Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 01.06.2017, Az. I ZR 194/15

I. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 10071

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:010617BIZR194.15.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF
BESCHLUSS
I ZR 194/15
vom
1. Juni 2017
in dem Rechtsstreit

-
2
-
Der [X.]
Zivilsenat des [X.] hat am 1.
Juni 2017 durch [X.]
Dr.
Büscher, die Richter Prof.
Dr.
Schaffert, Prof. Dr.
[X.], Dr.
Löffler und Feddersen

beschlossen:

Die Anhörungsrüge gegen das [X.]surteil vom 2.
März 2017
wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Gründe:
Die gemäß § 321a ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Anhö-rungsrüge ist in der Sache nicht begründet.
[X.] Der Anspruch der Beklagten
auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG ist durch das [X.]surteil vom 2. März
2017
nicht verletzt.
1. Der [X.] hat ausgeführt, die Frage, ob Getreide als Saatgut im Sinne von
§ 3 Abs. 1, § 2 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. [X.] vertrieben werde, sei mit Blick auf die tatsächliche Zweckbestimmung zur [X.] zu beantwor-ten. Um dem gesetzlichen Schutzzweck -
den wettbewerblichen Interessen der Saatgutverbraucher -
Rechnung zu tragen, sei es erforderlich, den gesamten [X.] zu berücksichtigen. Sei für denjenigen, der das [X.] gewerblich in Verkehr bringe, die von seinem Abnehmer später vorgenom-mene Aussaat des [X.] aufgrund objektiver Umstände vorausseh-bar, so liege damit eine "Bestimmung"
zur Aussaat bereits im Zeitpunkt des In-1
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verkehrbringens vor. Das Berufungsgericht habe solche objektiven Umstände in tatrichterlicher Würdigung festgestellt. Die Revision zeige insoweit keine Rechtsfehler auf, sondern ersetze die tatrichterliche Würdigung in [X.] unzulässiger Weise durch eine abweichende Beurteilung. Die Rüge der Revision, das Berufungsgericht habe den Vortrag der Beklagten übergan-gen, sie habe im relevanten Zeitpunkt über zertifiziertes Saatgut verfügt und schon deshalb keinen Anlass für den Verkauf von [X.] zu Saatzwe-cken gehabt, bleibe schon deshalb ohne Erfolg, weil das Berufungsgericht bei der Würdigung nicht auf eine mangelnde Fähigkeit der Beklagten zur Lieferung von Saatgut abgestellt, sondern dies vielmehr offen gelassen habe. [X.] sei, dass die Verwertung als Saatgut für die Beklagte aufgrund objektiver Umstände voraussehbar gewesen sei, ohne dass es in diesem Zusammenhang auf ihre eigene Lieferfähigkeit von Saatgut angekommen sei. Die Bestimmung des in
Rede stehenden Getreides zur Aussaat habe das Berufungsgericht [X.] folgern können, dass die Landwirte ihre Felder witterungsbedingt neu [X.] bestellen müssen und die Beklagte aufgrund der langjährigen Geschäftsbe-ziehung mit dem betroffenen Landwirt gewusst habe, dass eine Verwendung des verkauften [X.] als Futtermittel nicht in Betracht gekommen sei.
Das Berufungsgericht habe dahinstehen lassen können, ob der Landwirt nach zertifiziertem Saatgut gefragt habe, weil sich aus den Umständen bereits hinreichende Anhaltspunkte für die beabsichtigte Aussaat ergeben hätten. Dass der Landwirt keine Viehhaltung betrieben habe, sei der Beklagten nach nicht zu beanstandender Würdigung des Berufungsgerichts bekannt gewesen. Insoweit sei es auch nicht darauf angekommen, ob der Landwirt bereits früher Konsum-ware erworben habe. Auf die Höhe des Preises habe das Berufungsgericht ebenso
wenig entscheidend abgestellt wie auf die Bezeichnung des Getreides als "Sommerweizen". Bei der seinerzeitigen Situation, die
dadurch gekenn-zeichnet gewesen sei, dass witterungsbedingt vielfach eine neue Aussaat er-forderlich gewesen sei, habe die Beklagte nicht davon ausgehen dürfen, der Landwirt werde sich [X.] verhalten.
Diese Sichtweise führe nicht zu einem -
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Verkaufsverbot für [X.] im Frühjahr und [X.] eines jeden Jahres. Die Revision berücksichtige insoweit nicht, dass der Beurteilung des [X.] konkrete Umstände zugrunde gelegen hätten, die deutlich für ei-ne beabsichtigte Aussaat gesprochen hätten.
2. Die Beklagte macht geltend, mit diesen Ausführungen habe der [X.] ihren Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt.
a) Der [X.] habe sich nicht mit von der Beklagten in der Revisionsbe-gründung vorgetragenen objektiven Umständen auseinandergesetzt, die eine Bestimmung zur Aussaat kontraindiziert hätten. Die Beklagte habe sowohl ihre Lieferfähigkeit für zertifiziertes Saatgut als auch den Umstand geltend gemacht, der Landwirt habe sie nicht nach solchem Saatgut gefragt. Sie habe auch [X.] verwiesen, der Landwirt habe bei ihr in der Vergangenheit mehrfach [X.] bezogen, ohne dass Anzeichen für eine Rechtsuntreue bestanden hätten. Indem der [X.] dieses Vorbringen für unerheblich erachtet habe, habe er [X.] und die Tragweite des [X.] verkannt. Bei Berücksich-tigung dieser Umstände habe die langjährige Geschäftsbeziehung ohne [X.] die Verdachtsmomente aufgewogen. Die vorgetragenen konkreten Gege-benheiten seien damit sehr wohl erheblich und aufklärungsbedürftig gewesen.
Die Beklagte habe mit der Revisionsbegründung ferner vorgetragen, eine etwaige Kenntnis davon, dass der Landwirt keine Tierhaltung mehr betrieben habe, habe sie nicht mit einer Aussaat der [X.] rechnen lassen müs-sen. Landwirte handelten
auch mit Futtergetreide,
und der Landwirt habe ggf. einen Zukauf tätigen müssen, um eigene Lieferpflichten zu erfüllen. Auch die-ses Vorbringen habe der [X.] nicht berücksichtigt.
3. Die [X.] der Beklagten ist unbegründet.
a) Die Bestimmung des Art. 103 Abs. 1 GG garantiert den Beteiligten ei-nes gerichtlichen Verfahrens, dass sie Gelegenheit erhalten, sich zu dem einer 4
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gerichtlichen Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt vor Erlass der Ent-scheidung zu äußern, und dass das Gericht das Vorbringen zur Kenntnis nimmt und bei seiner Entscheidung in Erwägung zieht ([X.] 86, 133, 144; [X.], NJW-RR 2004, 1710, 1712). Hingegen ist es nicht erforderlich, alle Einzelpunk-te des [X.]vortrags ausdrücklich zu bescheiden ([X.] 96, 205, 216
f.; [X.], Beschluss vom 24. Februar 2005 -
III ZR 263/04, NJW 2005, 1432 f.). Die [X.] hat auch keinen Anspruch darauf, dass das Gericht sich in dem von ihr für richtig erachteten Sinn mit ihrem Vorbringen befasst (vgl. [X.], Beschluss vom 7.
Juli 2011 -
I
ZB
68/10, [X.], 314 Rn.
12 -
Medicus.log;
Be-schluss vom 3. April 2014

I
ZR
137/12, [X.] 2014, 343 Rn. 2 -
BAVARIA).
b) Danach liegt eine Verletzung des rechtlichen Gehörs der Beklagten nicht vor. Der [X.] hat sich mit dem von der Beklagten als übergangen gerüg-ten Sachvortrag befasst, ihn jedoch nicht für durchgreifend erachtet.
Der [X.] hat die von der Beklagten angeführten tatsächlichen Umstände
berücksichtigt
und sie in die revisionsrechtliche Überprüfung der tatrichterlichen Würdigung durch das Berufungsgericht einbezogen.
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6
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I[X.] Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Büscher
Schaffert
[X.]

Löffler
Feddersen
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 19.05.2014 -
15 O 197/13 -

O[X.], Entscheidung vom 09.09.2015 -
9 [X.] -

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Meta

I ZR 194/15

01.06.2017

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 01.06.2017, Az. I ZR 194/15 (REWIS RS 2017, 10071)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 10071

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I ZR 194/15

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