Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 30.05.2007, Az. 2 StR 22/07

2. Strafsenat | REWIS RS 2007, 3632

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 2 StR 22/07 vom 30. Mai 2007 in der Strafsache gegen 1. 2. 3. 4. 5. wegen [X.]s u. a. - 2 - Der 2. Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom 30. Mai 2007, an der teilgenommen haben: Vorsitzende Richterin am [X.] [X.] und die Richterin am [X.] Dr. [X.], [X.] am [X.] Prof. Dr. Fischer, die Richterin am [X.] Roggenbuck, [X.] am [X.] Dr. Appl, Bundesanwalt beim [X.] als Vertreter der [X.], Rechtsanwalt als Verteidiger für den Angeklagten [X.], Rechtsanwalt als Verteidiger für den Angeklagten [X.], Rechtsanwalt als Verteidiger für den Angeklagten [X.], Rechtsanwältin als Verteidigerin für den Angeklagten [X.], Rechtsanwältin als Verteidigerin für den Angeklagten [X.], Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle, für Recht erkannt: - 3 - 1. Auf die Revisionen der Angeklagten [X.], [X.] , [X.], [X.] und [X.] wird das Urteil des Land-gerichts [X.] vom 21. September 2006 mit den [X.] aufgehoben, soweit die Angeklagten verurteilt worden sind. 2. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das vorgenannte Urteil mit den Feststellungen aufgehoben, soweit es den Ange-klagten [X.] betrifft. 3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des [X.]s [X.] zurück-verwiesen. Von Rechts wegen Gründe: Das [X.] hat den Angeklagten [X.] wegen Beihilfe zum [X.] zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten, den Angeklagten [X.] wegen [X.]s in 53 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren sechs Monaten, den Angeklagten [X.] wegen [X.]s in 53 Fällen und wegen Diebstahls in besonders schwerem Fall zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten, den Angeklagten [X.] wegen [X.]s in 46 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und den Angeklagten [X.] wegen [X.]s in 36 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf 1 - 4 - Jahren sechs Monaten verurteilt und die Einziehung eines Elektromoduls zur Überwindung der Wegfahrsperre und eines Abziehers zur gewaltsamen Öff-nung von Fahrzeugen angeordnet. Im Übrigen hat es die Angeklagten freige-sprochen. Gegen dieses Urteil richten sich die Revisionen der Angeklagten mit Verfahrensrügen und der Sachrüge (siehe unter [X.]). Die Staatsanwaltschaft [X.] mit ihrer auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revi-sion eine Verurteilung des Angeklagten [X.]

wegen mittäterschaftlichen [X.]s (siehe unter I[X.]). Alle Rechtsmittel haben Erfolg. [X.] Die von allen Angeklagten erhobene Rüge der Verletzung des § 268 Abs. 3 Satz 2 StPO greift durch. 2 Die Beweisaufnahme wurde am 14. Verhandlungstag, dem 4. September 2006, geschlossen. Der Vorsitzende hat nach den [X.] sowie dem jeweiligen letzten Wort der Angeklagten die Hauptverhandlung unterbrochen und Termin zur Fortsetzung auf den 21. September 2006 festgesetzt. An [X.] wurde dem Angeklagten [X.]

Rechtsanwalt [X.]als [X.] beigeordnet, danach fand nur noch die Urteilsverkündung statt. In der Beiordnung eines Pflichtverteidigers liegt kein Wiedereintritt in die [X.] (vgl. [X.], 4, 5). Damit hat das [X.] die sich aus § 268 Abs. 3 Satz 2 StPO ergebende Frist nicht eingehalten, denn zwischen der Hauptverhandlung am 4. September 2006 und der Urteilsverkündung lagen siebzehn Tage. 3 Der Senat hält, wie der 4. Strafsenat (NStZ 2007, 235), die besondere Fristenregelung des § 268 Abs. 3 Satz 2 StPO für die Urteilsverkündung für zwingendes Recht und ihre Verletzung deshalb für [X.]. Dies folgt schon aus dem Wortlaut der Vorschrift (—[X.], —istfi). Der Charakter einer [X.] - 5 - vorschrift ergibt sich entgegen der nicht tragend formulierten Auffassung des 5. Strafsenats (NStZ 2007, 163) auch nicht aus der Neuregelung über die Höchstgrenze der regelmäßigen [X.] für die Hauptverhandlung in § 229 Abs. 1 StPO durch das [X.] vom 24. Au-gust 2004 ([X.] I 2198). Dieses Gesetz hat die Fristenregelung in § 268 Abs. 3 Satz 2 StPO unberührt gelassen. In den [X.] sich kein Hinweis darauf, dass der Gesetzgeber durch die Änderung des § 229 Abs. 1 StPO auch den § 268 Abs. 3 Satz 2 StPO modifizieren wollte oder dass insoweit eine planwidrige Regelungslücke vorläge. Nach der Rechtsprechung des [X.] kann nur in [X.] ein Beruhen des Urteils auf dem Verstoß ausgeschlossen werden ([X.], 4, 5 m. Anm. [X.]; BGHR StPO § 268 Abs. 3 Verkündung 1 und 2; [X.], 52; vgl. auch schon [X.], 422, 423). Daran hat sich durch das [X.] nichts geändert. Zwar mag die [X.] [X.]en in § 229 Abs. 1 StPO in Einzelfällen dazu führen, dass den Verfahrensbeteiligten infolge Zeitablaufs die Beweisaufnahme nicht mehr in allen Einzelheiten vor Augen steht. Dennoch behält die besondere Urteilsverkündungsfrist ihren Sinn, denn sie stellt jedenfalls sicher, dass die Schlussvorträge und das letzte Wort bei der Bera[X.] allen Richtern noch le-bendig in Erinnerung sind. Allein anhand der Urteilsgründe lässt sich [X.] nicht ausschließen, dass das Urteil auf dem Verfahrensfehler beruht. Auch ein sorgfältig verfasstes Urteil, dass keine sachlich-rechtlichen Fehler aufweist, bietet keine Gewähr dafür, dass bei der Urteilsbera[X.] keine wesentlichen As-pekte übersehen wurden, welche gerade deshalb im Urteil nicht wiedergegeben worden sind. Besondere Umstände, die auch schon nach der bisherigen Recht-sprechung ausnahmsweise ein Beruhen des Urteils auf dem Verstoß aus-schließen könnten, sind hier nicht ersichtlich. Vielmehr hat auch die [X.] - 6 - [X.] ausweislich der dienstlichen Erklärungen der Berufsrichter erst am 20. September 2006, also ebenfalls nach Ablauf der Elftagefrist, stattgefunden. I[X.] Die Revision der Staatsanwaltschaft hat Erfolg, weil die Verurteilung des Angeklagten [X.]
wegen Beihilfe zum [X.] nicht frei von [X.] ist. 6 1. Das [X.] hat den Angeklagten wegen Beihilfe zum Banden-diebstahl verurteilt, weil er [X.] wie er selbst eingeräumt habe [X.] am 26. September 2005 trotz Kenntnis der Tatsache, dass die zu transportierenden Teile von ge-stohlenen Fahrzeugen stammten, einen Transport für die Tätergruppe geleistet habe ([X.]). Von den weiteren Anklagevorwürfen hat es ihn freigespro-chen, weil nicht mit der erforderlichen Sicherheit festzustellen gewesen sei, dass der Angeklagte [X.] vor der Sicherstellung des von seinem Bruder [X.] Lkw (am 9. September 2005) Kenntnis von der Herkunft der Autoteile gehabt habe. Zwar sprächen die Tatsache, dass der Angeklagte den Zeugen G. als —Schrauberfi an die Tätergruppe vermittelt habe, und die Vornahme von Geldüberweisungen an die Freundin des Angeklagten [X.] für eine engere Bindung auch des Angeklagten [X.] an die Tätergruppe um den Angeklagten [X.] und damit auch für eine frühere Kenntnis von der [X.]. Die entgegenstehende Einlassung des Angeklagten sei [X.] nicht mit letzter Sicherheit zu widerlegen gewesen. Insbesondere spreche die Tatsache, dass der Angeklagte [X.] von der Tätergruppe sogar ver-prügelt worden sei, gegen dessen zunächst vermutete hochrangige Position im Bandengefüge. 7 - 7 - 2. Die Beweiswürdigung ist Sache des Tatrichters; es kommt nicht darauf an, ob das Revisionsgericht angefallene Erkenntnisse anders gewürdigt oder Zweifel überwunden hätte. Eine Beweiswürdigung ist rechtsfehlerhaft, wenn sie lückenhaft ist, namentlich wesentliche Feststellungen nicht erörtert, wider-sprüchlich oder unklar ist, gegen Gesetze der Logik oder gesicherte Erfah-rungssätze verstößt oder wenn an die zur Verurteilung erforderliche Gewissheit überspannte Anforderungen gestellt werden. Eine wenig überzeugende Einlas-sung des Angeklagten muss nicht schon deshalb geglaubt werden, weil sie nicht widerlegt werden kann. 8 Der Angeklagte [X.] hatte eingeräumt, dass er seit der [X.] am 9. September 2005 Kenntnis davon hatte, dass es sich bei der Fracht um gestohlene Autoteile handelte. Er habe danach noch einen Transport vorgenommen, weil von der Gruppierung entsprechender Druck auf ihn ausge-übt worden sei und er sogar in der Wohnung verprügelt worden sei ([X.]). Das [X.] hat diese Einlassung als nicht widerlegbar angesehen, und daraus gefolgert, dass er nur durch diesen letzten Transport der Bande gehol-fen habe. Dabei hat das [X.] zwar bedacht, dass die Vermittlung des Zeugen [X.]und die Geldüberweisungen für eine engere Einbindung des Angeklagten [X.] in die Bande sprechen könnten. Es hat aber nicht erör-tert, dass allein der Umstand, dass der Angeklagte seinen Schwager [X.]—als Schrauberfi, also zum Zerlegen von Autos an die Tätergruppe in [X.] vermittelt hat, dafür spricht, dass er bereits vor Sicherstellung des Lkw am 9. September 2005 von der Zerlegung von Autos in [X.] durch die Bande wusste. Dafür, dass es sich um gestohlene Fahrzeuge handelte, sprach schon der Umstand, dass die Transporte nach [X.] mit falschen [X.]n ausgestattet wurden, die einen Erwerb der Autoteile in [X.]. Es liegt nahe, dass der Angeklagte [X.] als Manager der [X.], der den Vertrag mit der Tätergruppe abgeschlossen hatte, und der die 9 - 8 - Transporte von [X.] nach [X.] organisierte und diese Transporte nach den Feststellungen auch teils selbst ausführte, vom Inhalt der [X.] Kenntnis hatte. Das [X.] hätte sich mit diesem Umstand deshalb auseinandersetzen müssen. Weiter hat es erkennbar übersehen, dass nach der Sicherstellung des Lkw am 9. September 2005 und vor dem eigenen Transport durch den Angeklagten [X.] am 26. September 2005 dieser noch einen weiteren Transport gestohlener Autoteile von [X.] nach [X.] für die [X.] organisiert hat, den der gesondert verurteilte [X.]durchführte ([X.]). Dieser Umstand könnte ebenfalls gegen die Richtigkeit der Einlassung des Angeklagten sprechen, er habe sich wegen des auf ihn ausgeübten Drucks und wegen der Prügel zum Transport bereit gefunden, wo-für es im Übrigen keinerlei bestätigende Anhaltspunkte gibt. Auch hiermit hätte sich das [X.] auseinandersetzen müssen. II[X.] Es besteht Anlass zu dem ergänzenden Hinweis, dass die pauschale Feststellung, es ergebe sich eine Strafbarkeit wegen [X.]s des [X.] [X.] in 46 Fällen und des Angeklagten [X.] in 36 Fällen, die Nachprüfung des Urteils für das Revisionsgericht erschwert, weil die [X.] selbst keine Zuordnung der Taten zu den einzelnen [X.] vornimmt. Dies gilt auch für die Strafzumessung anhand der Schadenshöhe ohne [X.] der einzelnen Fälle, die zudem fehlerhaft ist, weil in den Fällen, in denen die Schadenssumme genau 25.000 • beträgt (Fälle 12, 22, 30 und 34 der [X.]), die Urteilsgründe nicht erkennen lassen, ob Freiheitsstrafen von zwei Jahren oder von zwei Jahren und sechs Monaten verhängt worden sind. Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat vorsorglich darauf hin, dass Tatbetei-ligte, die nicht selbst Bandenmitglieder sind, nur wegen Beteiligung am [X.] bestraft werden können, da die [X.] ein besonderes 10 - 9 - persönliches Merkmal im Sinne des § 28 Abs. 2 StGB ist (vgl. BGHSt 46, 120, 128; 47, 214, 216; [X.], 241; Senatsbeschluss vom 8. März 2006 [X.] 2 [X.]). Rissing-van Saan [X.] Fischer Roggenbuck Appl

Meta

2 StR 22/07

30.05.2007

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 30.05.2007, Az. 2 StR 22/07 (REWIS RS 2007, 3632)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2007, 3632

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