Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 14.05.2020, Az. 2 B 14/19, 2 B 14/19 (2 C 11/20)

2. Senat | REWIS RS 2020, 3881

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Gegenstand

Beweiskraft des Empfangsbekenntnisses einer Behörde bei ungewöhnlich später Zustellung; Berechnung der Kappungsgrenze beim Kindererziehungsergänzungszuschlag; Revisionszulassung


Tenor

Die Entscheidung über die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs [X.] vom 18. Dezember 2018 wird aufgehoben.

Die Revision wird zugelassen.

Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens folgt der Kostenentscheidung in der Hauptsache.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren und - insoweit vorläufig - für das Revisionsverfahren auf 250,56 [X.] festgesetzt.

Gründe

1

Die Beteiligten streiten über die Berechnung der Höhe des [X.].

2

1. Die Klägerin stand von August 1976 bis zu ihrer antragsgemäßen vorzeitigen Versetzung in den Ruhestand mit Ablauf des 31. März 2016 im Dienst des beklagten [X.], zuletzt als Fachoberlehrerin, besoldet nach der Endstufe der Besoldungsgruppe [X.] Sie hat vier Kinder. Die beiden jüngsten wurden am 13. September 1985 und 12. Dezember 1990 geboren. Die Klägerin war mehrfach, so auch in der [X.] vom 1. Januar 1992 bis 16. August 1992, ohne Dienstbezüge beurlaubt.

3

Mit Bescheid vom 14. März 2016 setzte der Beklagte das Ruhegehalt der Klägerin auf 2 128,41 € fest. Hierbei wurden Kindererziehungszeiten nach dem 1. Januar 1992 von insgesamt 108 Monaten zugrunde gelegt. Der Kindererziehungsergänzungszuschlag wurde aufgrund einer Vergleichsberechnung und Anwendung der Höchstgrenze auf 0,00 € festgesetzt; diese Berechnung geschah in der Weise, dass der insgesamt zu gewährende Kindererziehungsergänzungszuschlag unter Zusammenfassung aller zu berücksichtigenden Monate der Kindererziehung ermittelt und zusammen mit dem in der gesamten [X.] der Kindererziehung erzielten Ruhegehaltsanspruch einer einheitlichen Höchstgrenze (Kappungsgrenze) gegenübergestellt wurde (sog. [X.]).

4

Die Klägerin machte dagegen geltend, dass die Berechnung der Höchstgrenze des [X.] sei: Der Zuschlag sei für [X.]en der Kindererziehung, die mit ruhegehaltsfähigen [X.]en bzw. mit nicht ruhegehaltsfähigen [X.]en zusammentreffen, getrennt voneinander zu berechnen und anschließend an der jeweils einzeln für diesen [X.]raum berechneten Höchstgrenze zu messen (sog. Spitzberechnung).

5

Nach erfolglosem Widerspruch und erstinstanzlicher Klageabweisung hat das Berufungsgericht das Urteil des [X.] geändert und den Beklagten unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide, soweit sie entgegenstanden, antragsgemäß verpflichtet, das festgesetzte Ruhegehalt der Klägerin erstmals um einen Kindererziehungsergänzungszuschlag in Höhe von 6,96 € monatlich zu erhöhen.

6

Das Urteil des [X.]hofs wurde am 20. Dezember 2018 mit einfacher Briefsendung - unter Beifügung eines anwaltlich bzw. behördlich zu zeichnenden [X.] - zur Post gegeben. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin zeichnete das [X.] unter dem 21. Dezember 2018. Auf Nachfrage der Geschäftsstelle des [X.]hofs sandte das auf Beklagtenseite zuständige [X.]amt ein unter dem 7. Januar 2019 vom Leiter des dortigen [X.] gezeichnetes [X.] zurück.

7

Die Beschwerde des beklagten [X.] ist am 4. Februar 2019, die Beschwerdebegründung am 7. März 2019 beim [X.]hof eingegangen. Die Klägerin rügt die Zulässigkeit der Beschwerde wegen Verfristung; sie bezweifelt, dass das Berufungsurteil dem Beklagten erst zu diesem späten [X.]punkt zugestellt worden sei. Der [X.] hat Auskünfte bei der [X.] zu den Postläufen im fraglichen [X.]raum und bei dem zuständigen [X.]amt zu dessen [X.] eingeholt.

8

2. Die Beschwerde ist zulässig.

9

Ausgehend davon, dass das Berufungsurteil ausweislich des auf den 7. Januar 2019 datierten [X.] des zuständigen [X.]amts für Besoldung und Versorgung (nachfolgend: [X.]) dem Beklagten (erst) zu dem genannten [X.]punkt zugestellt worden ist, wurde die Beschwerde am 4. Februar 2019 beim [X.]hof fristgerecht eingelegt (§ 133 Abs. 2 Satz 1 [X.]) und mit einem dort am 7. März 2019 eingegangenen weiteren Schriftsatz auch fristgerecht begründet (§ 133 Abs. 3 Satz 1 [X.]).

Der Einwand der Klägerin, die Beschwerde sei verfristet und deshalb unzulässig, greift im Ergebnis nicht durch. Der [X.] hat die Zulässigkeit der Beschwerde - auch ohne Rüge - von Amts wegen zu prüfen und ggf. im Wege des [X.] aufzuklären (vgl. [X.], Beschlüsse vom 7. Oktober 1993 - 4 B 166.93 - [X.] 340 § 5 [X.] Nr. 14 S. 3 f. und vom 15. Februar 2001 - 6 [X.] 1.01 - [X.] 340 § 5 [X.] Nr. 19 S. 2; [X.], Beschluss vom 27. September 2018 - [X.]/17 - NJW-RR 2018, 1398 Rn. 14).

a) Gemäß § 57 Abs. 1 [X.] beginnt der Lauf einer Frist, soweit nichts anderes bestimmt ist, mit der Zustellung. Gemäß § 56 Abs. 1 und 2 [X.] sind (u.a.) Entscheidungen, durch die eine Frist in Lauf gesetzt wird, von Amts wegen nach den Vorschriften der ZPO zuzustellen (und nicht mehr - wie vor dem [X.] vom 25. Juni 2001, [X.] 1206 - nach dem Verwaltungszustellungsgesetz). Gemäß § 174 Abs. 1 ZPO kann ein Schriftstück (u.a.) an einen Anwalt oder eine Behörde gegen [X.] zugestellt werden. Gemäß § 174 Abs. 4 ZPO genügt zum Nachweis der Zustellung nach Abs. 1 das mit Datum und Unterschrift des Adressaten versehene [X.], das an das Gericht zurückzusenden ist.

Für eine wirksame Zustellung ist entscheidend, dass das in Zustellabsicht übersandte Schriftstück vom Empfänger mit dem Willen entgegengenommen wird, es als zugestellt gegen sich gelten zu lassen (vgl. [X.], Beschlüsse vom 16. März 1994 - [X.] 159/93 - NJW 1994, 2295 und vom 20. Juli 2006 - [X.] - NJW 2007, 600 Rn. 7; BSG, Beschlüsse vom 23. April 2009 - [X.] [X.]/08 B - NJW 2010, 317 Rn. 6 und vom 5. Juni 2019 - [X.] R 3/19 R - NJW 2020, 422 Rn. 7). Dieser [X.] wird in der Regel (erst) durch Unterzeichnung des [X.] durch den dafür nach der Behördenorganisation zuständigen [X.] bekundet (vgl. [X.], Urteile vom 17. Mai 1979 - 2 [X.] 1.79 - [X.]E 58, 107 <108 f.> und vom 24. Januar 1985 - 2 [X.] 39.82 - juris Rn. 11 sowie Beschlüsse vom 21. Dezember 1979 - 4 ER 500.79 - [X.] 340 § 5 [X.] Nr. 7 [X.] und vom 14. Dezember 1989 - 9 B 466.89 - [X.] 340 § 5 [X.] Nr. 13 S. 1; vgl. auch [X.]zybulka/[X.], in: [X.]/[X.], [X.], 5. Aufl. 2018, Rn. 33; [X.], in: [X.], [X.], 2. Aufl. 2018, § 56 Rn. 27 ff., Schlatmann, in: [X.]/App/Schlatmann, VwVG/[X.], 11. Aufl. 2017, § 5 [X.] Rn. 19 m.w.N.). Die Festlegung, welcher [X.] zur Zeichnung des [X.] befugt ist, unterliegt der Organisationsgewalt der Behörde.

Seine frühere Rechtsprechung, die auf den Eingang in der [X.] der Behörde abstellte (vgl. [X.], Beschlüsse vom 14. Februar 1966 - 4 B 112.65 - [X.] 340 § 8 [X.] Nr. 5 S. 7 und vom 1. Februar 1971 - 4 [X.]B 147.68 - [X.] 340 § 5 [X.] Nr. 2 S. 1), hat das [X.] mit Blick auf die Rechtsprechung anderer oberster Bundesgerichte, nach der es bei der Zustellung an einen Rechtsanwalt allein auf die von einem [X.]n getragene Zeichnung durch diesen selbst und nicht etwa durch dessen [X.] ankommt, im Interesse der Rechtseinheit und der Gleichbehandlung von Rechtsanwälten und Behörden aufgegeben (vgl. [X.], Beschluss vom 21. Dezember 1979 - 4 ER 500.79 - [X.] 340 § 5 [X.] Nr. 7 [X.]). Die Zustellungsform des [X.] ist eine Privilegierung eines vom Gesetz als besonders vertrauenswürdig angesehenen [X.]. Für den Fall, dass dieses Vertrauen in der Praxis durch Unzulänglichkeiten im Ablauf oder gar durch Missbrauch der damit verbundenen Zeichnungsfreiheit des Zustellungsempfängers enttäuscht wird, steht es im Ermessen des Gerichts, an den Betroffenen nur noch in einer strengeren Form, etwa gegen Postzustellungsurkunde, zuzustellen (vgl. [X.], Beschluss vom 23. Februar 1989 - 11 TH 4784/88 - juris Rn. 14 ff. = DVBl 1989, 894 ).

b) Ein behördliches [X.] i.S.v. § 174 Abs. 1 und 4 ZPO (ebenso ein solches i.S.v. § 5 Abs. 2 [X.] a.F./§ 5 Abs. 4 [X.] n.F.) erbringt als öffentliche Urkunde i.S.v. § 418 ZPO vollen Beweis dafür, dass der darin angegebene Zustellungszeitpunkt der Wirklichkeit entspricht (vgl. [X.], Beschluss vom 20. Juli 2006 - [X.] - NJW 2007, 600 Rn. 7). Wer diese Urkunde nicht gegen sich gelten lassen will, muss sie entkräften (stRspr, vgl. etwa [X.], Beschluss vom 14. Dezember 1989 - 9 B 466.89 - [X.] 340 § 5 [X.] Nr. 13 S. 1 m.w.N.). Der Gegenbeweis der Unrichtigkeit ist zulässig. Er wird allerdings nicht schon dadurch geführt, dass die Möglichkeit eines anderen Geschehensablaufs dargetan wird. Erforderlich ist, dass die Richtigkeit der Angaben im [X.] nicht nur erschüttert, sondern die Möglichkeit, die Angaben könnten richtig sein, ausgeschlossen ist. Die Beweiswirkung der öffentlichen Urkunde muss vollständig entkräftet werden (vgl. [X.], Beschlüsse vom 7. Oktober 1993 - 4 B 166.93 - [X.] 340 § 5 [X.] Nr. 14 S. 3 und vom 15. Februar 2001 - 6 [X.] 1.01 - [X.] 340 § 5 [X.] Nr. 19 S. 2).

c) Ausgehend von diesen Maßstäben vermag der [X.] - ungeachtet verbleibender Zweifel - keinen anderen Sachverhalt festzustellen, der die für die Richtigkeit des in dem [X.] angegebenen Datums streitende Beweiswirkung - vollständig - entkräftet.

aa) Die Zweifel an der Zulässigkeit der Beschwerde rühren daher, dass das Berufungsurteil dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin bereits am 21. Dezember 2018 (dem Tag nach der Absendung) zugestellt wurde, dem [X.] dagegen - nach dem [X.] - erst am 18. Tag nach der Absendung (am 7. Januar 2019) zugestellt worden sein soll. Ein derart großer [X.]unterschied ist in hohem Maße ungewöhnlich und lässt daher Zweifel an der Richtigkeit des [X.] aufkommen (vgl. auch [X.], Beschluss vom 23. Februar 1989 - 11 TH 4784/88 - juris Rn. 14 ff. = DVBl. 1989, 894 zu einem [X.]unterschied von 28 Tagen). Dies gilt auch angesichts der Besonderheit des Streitfalls, dass elf dieser 18 Tage auf Wochenend- und Feiertage fielen (darunter [X.], die beiden Weihnachtsfeiertage, [X.], Neujahr, [X.]), mithin beim [X.] nur an den verbleibenden sechs Tagen Dienst geleistet wurde (am 21., 27. und 28. Dezember 2018 sowie am 2., 3. und 4. Januar 2019), bei der [X.] im Übrigen an fünf weiteren Tagen (am 22., 24., 29. und 31. Dezember 2018 sowie am 5. Januar 2019). Auch angesichts dessen wäre eine deutlich frühere Zustellung des Berufungsurteils (durch Zeichnung des [X.]) zu erwarten gewesen.

bb) Die vom [X.] bei der [X.] und beim [X.] eingeholten Auskünfte zu den postalischen und innerbehördlichen Abläufen haben Folgendes ergeben:

Nach der Auskunft der [X.], Niederlassung Betrieb [X.], gilt auch für den hier fraglichen [X.]raum die grundsätzliche Aussage der [X.], dass eine einfache Briefsendung am nächsten oder jedenfalls am übernächsten Werktag am Bestimmungsort ausgeliefert wird (vgl. auch die entsprechende Vorgabe in § 2 Nr. 3 Satz 1 Post-Universaldienstleistungsverordnung - [X.]). Auch im Hinblick auf den höheren Anfall von Brief- und Paketsendungen zu [X.] und zum Jahreswechsel seien daran keine Abstriche zu machen. In der [X.] habe in dem [X.]fenster kein [X.] bestanden; Verzögerungen habe es allenfalls im Umfang von ein bis zwei Tagen gegeben. Für das [X.] bestimmte Briefsendungen würden täglich von Fahrern des [X.] selbst oder ggf. einem anderen Postdienstleister zu zwei unterschiedlichen [X.]en beim [X.] abgeholt und zum [X.] gebracht.

In der Auskunft des [X.] zu dessen innerbehördlichen Abläufen wird unter Angabe der konkreten Personalstärke in der [X.] (wo die Postsendungen geöffnet, gescannt und sortiert werden), der Abläufe im Botendienst und der personellen Besetzung des [X.] dargetan, dass auch im fraglichen [X.]raum - trotz der Feiertags- und Urlaubsabwesenheiten um die [X.] und den Jahreswechsel - an allen Stellen des innerbehördlichen Ablaufs Personal zur Aufrechterhaltung eines ordnungsgemäßen Geschäftsgangs vorhanden war. Allerdings wird eingeräumt, dass im fraglichen [X.]raum die Bearbeitung des Posteingangs des [X.] in dessen [X.] um mehrere Tage rückständig war. So ist der darüber erstellten tabellarischen Übersicht z.B. zu entnehmen, dass der Posteingang vom 21. Dezember 2018 (erst) am 28. Dezember 2018 bearbeitet wurde; der Posteingang vom 28. Dezember 2018 wurde (erst) am 7. Januar 2019 bearbeitet. Die dem [X.] übersandte Ausfertigung des Berufungsurteils trägt ausweislich der vorgelegten Ablichtung der ersten Seite den Scan-Vermerk: "gescannt 7. Januar 2019". Nach der Auskunft besteht für das [X.] des [X.] die Sonderregelung, dass für dieses Referat bestimmte Postsendungen, denen ein [X.] beigefügt ist, in der [X.] - anders als die sonstige Post - keinen Eingangsstempel erhalten, weil allein dem [X.] im [X.] die Zeichnung eines solchen [X.] vorbehalten sei. Das [X.] schließlich war während des gesamten [X.]raums durchgängig mit Mitarbeitern besetzt, mindestens stets mit dem zur Zeichnung eines [X.] befugten Referatsleiter oder seiner Stellvertreterin. Tatsächlich gezeichnet wurde das [X.] vom Leiter des [X.]. Dieser hat in seiner dienstlichen Erklärung angegeben, dass er die Eingangspost regelmäßig am Tag des Eingangs im [X.] zeichne, an den Eingang des Berufungsurteils aber - verständlicherweise - keine konkrete Erinnerung mehr habe; er gehe davon aus, dass sich das Berufungsurteil in dem ihm am 7. Januar 2019 vorgelegten Poststapel befand, und folgert dies daraus, dass er (da er seit dem 2. Januar 2019 wieder im Dienst war) es früher gezeichnet hätte, wäre es früher im [X.] eingegangen.

cc) Der [X.] bewertet die sich aus diesen Auskünften ergebende Sachlage wie folgt:

Festzuhalten bleibt zunächst, dass die Auskunft des [X.] in mehrfacher Hinsicht Defizite aufzeigt: In ihr wird an zwei Stellen eingeräumt, dass es keine schriftlichen Dienstanweisungen zu den innerbehördlichen Abläufen gibt und offenbar auch keine Kontrolle, ob und inwieweit die behaupteten tatsächlichen Gepflogenheiten eingehalten werden; so wird z.B. bestätigt, dass ein Mitarbeiter des [X.] die Post bisweilen selbst bei der [X.] abholt, wenn man im [X.] den Eindruck habe, die Postmappe sei überfällig. Dies wirft die Frage auf, ob behördliche Organisationsmängel vorliegen. Zum zweiten räumt das [X.] selbst ein, dass im fraglichen [X.]raum die Bearbeitung des Posteingangs des [X.] in der [X.] rückständig war, und zwar um mehrere Tage. Ob auch die Postsendung mit dem Berufungsurteil davon betroffen war, bleibt unklar: Einerseits sollen Postsendungen mit [X.] in der zentralen [X.] keinen Eingangsstempel erhalten; andererseits trägt die erste Seite der dem [X.] zugestellten Ausfertigung des Berufungsurteils einen Scan-Vermerk vom 7. Januar 2019. Beides wäre dann in Übereinstimmung zu bringen, wenn der Scan-Vermerk nicht als Eingangsstempel im vorstehenden Sinne verstanden wird. Zum dritten ist die dienstliche Erklärung des Leiters des [X.], er habe das [X.] (erst) am 7. Januar 2019 gezeichnet, nur von eingeschränktem Aussagewert, weil diese Aussage allein auf dem Rückschluss aus dem von ihm eingetragenen Datum beruht (also auf einem Schluss von der in Zweifel gezogenen Tatsache auf deren Richtigkeit).

Dass die lange Laufzeit von 18 Tagen auf Verzögerungen im Bereich der [X.] beruhen könnte, erscheint nahezu - allerdings eben auch nur: nahezu - ausgeschlossen. Dagegen spricht bereits, dass der Prozessbevollmächtigte der Klägerin ausweislich des von ihm gezeichneten [X.] das Berufungsurteil bereits am Tag nach der Absendung erhalten hat. Dass die Dauer des Postlaufs von zwei gleichzeitig abgesandten Briefsendungen zu zwei rd. 60 bzw. 130 ([X.] entfernten Bestimmungsorten derart unterschiedlich ausfällt, ist in hohem Maße ungewöhnlich. Allerdings ist wegen des hohen Postanfalls zur [X.] nach der Auskunft der [X.] eine Verzögerung von ein bis zwei Tagen nicht auszuschließen. Letzteres liefe (wegen der fünf [X.] Tage beim [X.] nach dem 21. Dezember 2018) auf einen dortigen Eingang am 27. oder 28. Dezember 2018 hinaus. Hiernach kann die Auskunftslage zum Postweg - mit verbleibenden Ungewissheiten - durchaus in Übereinstimmung mit der Darstellung des [X.] zu den dortigen innerbehördlichen Abläufen gebracht werden. Denn ausgehend von den eingeräumten Bearbeitungsrückständen in der [X.] und dem erwähnten Scan-Vermerk wäre es durchaus schlüssig, dass das Berufungsurteil, wenn es (erst) am 28. Dezember 2018 in der [X.] eingegangen sein sollte, dort (erst) am 7. Januar 2019 bearbeitet (insbesondere gescannt) und noch am selben Tag dem zeichnungsbefugten Leiter des [X.] vorgelegt worden wäre.

Entscheidend ist nach all dem, dass nach dem oben dargestellten Maßstab das Berufungsurteil nicht mit dem Eingang in der Poststelle, sondern (erst) als an dem Tag zugestellt gilt, an dem der Leiter des [X.] des [X.] es mit [X.]n entgegengenommen und gezeichnet hat. Nach den eingeholten Auskünften kann nicht ausgeschlossen werden, dass das Berufungsurteil (möglicherweise mit einer leichten Verzögerung bereits auf dem Postweg) zwar deutlich vor dem 7. Januar 2019 in der Poststelle des [X.] eingegangen ist, dort aber infolge des hohen Geschäftsanfalls um die [X.] und den Jahreswechsel mehrere Tage lang unbearbeitet blieb und erst am 7. Januar 2019 dort gescannt und am selben Tag dem für die Zeichnung des [X.] zuständigen Leiter des [X.] vorgelegt wurde. Dafür sprechen das Datum des erwähnten [X.] und die vom [X.] eingeräumten Bearbeitungsrückstände in seiner [X.], wonach am 7. Januar 2019 erst der Posteingang vom 28. Dezember abgearbeitet wurde.

Nach all dem vermag der [X.] nicht festzustellen, dass die Beweiskraft des [X.] - vollständig - entkräftet ist.

3. Die Beschwerde ist auch begründet.

Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 [X.]) der von der Beschwerde aufgeworfenen Frage zugelassen, ob die Berechnung der Höchstgrenze (Kappungsgrenze) des [X.] nach § 66 Abs. 6 des [X.]beamtenversorgungsgesetzes Baden-Württemberg (LBeamtVG [X.]) im Wege der sog. "[X.]" oder der sog. "Spitzberechnung" vorzunehmen ist.

Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren folgt aus § 47 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 und § 52 Abs. 3 GKG; die vorläufige Streitwertfestsetzung für das Revisionsverfahren beruht auf § 63 Abs. 1 i.V.m. § 47 Abs. 1 Satz 1 und § 52 Abs. 3 GKG. Sie entspricht jeweils dem dreifachen Jahresbetrag der geltend gemachten monatlichen Erhöhung in Höhe von 6,96 €.

Meta

2 B 14/19, 2 B 14/19 (2 C 11/20)

14.05.2020

Bundesverwaltungsgericht 2. Senat

Beschluss

Sachgebiet: C

vorgehend Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, 18. Dezember 2018, Az: 4 S 1956/17, Urteil

§ 66 Abs 6 BeamtVG BW, § 132 Abs 2 Nr 1 VwGO, § 133 Abs 2 S 1 VwGO, § 56 Abs 2 VwGO, § 56 Abs 1 VwGO, § 133 Abs 3 S 2 VwGO, § 133 Abs 3 S 1 VwGO, § 174 Abs 1 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 14.05.2020, Az. 2 B 14/19, 2 B 14/19 (2 C 11/20) (REWIS RS 2020, 3881)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 3881

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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