Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.11.2011, Az. 2 StR 302/11

2. Strafsenat | REWIS RS 2011, 1776

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 302/11
vom
3.
November 2011

[X.]R: ja
[X.]St: ja
Veröffentlichung: ja

StGB § 257 Abs. 1

Vorteil im Sinne des §
257 Abs.
1 StGB ist auch der an einen Tatbeteiligten ge-zahlte, nicht aber der ihm versprochene [X.].

[X.], Beschluss vom 3. November 2011 -
2 StR 302/11 -
LG [X.]

in der Strafsache
gegen

wegen
Begünstigung u.a.

-
2
-
Der 2. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und des Beschwerdeführers am 3.
November 2011 gemäß §
349 Abs.
2 und 4 [X.] beschlossen:

1.
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Land-gerichts [X.] vom 22.
Dezember 2009 dahin er-gänzt, dass von der verhängten Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Monaten zwei Monate [X.] als Entschädigung für die rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung als voll-streckt gelten.
2.
Die weitergehende Revision wird verworfen.
3.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten
des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen Begünstigung in zwei Fäl-len und wegen Anstiftung zur Verletzung des Dienstgeheimnisses und einer besonderen Geheimhaltungspflicht zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Monaten verurteilt und im Übrigen freigesprochen. Zudem hat es dem [X.]klagten für die Dauer von vier Jahren verboten, den Beruf des Rechtsanwalts auszuüben sowie als angestellter oder selbständiger Rechtsassessor oder in sonstiger Weise rechtsberatend tätig zu sein, soweit diese Tätigkeit mit einem 1
-
3
-
persönlichen Kontakt mit Mandanten verbunden ist. Die hiergegen gerichtete Revision des Angeklagten bleibt im Wesentlichen ohne Erfolg; das Urteil war lediglich um eine Kompensation für einen Konventionsverstoß zu ergänzen.

I.
Zu den [X.] in den Fällen [X.] und 3 hat das [X.] Folgendes festgestellt: Der gesondert verfolgte P.

fasste im Frühjahr 2008 den Entschluss, in betrügerischer Absicht über eine GmbH nicht existie-rende Solarmodule gegen Vorkasse zu verkaufen und die so erzielten Beträge Pu.

, der hierfür einen Scheingeschäftsführer und einen Firmenmantel be-schaffen sollte. Pu.

gewann zu diesem Zweck den arbeitslosen O.

und sorgte dafür, dass dieser als Geschäftsführer der M.

Haustechnik GmbH, einer reinen Briefkastenfirma, eingetragen wurde. Als Entgelt stellte Pu.

O.

ussicht und zahlte vorab 15.000

M.

Haustechnik GmbH Vorkassengelder in Höhe von über 1,5 Mio.

ohne die bestellten Solarmodule zu liefern.
Ende Juli/Anfang August 2008 wandte sich Pu.

an den als Rechtsan-"ver-stecken"
wollte. Darunter befand sich u.a. der von P.

erhaltene [X.] in Höhe von 35.000

der an O.

gezahlten 15.000

aus den Betrugsgeschäften im Kontext der M.

Haustechnik GmbH, den Pu.

bei sich zu Hause aufbewahrt hatte. Der Angeklagte, dem die Herkunft der 35.000

bekannt war, begab sich am 19.
August 2008 mit Pu.

in die [X.] und bereitete mit Unterstützung eines ihm bekannten [X.] die 2
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-
4
-
Gründung der N.

Holding AG vor. Auf Anraten des Angeklagten eröffnete Pu.

in der [X.] ein Konto, zahlte das bei sich geführte Bargeld ein und überwies das Geld auf ein Konto der N.

Holding AG als Stammkapital (Fall [X.]).
Im November 2008 ließ O.

dem gesondert verfolgten Pu.

über den Angeklagten ausrichten, dieser schulde ihm für seine Tätigkeit als "Strohmann"
der Firma
M.

Haustechnik GmbH noch 35.000

.

übergab dem [X.].

. Hiervon händigte der [X.]klagte O.

.

als Ent-lohnung für seine anwaltliche Tätigkeit für sich. Zudem stellte er O.

im Auf-trag [X.].

als Tatentlohnung eine lebenslange monatliche Zahlung von .

zu halten und von der Preisgabe der Straftaten [X.].

gegenüber den Ermittlungsbehörden abzuhalten. O.

lehnte dies jedoch ab ([X.] 3).
Das [X.] hat das Handeln des Angeklagten in den Fällen II.
1
und 3 als Begünstigung in zwei Fällen gewertet, wobei es im [X.]
3 zwei tat-einheitlich begangene Fälle angenommen hat.

II.
Die auf die allgemeine Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten ist hinsichtlich der Begünstigung des O.

im [X.]
3 begründet; einer Ände-rung des Schuldspruchs bedarf es insoweit nicht, da das [X.] die tatein-heitliche Verwirklichung zweier [X.] im Tenor nicht zum Aus-druck gebracht hatte. Im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des
§
349 Abs.
2 [X.].
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6
-
5
-

1. Zutreffend hat das [X.] das Handeln des Angeklagten in den Fällen II.
1 und 3 als Begünstigung in zwei Fällen, jeweils begangen zugunsten [X.].

, gewertet.
a)
Es begegnet keinen rechtlichen Bedenken, dass das [X.] im [X.]

.

für seine Beteiligung an dem Betrug erhielt, als "Vorteil der Tat"
im Sinne des
§
257 Abs.
1 StGB ange-sehen hat. Die Begünstigung (§
257 StGB) verlangt, dass der Täter einem an-deren, der eine rechtswidrige Tat
begangen hat, in der Absicht Hilfe leistet, die-sem die Vorteile der Tat zu sichern. Nach dem Wortlaut der Strafnorm sind [X.] "Vorteile der Tat"
erfasst. Er unterscheidet nicht zwischen Vorteilen "für"
und "aus"
der Tat, sondern beinhaltet jeglichen Vorteil, der sich im Zu-sammenhang mit der Tatbegehung ergibt. Nicht erforderlich ist danach, dass dieser "aus"
der Tat resultiert. Gemessen hieran sind "Vorteile der Tat"
nicht nur die Früchte der Vortat, hier also die von den Kunden der M.

Haustechnik GmbH betrügerisch erlangten Gelder. Einen Vorteil im Sinne des
§
257 StGB stellt vielmehr auch der (vorab) an einen Tatbeteiligten -
wie vorliegend von
P.

an Pu.

-
gezahlte [X.] dar. Dem steht nicht entgegen, dass nach ständiger Rechtsprechung des [X.] einschränkend [X.] wird, dass der Vorteil unmittelbar durch die Vortat erlangt ist ([X.], Urteil vom 16. Juni 1971 -
2 [X.], [X.]St 24, 166, 168; [X.], Urteil vom 1.
August 2000 -
5 [X.], [X.]St 46, 107, 117; [X.],
Urteil vom 27. [X.] 1986 -
3 [X.], [X.], 22). Das Unmittelbarkeitserfordernis dient dazu, [X.] (Vorteilssurrogate) auszuklammern ([X.] in LK 12.
Aufl. §
257 Rn.
31). Bei der Entlohnung für die Tatbeteiligung handelt es sich jedoch
nicht um einen derartigen Ersatzvorteil; vielmehr ist auch der Tat-7
8
-
6
-
lohn ein unmittelbarer "Vorteil der Tat"
(vgl. auch [X.], Beschluss
vom 15.
Dezember 1999 -
3 [X.], [X.], 259).
Dieses Ergebnis steht auch mit der Bestimmung des Rechtsguts der
[X.] durch den [X.] in [X.]. Danach liegt das Wesen der Begünstigung in der Hemmung der Rechtspflege, die dadurch bewirkt wird, dass der Täter die Wiederherstellung des gesetzmäßigen Zustandes verhindert, der sonst durch ein Eingreifen des Verletzten oder von Organen des Staates gegen den Vortäter wiederhergestellt werden könnte. Der Täter der Begünsti-gung beseitigt oder mindert die Möglichkeit, die Wiedergutmachung des dem Verletzten zugefügten Schadens durch ein Einschreiten gegen den Vortäter zu erreichen, das diesem den durch die Vortat erlangtem Vorteil wieder entziehen würde (st. Rspr., vgl. u.a. [X.], Beschluss
vom 16.
November 1993 -
3
StR
458/93, [X.], 187, 188). Dieses trifft auch auf die vorliegende Sachverhaltskonstellation zu. Der Täter der Begünstigung, der -
wie hier
-
dem Vortäter den [X.] sichert, mindert die Möglichkeiten des durch die Vortat Geschädigten, im Wege des zivilrechtlichen Schadensersatzes -
etwa gemäß §§
823 ff. BGB
-
oder der strafrechtlichen Gewinnabschöpfung gemäß §
73 StGB Schadenswiedergutmachung zu erlangen.
Die Vortat war auch -
wie §
257 dies verlangt
-
zum [X.]punkt des [X.] bereits begangen (vgl. Fischer StGB 58. Aufl. §
257 Rn.
4; [X.] in MünchKomm-StGB §
257 Rn.
7) und hatte dem Vortäter Vorteile erbracht. Der Angeklagte hat Pu.

im [X.]

e-sichert, indem er ihm am 19.
August 2008 die Möglichkeit eröffnet hat, in der [X.] die N.

Holding AG zu gründen und die Summe dort als Stammeinla-ge einzubringen. Zum [X.]punkt des Hilfeleistens des Angeklagten am 19.
August 2008 waren die Betrugsstraftaten im Zusammenhang mit der M.

9
10
-
7
-
Haustechnik GmbH, die in der [X.] von Ende Juni bis 11. August 2008 erfolg-ten, bereits begangen.
b) Im [X.]
3 hat das [X.] rechtlich bedenkenfrei eine Begünsti-gung [X.].

angenommen. Für diesen lag
der Vorteil im Sinne des
§
257 StGB ebenso wie im [X.]

Diese hat der Angeklagte -
worauf die Strafkammer zutreffend abstellt
-
gesi-chert, indem er O.

im Auftrag [X.].

O.

versprochenen (weiteren) [X.] übergeben hat. Durch die (zusätzli-che) Verweisung des O.

auf eine ratenweise Zahlung des [X.]s sollte dieser in Abhängigkeit von Pu.

gehalten und daran gehindert werden, die Straftaten [X.].

t-lungsbehörden zu offenbaren.
2. Dagegen begegnet die -
lediglich aus den Urteilsgründen, nicht jedoch aus dem Tenor ersichtliche
-
Annahme einer tateinheitlich verwirklichten [X.] zugunsten des O.

im [X.]
3 rechtlichen Bedenken. Soweit das [X.] als Vorteil der Tat im Sinne des
§
257 StGB das Versprechen [X.].

gegenüber O.

angesehen hat, diesem für die Beteiligung an den Betrügereien im Kontext der M.

Haustechnik GmbH einen [X.] von insge-samt 30.Vorteil im Sinne des
§
257 Abs.
1 StGB nicht nur ein Vermögensvorteil, sondern kann jede wirtschaftliche, rechtliche oder tatsächliche Besserstellung für den Täter sein (vgl. Fischer
StGB 58.
Aufl. §
257 Rn.
6; [X.] in LK 12.
Aufl. §
257 Rn.
25; [X.] in MünchKomm-StGB §
257 Rn.
10; [X.] in [X.] 3.
Aufl. §
257 Rn.
16). Nach der ständigen Rechtsprechung des [X.] ist jedoch -
wie unter II.
1
a) ausgeführt
-
Voraussetzung der Begüns-tigung, dass der Täter der Begünstigung gegenüber dem Verletzten der Vortat die Möglichkeit der Schadenswiedergutmachung
beseitigt oder mindert, die 11
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-
8
-
durch die Entziehung der erlangten Vorteile möglich wäre. Eine solche Möglich-keit der Schadenswiedergutmachung ist bei der bloßen Aussicht auf Erlangung eines versprochenen
[X.]s
jedoch nicht gegeben, da es sich nicht um einen entziehbaren Vorteil handelt. Ein solches Zahlungsversprechen ist gemäß §
134 BGB nichtig, führt zu keiner -
auch
nur wirtschaftlichen
-

Besserstellung und stellt daher keinen relevanten Tatvorteil im Sinne des
§
257 StGB dar.
3. Der Senat schließt aus, dass das [X.] ohne die Annahme einer tateinheitlich verwirklichten Begünstigung zugunsten des O.

im [X.]
3 eine niedrigere Einzelstrafe als die verhängte Freiheitsstrafe von sechs Mona-ten festgesetzt hätte. Das [X.] hat im [X.]
3 die tateinheitlich ange-nommene Begünstigung zugunsten des O.

nur eingeschränkt strafmildernd gewertet ([X.]) und die gleiche -
moderate
-
Einzelstrafe verhängt wie im [X.]
1.
4. Das Urteil war um eine Kompensation für einen Konventionsverstoß zu ergänzen. Nach Übersendung der Akten an die Generalstaatsanwaltschaft [X.] am 28.
Juni 2010 ist es zu einer Verletzung des Gebots zü-giger Verfahrenserledigung (Art. 6 Abs.
1
Satz 1 MRK) gekommen. Bis zur Rücknahme der von der Staatsanwaltschaft eingelegten Revision am 19.
Mai 2011 ist das Verfahren ohne sachlichen Grund nicht gefördert worden. Durch das Versäumnis ist eine der Justiz anzulastende, unangemessene Verfahrens-verzögerung von etwa elf Monaten eingetreten. Diesen Umstand hat der [X.] wegen zu berücksichtigen. Der Erhebung einer Verfahrensrüge [X.] es im vorliegenden Fall nicht, da die Verfahrensverzögerung nach Ablauf der [X.] eingetreten ist und der Angeklagte diese Geset-zesverletzung nicht form-
und fristgerecht rügen konnte (st. Rspr., vgl. u.a. [X.], Beschluss vom 18.
November 2008 -
1 StR 568/08, [X.], 92). 13
14
-
9
-
Über die Kompensation kann der Senat in
entsprechender Anwendung von §
354 Abs.
1a Satz 2 [X.] selbst entscheiden (vgl. [X.], Urteil vom 6.
März 2008 -
3
StR 376/07, [X.], 208, 209). Auf der Grundlage der Vollstre-ckungslösung ([X.],
Beschluss vom 17. Januar 2008 -
GSSt 1/07, [X.], 860) stellt der Senat fest, dass von der verhängten Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Monaten zwei Monate Freiheitsstrafe als Entschädigung für die rechts-staatswidrige Verfahrensverzögerung als vollstreckt gelten.

Fischer
Ri[X.] Prof. Dr. Schmitt

Berger

ist wegen Urlaubs an der

Unterschriftsleistung gehindert.

Fischer

Krehl

Ott

Meta

2 StR 302/11

03.11.2011

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.11.2011, Az. 2 StR 302/11 (REWIS RS 2011, 1776)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 1776

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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