Bundespatentgericht, Beschluss vom 14.01.2020, Az. 8 W (pat) 36/19

8. Senat | REWIS RS 2020, 11852

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Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Patentanmeldung 10 2011 102 031.8

hat der 8. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des [X.] in der Sitzung vom 14. Januar 2020 durch den Vorsitzenden [X.]. Dr. phil. nat. [X.], [X.]. [X.], [X.]. [X.] und die Richterin Uhlmann

beschlossen:

1. [X.] auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in die Frist zur Einlegung der Beschwerde und die Frist zur Einzahlung der [X.] wird zurückgewiesen.

2. Es wird festgestellt, dass die Beschwerde als nicht erhoben gilt.

3. Die [X.] wird erstattet.

Gründe

I.

1

Die Beschwerdeführerin begehrt Wiedereinsetzung in die Fristen zur Einlegung der Beschwerde und Einzahlung der [X.] gegen einen Beschluss der Prüfungsstelle für [X.] des [X.], durch den ihre Patentanmeldung zurückgewiesen worden ist.

2

Die Patentanmeldung 10 2011 102 031.8 ist am 19. Mai 2011 beim [X.] eingereicht worden.

3

Auf den Bescheid der Prüfungsstelle für [X.] vom 24. Februar 2014, dass die Patentansprüche mangels Neuheit nicht gewährbar seien, hat die Anmelderin mit Schriftsatz ihres [X.]n vom 2. Juli 2014 einen neuen Hauptantrag und einen Hilfsantrag eingereicht und für den Fall, dass die Prüfungsstelle dem Hilfsantrag nicht folgen könne, die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt. Mit [X.] vom 8. August 2017 hat die Prüfungsstelle der Anmelderin mitgeteilt, dass die Patentansprüche weiterhin nicht gewährbar seien, da sie nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruhten, und deshalb mit der Zurückweisung der Anmeldung gerechnet werden müsse. Eine mündliche Verhandlung sei derzeit nicht sachdienlich, falls eine Äußerung nicht beabsichtigt sei, werde um Erklärung gebeten, dass der Antrag auf eine Anhörung zurückgenommen werde. Daraufhin hat die Anmelderin durch ihren [X.]n um Fristverlängerung bis 12. April 2018 gebeten. Sie hat im Weiteren keine Stellungnahme abgegeben. Mit Beschluss vom 15. Mai 2018, der mit einer Rechtsmittelbelehrung versehen war, hat die Prüfungsstelle für [X.] die Patentanmeldung aus den Gründen des [X.]s vom 8. August 2017 zurückgewiesen.

4

28. Mai 2018 angegeben. Das unterzeichnete [X.] wurde ausweislich des darauf verzeichneten Aufdrucks per Telefax bereits am 25. Mai 2018 an das [X.] zurückgesandt.

5

2019 hat die Anmelderin Beschwerde gegen den Zurückweisungsbeschluss eingelegt und neue Patentansprüche nach Hauptantrag und 2 Hilfsanträgen eingereicht. Gleichzeitig hat sie Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich der Versäumung der Beschwerdefrist und der Frist zur Einzahlung der Beschwerdegebühr gestellt. Die Beschwerdegebühr wurde am 14. Juni 2019 entrichtet.

6

Die Beschwerdeführerin stellt sinngemäß die Anträge,

7

den Beschluss der Prüfungsstelle für [X.] des [X.] vom 15. Mai 2018 unter Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in die Fristen zur Einlegung der Beschwerde und Zahlung der [X.] aufzuheben und das Patent 10 2011 102 031 mit den Patentansprüchen 1 bis 10 gemäß Hauptantrag vom 14. Juni 2019 zu erteilen;

8

hilfsweise das Patent mit den Ansprüchen gemäß [X.] 1 oder 2 vom 14. Juni 2019 zu erteilen.

9

Die Beschwerdeführerin trägt unter Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung der Angestellten des [X.]n Frau [X.] (im Folgenden: [X.]) vom 14. Juni 2019 vor, sie sei ohne ihr Verschulden gehindert gewesen, die Beschwerdefrist einzuhalten. Die Versäumung beruhe auf einem Fehler der bei dem [X.]n seit 2. Mai 2018 beschäftigten erfahrenen Patentfachkraft [X.]. Die promovierte Biologin sei seit Mai 1999 in der Patent- und Markenverwaltung zweier Patentanwaltskanzleien als Patent- und Markensachbearbeiterin tätig und insbesondere für die verantwortliche Fristennotierung, die Einreichung von [X.] und Patentanmeldungen, Vorbereitung und Erledigung von [X.] und die [X.]orrespondenz mit Mandanten und [X.]anzleien im In- und Ausland zuständig. Sie sei eine Fachkraft, die alle Formalien des [X.] beherrsche, werde laufend über Änderungen der Gesetze und Verfahren unverzüglich unterrichtet und belehrt und in ihrer Arbeit stichprobenhaft ständig überwacht.

Die [X.], [X.] und [X.] würden von dem [X.]n als verantwortlichem Patentanwalt bzw. Unterzeichner verfügt und überwacht. Er habe diese Aufgabe auf die zentrale Patentverwaltung seines Bereichs delegiert, die seit 2. Mai 2018 mit [X.] besetzt sei. Bei der Patentverwaltung werde eingegangene Post in Empfang genommen, geöffnet und mit dem [X.] versehen, die wichtigsten Daten würden in die elektronische Datenverarbeitung eingegeben und als [X.] dokumentiert. Hierbei würden Fristen festgehalten und Ausschlussfristen gesondert durch ein Ausrufezeichen gekennzeichnet. Die Fristen würden außerdem manuell auf dem betreffenden Schriftstück vermerkt und in die Akte geheftet. Soweit eine sachliche Bearbeitung erforderlich sei, würden die betroffenen Akten an den [X.]n weitergegeben.

Der [X.] überwache laufend alle Vorgänge, insbesondere auch die [X.]e für den Posteingang. Schreiben von Behörden versehe [X.] mit einem Eingangsstempel und trage auf ihnen den Fristablauf ein, bevor sie sie dem [X.]n [X.], der dann in der täglichen Postbesprechung mündlich oder schriftlich seine Zustimmung zu der Registrierung gebe.

Die Fachkraft [X.] dem [X.]n alle ihm zugeordneten von den Behörden oder Mandanten empfangenen Schreiben vor, Schreiben von Behörden, nachdem sie diese mit Eingangsstempel versehen und auf ihnen den Fristablauf notiert habe. Bei der täglichen Postbesprechung gebe der [X.] sodann zur Fristregistrierung seine mündliche oder schriftliche Zustimmung.

Den angegriffenen Zurückweisungsbeschluss habe die Fachkraft dem [X.]n entgegen der generellen Festlegung nicht vorgelegt, in der Akte keine Weiterbehandlungs- und Beschwerdefrist eingetragen und auch der Mandantin den Zurückweisungsbeschluss nicht übermittelt. Dies habe auf einem Irrtum der sonst durchweg zuverlässig arbeitenden Fachkraft beruht. In der Akte habe nämlich folgender Vermerk des [X.]n ge[X.]n:

Abbildung

Hintergrund des Vermerks sei die Anweisung der Mandantin gewesen, verschiedene in der abgebildeten Übersicht aufgeführte Patente oder Patentanmeldungen, darunter auch die koreanische Anmeldung aus der Patentfamilie mit der [X.] Patentanmeldung 10 2011 102 031.8, aufzugeben. Auf diese Anweisung habe der Verfahrensverfahrensbevollmächtigte am 13. Dezember 2017 handschriftlich als Anweisung für die damalige Verwaltungsfachkraft Frau S vermerkt: „-keine weiteren [X.]osten verursachen [X.]A informieren“. Die damalige Verwaltungsfachkraft habe das Blatt in die Akte der verfahrensgegenständlichen Patentanmeldung geheftet. Mit [X.]A sei „[X.]orrespondenzanwalt“ gemeint.

[X.] habe nach Eingang des Beschlusses die Akte gezogen und dort den Vermerk gefunden. Sie habe den Vermerk fälschlich dahingehend verstanden, dass die ganze Patentfamilie mit der [X.] Anmeldung nicht weiterverfolgt werden solle, und deshalb – ohne Rücksprache mit dem [X.]n – lediglich die einjährige [X.] im Zusammenhang mit aufgegebenen Schutzrechten notiert und die Akte sodann in das Regal der nicht mehr zu bearbeitenden Akten gelegt.

Erst aufgrund der routinemäßig in Verbindung mit der Aufgabe eines Schutzrechts notierten [X.] zum 15. Mai 2019 habe sie die Akte wieder gezogen, ihren Irrtum bemerkt und den [X.]n informiert.

Mit eidesstattlicher Versicherung ihres [X.]n Patentanwalt [X.] vom 18. Oktober 2019 hat die Beschwerdeführerin auf Nachfrage des Senats weiter ausgeführt, Patentanwalt [X.] über seine Tätigkeit in einem abgeschlossenen Bereich der [X.]anzlei [X.] allein und sozusagen als Einzelanwalt aus. [X.] sei seine einzige Angestellte. Eine Mitarbeit von anderen Angestellten oder Anwälten der [X.]anzlei bestehe nicht. Gleich am ersten Arbeitstag habe er mit [X.] folgenden üblichen Ablauf hinsichtlich Zustellungen mit [X.] vereinbart: Bei Eingängen mit [X.] [X.] [X.] diese zusammen mit dem [X.] und der jeweiligen Handakte vor. Dabei seien auf dem Schreiben dessen Eingangsdatum, die zugehörige Rechtsmittelfrist, die zuvor auch im EDV-Verwaltungssystem „[X.]“ als Frist einzutragen sei, sowie der Vermerk „not“ für die Eintragung im „[X.]“ anzugeben. [X.] kontrolliere der [X.] selbst die Frist und deren Eintragung und bestätige seine Zustimmung mit einem [X.]urzzeichen. Da [X.] nur an 20 Wochenstunden für den [X.]n tätig sei und freitags wenn möglich arbeitsfrei habe, kümmere sich der [X.] an ihren arbeitsfreien Tagen vereinbarungsgemäß selbst um das Zurücksenden von [X.]sen und [X.] die Akte zentral auf den Schreibtisch seiner Mitarbeiterin. Diese führe am nächsten Arbeitstag zwingend die zu der Zustellung gehörenden Tätigkeiten von Eintragung der Fristen in „[X.]“ und Vorsehen des Vermerks der erfolgten Fristennotierung auf dem zugestellten Schreiben in einer zusammenhängenden Tätigkeit zusammen mit Vorlage der Fristenliste in der täglichen Postbesprechung aus. Diese Vereinbarung sei eindeutig und sicher und habe nie zu Fehlern geführt, der [X.] habe in der [X.] mehrmals nachdrücklich auf die Wichtigkeit der Ableistung dieser Tätigkeiten hingewiesen, [X.] habe ihm bestätigt, dass sie diese Abläufe aus ihrer früheren Tätigkeit in zwei [X.]anzleien kenne und gewohnt sei.

Auch in das Vorgehen mit der Beschwerdeführerin habe der [X.] [X.] eingewiesen und ihr Beispiele von per Email in unregelmäßigen Abständen eingehenden Instruktionen zum generellen Vorgehen in Bezug auf spezielle Akten vorgelegt und genau erklärt.

Das [X.] zu dem angegriffenen Beschluss müsse er wohl als [X.]r unterschrieben und die Rücksendung am Freitag, dem 25. Mai 2018 selbst vorgenommen haben. Am darauffolgenden Montag, dem 28. Mai 2018 habe er die Ange[X.]nheit nicht mehr im Bewusstsein gehabt und nicht mehr zu der Akte nachgefragt, die ihm aufgrund des Irrtums von [X.] nicht mehr vorgelegt worden sei.

Die Versäumung der Frist beruhe allein auf der falschen Auffassung von [X.] hinsichtlich der Bedeutung der Mandanteninstruktion.

In diesem Zusammenhang sei zu berücksichtigen, dass der [X.] seit Anfang Mai 2018 als Rechtsbeistand seiner Ex-Frau monatelang fast täglich und am ganzen Wochenende in einer [X.]linik präsent gewesen sei, da er diese aufgrund einer aktuellen Notsituation nicht nur als Rechtsbeistand, sondern auch persönlich täglich stundenlang betreut habe.

II.

Die statthafte Beschwerde ist verspätet eingelegt und gilt gemäß § 6 Abs. 2 Pat[X.]ostG als nicht erhoben, weil die [X.] nicht rechtzeitig innerhalb der Beschwerdefrist gemäß nach § 73 Abs. 2 Satz 1 [X.], § 6 Abs. 1 Pat[X.]ostG gezahlt worden ist.

Der Antrag auf Wiedereinsetzung in die versäumten Fristen nach § 73 Abs. 2 Satz 1 [X.] und § 6 Abs. 1 Pat[X.]ostG kann nicht stattgegeben werden.

Er ist zwar zulässig gemäß § 123 Abs. 2 [X.], aber unbegründet, weil die Beschwerdeführerin nicht ohne ihr Verschulden an der Einhaltung der Fristen verhindert war, § 123 Abs. 1 [X.]. Die Fristversäumung beruht auf einem Verschulden ihres [X.]n, der der Beschwerdeführerin gemäß §§ 97 Abs. 2, 99 Abs. 1 [X.] i. V. m. § 85 Abs. 2 ZPO wie eigenes Verschulden zuzurechnen ist.

1. Ausweislich des auf dem [X.] ausgewiesenen und durch Unterschrift des Bevollmächtigten bestätigten Empfangsdatums erfolgte die Zustellung des angegriffenen Beschlusses an den [X.]n der Beschwerdeführerin spätestens am 28. Mai 2018. Gemäß § 73 Abs. 2 [X.] endete die einmonatige Beschwerdefrist damit am 28. Juni 2018. Dies ungeachtet des Umstands, dass der [X.] selbst eingeräumt hat, das Schriftstück bereits am 25. Mai 2018 erhalten und die Rücksendung des [X.]ses persönlich vorgenommen zu haben. Ob damit die Beweiskraft des [X.]ses betreffend des dort vermerkten Zugangsdatums erschüttert und für die Fristberechnung von dem früheren Zugang am 25. Mai 2018 auszugehen ist, kann im Ergebnis dahinstehen, da die [X.] keine abweichende Beurteilung rechtfertigen. Bis zum Fristablauf am 28. Mai 2018 ist weder die Beschwerde eingegangen, noch die [X.] bezahlt worden.

2. Der Antrag der Beschwerdeführerin auf Wiedereinsetzung in die versäumten Fristen ist zulässig. Denn er ist nach dem durch eidesstattliche Versicherungen ihres [X.]n und seiner Angestellten [X.] glaubhaft gemachten Vortrag rechtzeitig innerhalb von zwei Monaten nach Wegfall des Hindernisses gestellt worden. Danach ist dem [X.]n die Versäumung der Frist erstmals mit Vorlage der irrtümlich weggehängten Akte am 8. Mai 2019 durch seine Angestellte zur [X.]enntnis gebracht worden, sodass das Hindernis an der Einhaltung der Frist in diesem [X.]punkt entfallen ist. Gleichzeitig mit dem am 14. Juni 2019 und damit innerhalb der Frist von zwei Monaten schriftlich gestellten und glaubhaft gemachten Antrag auf Wiedereinsetzung sind die versäumten Handlungen, die Einlegung der Beschwerde und die Zahlung der [X.], nachgeholt worden. Auch die Jahresfrist nach Ablauf der versäumten Frist gemäß § 123 Abs. 2 Satz 4 [X.] ist eingehalten.

3. Der Antrag ist jedoch nicht begründet, da die Beschwerdeführerin an der Einhaltung der Frist nicht ohne ihr Verschulden gehindert war. Denn der verfahrensbevollmächtigte Patentanwalt der Beschwerdeführerin, dessen Verhalten ihr gemäß § 85 Abs. 2 ZPO i. V. m. §§ 97 Abs. 2, 99 Abs. 1 [X.] zuzurechnen ist, hat die Fristversäumung durch eigenes Verschulden fahrlässig verursacht.

Vor dem Patentgericht sind Patentanwälte den Rechtsanwälten gemäß § 97 Abs. 2 [X.] gleichgestellt. Sie haben deshalb die gleichen strengen Sorgfaltspflichten zur Einhaltung von Fristen zu beachten, die nach ständiger Rechtsprechung an Rechtsanwälte gestellt werden ([X.], 228 – 235 – Wiedereinsetzung V).

Zwar ist der Beschwerdeführerin das alleinige Verschulden einer [X.]anzleikraft ihres Bevollmächtigten nicht wie eigenes Verschulden zuzurechnen. Nach der ständigen Rechtsprechung des [X.] (zuletzt BGH NJW 2019, 3234-3235) muss der verfahrensbevollmächtigte Rechtsanwalt aber durch geeignete organisatorische Maßnahmen innerhalb seiner [X.]anzlei dafür Sorge tragen, dass [X.] möglichst vermieden werden. Zudem hat er die Pflicht, die Einhaltung der organisatorischen Anweisungen durch regelmäßige [X.]ontrollen sicherzustellen.

Im Zusammenhang mit dem Eingang von [X.]sen, mit deren Unterzeichnung und Rücksendung [X.] in Gang gesetzt werden, treffen den Rechtsanwalt besondere Pflichten. Da der Beginn der Rechtsmittelfrist durch das Datum der Unterzeichnung des [X.]ses der angegriffenen Entscheidung bestimmt wird, setzt er mit der Unterzeichnung die Rechtsmittelfrist selbst in Gang und übernimmt damit für sie die Verantwortung ([X.], 1846-1848).

Es bedarf eines besonderen Vermerks auf dem Urteil oder in den Handakten, wann die Zustellung erfolgt ist. Zudem ist der Ablauf der Rechtsmittelfrist zu notieren und im [X.] festzuhalten. Um dies zu gewährleisten, darf der Rechtsanwalt das [X.] über eine Urteilszustellung erst unterzeichnen und zurückgeben, wenn in den Handakten das Eingangsdatum und die Rechtsmittelfrist festgehalten sind und vermerkt ist, dass die Frist im [X.] notiert worden ist ([X.], 1900-1901; NJW 2019, 3234-3235 mit weiteren Nachweisen). Diese Sorgfaltspflichten sind nicht auf die Zustellung von Urteilen beschränkt, sondern gelten in gleicher Weise für andere fristgebundene rechtsmittelfähige Entscheidungen.

Diesen Anforderungen hat der [X.] der Beschwerdeführerin im konkreten Fall nicht genügt. Zwar hat die Angestellte durch [X.] der Akte die Ursache für die Fristversäumung gesetzt. Dies wäre aber verhindert worden, wenn der [X.] vor Versendung des [X.]ses die Rechtsmittelfrist vermerkt und deren Eintragung kontrolliert hätte. Er hat jedoch das [X.] für den angegriffenen mit einer Rechtsmittelbelehrung versehenen Beschluss nach seinem eigenen Vorbringen unterzeichnet und zurückgesandt und die Unterlagen sodann zur weiteren Fristnotierung und Bearbeitung auf den Schreibtisch seiner an diesem Tag abwesenden Angestellten gelegt, ohne zuvor für die Notierung des [X.] und den Vermerk der Rechtsmittelfrist Sorge zu tragen. Damit hat er sich letztlich auf die Fristnotierung und Führung des [X.]s durch seine Büroangestellte verlassen und seine mit der Unterzeichnung des [X.]ses verbundenen Pflichten vernachlässigt, die ihn selbst dann treffen, wenn sein Büropersonal aus zuverlässigen, langjährig bewährten Fachkräften besteht.

Erschwerend kommt im konkreten Fall hinzu, dass sich seine Büroangestellte im [X.]punkt des Vorfalls noch nicht als [X.] bewährt hatte, da sie erst seit Anfang Mai 2018, also weniger als einen Monat, bei dem [X.]n beschäftigt war. Sie verfügte zwar über langjährige Erfahrung in anderen Patentanwaltskanzleien, war aber als promovierte Biologin keine ausgebildete Patentanwaltsfachangestellte. Deshalb konnte sich der [X.] zum [X.]punkt des Eingangs des angegriffenen Beschlusses Ende Mai 2018 noch nicht auf die stichprobenartige [X.]ontrolle der Tätigkeit seiner neuen Mitarbeiterin beschränken, sondern musste sie eng anleiten und kontrollieren, um sich ein Bild über ihre [X.]enntnisse und Zuverlässigkeit zu verschaffen. Es hätte der klaren Anweisung bedurft, keine eigenständige Entscheidung über die Aussortierung von Akten ohne vorherige Rücksprache mit dem [X.]n zu treffen, zumal der in der Akte befindliche handschriftliche Vermerk des [X.]n aufgrund seiner [X.]ürze geeignet war, Missverständnisse über das weitere Vorgehen zu erzeugen.

Die zeitlichen und psychischen Belastungen des [X.]n aufgrund seiner damaligen privaten Verpflichtungen können die aufgezeigten Pflichtverletzungen nicht entschuldigen. Die Fristnotierung auf der angegriffenen Entscheidung und eine entsprechende Wiedervorlageverfügung hätten innerhalb kürzester [X.] durchgeführt werden können, sind dem Anwalt also auch bei großen privaten Belastungen zuzumuten. Zudem wird die pflichtwidrige Handhabung, [X.]se während der Abwesenheitstage der Büroangestellten zu unterzeichnen und diese ohne weitere Bearbeitung und Fristnotierung selbst zurückzusenden, nach dem eigenen Vorbringen des [X.]n in seiner [X.]anzlei regelmäßig praktiziert und war damit kein durch besondere Belastungen bedingtes Einzelversagen. Private Belastungen entbinden den Anwalt im Übrigen nicht von einer ordnungsgemäßen Organisation seiner [X.]anzlei, die die Einhaltung von Fristen gerade auch bei unvorhergesehenen Ausfällen sicherstellen muss. Nehmen diese in einer Weise überhand, dass er seinen Verpflichtungen nicht mehr nachkommen kann, muss er für einen Vertreter sorgen.

Da somit die Versäumung der [X.] nicht allein auf einem Versagen der Angestellten des [X.]n beruht, sondern auch auf seiner eigenen Sorgfaltspflichtverletzung, die sich die Beschwerdeführerin wie eigenes Verschulden zurechnen lassen muss, konnte eine Wiedereinsetzung in die versäumten Fristen nicht gewährt werden.

Die Beschwerde gilt damit gemäß § 6 Abs. 2 Pat[X.]ostG als nicht erhoben, die [X.] ist gemäß 10 Abs. 2 Pat[X.]ostG zurückzuerstatten.

Meta

8 W (pat) 36/19

14.01.2020

Bundespatentgericht 8. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 14.01.2020, Az. 8 W (pat) 36/19 (REWIS RS 2020, 11852)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 11852

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