Bundesfinanzhof, Urteil vom 17.11.2020, Az. I R 72/16

1. Senat | REWIS RS 2020, 3655

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Gegenstand

Grenzüberschreitende Betriebsaufspaltung


Leitsatz

Die Grundsätze der Betriebsaufspaltung kommen auch dann zur Anwendung, wenn ein inländisches Besitzunternehmen ein im Ausland belegenes Grundstück an eine ausländische Betriebskapitalgesellschaft verpachtet.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des [X.] vom 31.08.2016 - 10 K 3550/14 aufgehoben, soweit es zur Körperschaftsteuer 2012 ergangen ist.

Der Körperschaftsteuerbescheid 2012 vom 21.07.2017 wird dahingehend geändert, dass weitere Betriebsausgaben in Höhe von ... € gewinnmindernd berücksichtigt werden.

Die Neuberechnung der Körperschaftsteuer 2012 wird dem Beklagten übertragen.

Im Übrigen wird die Klage gegen den Körperschaftsteuerbescheid 2012 abgewiesen.

Hinsichtlich des Bescheids über den [X.] 2012 wird die Revision als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des gesamten Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Tatbestand

I.

1

Streitig ist die Anwendbarkeit des § 8b Abs. 5 des Körperschaftsteuergesetzes ([[[X.].].]) im Rahmen einer vom Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt --[X.]--) angenommenen sog. grenzüberschreitenden Betriebsaufspaltung.

2

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine gemeinnützige rechtsfähige Stiftung mit Sitz im Inland. Die Klägerin bildet zugleich die Konzernspitze der [[[X.].].] und ist Alleingesellschafterin verschiedener Kapitalgesellschaften. Daneben war sie seit Mai 2007 im Rahmen eines Einzelunternehmens, der "[[[X.].].]", in den [[[X.].].] im Bereich des Einzelhandels mit ... tätig. Im Betriebsvermögen befanden sich u.a. zwei bebaute [[[X.].].] in [[X.].] und [[X.].] (Niederlande).

3

[[X.].]um ...06.2011 gründete die Klägerin als Alleingesellschafterin die "[[X.].]" ([[X.].]), eine [[X.].] Kapitalgesellschaft mit Sitz in [[X.].], und brachte das bestehende [[X.].] Einzelunternehmen mitsamt den sich im Betriebsvermögen befindlichen Grundstücken in die [[X.].] ein. Am ...06.2012 veräußerte die [[X.].] beide Grundstücke an die Klägerin. Das in [[X.].] belegene Grundstück wird seitdem von der Klägerin an die [[X.].] verpachtet und von dieser zur Ausübung ihrer operativen Geschäftstätigkeit als Betriebsgrundstück genutzt. Das Grundstück in [[X.].] wird --wie bereits zuvor-- an einen fremden Dritten verpachtet.

4

Am ...06.2012 und ...08.2012 beschloss die Gesellschafterversammlung der [[X.].] die Ausschüttung einer Dividende an die Klägerin in Höhe von insgesamt ... €.

5

Das [X.] nahm aufgrund der Verpachtung des Grundstücks an die [[X.].] eine Betriebsaufspaltung zwischen dieser und der Klägerin an. Die hieraus erzielten [X.] seien daher als gewerbliche Einkünfte zu qualifizieren, die jedoch nach dem Abkommen zwischen der [X.] und dem [X.] zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen sowie verschiedener sonstiger Steuern und zur Regelung anderer Fragen auf steuerlichem Gebiete vom [X.] ([X.] 1960, 1782, BStBl I 1960, 382) --DBA-Niederlande [X.] in der [X.] ([X.]) von der Besteuerung freigestellt seien. Von der Gewinnausschüttung seien allerdings 5 % und somit ein Betrag in Höhe von ... € als nicht abzugsfähige Betriebsausgaben zu berücksichtigen. Das [X.] erließ entsprechende Bescheide über Körperschaftsteuer 2012 und den [X.] 2012 und wies die hiergegen erhobenen Einsprüche zurück.

6

Die dagegen erhobene Klage hatte nur hinsichtlich der Berücksichtigung weiterer Betriebsausgaben in Höhe von ... € Erfolg ([X.], Urteil vom 31.08.2016 - 10 K 3550/14, Entscheidungen der Finanzgerichte --E[X.]-- 2016, 1997).

7

Die Klägerin rügt die Verletzung materiellen Rechts und beantragt, das Urteil des [X.] aufzuheben sowie den Bescheid über Körperschaftsteuer 2012 vom 21.07.2017 dahingehend abzuändern, dass die Einkünfte aus Gewerbebetrieb um ... € herabgesetzt werden, sowie den Bescheid über [X.] 2012 vom 25.07.2014 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13.11.2014 dahingehend abzuändern, dass die Einkünfte aus Gewerbebetrieb um ... € herabgesetzt werden.

8

Das [X.] beantragt, das Urteil des [X.] aufzuheben, soweit es zur Körperschaftsteuer 2012 ergangen ist, und den Bescheid über Körperschaftsteuer 2012 vom 21.07.2017 dahingehend abzuändern, dass weitere Betriebsausgaben in Höhe von ... € gewinnmindernd berücksichtigt werden, und im Übrigen die Revision zurückzuweisen.

9

Das [X.] ist dem Verfahren beigetreten (§ 122 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--). Es unterstützt, ohne einen eigenen Antrag zu stellen, das Vorbringen des [X.].

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision ist begründet, soweit sie die Körperschaftsteuer 2012 betrifft; insoweit ist das angefochtene Urteil aus verfahrensrechtlichen Gründen aufzuheben, da der nach Ergehen des [X.] erlassene Bescheid über Körperschaftsteuer 2012 vom 21.07.2017 an die Stelle des ursprünglich angefochtenen Bescheids getreten ist. Dem [X.] liegt infolgedessen ein nicht mehr existierender Bescheid zu Grunde und das angefochtene Urteil kann deswegen insoweit keinen Bestand mehr haben (z.B. [X.]surteil vom 26.02.2014 - I R 56/12, [X.], 143, [X.], 703). Der [X.] entscheidet in der Sache selbst, da sich die tatsächlichen Grundlagen des Streitstoffs durch den Bescheid über Körperschaftsteuer 2012 vom 21.07.2017 nicht geändert haben. Das [X.] hat im Ergebnis zutreffend entschieden, dass dem Gewinn der Klägerin ein Betrag in Höhe von ... € gemäß § 8b Abs. 5 [X.] als nicht abziehbare Betriebsausgaben außerbilanziell hinzuzurechnen ist; zudem hat es ebenfalls zu Recht weitere Betriebsausgaben in Höhe von ... € angesetzt. Im Übrigen ist die Revision unbegründet. Die gewerblichen Einkünfte, die die Grundlage für die Ermittlung des [X.] darstellen (§ 7 Satz 1 des [X.]), wurden zutreffend ermittelt.

1. Von den Bezügen [X.] 8b Abs. 1 [X.], die bei der Ermittlung des Einkommens außer Ansatz bleiben, gelten 5 % als Ausgaben, die nicht als Betriebsausgaben abgezogen werden dürfen (§ 8b Abs. 5 Satz 1 [X.]). [X.]u den Bezügen [X.] 8b Abs. 1 Satz 1 [X.] gehören u.a. Dividenden [X.] 20 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) und somit auch die Dividende der [X.] an die Klägerin.

2. Das [X.] hat im Ergebnis zutreffend entschieden, dass diese Dividendenzahlung im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs [X.] 14 der Abgabenordnung ([X.]) erfolgt und die Klägerin insoweit nicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 [X.] steuerbefreit ist.

a) Nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 Satz 1 [X.] sind Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen, die nach der Satzung, dem Stiftungsgeschäft oder der sonstigen Verfassung und nach der tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen [X.]wecken dienen (§§ 51 bis 68 [X.]), von der Körperschaftsteuer befreit. Die Steuerbefreiung ist gemäß Satz 2 der Vorschrift ausgeschlossen, soweit ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb unterhalten wird. Ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb ist eine selbständige, nachhaltige Tätigkeit, durch die Einnahmen erzielt werden und die über den Rahmen einer Vermögensverwaltung hinausgeht (§ 14 Satz 1 [X.]).

b) Die Feststellungen des [X.] reichen nicht aus, um entscheiden zu können, ob die Beteiligung der Klägerin an der [X.] als solche einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb begründet.

aa) Nach Auffassung der Rechtsprechung ([X.]surteile vom 30.06.1971 - I R 57/70, [X.], 56, [X.] 1971, 753; vom 27.03.2001 - I R 78/99, [X.], 239, [X.] 2001, 449; Beschluss des [X.] --[X.]-- vom 19.08.2002 - II B 122/01, [X.] 2003, 64) und der ganz herrschenden Meinung in der Literatur (z.B. [X.], [X.] 2006, 262, 268; [X.]/[X.]/[X.], Gemeinnützigkeit im Steuerrecht, 11. Aufl., S. 286, 288 f.; [X.], [X.] --DStR-- 2007, 461, 466; [X.]/[X.], [X.], 917; Meining, DStR 2006, 352, 353; [X.]/[X.], DStR 2010, 905; Schauhoff, Handbuch der Gemeinnützigkeit, 3. Aufl., § 7 Rz 68; [X.] in [X.]/[X.], Die Besteuerung gemeinnütziger und öffentlich-rechtlicher Körperschaften, 7. Aufl., Rz F 46; a.[X.], Der Betrieb 1985, 1156) ist die Beteiligung einer von der Körperschaftsteuer befreiten Körperschaft an einer Kapitalgesellschaft grundsätzlich der Vermögensverwaltung zuzurechnen. Eine andere Beurteilung kann dann in Betracht kommen, wenn die Körperschaft über eine [X.]usammenfassung mehrerer Beteiligungen in einer Holding planmäßig Unternehmenspolitik betreibt oder in anderer Weise entscheidenden Einfluss auf die Geschäftsführung der Kapitalgesellschaft ausübt und damit durch sie unmittelbar selbst am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr teilnimmt ([X.]surteil in [X.], 56, [X.] 1971, 753; ähnlich Urteil des Gerichtshofs der [X.] Cassa di Risparmio di Firenze vom 10.01.2006 - [X.]/04, [X.]:[X.], [X.]. 2006, [X.], Rz 143).

bb) Den Feststellungen des [X.] lässt sich indes nicht entnehmen, ob die Klägerin entscheidenden Einfluss auf die Geschäftsführung der [X.] ausgeübt und damit durch diese unmittelbar selbst am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr teilgenommen hat.

c) Durch die Verpachtung des Grundstücks von der Klägerin an die [X.] sind jedoch die Voraussetzungen einer Betriebsaufspaltung erfüllt, die zu einer originär gewerblichen Tätigkeit der Klägerin [X.] § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 EStG führt und gleichfalls einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb darstellt (vgl. [X.]surteil vom 21.05.1997 - I R 164/94, [X.] 1997, 825, m.w.[X.]).

aa) Eine Betriebsaufspaltung setzt nach ständiger Rechtsprechung des [X.] eine sachliche und personelle Verflechtung zwischen Besitz- und [X.] voraus (vgl. z.B. Beschluss des Großen [X.]s des [X.] vom 08.11.1971 - GrS 2/71, [X.], 440, [X.] 1972, 63; [X.]-Urteil vom 19.07.1994 - VIII R 75/93, [X.] 1995, 597).

(1) Die personelle Verflechtung wird durch eine Mehrheitsbeteiligung des Besitzunternehmens an dem [X.] hergestellt, da die Beteiligung den Gesellschafter in die Lage versetzt, in der [X.] seinen Willen durchzusetzen. Eine Personenidentität in den Organen der Besitz- bzw. [X.] ist nicht erforderlich. Auch gemeinnützige Körperschaften können Besitzunternehmen im Sinne der Betriebsaufspaltung sein ([X.]surteil in [X.] 1997, 825).

(2) Eine sachliche Verflechtung liegt vor, wenn das Besitzunternehmen der [X.] eine wesentliche [X.] zur Nutzung überlässt ([X.]-Urteil vom 01.06.1994 - X R 81/90, [X.] 1995, 154, m.w.[X.]). Als funktional wesentlich sind alle Wirtschaftsgüter anzusehen, die für den Betriebsablauf ein erhebliches Gewicht haben, mithin für die Fortführung des Betriebs notwendig sind oder dem Betrieb das Gepräge geben ([X.]surteile vom 19.01.1983 - I R 57/79, [X.]E 137, 487, [X.] 1983, 312; vom 07.04.2010 - I R 96/08, [X.]E 229, 179, [X.] 2011, 467; [X.]-Urteil vom 24.08.1989 - IV R 135/86, [X.]E 158, 245, [X.] 1989, 1014). Auch immaterielle Wirtschaftsgüter, z.B. der Geschäftswert, die für den Betrieb wesentlich sind, können dem [X.] überlassen werden und eine Betriebsaufspaltung begründen (vgl. z.B. [X.]-Urteile vom 14.01.1998 - X R 57/93, [X.]E 185, 230; vom 13.12.2005 - XI R 45/04, [X.] 2006, 1453; s. aber [X.]surteil vom 27.03.2001 - I R 42/00, [X.], 536, [X.] 2001, 771). Dabei ist nicht erforderlich, dass die wesentliche [X.] dem [X.] entgeltlich zur Verfügung gestellt wird. Es genügt vielmehr eine leihweise Überlassung ([X.]-Urteil vom 24.04.1991 - X R 84/88, [X.]E 164, 385, [X.] 1991, 713).

bb) Die personelle und sachliche Verflechtung liegt nach den bindenden Feststellungen des [X.] (§ 118 Abs. 2 [X.]O) aufgrund der 100 %-igen Beteiligung der Klägerin an der [X.] sowie der Verpachtung des der [X.] als Geschäftslokal dienenden Grundstücks in [X.] durch die Klägerin vor. Etwas anderes ergibt sich auch nicht für die vorliegende Konstellation eines "inländischen Besitzunternehmens" und einer "ausländischen [X.]".

(1) [X.]war wird im Schrifttum eine grenzüberschreitende Betriebsaufspaltung in der vorliegenden Konstellation generell abgelehnt, weil es den Regelungen der [X.] einer Doppelbesteuerung widerspräche, wenn ausländische [X.] zu gewerblichen Einkünften umqualifiziert würden ([X.], Betriebsaufspaltung, 4. Aufl., § 9 Rz 23).

(2) Teilweise wird auch gefordert, dass die [X.] im Inland eine Betriebsstätte haben müsse, weil andernfalls inländische Gewerbesteuer überhaupt nicht anfallen könne (Bauschatz in [X.], [X.], 2. Aufl., Rz 313; [X.]/Wacker, EStG, 39. Aufl., § 15 Rz 862; Söffing/[X.], [X.], 6. Aufl., Rz 942).

(3) Demgegenüber sollen nach anderer Ansicht auch in der vorliegenden Konstellation die Grundsätze der Betriebsaufspaltung [X.] Vermeidung steuerlicher Gestaltungsmöglichkeiten-- uneingeschränkt zur Anwendung kommen (Hessisches [X.], Urteil vom 26.03.2015 - 10 K 2347/09, E[X.] 2015, 1454; [X.], Die internationale Betriebsaufspaltung, 2004, S. 188; [X.]/Günkel in [X.]/[X.] [Hrsg.], Ertragsbesteuerung, Festschrift für Ludwig [X.], 1993, S. 483, 485; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], § 15 EStG Rz 785; [X.], Internationales Steuerrecht --[X.]-- 2008, 165, 170; [X.]/[X.], [X.] 2012, 834, 840; [X.] in Kirchhof, EStG, 19. Aufl., § 15 Rz 113; Ruf, [X.] 2006, 232, 235; [X.] zur [X.], Betriebs-Berater 2013, 2463; [X.]/[X.], [X.], 9. Aufl., [X.] "Betriebsaufspaltung" Rz 16; wohl auch [X.], [X.], Internationales Steuer- und Wirtschaftsrecht - Internationale Wirtschafts-Briefe 2018, 536, 543 f.).

cc) Der [X.] schließt sich im Ergebnis der letztgenannten Auffassung an. Der Begründung eines Gewerbebetriebs der Klägerin durch Verpachtung des Grundstücks in [X.] an die [X.] steht es nicht entgegen, dass die [X.] in [X.] nicht der Gewerbesteuer unterliegt und sich auch ansonsten keine Auswirkungen auf das [X.] (Ertrag-)Steueraufkommen ergeben.

(1) [X.]war hatte der [X.] ([X.]) das [X.] ursprünglich aus Gründen der "Missbrauchsvermeidung" entwickelt und sich insofern der Reichsfinanzverwaltung angeschlossen, die die Bildung von Pachtgesellschaften als "beliebtes Mittel der Steuerersparnis" beurteilte, bei dem der Vorteil darin liege, dass der "hohe Steuertarif für Einzelunternehmer vermieden" und die "Gewerbesteuer geschmälert" werde ([X.], [X.], 1041)

(2) Diese die Gewerblichkeit der Einkünfte des Besitzunternehmens tragenden Erwägungen sind jedoch zwischenzeitlich durch die Fortentwicklung der Rechtsprechung überholt. Danach hat sich das [X.] von der ursprünglichen Intention der Missbrauchsvermeidung gelöst und sich dogmatisch verselbständigt. Maßgeblich ist der "einheitliche geschäftliche [X.]" der hinter den beiden Unternehmen stehenden Personen (vgl. Beschluss des Großen [X.]s des [X.] in [X.], 440, [X.] 1972, 63). Dieser hebt die Vermietungstätigkeit des Besitzunternehmens deutlich von einer "normalen" Vermietung mit der Folge ab, dass hinsichtlich der Tätigkeit des Besitzunternehmens von einer originär gewerblichen Tätigkeit [X.] § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 EStG auszugehen ist (vgl. [X.]-Urteile vom 20.08.2015 - IV R 26/13, [X.]E 251, 53, [X.] 2016, 408; vom 17.04.2019 - IV R 12/16, [X.]E 264, 306, [X.] 2019, 745). Auf dieser dogmatischen Grundlage gibt es aber keinen sachlichen Grund, bei der Qualifikation der Einkünfte des Besitzunternehmens danach zu differenzieren, ob sich das im Streitfall überlassene Geschäftsgrundstück --aus Sicht des [X.] vor oder hinter der Landesgrenze befindet.

3. Das [X.] ist ebenfalls zutreffend davon ausgegangen, dass das Besteuerungsrecht gemäß Art. 13 Abs. 1 [X.] [X.] zugewiesen und nicht gemäß Art. 13 Abs. 5 [X.] ausgeschlossen ist.

a) Da das Abkommen zwischen der Bundesrepublik [X.] und dem [X.] zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerverkürzung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen vom 12.04.2012 ([X.], 1415, [X.], 48) --DBA-[X.] n.F.-- nach Art. 33 Abs. 2 DBA-[X.] n.F. erst ab dem 01.01.2016 anwendbar ist (vgl. [X.]/[X.] in [X.]. 33 Rz 6), ist im Streitjahr noch das [X.] anzuwenden.

b) Danach hat der Wohnsitzstaat gemäß Art. 13 Abs. 1 [X.] das Besteuerungsrecht für Dividendeneinkünfte, wenn diese von einer Person mit Wohnsitz in einem der Vertragsstaaten aus dem anderen Staate bezogen werden. Bei der Klägerin, einer rechtsfähigen Stiftung mit Sitz in [X.], handelt es sich um eine juristische Person und somit um eine Person i.S. der Art. 2 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. Art. 13 Abs. 1 [X.], die die Dividende von der [X.] mit Sitz in "dem anderen Staate" bezogen hat (hier: [X.]).

c) [X.]udem handelt es sich bei den Ausschüttungen der [X.] um [X.] Art. 13 Abs. 1 [X.] und nicht um Unternehmensgewinne [X.] Art. 5 Abs. 1 [X.]. Nach Art. 5 Abs. 1 [X.] hat der "andere Staat" das Besteuerungsrecht für Einkünfte, die eine Person mit Wohnsitz in einem der Vertragsstaaten als Unternehmer oder Mitunternehmer aus einem gewerblichen Unternehmen bezieht, dessen Wirkung sich auf das Gebiet des anderen Staates erstreckt. Dies würde indes voraussetzen, dass die Klägerin (aktive) Unternehmensgewinne erwirtschaftet. Hieran fehlt es im Streitfall. Denn die Einkünfte der Klägerin resultieren aus der Vermietung des Betriebsgrundstücks an die [X.] sowie aus Ausschüttungen von der [X.] Unerheblich ist, dass die Einkünfte --wie vorstehend ausgeführt-- aus [X.]r Sicht nach den Grundsätzen der Betriebsaufspaltung als gewerblich anzusehen sind. Denn nach ständiger [X.]srechtsprechung ist der Begriff des Unternehmensgewinns abkommensautonom mit der Folge zu bestimmen, dass [X.] von einer vermögensverwaltenden Tätigkeit auszugehen ist (vgl. [X.]surteile vom 25.05.2011 - I R 95/10, [X.]E 234, 63, [X.], 760, Rz 22; vom 09.12.2010 - I R 49/09, [X.]E 232, 145, [X.] 2011, 482, Rz 18; vom 28.04.2010 - I R 81/09, [X.]E 229, 252, [X.], 754, Rz 23).

d) Schließlich ist das Besteuerungsrecht [X.]s nicht gemäß Art. 13 Abs. 5 [X.] ausgeschlossen. Nach Art. 13 Abs. 5 [X.] hat (nur) "der andere Staat" (hier: [X.]) das Besteuerungsrecht, wenn eine Person mit Wohnsitz in einem der Vertragsstaaten eine Betriebsstätte in dem anderen Staat hat und die Einkünfte durch diese Betriebsstätte erzielt. Eine Betriebsstätte setzt gemäß Art. 2 Abs. 1 Nr. 2 [X.] eine "feste Geschäftseinrichtung" voraus, in der die Tätigkeit des Unternehmens ganz oder teilweise ausgeübt wird. Im Streitfall ermangelt es an einer solchen festen Geschäftseinrichtung der Klägerin. Die Vermietung eines im Ausland belegenen Grundstücks macht das Grundstück nicht zu einer Betriebsstätte des im Inland ansässigen Vermieters (vgl. [X.]surteil in [X.]E 234, 63, [X.], 760, Rz 22, m.w.[X.]).

4. Demgegenüber ist nicht entscheidungserheblich und kann daher offen bleiben, ob --was zwischen den Beteiligten streitig ist-- die Voraussetzungen des sog. [X.]en [X.]s gemäß Art. 13 Abs. 4 i.V.m. Art. 20 Abs. 2 Satz 1 und 3 [X.] erfüllt wären. Der [X.] hat mit Beschluss vom 22.09.2016 - I R 29/15 ([X.] 2017, 324) entschieden, dass das nationale [X.] des § 8b Abs. 1 [X.] einerseits und das [X.]e [X.] andererseits im Ausgangspunkt selbständig nebeneinanderstehen und nicht einander ausschließen. Die Hinzurechnung nach § 8b Abs. 5 [X.] hat somit auch dann zu erfolgen, wenn von ausländischen Kapitalgesellschaften gezahlte Dividenden (auch) nach dem [X.]en [X.] von der Besteuerung auszunehmen sind ([X.]surteil in [X.] 2017, 324, Rz 9). In diesem [X.]usammenhang hat die Vorinstanz aus dem klaren Wortlaut des DBA-[X.] zu Recht gefolgert, dass sich das [X.] auf die (Brutto-)Dividende bezieht und sich somit aus der [X.]en [X.] im Streitfall kein Argument gegen die außerbilanzielle Hinzurechnung der fiktiven Betriebsausgaben [X.] 8b Abs. 5 Satz 1 [X.] gewinnen lässt (zur Problematik vgl. [X.]surteil vom [X.], [X.]E 267, 1, Rz 31).

5. Die Vorinstanz hat rechtsfehlerfrei über den Streitgegenstand [X.] 2012 entschieden, insoweit ist die Revision unbegründet. Insbesondere war bei der Ermittlung des [X.] keine Kürzung um den auf eine nicht im Inland belegene Betriebsstätte entfallenden Teil vorzunehmen (§ 9 Nr. 3 GewStG). Der in § 9 Nr. 3 GewStG verwendete Begriff der Betriebsstätte bestimmt sich zwar nicht nach der Definition des einschlägigen [X.], sondern (allein) nach innerstaatlichem Recht ([X.]surteil vom 20.07.2016 - I R 50/15, [X.]E 254, 365, [X.] 2017, 230). Jedoch ist auch nach innerstaatlichem Recht eine Betriebsstätte jede feste Geschäftseinrichtung oder Anlage, die der Tätigkeit eines Unternehmens dient (§ 12 Satz 1 [X.]). Ein Grundstück, das --wie im [X.] lediglich vermietet und verpachtet wird, begründet nach ständiger [X.]-Rechtsprechung keine Betriebsstätte des Vermieters oder Verpächters. Dies gilt wegen der ertragsteuerrechtlichen Selbständigkeit von Besitz- und [X.] auch für die Vermietungstätigkeit der Besitzgesellschaft im Rahmen einer Betriebsaufspaltung ([X.]-Urteile vom 10.12.1998 - III R 50/95, [X.]E 188, 176, [X.] 1999, 607; vom 04.07.2012 - II R 38/10, [X.]E 238, 216, [X.] 2012, 782, Rz 49; vgl. auch [X.]surteil in [X.]E 234, 63, [X.], 760).

6. [X.] beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 3 [X.]O.

________________________

Meta

I R 72/16

17.11.2020

Bundesfinanzhof 1. Senat

Urteil

vorgehend FG Köln, 31. August 2016, Az: 10 K 3550/14, Urteil

§ 12 S 1 AO, § 14 S 1 AO, § 8b Abs 5 KStG 2002, § 15 Abs 1 S 1 Nr 1 EStG 2009, § 15 Abs 2 EStG 2009, § 9 Nr 3 GewStG 2002, Art 5 Abs 1 DBA NLD 1959, Art 13 Abs 1 DBA NLD 1959, Art 13 Abs 4 DBA NLD 1959, Art 13 Abs 5 DBA NLD 1959, Art 20 DBA NLD 1959, KStG VZ 2012, EStG VZ 2012, GewStG VZ 2012

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 17.11.2020, Az. I R 72/16 (REWIS RS 2020, 3655)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 3655

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