Bundesgerichtshof, Beschluss vom 12.02.2014, Az. XII ZR 92/13

12. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 7980

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Gegenstand

Berufung im Mietrechtsstreit: Verfahrensfehlerhafte Zurückweisung ergänzenden Sachvortrags


Tenor

Auf die Nichtzulassungsbeschwerde des Beklagten und der Drittwiderklägerin wird unter Zurückweisung der weitergehenden Beschwerde die Revision gegen das Urteil des 24. Zivilsenats des [X.] vom 23. Mai 2013 insoweit zugelassen, als die Berufung des Beklagten gegen seine Verurteilung zur Zahlung von 10.650,50 € nebst Zinsen und die Berufung der Drittwiderklägerin gegen die Abweisung ihrer auf Zahlung von 5.000 € nebst Zinsen gerichteten Klage sowie der Erledigungsfeststellung in Bezug auf eine die Höhe von 25% übersteigende Mietminderung zurückgewiesen und der Antrag des Beklagten auf Zahlung von 5.000 € nebst Zinsen an ihn abgewiesen worden ist.

Auf die Revision des Beklagten und der Drittwiderklägerin wird das vorgenannte Urteil im Kostenpunkt und im Umfang der zugelassenen Revision aufgehoben.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das [X.] zurückverwiesen.

[X.]: 76.091 €.

Gründe

1

Die Klägerin vermietete an die [X.] Räumlichkeiten zum Betrieb einer Gaststätte. In den ersten vier Nutzungsmonaten (September bis Dezember 2009) sollten nur Vorauszahlungen auf die Nebenkosten geleistet werden, ab Januar 2010 auch darüber hinausgehende Miete, für die der Beklagte sich selbstschuldnerisch bis zum Höchstbetrag von 10.650,50 € verbürgte.

2

Im Januar 2010 wurde ein Schaden an der Heizungs- und Lüftungsanlage festgestellt, dessen Ursachen streitig sind. Die [X.] minderte die Miete wegen dieses Mangels und wegen behaupteter Feuchtigkeitsschäden sowie Belästigungen durch vom Kellergeschoss aufsteigenden Chlorgeruch. Mit Schreiben vom 22. Februar 2010 kündigte die Klägerin das Mietverhältnis wegen Zahlungsverzugs.

3

Mit der Klage hat die Klägerin ausstehende Miete und Nutzungsentschädigung in Höhe des [X.] von 10.650,50 € verlangt. Der Beklagte hat widerklagend den Ersatz außergerichtlicher Anwaltskosten von 1.675,04 € verlangt.

4

Die [X.] hat, nachdem sie das Mietobjekt im späteren Verlauf des Rechtsstreits geräumt hat, Feststellung verlangt, dass ihre ursprünglichen Widerklagebegehren betreffend die Unwirksamkeit der Kündigung vom 22. Februar 2010 und die Pflicht der Klägerin zur Instandsetzung der Heizungs- und Lüftungsanlage sowie zur Beseitigung von [X.] in der Hauptsache erledigt seien. Ferner hat sie einen Teilbetrag von 5.000 € nebst Zinsen als überzahlte Miete und den Ersatz vorgerichtlicher Anwaltskosten von 1.880,20 € nebst Zinsen verlangt.

5

Das [X.] hat, nachdem der Rechtsstreit durch ein erstes Berufungsurteil bereits dorthin zurückverwiesen worden war, den Beklagten zur Zahlung von 10.650,50 € nebst Zinsen verurteilt und seine Widerklage abgewiesen. Dabei hat es eine Mietminderung um (nur) 25 % angenommen, weil nichts Näheres von der [X.] dazu vorgetragen worden sei, wie sich die festgestellten Mängel auf die Nutzungsmöglichkeiten ausgewirkt hätten. Ferner hat es die Erledigung der Hauptsache in denjenigen Drittwiderklagepunkten festgestellt, die sich auf Mängel an der Heizungs- und Lüftungsanlage sowie auf Feuchtigkeitsschäden beziehen, und die weitergehende Drittwiderklage abgewiesen. Auf die Berufung der [X.] hat das [X.] auch die Erledigung bezüglich der Unwirksamkeit der Kündigung vom 22. Februar 2010 festgestellt und die Klägerin zur Zahlung von 1.880,20 € an die [X.] verurteilt. Die weitergehende Berufung der [X.] sowie diejenige des Beklagten hat das [X.] zurückgewiesen. Hiergegen wenden sich diese mit der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision.

II.

6

Die Nichtzulassungsbeschwerde hat Erfolg und führt gemäß § 544 Abs. 7 ZPO zur teilweisen Aufhebung des angegriffenen Urteils und insoweit zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht.

7

1. Die Nichtzulassungsbeschwerde rügt mit Recht, dass das [X.] die im [X.] näher dargelegten Auswirkungen der Mängel auf den Geschäftsbetrieb der [X.] unter unzutreffender Annahme der Voraussetzungen der §§ 529 Abs. 1, 531 Abs. 1 ZPO zurückgewiesen und dadurch deren und des Beklagten Anspruch auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.

8

a) Hinsichtlich des Umfangs der ihnen obliegenden Darlegungen durften der Beklagte und die [X.] nämlich im ersten Rechtszug davon ausgehen, dass das [X.] der Senatsrechtsprechung folgen würde, wonach konkret nur die Sachmängel dargelegt werden müssen, die die Tauglichkeit der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch beeinträchtigen, hingegen das Maß der Gebrauchsbeeinträchtigung durch den Mangel nicht in die Darlegungslast des Mieters fällt (Senatsurteil vom 27. Februar 1991 - [X.], 779, 780). Das gilt umso mehr, als das [X.] bereits in seinem Hinweisbeschluss vom 31. Mai 2011 auf diese Rechtsgrundsätze einschließlich der dazu ergangenen Senatsrechtsprechung hingewiesen hatte.

9

b) Den [X.] hat das [X.] in seinem ersten Urteil, mit dem es den Rechtsstreit an das [X.] zurückverwiesen hat, dahin gewürdigt, die [X.]en hätten "bereits erstinstanzlich umfassend zu möglichen Leistungsverweigerungsrechten des Beklagten und vorliegenden Mängeln des Mietobjekts vorgetragen". Zuvor hatte das [X.] in einem Hinweisbeschluss vom 31. Mai 2011 dargelegt, dass zwei der insgesamt drei vorgetragenen Mängel sogar unstreitig seien, es sich bei der unzureichenden Beheiz-barkeit und bei der Schimmelbildung jeweils um einen erheblichen Mangel handle und deshalb der Klägerin der Beweis obliege, in welcher Höhe die (geminderte) Miete ab Januar 2010 geschuldet sei. Diese gesamten Hinweise durften der Beklagte und die [X.] dahin verstehen, dass ihr Sachvortrag zu den Mängeln in jeglicher Hinsicht als hinreichend substanziiert angesehen werde.

c) In Anbetracht dessen hätte das [X.], wenn es hinsichtlich zweier der drei Mängel, insbesondere hinsichtlich der Schimmelbildung, von unzureichender Substanziierung ausging, durch einen Hinweis gemäß § 139 Abs. 1 Satz 2 ZPO auf Ergänzung des [X.] hinwirken müssen. Denn in der Rechtsprechung des [X.] und des [X.] ist anerkannt, dass das Gericht darauf hinweisen muss, wenn sich seine Auffassung gegenüber einem früher erteilten Hinweis geändert hat ([X.] NJW 1996, 3202; [X.] Beschluss vom 16. Juni 2011 - [X.] -GRUR 2011, 851). Ebenfalls besteht eine Hinweispflicht, wenn das Rechtsmittelgericht der Beurteilung der Vorinstanz nicht folgen will und aufgrund seiner abweichenden Ansicht eine Ergänzung des Vorbringens oder einen Beweisantritt für erforderlich hält ([X.] Urteil vom 21. Oktober 2005 - [X.], 235 Rn. 8 mwN). Nichts anderes kann gelten, wenn das [X.] einen Sachverhalt, den das Berufungsgericht in seinem zurückverweisenden Urteil als "bereits umfassend vorgetragen" bezeichnet hat, für nicht ausreichend substanziiert erachtet.

d) In Ermangelung des gebotenen Hinweises beruht es nicht auf Nachlässigkeit, wenn die [X.] weiteren Sachvortrag zu Art und Umfang der Gebrauchsbeeinträchtigung unterlässt. Weist in einem solchen Fall das [X.] die Mängelrügen als (teilweise) unsubstanziiert zurück und holt die [X.] den vermeintlich fehlenden Sachvortrag in der Berufungsbegründung nach, ist dieser - sofern auch das [X.] ihn nunmehr für erforderlich hält -jedenfalls zuzulassen (§ 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO). Denn ist im Urteil des erstinstanzlichen Gerichts Vortrag zu einem entscheidungserheblichen Punkt mangels hinreichender Substanziierung zurückgewiesen worden, ohne dass der [X.] durch einen unmissverständlichen Hinweis Gelegenheit zur Ergänzung gegeben war, stellt sich die Zurückweisung des neuen, nunmehr substanziierten Vortrags im [X.] als eine offenkundig unrichtige Anwendung des § 531 Abs. 2 Nr. 2 ZPO und Verletzung des rechtlichen Gehörs dar (vgl. [X.] Beschluss vom 9. Juni 2005 - [X.] - NJW 2005, 2624).

2. Weiterhin rügt die Nichtzulassungsbeschwerde zu Recht, dass das [X.] den Sachvortrag des Beklagten, der (Teil-)Anspruch der [X.] aus [X.] in Höhe von 5.000 € sei an ihn abgetreten worden, zu Unrecht als unsubstanziiert zurückgewiesen und dadurch das rechtliche Gehör verletzt hat. Denn der Beklagte und die [X.] haben dargelegt, dass zwischen ihnen am 12. November 2012 ein Abtretungsvertrag geschlossen worden sei, mit dem unter anderem der [X.] über 5.000 € an den Beklagten abgetreten worden sei. Diesen Sachverhalt haben sie sowohl unter Urkunden- als auch Zeugenbeweis gestellt. In welcher Hinsicht es an näherer Substanziierung fehle, ist weder ersichtlich noch durch das angefochtene Urteil aufgezeigt. Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung genügt eine [X.] ihrer Darlegungslast, wenn sie Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das geltend gemachte Recht als in ihrer Person entstanden erscheinen zu lassen, wobei unerheblich ist, wie wahrscheinlich die Darstellung ist. Der Pflicht zur Substanziierung ist mithin nur dann nicht genügt, wenn das Gericht auf Grund der Darstellung nicht beurteilen kann, ob die gesetzlichen Voraussetzungen der an eine Behauptung geknüpften Rechtsfolgen erfüllt sind ([X.] Beschluss vom 9. Februar 2009 - [X.]/08 - NJW 2009, 2137 Rn. 4). Ein Mangel solcher Art ist nicht erkennbar.

3. Die weitergehende Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision ist zurückzuweisen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts sowie die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des [X.] nicht erfordern (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO).

Dose                              Schilling                      Günter

          Nedden-Boeger                        Botur

Meta

XII ZR 92/13

12.02.2014

Bundesgerichtshof 12. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Düsseldorf, 23. Mai 2013, Az: I-24 U 144/12, Urteil

§ 139 Abs 1 S 2 ZPO, § 529 Abs 1 ZPO, § 531 Abs 1 ZPO, § 531 Abs 2 Nr 2 ZPO, § 531 Abs 2 Nr 3 ZPO, § 544 Abs 7 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 12.02.2014, Az. XII ZR 92/13 (REWIS RS 2014, 7980)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 7980

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