Bundesgerichtshof, Beschluss vom 16.03.2010, Az. 4 StR 497/09

4. Strafsenat | REWIS RS 2010, 8477

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Gegenstand

Bandendiebstahl: Begriff der Bande


Tenor

1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 19. Februar 2009 mit den Feststellungen aufgehoben,

a) soweit die Angeklagten wegen schweren Bandendiebstahls und wegen versuchten schweren Bandendiebstahls verurteilt worden sind,

b) bezüglich des Angeklagten [X.] in den Aussprüchen über die Gesamtstrafe und die Anordnung des erweiterten Verfalls.

2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

3. Die weiter gehende Revision des Angeklagten [X.] wird verworfen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten [X.] wegen schweren Bandendiebstahls in zwölf Fällen, davon in zwei Fällen in Form des Versuchs, sowie wegen Diebstahls in fünf Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt. Ferner hat es den erweiterten Verfall von Bargeldbeträgen angeordnet, die bei diesem Angeklagten sichergestellt wurden. Den Angeklagten [X.]. hat es des schweren Bandendiebstahls in elf Fällen, davon in zwei Fällen in Form des Versuchs, schuldig gesprochen und gegen ihn eine Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verhängt. Gegen dieses Urteil wenden sich die Angeklagten mit ihren Revisionen, mit denen sie die Verletzung sachlichen Rechts rügen. Die Rechtsmittel haben in dem aus der [X.] ersichtlichen Umfang Erfolg; die weiter gehende Revision des Angeklagten [X.] ist unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

I.

2

Die Verurteilung der Angeklagten wegen schweren bzw. versuchten schweren Bandendiebstahls hält rechtlicher Überprüfung nicht stand. Das [X.] hat die Voraussetzungen für das Vorliegen einer Bande in den Urteilsgründen nicht hinreichend belegt.

3

1. Nach der Rechtsprechung des [X.] setzt die Bande im Sinne des § 244 Abs. 1 Nr. 2 StGB den Zusammenschluss von mindestens drei Personen voraus, die sich zur fortgesetzten [X.]gehung einer noch unbestimmten Zahl von Diebstählen verbunden haben ([X.]St [[X.]] 46, 321, 325). Erforderlich ist ferner eine – ausdrücklich oder konkludent getroffene – [X.], bei der das einzelne Mitglied den Willen hat, sich mit mindestens zwei anderen Personen zur [X.]gehung von Straftaten in der Zukunft für eine gewisse Dauer zusammenzutun ([X.]St 50, 160, 164). Als Bandenmitglied ist anzusehen, wer in die [X.] eingebunden ist, die dort geltenden Regeln akzeptiert, zum Fortbestand der Bande beiträgt und sich an den Straftaten als Täter oder Teilnehmer beteiligt. Nicht erforderlich ist hingegen, dass sich alle Bandenmitglieder persönlich miteinander verabreden oder einander kennen ([X.] aaO; vgl. auch Fischer StGB 57. Aufl. § 244 Rdn. 36).

4

a) Gemessen daran begegnet es durchgreifenden rechtlichen [X.]denken, dass das [X.] die Angeklagten und den gesondert verfolgten [X.] einerseits sowie die Mitangeklagten [X.], Bl. und [X.]. andererseits als Mitgliedereiner Bande im Sinne des § 244 Abs. 1 Nr. 2 StGB angesehen hat. Denn insoweit ist in den Urteilsgründen lediglich festgestellt, dass diese „Gruppen“ untereinander kooperierten, indem sie sich auf der Grundlage der vorgesehenen arbeitsteiligen [X.]schaffung von Kraftfahrzeugen „austauschten und unterstützten“, in ihren [X.]reichen jedoch „jeweils eigenständig“ tätig waren. Nähere Feststellungen zur Art der Kooperation, insbesondere zu Einzelheiten der gegenseitigen Unterstützung, hat die [X.] nicht getroffen. Schon im Hinblick darauf, dass die beiden, vom [X.] als „Gruppen“ bezeichneten Teile des Zusammenschlusses ihre jeweilige Tätigkeit eigenständig entfalteten und auf unterschiedliche Fahrzeugarten spezialisiert waren, hätte es aber genauerer Feststellungen dazu bedurft, ob alle [X.]teiligten organisatorisch in eine (einheitliche) Bande eingebunden waren. Einen bandenmäßigen Zusammenschluss der Angeklagten [X.] und [X.]. allein mit dem gesondert verfolgten [X.] belegen die Urteilsgründe ebenfalls nicht. Zwar legen die zu den Absprachen unter den Angeklagten getroffenen Feststellungen ([X.]) eine [X.]chaft des [X.] nahe. Dies steht jedoch im Widerspruch zu den Ausführungen des [X.]s im Rahmen der rechtlichen Würdigung ([X.]). Die Sache bedarf daher insoweit neuer Verhandlung und Entscheidung.

5

2. Ergänzend bemerkt der Senat, dass die Verurteilung des Angeklagten [X.] wegen schweren Bandendiebstahls im [X.] 3 sowie die Verurteilung der Angeklagten wegen versuchten schweren Bandendiebstahls im [X.] 17 der Urteilsgründe auch aus anderen Gründen durchgreifenden rechtlichen [X.]denken begegnet. Die im [X.] 3 getroffenen Feststellungen belegen nicht, dass der Angeklagte [X.] die Tat unter Mitwirkung eines anderen [X.] beging. Das betreffende Fahrzeug wurde „von dem Angeklagten [X.] selbst oder mit dessen Wissen und Wollen von einem anderen Mitglied seiner Tätergruppe entwendet“. Danach ist in Anwendung des [X.] zu Gunsten des Angeklagten [X.] von dessen Alleintäterschaft auszugehen. In [X.] 17 der Urteilsgründe waren die Aktivitäten der Angeklagten sowie des gesondert verfolgten [X.] am Abend des 9. März 2008 noch nicht bis zum Stadium des Versuchs einer Diebstahlstat gediehen, soweit sie lediglich in [X.]. umherfuhren und nach stehlenswerten Fahrzeugen Ausschau hielten. [X.]züglich des anschließenden Tatgeschehens in P. lässt sich den Feststellungen nicht zweifelsfrei entnehmen, dass der Angeklagte [X.]. einen konkreten Tatbeitrag – gleichgültig, ob am [X.] oder nicht – erbracht hat. Allein die [X.]chaft des Angeklagten reicht für eine Verurteilung wegen dieser Tat im vorliegenden Fall nicht ([X.]St 46, 321, 333 f.).

II.

6

Die Anordnung des erweiterten Verfalls der bei dem Angeklagten [X.] sichergestellten Bargeldbeträge hat keinen [X.]stand.

a) Das [X.] hat die Anordnung darauf gestützt, dass “sich eine deliktische Herkunft oder Verwendung des bei dem Angeklagten [X.]  sichergestellten Bargeldes“ aufdränge. Damit ist nicht belegt, dass die Gelder für rechtswidrige Taten oder aus ihnen erlangt worden sind. Vielmehr hat das [X.] offen gelassen, ob die Gelder durch Veräußerung gestohlener Fahrzeuge erlöst bzw. für die [X.]gehung von [X.] bezahlt worden sind oder ob die Gelder lediglich - gleichsam als instrumenta sceleris - dazu dienen sollten, die Bandentätigkeit zu fördern. In diesem Falle kommt aber eine Verfallsanordnung, die beim Täter “Gewinne“ abschöpfen soll, nicht in [X.]tracht.

7

b) Zudem hat das [X.] nicht bedacht, dass die den Verletzten aus den Diebstählen erwachsenen Ansprüche der Anordnung des erweiterten Verfalls der sichergestellten Geldbeträge gemäß §§ 73d Abs. 1 Satz 3, 73 Abs. 1 Satz 2 StGB insoweit entgegenstehen, als die Erfüllung der Ansprüche dem Angeklagten den Wert des aus den Taten [X.] entziehen würde. Die Anordnung ist deshalb aufzuheben.

8

c) Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat vorsorglich darauf hin, dass vorrangig zu klären ist, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang die Voraussetzungen für die Anordnung des Verfalls oder des Verfalls von Wertersatz gegeben sind, weil dann für die Anordnung eines erweiterten Verfalls nach § 73d StGB kein Raum ist ([X.], Urteil vom 11. Dezember 2008 – 4 [X.], [X.]R StGB § 73a Anwendungsbereich 2; [X.] 73d Rdn. 9). [X.] die Anordnung des Verfalls nach diesen Vorschriften nur deshalb aus, weil Ansprüche von Verletzten entgegenstehen, wird das [X.] § 111i Abs. 2 StPO zu prüfen haben.

Frau VRi'in[X.] Dr. Tepperwien
ist in den Ruhestand getreten und
deshalb an der Unterschrift
gehindert.

Athing     

Solin-Stojanović

Athing

     Ernemann     

Franke    

Meta

4 StR 497/09

16.03.2010

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Bielefeld, 19. Februar 2009, Az: 2 KLs 46 Js 54/08 - 35/08, Urteil

§ 244 Abs 1 Nr 2 StGB, § 244a StGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 16.03.2010, Az. 4 StR 497/09 (REWIS RS 2010, 8477)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 8477

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