.]ROHYPO m. w. N.). Die auf Art. 3 Abs. 1 lit. c der [X.]L zurückzuführende Bestimmung des § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] verfolgt das im Allgemeininteresse liegende Ziel, sämtliche Zeichen oder Angaben, die geeignet sind, Merkmale der beanspruchten Waren oder Dienstleistungen zu beschreiben, frei zu halten ([X.]H GRUR 2008, 503 (Nr. 22, 23) - [X.]; [X.]H [X.] 2012, 147 (Nr. 32) - [X.] - [X.]). Es gibt nämlich - insbesondere im Hinblick auf die Notwendigkeit eines unverfälschten [X.] - Erwägungen des Allgemeininteresses, die es ratsam erscheinen lassen, dass bestimmte Zeichen von allen Wettbewerbern frei verwendet werden können. Solche Zeichen oder Angaben dürfen deshalb nicht aufgrund einer Eintragung nur für ein Unternehmen monopolisiert werden (vgl. [X.]H GRUR 1999, 723 (Nr. 25) - [X.]; [X.]H GRUR 2004, 146 (Nr. 31) - [X.]; [X.]H GRUR 2004, 674 (Nr. 54, 56) - Postkantoor; [X.]H GRUR 2004, 680 (Nr. 35 - 36) - [X.]; vgl. auch [X.]/[X.], [X.], 10. Aufl., § 8 Rd. 265 m. w. N.).

b) Auf der Grundlage dieser Vorgaben ist das begehrte Zeichen für die verfahrensgegenständlichen Waren und Dienstleistungen aus der Sicht des angesprochenen Verkehrs nicht beschreibend im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.].

Selbst wenn der Verkehr das abgebildete Bildzeichen als sogenannten [X.] erkennen sollte, was wegen des lange Zeit zurückliegenden Ereignisses kaum mehr zu erwarten ist, handelt es sich nicht um eine Abbildung der Waren der Klasse 16, da Verpackungsbeutel, -hüllen, -taschen aus Papier oder Kunststoff, Verpackungsmaterial aus Karton, Verpackungsmaterial aus Stärke oder Verpackungspapier nicht die Form eines [X.] haben. Auch sonstige Merkmale dieser Waren werden durch die Abbildung eines [X.] nicht beschrieben.

Auch die in [X.] noch verfahrensgegenständlichen Dienstleistungen, die im Zusammenhang mit Werbung und Öffentlichkeitsarbeit stehen, werden durch das begehrte Bildzeichen nicht beschrieben, da ein [X.] weder über die Art und Weise der Erbringung noch über das Bezugsobjekt oder den Erbringer der Dienstleistung eine Aussage beinhaltet.

Entgegen der Ansicht der Markenstelle kann das Bildzeichen insbesondere nicht deshalb als Merkmalsbeschreibung angesehen werden, weil nicht ausgeschlossen ist, dass die Werbedienstleistungen „unter Verwendung der als Marke angemeldeten Wiedergabe eines [X.] erbracht werden“. Mit einer derartigen Begründung wäre nämlich jegliche markenmäßige Verwendung von Bildzeichen zur Kennzeichnung von Dienstleistungen unmöglich. Auch ein Bildzeichen ist jedoch erst dann zur Beschreibung einer Dienstleistung geeignet, wenn ein Merkmal der Dienstleistung durch die Abbildung beschrieben wird ([X.] GRUR-Prax 2010, 336 - [X.]). Das ist vorliegend indes - wie dargelegt - nicht der Fall.

5.

Dem begehrten Bildzeichen fehlt im Hinblick auf die noch verfahrensgegenständlichen Waren der Klasse 16 und die Dienstleistungen der Klassen 35 auch nicht die erforderliche Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.].

Unterscheidungskraft ist die einem Zeichen innewohnende konkrete Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, welches die in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese Waren oder Dienstleistungen somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet ([X.]H [X.]. 2005, 135 (Nr. 29) - [X.]; [X.]H GRUR 2004, 428 (Nr. 30) – [X.]; [X.] 2012, 270 ([X.]) - Link economy). Die Unterscheidungskraft einer Marke ist im Hinblick auf jede der Waren oder Dienstleistungen, für die sie angemeldet ist, zu beurteilen, wobei es auf die Anschauung der maßgeblichen Verkehrskreise ankommt (

Der Anmeldung fehlt in Bezug auf die noch verfahrensgegenständlichen Waren und Dienstleistungen nicht die Unterscheidungskraft, da es sich weder um eine unmittelbar beschreibende Angabe handelt noch ein enger beschreibender Bezug zu dem betreffenden Produkt hergestellt wird. Bei dem vorliegenden Bildzeichen handelt es sich auch nicht um ein gebräuchliches Zeichen.

Insbesondere kann der bildlichen Wiedergabe von Kunstwerken oder sonstigen bekannten Abbildungen nicht grundsätzlich jegliche Unterscheidungskraft abgesprochen werden. Allerdings kann die Wahrnehmung als betrieblicher Herkunftshinweis völlig zurücktreten, wenn der Verkehr an die Verwendung einer Abbildung als bloß dekoratives Werbemotiv gewöhnt ist (vgl. [X.] [X.]. 2012, 666 (Nr. 24) - [X.]; [X.], 1021 (1022) - [X.]; [X.]/[X.], [X.], 10. Aufl., § 8 Rd. 202; ähnlich: [X.], HK-[X.] 2. Aufl., § 8 Rd. 27; [X.]/[X.], 3. Aufl., § 8 Rd. 175). Auch wenn zumindest noch geringe Teile des Verkehrs Ursprung und Hintergrund des [X.] erkennen würden, gibt es keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die Verwendung dieses Zeichens in Zusammenhang mit der Vermarktung der noch verfahrensgegenständlichen Waren und Dienstleistungen als Werbemotiv oder in sonstiger Weise üblich wäre.

Selbst wenn man den [X.] als bedeutendes Kulturgut der Allgemeinheit ansehen würde, wäre dies allein kein Grund, den Markenschutz zu versagen, auch wenn dadurch bedeutende Kulturgüter der Allgemeinheit einer markenrechtlichen Monopolisierung zugänglich werden (vgl. [X.] 2012, 1044 (1047) - [X.]; [X.] [X.]. 2012, 666 (667) - [X.]; [X.]/[X.], [X.], 10. Aufl., § 8 Rd. 201). Liegen die Voraussetzungen des § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] nicht vor, so kann einer Marke nämlich nicht allein wegen eines allgemeinen, von den tatbestandlichen Voraussetzungen dieses Paragraphen losgelösten Freihaltebedürfnisses der Schutz nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 [X.] versagt werden ([X.] 2012, 1044 (1047) - [X.]; [X.], 17 (18) - [X.]; [X.], [X.] und seine kulturelle Bedeutung, [X.]. 2009, 1 (3, 4) ; a. A. Generalanwalt [X.] in den Schlussanträgen vom [X.], [X.]/04 ([X.]) - PICARO/[X.]; Slg. 2005, [X.], 659; [X.] OLGR Dresden 2001, 18 ([X.]) - [X.]). Ein etwaiges Interesse der Allgemeinheit an der freien Verfügbarkeit als kulturelles Erbe für jedermann, darf insoweit nicht zu erhöhten Anforderungen an die Unterscheidungskraft führen, da dies den Markenschutz in unbilliger Weise einschränken würde. Allein der Umstand, dass es sich bei der Abbildung des [X.] um ein Zeichen handelt, das eine besondere historisch-politische Bedeutung haben kann, rechtfertigt daher nicht seine Zurückweisung.

Meta

33 W (pat) 39/11

19.03.2013

Bundespatentgericht 33. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 19.03.2013, Az. 33 W (pat) 39/11 (REWIS RS 2013, 7282)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 7282

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