Bundesfinanzhof, Urteil vom 02.04.2014, Az. I R 68/12

1. Senat | REWIS RS 2014, 6636

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Gegenstand

(Landwirtschaftlich bewirtschaftetes Grundstück als Betriebsstätte i.S. von § 12 AO)


Leitsatz

Bewirtschaftete Grundstücksflächen, die zu einem inländischen landwirtschaftlichen Betrieb gehören und im grenznahen Ausland (hier: den Niederlanden) belegen sind, können als Betriebsstätte i.S. von § 12 AO zu qualifizieren und die hierdurch erzielten Einkünfte deshalb gemäß § 32b Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EStG 2002 n.F. vom sog. Progressionsvorbehalt auszunehmen sein .

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) betrieb im Streitjahr 2008 einen grenzüberschreitenden landwirtschaftlichen Mischbetrieb (Ackerbau- und Milchwirtschaft). Von den insgesamt bewirtschafteten Flächen (73,09 Hektar), die sich im Streitjahr ohne Ausnahme im Umkreis von weniger als zehn Kilometern zur inländischen Hofstelle befunden haben, waren 87,10 % (63,64 Hektar) in der [X.] ([X.]) und die restlichen Flächen (sog. Traktatland) in [X.] belegen (9,45 Hektar, entspricht 12,90 %). Auf den [X.] Flächen, die nicht im Eigentum des [X.] standen, wurden im Streitjahr Feldfrüchte angebaut; nach den Feststellungen des Finanzgerichts ([X.]) waren sie teilweise einseitig mit einer [X.] eingezäunt.

2

Die vom buchführungspflichtigen Kläger ermittelten Gewinne beliefen sich im Wirtschaftsjahr 2007/2008 auf 44.138 €, im Wirtschaftsjahr 2008/2009 auf 50.992 €. Für das Streitjahr ergaben sich demgemäß nach der Zuordnungsregel des § 4a Abs. 2 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes 2002 (EStG 2002) Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft in Höhe von 47.565 € (= 1/2 [44.138 € zuzüglich 50.992 €]). Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass hiervon ein Gewinnanteil von 3.068 € den in [X.] belegenen Flächen zuzurechnen ist.

3

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --[X.]--) unterwarf diesen Einkünfteanteil dem sog. Progressionsvorbehalt nach § 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG 2002, weil der Kläger in [X.] keine Betriebsstätte i.S. von § 32b Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 i.V.m. § 52 Abs. 43a Satz 2 EStG i.d.F. des Jahressteuergesetzes 2009 vom 19. Dezember 2008 ([X.], 2794, [X.], 74) --EStG 2002 n.F.-- unterhalten habe. Der Einspruch gegen den hiernach ergangenen Einkommensteuerbescheid 2008 blieb ohne Erfolg. Der daraufhin erhobenen Klage hat das [X.] stattgegeben ([X.] Köln, Urteil vom 5. September 2012  4 K 351/11, Entscheidungen der Finanzgerichte --E[X.]-- 2012, 2288).

4

Mit der Revision beantragt das [X.] sinngemäß, das Urteil der Vorinstanz aufzuheben und die Klage abzuweisen.

5

Der Kläger beantragt sinngemäß, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

6

II. Die Revision ist zurückzuweisen. Dem [X.] ist darin beizupflichten, dass im Streitfall die Voraussetzungen des § 32b Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EStG 2002 n.[X.] erfüllt sind und deshalb der auf die in den [X.] belegenen Parzellen entfallende Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft nicht dem Progressionsvorbehalt untersteht.

7

1. Der Kläger war im Streitjahr in [X.] unbeschränkt einkommensteuerpflichtig (§ 1 Abs. 1 EStG 2002); seine Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft (§ 13 EStG 2002) unterliegen deshalb nach dem sog. Welteinkommensprinzip des § 2 Abs. 1 EStG 2002 auch insoweit der inländischen Besteuerung, als sie aus der Bewirtschaftung der in den [X.] belegenen Grundstücke erzielt wurden. Unerheblich ist hierbei, dass diese Flächen nicht im Eigentum des [X.] standen; ebenso kommt es nicht darauf an, ob sie --wozu das [X.] keine Feststellungen getroffen [X.] dem Kläger auf der Grundlage von Pachtverträgen oder unentgeltlich zur landwirtschaftlichen Nutzung überlassen wurden ([X.]/[X.], EStG, 33. Aufl., § 13 Rz 71).

8

2. Allerdings gebührt das Besteuerungsrecht für die Einkünfte, soweit diese aus der Bewirtschaftung der in den [X.] belegenen Flächen resultieren, nach Art. 4 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik [X.] und dem [X.] zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen sowie verschiedener sonstiger Steuern und zur Regelung anderer Fragen auf steuerlichem Gebiete vom 16. Juni 1959 ([X.] 1960, 1782, BStBl I 1960, 382) --[X.] [X.] 1959-- dem sog. Belegenheitsstaat, hier also den [X.]. In [X.] sind sie deshalb nach Art. 20 Abs. 2 Satz 1 des Abkommens von der inländischen Besteuerung auszunehmen. Das betrifft nach Art. 4 Abs. 2 [X.]-[X.] 1959 alle aus der unmittelbaren und jeder anderen Art der Nutzung des unbeweglichen Vermögens (einschließlich der land- und forstwirtschaftlichen Nebenbetriebe) erzielten Einkünfte. Nicht von Bedeutung ist, ob die landwirtschaftlichen Einkünfte vom Grundstückseigentümer oder einem Nutzungsberechtigten erzielt werden (Ellsel in [X.]/ [X.]/Grotherr, [X.], Art. 6 [X.] Rz 322; [X.] in [X.], Doppelbesteuerung, [X.] Art. 4 Rz 20; [X.] in [X.], a.a.[X.], [X.] Art. 6 Rz 16, m.w.N.) oder im Quellenstaat die inhaltlichen Anforderungen erfüllt werden, die eine (unternehmerische) Betriebsstätte kennzeichnen ([X.] in [X.], a.a.[X.], [X.] Art. 6 Rz 16a; vgl. zum [X.]-Spanien Senatsurteil vom 27. Oktober 2011 I R 26/11, [X.], 6, [X.], 457). Auch gibt der [X.] keinen Anhalt dafür, diese Besteuerungszuordnung nicht auf land- und forstwirtschaftliche Einkünfte zu erstrecken, die aus grenznahen Flächen erzielt werden (hier: sog. Traktatländereien; vgl. hierzu Bericht der Bundesregierung zu [X.] und Regressansprüchen, [X.]; Oberfinanzdirektion --OFD-- [X.], Verfügung vom November 1980 1980-11-00 S 2342/7, juris; [X.] in [X.], a.a.[X.], [X.] Art. 4 Rz 15; [X.] in [X.]/[X.], [X.], Art. 6 Rz 172).

9

Nach den Feststellungen der Vorinstanz entfällt von den im Streitjahr gemäß § 4a Abs. 2 Nr. 1 EStG 2002 anzusetzenden und nach inländischem Recht zu ermittelnden landwirtschaftlichen Einkünften (47.565 €) ein Anteil in Höhe von 3.068 € auf die [X.] Flächen. Diese tatsächliche Würdigung ist von den Beteiligten nicht angegriffen worden; sie ist gemäß § 118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O) für den Senat bindend (vgl. auch Urteil des [X.] --[X.]-- vom 17. Dezember 1997 I R 95/96, [X.], 16, [X.] 1998, 260 zur indirekten [X.]). Demgemäß ist im Streitfall auch nicht darauf einzugehen, dass die zur [X.] für sog. Traktatländereien getroffene Verständigungsvereinbarung (vgl. Schreiben des [X.] --BMF-- vom 30. November 2001 IV B 6-S 1301 [X.]/01, juris; Hutmacher, [X.] --[X.]-- 2007, 460), auf die das [X.] bei seiner Würdigung Bezug genommen hat, für sich genommen den Senat nicht bindet (vgl. z.B. Senatsurteil vom 13. Juni 2012 I R 41/11, [X.], 360, [X.], 880, m.w.N.; zu § 2 Abs. 2 der Abgabenordnung --[X.]-- i.d.[X.] des Jahressteuergesetzes 2010 --[X.] n.[X.]-- vom 8. Dezember 2010, [X.], 1768, [X.], 1394; s. [X.] in Tipke/[X.], Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 2 [X.] Rz 43b ff.).

3. Nach Art. 20 Abs. 2 Satz 2 [X.]-[X.] 1959 werden die Steuern für die Einkünfte, die [X.] zur Besteuerung überlassen sind, jedoch nach dem Satz erhoben, der dem Gesamteinkommen der steuerpflichtigen Person entspricht.

a) Die Beteiligten gehen dabei zu Recht davon aus, dass auch dann, wenn --in Einklang mit der Fassung des Art. 20 Abs. 2 Satz 2 [X.]-[X.] 1959-- der Wortlaut des einschlägigen [X.] eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung den Progressionsvorbehalt für steuerfrei gestellte ausländische Einkünfte ausdrücklich vorschreibt, deren Einbeziehung in das sog. [X.] auf dem [X.] Einkommensteuergesetz beruht und deshalb der Gesetzgeber einen abkommensrechtlich vorgesehenen Progressionsvorbehalt ausschließen kann (Senatsurteile vom 17. Oktober 1990 I R 182/87, [X.], 307, [X.] 1991, 136 zu § 2a EStG (a.[X.]); vom 20. September 2006 I R 13/02, [X.], 410; Grotherr in [X.]/[X.]/Grotherr, a.a.[X.], Art. [X.]/Art. 23B [X.] Rz 132 f., m.w.N.).

b) Das ist in § 32b Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Satz 1 Nr. 3 EStG 2002 n.[X.] geschehen: Hat ein unbeschränkt Steuerpflichtiger Einkünfte bezogen, die nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung steuerfrei sind, so ist auf das nach § 32a Abs. 1 EStG 2002 n.[X.] zu versteuernde Einkommen ein besonderer Steuersatz anzuwenden. Doch gilt das nicht für Einkünfte aus einer anderen als in einem Drittstaat belegenen land- und forstwirtschaftlichen Betriebsstätte; Drittstaat in diesem Sinne ist ein Staat, der nicht Mitgliedstaat der [X.] ([X.]) ist (§ 32b Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 2a Abs. 2a Satz 1 Nr. 1 EStG 2002 n.[X.]), unter der Voraussetzung einer fehlenden wechselseitigen Auskunftserteilung auch ein Staat, auf den das Abkommen über den [X.] ([X.]) anwendbar ist (§ 32b Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 2a Abs. 2a Satz 2 EStG 2002 n.[X.]). Ob eine solche Betriebsstätte allein durch die Bewirtschaftung eines Grundstücks im Rahmen eines landwirtschaftlichen Betriebs unterhalten werden kann --und die Einbeziehung der abkommensrechtlich freigestellten Einkünfte in den Progressionsvorbehalt damit ausgeschlossen wird--, ist indessen kontrovers.

aa) Im Schrifttum wird das zum Teil verneint, weil der Begriff der Betriebsstätte [X.] von § 12 [X.] regelmäßig eine Summe von Wirtschaftsgütern voraussetze und die bloße Belegenheit landwirtschaftlicher Grundstücke im Ausland hierfür nicht ausreiche ([X.]/[X.] und [X.]/[X.] in [X.]/[X.]/ [X.], § 32b EStG Rz 128 i.V.m. § 2a EStG Rz 27; [X.] in [X.], EStG, 13. Aufl., § 2a Rz 16; OFD [X.], Verfügung vom 30. August 2010 S 2230 [X.] 31 1, juris, zu 4.5. mit Hinweis auf die abweichende Behandlung von Gewächshäusern einer Gärtnerei). Nach anderer Ansicht begründen hingegen bei einem grenzüberschreitenden Hof mit Geschäftsleitung im Inland die im Ausland belegenen landwirtschaftlich genutzten Grundstücke eine Betriebsstätte (Blümich/[X.], § 2a EStG Rz 54, § 32b EStG Rz 67; Hutmacher, [X.] 2007, 460, 462; Märkle/ [X.], [X.], 11. Aufl., Rz 153; [X.] in [X.]/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 2a Rz B 26; Leingärtner/Zaisch, Besteuerung der Landwirte, [X.]. 2, Rz 125).

bb) Der Senat schließt sich der letztgenannten Auffassung an. Auszugehen ist hierbei davon, dass der Betriebsstättenbegriff des § 32b Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EStG 2002 n.[X.] nach § 12 [X.] zu bestimmen ist. Vorrangige Sonderregelungen (vgl. die Zusammenstellung bei [X.] in Beermann/[X.], [X.] § 12 Rz 2) sind nicht ersichtlich; sie ergeben sich mit der gebotenen Bestimmtheit (dazu [X.]-Urteil vom 5. Juni 1986 IV R 268/82, [X.], 447, [X.] 1986, 659) auch nicht aus den Gesetzesmaterialien. Zwar wird dort erläutert, dass nach der --ergänzend zur Neufassung des § 2a EStG getroffenen-- Regelung des § 32b Abs. 1 Satz 2 EStG 2002 (n.[X.]) für die Einkünfte, die nach den zwischen den Mitgliedstaaten der [X.] sowie des [X.]-Abkommens geschlossenen Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung freigestellt werden, der positive und negative Progressionsvorbehalt ausgeschlossen werden soll ([X.] 545/08, 77). Gleichwohl kann hierin --jedenfalls für den [X.] kein Rückgriff auf den Betriebsstättenbegriff des Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung abgeleitet werden, da die vom Kläger erzielten landwirtschaftlichen Einkünfte abkommensrechtlich den Einkünften aus unbeweglichem Vermögen (Art. 4 [X.]-[X.] 1959) zugeordnet sind, der Begriff der Betriebsstätte des Art. 2 Abs. 1 Nr. 2 [X.]-[X.] 1959 hingegen die Tätigkeit eines gewerblichen Unternehmens [X.] von Art. 2 Abs. 1 Nr. 5 i.V.m. Art. 5 [X.]-[X.] 1959 erfordert (vgl. --zum [X.]-Spanien-- auch Senatsurteil in [X.], 6, [X.], 457, m.w.N.). Ein Rückgriff auf das [X.]-[X.] 1959 hätte mithin zur Folge, dass die Regelung des § 32b Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EStG 2002 n.[X.] keine Anwendung finden könnte und deshalb die aus den [X.] stammenden Einkünfte --entgegen der Absicht des [X.] auch dann dem Progressionsvorbehalt unterfielen, wenn die Anforderungen an eine Betriebsstätte [X.] von § 12 [X.] erfüllt werden. Dies kann dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden.

c) Nach § 12 Satz 1 [X.] ist eine Betriebsstätte jede feste Geschäftseinrichtung oder Anlage, die der Tätigkeit eines Unternehmens dient. Als Betriebsstätten sind nach der beispielhaften Aufzählung in Satz 2 der Vorschrift insbesondere die Stätte der Geschäftsleitung (Nr. 1) sowie Fabrikations- oder Werkstätten (Nr. 4) anzusehen. Da § 12 Satz 1 --im Gegensatz zur früheren Regelung in § 16 des [X.] nicht mehr die Ausübung eines stehenden Gewerbes, sondern allgemein die unternehmerische Tätigkeit fordert, werden von § 12 [X.] auch Betriebsstätten erfasst, die einem Betrieb der selbständigen Arbeit oder --wie vorliegend-- der Land- und Forstwirtschaft zuzurechnen sind ([X.]-Urteil vom 5. Juni 1986 IV R 338/84, [X.], 452, [X.] 1986, 661; [X.] des BMF zur [X.] zu § 12, Nr. 1). Demgemäß sind auch die dem Beispielskatalog des § 12 Satz 2 [X.] zugrunde liegenden Wertungen bei der Bestimmung der land- und forstwirtschaftlichen Betriebsstätte zu berücksichtigen.

d) Nach ständiger Rechtsprechung ist als Geschäftseinrichtung [X.] von § 12 Satz 1 [X.] jeder körperliche Gegenstand bzw. jede Zusammenfassung körperlicher Gegenstände zu behandeln, der (die) geeignet ist (sind), Grundlage einer Unternehmenstätigkeit zu sein. Da dem Betriebsstättenbegriff die Funktion zufällt, unternehmerische Tätigkeiten und damit auch die [X.] örtlich zuzuordnen, setzt die Betriebsstätte ([X.] von § 12 [X.]) eine "feste" Geschäftseinrichtung mit einer festen Beziehung zu einem bestimmten Teil der Erdoberfläche voraus, die von einer gewissen Dauer ist, der Tätigkeit des Unternehmens dient und über die der Steuerpflichtige eine nicht nur vorübergehende Verfügungsmacht hat (z.B. [X.]-Urteil vom 30. Oktober 1996 II R 12/92, [X.], 356, [X.] 1997, 12; Senatsurteile vom 3. Februar 1993 I R 81/91, [X.], 263, [X.] 1993, 462; vom 17. September 2003 I R 12/02, [X.], 400, [X.] 2004, 396, jeweils m.w.N.). Eine feste Einrichtung [X.] von § 12 [X.] erfordert jedoch weder besondere Vorrichtungen noch für den Aufenthalt von Menschen geeignete Räume ([X.]-Urteil vom 8. März 1988 VIII R 270/81, [X.] 1988, 735; [X.] in Beermann/[X.], [X.] § 12 Rz 7, m.w.N.).

aa) Die in den [X.] belegenen Grundstücke haben im Streitjahr der unternehmerischen Tätigkeit des [X.] [X.] von § 12 Satz 1 [X.] gedient. Die Ackerflächen bilden die eigentliche Grundlage der von § 13 EStG 2002 erfassten Urproduktion (hier Abs. 1 Nr. 1: Pflanzengewinnung mit Hilfe der Naturkräfte); sie machen das Wesen der landwirtschaftlichen Betätigung aus ([X.]-Urteil vom 31. Mai 2001 IV R 73/00, [X.], 551, [X.] 2001, 673).

bb) Nach den den Senat bindenden Feststellungen des [X.] ist der Kläger auf den [X.] Parzellen nachhaltig tätig geworden; sie unterlagen zudem seiner nicht nur vorübergehenden Verfügungsbefugnis.

cc) Auch waren die Grundstücke aufgrund ihrer Bewirtschaftung in den Streitjahren als Geschäftseinrichtung anzusehen. Dies setzt nicht die Zusammenfassung mehrerer Wirtschaftsgüter voraus; vielmehr kann hierfür auch nur ein körperlicher Gegenstand ausreichend sein. Demgemäß hat bereits der [X.] ([X.]) einen einzelnen Lagerplatz als Betriebsstätte angesehen, wenn er der nicht nur vorübergehenden unternehmerischen Betätigung dient ([X.]-Beschluss vom 8. Oktober 1941 VI B 11/41, [X.] 1941, 814; zustimmend z.B. [X.] in Beermann/[X.], [X.] § 12 Rz 7: abgrenzbare unbebaute Flächen, z.B. Lager, Bauplätze; vgl. auch [X.]-Urteil in [X.], 356, [X.] 1997, 12). Nichts anderes gilt demgemäß für die vom Kläger bewirtschafteten [X.] Flächen. Abgesehen davon, dass es sich hierbei um mehrere Grundstücke gehandelt hat, kann der Senat nicht erkennen, weshalb gerade für die Annahme einer landwirtschaftlichen Betriebsstätte weiter gehende Anforderungen gelten sollen (z.B. eine besondere Herrichtung von Zufahrtswegen oder die Errichtung von Gewächshäusern). Vielmehr spricht die Grundwertung des § 12 Satz 2 Nr. 4 [X.], nach dem (gewerbliche) Fabrikationsstätten als Betriebsstätten anzusehen sind, dafür, die vom Kläger bewirtschafteten Grundstücke nicht nur als die landwirtschaftliche Urproduktion kennzeichnende Betriebsgrundlagen, sondern --davon umfasst-- als Geschäftseinrichtung [X.] von § 12 Satz 1 [X.] zu qualifizieren.

dd) Nicht durchgreifen kann die Erwägung des [X.], die Geschäftseinrichtung setze eine feste Verbindung zum Grund und Boden voraus und könne deshalb "denklogisch" nicht mit diesem gleichgesetzt werden. Der Einwand verkennt bereits im Ausgangspunkt, dass das [X.] der festen Beziehung zur Erdoberfläche nicht unmittelbar dem Wortlaut des § 12 [X.] zu entnehmen, sondern aus dem Tatbestandsmerkmal der "festen Geschäftseinrichtung" abgeleitet worden ist, um das Erfordernis der örtlichen Verwurzelung der unternehmerischen Tätigkeit zum Ausdruck zu bringen ([X.]-Urteil in [X.], 263, [X.] 1993, 462). Demgemäß hat der [X.] einen für den Tatbestand des § 12 [X.] hinreichenden örtlichen Bezug für eine unterirdisch verlegte Rohrleitung bejaht, obwohl diese keinen Bezug zur Erdoberfläche habe; maßgeblich sei, dass die unterirdische Geschäftseinrichtung in besonders qualifizierter Weise mit dem Erdboden verbunden ist ([X.]-Urteil in [X.], 356, [X.] 1997, 12). Ebenso ist für landwirtschaftlich genutzte Grundstücke zu entscheiden; sie erfüllen in jeder Hinsicht die von § 12 [X.] geforderte örtliche Verwurzelung. Nur dies erklärt auch, weshalb [X.] zu den Geschäftseinrichtungen gehören können. Hiernach bedarf es auch keiner Erörterung, ob --wie vom Kläger geltend gemacht-- im Rahmen von § 12 [X.] zwischen der bei bewirtschafteten Flächen regelmäßig bearbeiteten Ackerkrume (Geschäftseinrichtung) und dem darunterliegenden Erdreich (als Bezugspunkt der festen Verbindung) zu unterscheiden sein könnte.

ee) Eine abweichende Beurteilung ergibt sich schließlich nicht daraus, dass zu den ausländischen Einkünften [X.] von § 34d EStG 2002 nach Nr. 1 der Vorschrift die Einkünfte aus der in einem ausländischen Staat betriebenen Land- und Forstwirtschaft gehören (vgl. auch § 49 Abs. 1 Nr. 1 EStG 2002). Auch wenn diese Bestimmung vom [X.] bestimmt wird (vgl. [X.] in [X.], a.a.[X.], § 34d Rz 6), kann hieraus keine auf die Einschränkung des in § 32b Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EStG 2002 n.[X.] verwendeten Betriebsstättenbegriffs gerichtete Erwägung abgeleitet werden. Abgesehen davon, dass hierfür jeder Anhalt im Gesetz fehlt, gibt auch im Streitfall der offenkundige Gesetzeszweck des § 32b Abs. 1 Satz 2 EStG 2002 n.[X.] keine Veranlassung, dessen [X.] zu § 12 [X.] aufzubrechen und damit die in den anderen Mitgliedstaaten der [X.] erzielten Einkünfte dem Progressionsvorbehalt des § 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG 2002 zu unterstellen.

4. Die Sache ist spruchreif. Da zwischen den Beteiligten lediglich die Einbeziehung der in den [X.] erzielten landwirtschaftlichen Einkünfte in das [X.] umstritten ist und im Übrigen keine Anhaltspunkte für eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Einkommensteuerbescheids bestehen, hat das [X.] der Klage zu Recht stattgegeben. Die Revision ist demnach zurückzuweisen.

Meta

I R 68/12

02.04.2014

Bundesfinanzhof 1. Senat

Urteil

vorgehend FG Köln, 5. September 2012, Az: 4 K 351/11, Urteil

§ 12 AO, § 32b Abs 1 S 1 Nr 3 EStG 2002 vom 19.12.2008, § 32b Abs 1 S 2 Nr 1 EStG 2002 vom 19.12.2008, § 32b Abs 1 S 3 EStG 2002 vom 19.12.2008, Art 4 DBA NLD 1959, Art 20 Abs 2 DBA NLD 1959, EStG VZ 2008

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 02.04.2014, Az. I R 68/12 (REWIS RS 2014, 6636)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 6636

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