Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.06.2001, Az. 2 StR 136/01

2. Strafsenat | REWIS RS 2001, 2377

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Nachschlagewerk: jaBGHSt: ja I.Veröffentlichung: jaStPO § 414 Abs. 2Der Antrag auf Durchführung des [X.] kann im Strafverfahren vonder Staatsanwaltschaft noch im Beschwerdeverfahren nach Ablehnung der Eröff-nung des Hauptverfahrens gestellt werden.[X.] DES VOLKESURTEIL2 StR 136/01vom6. Juni 2001in dem [X.] -wegen Beleidigung u.a.- 3 -Der 2. Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom 6. Juni 2001,an der teilgenommen haben:Vizepräsident des BundesgerichtshofesDr. [X.]als Vorsitzender,[X.] am [X.],die Richterin am [X.]. [X.],[X.] am [X.]. Dr. [X.],die Richterin am [X.]als [X.],Staatsanwältin als Vertreterin der [X.],Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,für Recht erkannt:- 4 -Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Land-gerichts [X.] vom 3. November 2000 mit den Feststellungenaufgehoben.Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auchüber die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere [X.]des [X.] zurückverwiesen.Von Rechts wegenGründe:Das [X.] hat die Unterbringung des Beschuldigten in einempsychiatrischen Krankenhaus abgelehnt. Hiergegen richtet sich die auf [X.] gestützte Revision der Staatsanwaltschaft. Das vom Generalbun-desanwalt vertretene Rechtsmittel hat Erfolg.[X.] einer zulässigen Antragsschrift und eines [X.] wirksamen Eröffnungsbeschlusses ist gegeben. Im einzelnen:Dem Verfahren liegen zwei ursprünglich an das [X.] ge-richtete Anklagen vom 12. August und 9. November 1999 zugrunde. In dem- 5 -einen Strafverfahren hat die Staatsanwaltschaft [X.] vom 23. Dezember1999 die einstweilige Unterbringung des Beschuldigten nach § 126 a StPO be-antragt und im Hinblick auf die zu erwartende [X.] die Vorlageder Akten an das [X.] gemäß § 209 Abs. 2 StPO oder § 225 a StPOangeregt. Durch Beschluß vom 7. Februar 2000 hat das [X.] [X.]nach Verbindung der beiden Verfahren das Sicherungsverfahren bezüglich [X.] eröffnet und im übrigen die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt.Gegen die teilweise Nichteröffnung des [X.] hat die [X.] [X.] fristgerecht sofortige Beschwerde eingelegt und in [X.] ausdrücklich die Eröffnung des [X.]. Das [X.] [X.] hat mit Beschluß vom 15. März2000 auf die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft das Sicherungsver-fahren auch hinsichtlich der weiteren Taten eröffnet.Die Antragsschrift nach § 414 Abs. 2 StPO ist [X.] und wird durch eine Anklageschrift nicht ersetzt ([X.] in [X.]. [X.]. 9 ff; [X.] in Löwe/[X.] StPO 25. Aufl.[X.]. 18; [X.] StPO 3. Aufl. [X.]. 2; [X.]/[X.] StPO 44.Aufl. [X.]. 3 jeweils zu § 414). Auf eine die Durchführung des [X.] kann das Hauptverfahren im Sicherungsverfahrennicht eröffnet werden, weil der [X.] damit in unzulässiger Weise indas hinsichtlich der Durchführung des selbständigen [X.] Ermessen der Staatsanwaltschaft eingreifen würde ([X.]). Am Fehlen des erforderlichen Antrags nach § 414 Abs. 2 StPO vermagauch die nachträgliche Zustimmung der Staatsanwaltschaft zur Eröffnung [X.] nichts zu [X.] -Der Antrag auf Durchführung des [X.] kann jedoch vonder Staatsanwaltschaft als Hilfsantrag mit einer Anklageschrift verbunden([X.], [X.]. 10; [X.] aaO) oder im weiteren Verlauf [X.] gestellt werden (aA wohl [X.]/[X.] aaO§ 416 [X.]. 1). Auch in diesem Fall ist das Einleitungsermessen der Staatsan-waltschaft gewahrt. Im übrigen ist die Staatsanwaltschaft bis zu einer Eröff-nungsentscheidung des Gerichts ohnehin befugt, die Anklageschrift zurückzu-nehmen und eine Antragsschrift nach § 414 Abs. 2 StPO neu einzureichen. DieStellung eines [X.]antrags ist darüber hinaus auch noch [X.] nach Ablehnung der Eröffnung des [X.]. Die Entscheidungsfreiheit der Staatsanwaltschaft wird nicht einge-schränkt und die Verteidigungsinteressen des Beschuldigten sind durch des-sen Beteiligung im Beschwerdeverfahren gewahrt. Daß eine Anklage über [X.] des § 156 StPO hinaus auch nach einem die Eröffnung des [X.] ablehnenden Beschluß von der Staatsanwaltschaft nicht mehr zu-rückgenommen werden kann ([X.] 1986, 470; Schoreit in KK 4.Aufl. § 156 [X.]. 4; [X.] in Löwe/[X.] 24. Aufl. § 156 [X.]. 7), steht [X.] entgegen. Denn diese Beschränkung der Rücknahmemöglichkeit dientdazu, dem Angeschuldigten die [X.] des § 211 StPO zu erhalten([X.] aaO; [X.] 1986, 471, 472). Die Vorschrift des § 211 StPOsteht aber bei einer Ablehnung der Eröffnung des Strafverfahrens wegenSchuldunfähigkeit der anschließenden Durchführung eines [X.] gerade nicht entgegen ([X.] in [X.]. § 211 [X.]. 5; [X.] aaO§ 211 [X.]. 7).Entgegen der Auffassung des [X.] kann der Antrag der [X.] vom 23. Dezember 1999 nicht als Hilfsantrag auf [X.] ausgelegt werden. Die einstweilige Unterbringung in- 7 -§ 126 a StPO ist ebenso wie die Unterbringung nach § 63 StGB ohne weiteresim Strafverfahren möglich. In der Antragsbegründung wird ausgeführt, daß [X.] der vorliegenden gutachterlichen Äußerungen von einer zumindest ver-minderten Schuldfähigkeit des Beschuldigten auszugehen und das [X.] durch eine ausführliche Begutachtung im [X.] des weiteren Strafverfahrens zu klären sei.Der Antrag auf Durchführung des [X.] ist jedoch be-züglich der vom [X.] nicht eröffneten Taten [X.] und 5.-8. von [X.] in dem sofortigen Beschwerdeverfahren - nach dem [X.] wirksam - gestellt worden. Hinsichtlich dieser Taten liegen somitdie Verfahrensvoraussetzungen einer Antragsschrift nach § 414 Abs. 2 StPOund eines Eröffnungsbeschlusses vor. Da die Taten II.3. und [X.] (Nr. 3 und 4der Anklageschrift vom 12. August 1999 - [X.]) einen ein-heitlichen geschichtlichen Lebensvorgang und damit eine prozessuale Tat [X.] von § 264 StPO darstellen und eine Verfahrensbeschränkung nach§ 154 a StPO nicht gewollt war - aufgrund der Verfahrenskonstellation stelltesich diese Frage im Beschwerdeverfahren weder für die Staatsanwaltschaftnoch für das [X.] -, erfaßt die Eröffnungsentscheidung des[X.]s [X.] vom 15. März 2000 auch die Tat [X.]. Der Eröff-nungsbeschluß des [X.] vom 7. Februar 2000 steht dem nicht entge-gen, da die Eröffnung des [X.] durch das [X.] wegendes Fehlens eines dahingehenden Antrags der Staatsanwaltschaft [X.].[X.] den Feststellungen wurde bei dem Beschuldigten, der in den [X.] 1973 und 1981 jeweils wegen Totschlags verurteilt worden ist, anläßlich- 8 -seiner letzten Verurteilung eine schwere Persönlichkeitsstörung festgestellt.Diese zeigte sich darin, daß der Beschuldigte in seinem Verhalten und seinerEinstellung jegliche Schwäche und eigenes Versagen leugnete und auf Kritikan Fehlverhalten mit verbalen Attacken gegen diejenigen Personen reagierte,die ihn tatsächlich oder vermeintlich kritisierten oder herabsetzten. Nach [X.] im Jahre 1981 entwickelte sich beim Beschuldigten eine von [X.] beratenen [X.] als krankhafte seelische Störung quali-fizierte chronische wahnhafte Störung, die durch die Wahnvorstellung geprägtist, Personen der Justiz, unfähige Gutachter und andere Feinde wollten ihnvernichten. Infolge dessen fühlte sich der Beschuldigte zunehmend von einemundurchschaubaren System von [X.] bedroht und verfolgt.Nach seiner Haftentlassung zog der Beschuldigte 1989 nach [X.]. -Bu. . Nachdem er im [X.] 1996 den späteren Bürgermeister von [X.]. [X.] anläßlich eines von diesem während des Wahlkampfs durchge-führten [X.] kennengelernt hatte, ging der Beschuldigte davon aus,daß [X.] Bestandteil des undurchschaubaren Systems sei, das ihn bedro-he und verfolge. Um sich dagegen zur Wehr zu setzen, beschmierte er im [X.] 1997 eine öffentliche Unterführung mittels eines nicht abwaschbarenFilzstiftes mit der Aufschrift "[X.]benutzt [X.] gegen erwerbsunfähige Sozialhilfeempfänger !!!" (Fall [X.]). In derFolgezeit warf er [X.] u.a. in Flugblättern vor, ihn zu terrorisieren, und [X.] dabei an, sich gegen diese Terrorakte zu wehren. [X.], der sich [X.] bedroht fühlte, versuchte daraufhin vergeblich, die [X.] Beschuldigten in eine psychiatrische Klinik zu erreichen. Nach [X.] dieser Versuche wandte er sich an die Medien, worauf im April 1999der S. und im September 1999 das Nachrichtenmagazin [X.]überden Beschuldigten berichteten. Am 7. Juni 1999 stellte sich der Beschuldigte in- 9 -eine Unterführung in [X.]. und hielt ein Schild mit der Aufschrift "[X.] ,das kalte Herz" vor seinen Körper (Fall II.2.). Am 25. Juni 1999 demonstrierteder Beschuldigte an einer Bushaltestelle gegen den Bürgermeister, indem erein Schild mit der Aufschrift "[X.] wäre gegen [X.] " trug. Als die aufden Bus wartende Zeugin A. -W. äußerte, daß das doch nichts bringe,reagierte er heftig und fragte die Zeugin, ob sie den "Arsch" auch gewählt habe(Fall II.3.). Daß der Beschuldigte anschließend ein Klappmesser mit einer Klin-genlänge von 8 cm zog, es der Zeugin vor den Bauch hielt und dabei äußerte,wer mit [X.] zusammenarbeite, werde ihn kennenlernen, genauso wie[X.] ihn kennenlernen werde, hat die [X.] nicht festgestellt (Fall[X.]). Am 26. Juli 1999 trug der an der Straße stehende Beschuldigte ein Schildmit der Aufschrift "[X.]jagt Menschen wie Tiere" um den Hals. Von [X.] hierauf angesprochen äußerte er, [X.] verfolge und vernichte Men-schen ähnlich der [X.] im [X.] (Fall [X.]). Nachdem [X.] über den Beschuldigten im Nachrichtenmagazin [X.] erschienenwar, stand der Beschuldigte an drei Tagen im September 1999 jeweils an einerStraße in [X.]. , wobei er einmal ein Schild mit der Aufschrift "[X.] Ruf-mord für TV" und an den beiden anderen Tagen ein Plakat mit der Aufschrift"Bürgermeister begeht [X.]" trug (Fall II.6.-8.).Dem Beschuldigten fehlte wegen seiner chronischen wahnhaften Stö-rung im gesamten Tatzeitraum jedes [X.]. Aufgrund [X.] besteht die Gefahr, daß der Beschuldigte an sich harmloseSituationen derart verzerrt wahrnimmt, daß ihm eine gewaltsame Notwehr ge-rechtfertigt erscheint. Daraus ergibt sich die erhöhte Gefahr, daß er Gewaltta-ten begehen wird, durch die die Opfer erheblich geschädigt werden [X.] 10 -III.Das [X.] hat die Tat [X.] als gemeinschädliche Sachbeschädi-gung nach § 304 Abs. 1 StGB und die Taten II.3. und 5. als [X.] § 185 StGB gewertet und auf dieser Grundlage die Voraussetzungen füreine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus gemäß § 63 [X.]. Unter Hinweis auf § 62 StGB hat es dennoch die Anordnung der [X.] abgelehnt, weil die Unterbringung angesichts der geringfügigen Anlaß-taten unverhältnismäßig sei. Diese Erwägung der [X.] hält einer recht-lichen Überprüfung nicht stand.1. Die Ablehnung der [X.] kann schon deshalb keinenBestand haben, weil die von der [X.] vorgenommene Verhältnismä-ßigkeitsprüfung den sich aus § 62 StGB ergebenden rechtlichen Anforderun-gen nicht gerecht wird.Nach der Vorschrift des § 62 StGB darf die Unterbringung in einempsychiatrischen Krankenhaus nicht angeordnet werden, wenn sie zur Bedeu-tung der vom Täter begangenen oder zu erwartenden Taten sowie zu demGrad der von ihm ausgehenden Gefahr außer Verhältnis steht. Die Norm nenntdamit drei voneinander zu unterscheidende Kriterien, die als Bezugpunkte [X.] zugrunde zu legen sind. Dabei darf die [X.] der Maßregel jedoch nicht nach ihrem Verhältnis zu jedem einzelnen der in§ 62 StGB bezeichneten Elemente beurteilt werden. Vielmehr sind alle [X.] insgesamt zu würdigen und zur Schwere des mit der Maßregel verbunde-nen Eingriffs ins Verhältnis zu setzen (BGHSt 24, 134, 135; [X.] 1999,489). Da die Unterbringung nach § 63 StGB ihrem Zweck nach auf die Verhin-derung künftiger Taten abzielt, wird bei der vorzunehmenden Gesamtwürdi-gung regelmäßig der Bedeutung der in Zukunft zu erwartenden [X.] 11 -zungen besonderes Gewicht zukommen. Die Anordnung der Maßregel [X.] auch dann zulässig sein, wenn die bisherigen Taten für sich [X.] gewichtig erscheinen, in Zukunft aber Taten von erheblicher Schwerezu erwarten sind (BGHSt 24, 134, 135; [X.] in [X.]/[X.] StGB 26.Aufl. § 62 [X.]. 2; [X.]/[X.] 50. Aufl. § 62 [X.]. 5). Daß die festge-stellten Anlaßtaten die [X.] nicht überschreiten, berührt [X.] weder das Vorliegen der Unterbringungsvoraussetzungen nach § 63 StGB([X.], 237 und [X.] 1977, 169; [X.]/[X.] 63 [X.]. 2 a;[X.] aaO § 63 [X.]. 18), noch stellt es - für sich allein betrachtet - die [X.] in Frage.Diesen Grundsätzen trägt das angefochtene Urteil nicht ausreichendRechnung. Die [X.] leitet ihre sich mit der Frage der [X.] befassenden [X.] zwar mit der wörtlichen Wiedergabe des§ 62 StGB ein. Die nachfolgenden Erörterungen befassen sich aber nahezuausschließlich mit dem Gewicht der festgestellten Anlaßtaten. Eine Auseinan-dersetzung mit der Bedeutung der nach den Feststellungen vom Beschuldigtenzu erwartenden Gewalttaten, die mit einer erheblichen Schädigung der Opfereinhergehen können, sowie mit dem Grad der Wahrscheinlichkeit solcher Ta-ten im Rahmen einer alle Kriterien des § 62 StGB umfassenden Gesamtwürdi-gung läßt das Urteil demgegenüber vermissen. Soweit die [X.] bei [X.] der beiden Tötungsdelikte auf das Fehlen gewalttätiger Reaktionenin der [X.] nach der Haftentlassung abhebt, setzt sie sich zudem in [X.] zu ihren Feststellungen zur Gefährlichkeit des Beschuldigten.2. Weitere durchgreifende sachlich-rechtliche Bedenken erheben sichdarüber hinaus gegen die tatrichterliche Bewertung der als Anlaßtaten in [X.] kommenden Fälle II.2., 4., 6.-8..- 12 -a) Soweit das [X.] sich im Fall [X.] nicht von einer vom Beschul-digten begangenen Drohung mit seinem gezogenen Taschenmesser hat über-zeugen können, hält die Beweiswürdigung der [X.] der revisionsrecht-lichen Prüfung nicht stand.Die Zeugin A. -W. hat in der Hauptverhandlung angegeben, der Be-schuldigte habe das [X.] gezogen, es in kurzem Abstand vor ihr inihre Richtung gehalten und dabei die Drohung wiederholt, wer mit [X.]zu-sammenarbeite, werde ihn kennenlernen. Als eine alte Frau gekommen sei,habe der Beschuldigte das Messer wieder weggesteckt. Einige [X.] später ha-be sie - ebenso wie der Beschuldigte - den Bus bestiegen und sei nach [X.]. Von dort habe sie [X.] angerufen, ihn gefragt, welches Pro-blem er mit dem Beschuldigten habe, und auf Nachfrage von [X.] vondem Vorfall berichtet.Von der Richtigkeit dieser Schilderung hat sich die [X.] nicht zuüberzeugen vermocht, weil die Zeugin sich nicht an die Polizei oder, um ihnvon sich aus als Amtsperson zum Einschreiten zu bewegen, an den Bürger-meister gewandt, sondern erst auf dessen Nachfrage hin von dem Vorfall be-richtet habe. Darüber hinaus habe sie in ihrer staatsanwaltschaftlichen [X.] am 26. Juli 1999 ausgesagt, nach dem Vorfall völlig erschrocken ge-wesen zu sein, so daß sie vor lauter Angst eine Woche nicht in die [X.] ge-gangen sei, während die Angelegenheit nach ihren Bekundungen in [X.] für sie keine große Bedeutung gehabt habe. Bei der Würdi-gung der Aussage der Zeugin hat die [X.] indessen nicht berücksich-tigt, daß der den [X.] Beschuldigte eingeräumt hat, das[X.] bei der Begegnung mit der Zeugin in seiner Bauchtasche mitsich geführt zu haben, und daß das Messer kurze [X.] nach dem Vorfall von- 13 -der Polizei bei ihm sichergestellt wurde. Da keine Anhaltspunkte dafür vorlie-gen, daß die Zeugin unabhängig von dem Vorfall Kenntnis von dem [X.] hatte, spricht dieser Umstand eher für die Richtigkeit ihrer Schil-derung. Des weiteren hat sich das [X.] nicht mit der Frage auseinan-dergesetzt, welchen Anlaß die Zeugin, der der Beschuldigte bis zu dem [X.] war, dafür haben sollte, den Beschuldigten fälschlicherweise zubelasten. Bei der Bewertung des Verhaltens der Zeugin nach der Tat istschließlich die naheliegende Möglichkeit unbeachtet geblieben, daß die [X.] dem Telefonat mit [X.] von der strafrechtlichen Vorbelastung des [X.] erfuhr und ihre Einschätzung des Vorfalls durch diese Informationnachhaltig verändert wurde.b) In den Fällen II. 2., 6.-8. bei denen schon zweifelhaft sein kann, obder Tatbestand der Beleidigung überhaupt als erfüllt anzusehen ist, was [X.] zu prüfen hat, ist die Annahme des [X.], die Kundgaben [X.] seien als Wahrnehmung berechtigter Interessen gerechtfertigt,ebenfalls nicht frei von [X.]. Der Rechtfertigungsgrund des § 193StGB setzt voraus, daß bei Abwägung der einander widerstreitenden Interes-sen der Beteiligten (BGHSt 18, 182, 184) sich die Ehrverletzung nach den [X.] Umständen als angemessenes Mittel der Interessenwahrnehmung dar-stellt ([X.]/[X.] 193 [X.]. 9). Die hiernach erforderliche umfas-sende Interessenabwägung fehlt im angefochtenen Urteil. Insoweit wird [X.] entscheidende Tatrichter zu beachten haben, daß die [X.] Beschuldigten begonnen und durch sein Verhalten u.a. bei der Tat [X.] indie Öffentlichkeit getragen wurde.c) Das im Fall [X.] festgestellte Verhalten des Beschuldigten erfüllt nichtden Tatbestand der gemeinschädlichen Sachbeschädigung nach § 304 Abs. 1- 14 -StGB, da die Beschädigung der Unterführung durch den Schriftzug deren demöffentlichen Nutzen dienende Funktion nicht beeinträchtigte (vgl. [X.], 543; [X.] aaO § 304 [X.]. 9). Es liegt jedoch eine Sachbeschädigunggemäß § 303 Abs. 1 StGB vor, hinsichtlich derer die Staatsanwaltschaft in [X.] vom 12. August 1999 das öffentliche Interesse an der [X.] hat.Vizepräsident Dr. [X.] Detter [X.]befindet sich in Urlaub undkann deshalb nicht unterschreiben. Detter [X.] Elf

Meta

2 StR 136/01

06.06.2001

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.06.2001, Az. 2 StR 136/01 (REWIS RS 2001, 2377)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2001, 2377

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