Bundespatentgericht, Urteil vom 12.06.2012, Az. 3 Ni 48/10 (EP)

3. Senat | REWIS RS 2012, 5749

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Gegenstand

Wirkungslosigkeit dieser Entscheidung


Tenor

In der Patentnichtigkeitssache

betreffend das europäische Patent 0 855 921

( DE 697 10 041 )

hat der 3. Senat (Nichtigkeitssenat) des [X.] auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 12. Juni 2012 unter Mitwirkung des Richters [X.] als Vorsitzenden sowie der Richterin [X.]. [X.], des Richters [X.]. [X.], des Richters [X.] sowie der Richterin [X.]. Dr. Münzberg

für Recht erkannt:

[X.] Das [X.] Patent EP 0 855 921 wird mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der [X.] insoweit für nichtig erklärt als Patentanspruch 1 folgende Fassung erhält:

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und Patentanspruch 2 entfällt.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

I[X.] Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.

II[X.] [X.] ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Die Beklagte ist die eingetragene Inhaberin des am 2. Mai 1997 mit Priorität vom 14. Mai 1996 in der Amtssprache [X.] angemeldeten, mit Wirkung für die [X.] erteilten [X.] Patents 0 855 921 (Streitpatent) mit der Bezeichnung "[X.]" (Wundverband und Herstellungsverfahren dafür), das vom [X.] unter der Nummer 697 10 041 geführt wird.

2

Das Streitpatent, das im Umfang der angegriffenen Patentansprüche 1, 2, 6 und 10 und hilfsweise in einer eingeschränkten Fassung verteidigt wird, umfasst in der erteilten Fassung 15 Patentansprüche, von denen die Patentansprüche 1 und 14 nebengeordnet sind. Die Ansprüche 2 bis 13 sind unmittelbar oder mittelbar auf Patentanspruch 1 und der Anspruch 15 ist unmittelbar auf den Patentanspruch 14 rückbezogen. Die erteilten Patentansprüche 1, 2, 6 und 10 lauten in der [X.] Fassung:

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3

und in [X.] Übersetzung:

4

"1. Wundverband, gekennzeichnet durch eine Schicht aus absorbierendem [X.] (2; 2'), das ein Lochmuster (4; 6) aufweist, wobei sich die Löcher zu der Seite des [X.] öffnen, die proximal zu der Haut des Trägers liegt, wenn der Verband (1; 7) getragen wird, und das mit einer Schicht (3; 3') aus einem an der Haut haftenden wasserabweisenden Gel überzogen ist, wobei die Wände der Öffnungen in dem [X.] mit Gel an denjenigen Endteilen der Öffnungen überzogen sind, die proximal zu der Haut des Trägers liegen, wenn der Verband getragen wird.

5

2. Wundverband nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass das Lochmuster aus den Poren des [X.] (2) besteht, wobei das Gel (3) sich ferner teilweise in diejenigen offenen Poren (4) des [X.] erstreckt, die an die Gelschicht anliegen, ohne dass alle Poren geschlossen werden.

6

6. Wundverband nach einem der Ansprüche 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, dass das [X.] (2) mit einer Schicht (5) aus flüssigkeitsundurchlässigem Material an der Seite überzogen sind, die von der Haut des Trägers distal liegt, wenn der Verband (1) getragen wird.

7

10. Wundverband nach einem der vorangehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass das [X.] ein flexibler Schaum mit offenen Poren ist."

8

Die Klägerin greift das Patent im Umfang der Patentansprüche 1, 2, 6 und 10 an und macht den [X.] der mangelnden Patentfähigkeit wegen fehlender Neuheit und fehlender erfinderischer Tätigkeit geltend. Ferner bestreitet sie die ursprüngliche Offenbarung des Patentanspruches 1 gemäß Hilfsantrag. Sie stützt ihr Vorbringen auf folgende Druckschriften:

9

S1 [X.] 697 10 041 T2 ([X.] Übersetzung des Streitpatentes S2)

S1a Online-Registerauszug des DPMA

S2 EP 0 855 921 [X.] (Streitpatent)

S3 [X.] 97/42985 A1

S4 [X.] vom 4. November 2009 beim [X.], [X.]: 2 O 234/09

S5 Schriftsatz der Beklagten vom 31. Mai 2010 in der [X.] beim [X.], [X.]: 2 O 234/09

S6 [X.] vom 15. Juli 2010 beim [X.], [X.]: 4a [X.]/10

S7 Merkmalsgliederung der erteilten Patentansprüche 1, 2, 6 und 10

S8 Schriftsatz vom 18. Juni 1997 an das [X.] in der Sache [X.]/97-334

S9 Schriftsatz an das [X.] in der Sache [X.]/97.332, dort eingegangen am 26. Januar 2000

P1 EP 0 261 167 [X.]

P2 [X.] 93/19709 A1

P3 [X.] 87/05206 A1

P4 [X.] 93/19710 A1

D1 CA 724612 A

D1a [X.] Übersetzung der D1

[X.] [X.] 274 B

[X.] [X.] 5 147 338 A

[X.]a [X.] Übersetzung der [X.]

[X.] [X.] 37 82 095 T2

[X.] [X.] 4 995 382 A

[X.]a [X.] Übersetzung der [X.]

D6 Ulman/[X.] "6. Silicone Pressure Sensitive Adhesives for Healthcare Applications" in "[X.] Sensitive Adhesive Technology-2" [X.]. [X.]), 1995, [X.], [X.], [X.], [X.] bis 157

[X.] [X.] Übersetzung der D6

D7 Römpp Online, Version 3.5, Eintrag "Gele", vom 2.12.2009.

Die Klägerin ist der Ansicht, dem streitpatentgemäßen Wundverband fehle im Hinblick auf die [X.] bis [X.] und [X.] die Neuheit. Die erfinderische Tätigkeit bestreitet sie, weil sowohl die Verwendung von [X.] als Trägermaterial aus dem Stand der Technik bekannt gewesen sei, wie z. B. anhand der [X.], [X.] oder [X.] und [X.] zu ersehen sei, als auch die einseitige Beschichtung mit Gel, die im Dokument [X.] beschrieben werde.

Die Klägerin stellt den Antrag,

das [X.] Patent 0 855 921 im Umfang der Patentansprüche 1, 2 sowie des Patentanspruchs 6, soweit dieser auf die Ansprüche 1 und/oder 2 und des Patentanspruchs 10, soweit dieser auf die Ansprüche 1 und/oder 2 und/oder 6 rückbezogen ist, mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der [X.] für nichtig zu erklären.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise mit der Maßgabe abzuweisen, dass das Streitpatent die Fassung des in der mündlichen Verhandlung am 12. Juni 2012 eingereichten Hilfsantrags erhält.

Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag lautet:

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Weiterhin soll der Patentanspruch 2 gestrichen werden.

Außerdem macht die Beklagte deutlich, dass die angegriffenen [X.] sich auf den neugefassten Patentanspruch 1 direkt oder indirekt rückbeziehen sollen.

Die Beklagte tritt dem Vorbringen der Klägerin in [X.] Punkten entgegen und verweist auf folgende Dokumente:

Anlage [X.] Datenblatt der [X.]: [X.]/B - Silicongel

Anlage [X.] Muster des Produkts "Mepitel"

Anlage MFP3 Versuchsbericht "Wundauflage wie im [X.] Patent 0 251 810 beschrieben" vom 23. November 2009 von Dr. Dillingham.

Die Neuheit sei gegenüber [X.] von der Klägerin genannten Dokumenten gegeben, weil diese entweder keine einseitige Beschichtungen mit einem dem streitpatentgemäßen Gel vergleichbaren Gel beschrieben oder keine Schicht aus absorbierendem [X.] aufwiesen und zudem nicht ersichtlich sei, inwiefern die aufgebrachten Polymerbeschichtungen in die Poren des Schwammes eindrängen und an deren Wände anhafteten. Die erfinderische Tätigkeit sei gegeben, weil keine der genannten Druckschriften dem Fachmann eine Anregung gäbe, die dort jeweils vorgesehenen Absorptionskörper so mit Silikongel zu beschichten, dass davon auch die Endteile der Wände der der Wunde zugekehrten Öffnungen des [X.] erfasst seien.

Entscheidungsgründe

[X.]

Die auf den [X.] mangelnder Patentfähigkeit (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG [X.] Art. 138 Abs. 1 lit. a EPÜ) gestützte Klage ist zulässig.  Sie erweist sich jedoch nur teilweise als begründet.

1. Das Streitpatent betrifft einen Wundverband und ein Verfahren zu dessen Herstellung (vgl. [X.] 1 Abs. 1 sowie Patentansprüche 1 und 14).

Wundverbände, die auf der der Wunde zugewandten Seite eine Schicht aus Silikongel aufweisen, waren zum [X.], wie einleitend in der Streitpatentschrift unter Nennung der [X.] Patentschrift 0 261 167 und der [X.] dargelegt wird, bekannt. Deren Vorteil wird darin gesehen, dass der Verband aufgrund dieser Schicht zwar an trockener Haut haftet, jedoch nicht an der Oberfläche einer Wunde. Um die Aufnahme von Wundsekret in einen [X.] zu ermöglichen, der an der Oberseite der Gelschicht angeordnet ist, sind diese Gelschichten ferner vorzugsweise perforiert. Bewirkt wird diese Perforation in der Gelschicht durch den Träger der Schicht, der ein Lochmuster aufweist. Bei diesem Träger kann es sich [X.] um ein gewirktes Textilmaterial oder eine perforierte Plastikfolie handeln. Darüber hinaus ist aus der [X.] - wie im Streitpatent weiter ausgeführt wird - zum maßgeblichen Zeitpunkt auch ein Verband mit einem [X.] an der Oberseite einer derartigen Gelschicht bekannt gewesen, wobei dieser [X.] über eine flüssigkeitsundurchlässige Schicht an seiner Oberseite verfügt (vgl. [X.] 1 Abs. 2).

2. Davon ausgehend liegt dem Streitpatent die objektive technische Aufgabe zugrunde, einen absorbierenden Wundverband für nässende Verwundungen zu schaffen, der in der Umgebung der Wunde haftet, dennoch ohne Schmerzerzeugung zu entfernen ist, einen einfacheren Aufbau aufweist und erheblich kostengünstiger hergestellt werden kann, als die im Stand der Technik beschriebenen Wundverbände (vgl. [X.] 1 Abs. 3).

3. Gelöst wird diese Aufgabe gemäß Patentanspruch 1 nach Hauptantrag durch einen

1. Wundverband, der

2. eine Schicht aus absorbierendem [X.] aufweist,

2.1 mit einem Lochmuster,

2.2 wobei sich die Löcher zu der Seite des [X.] öffnen, die proximal zu der Haut des Trägers liegt, wenn der Verband getragen wird,

3. wobei das [X.] mit einer Schicht aus einem an der Haut haftenden wasserabweisenden Gel überzogen ist und

3.1 die Wände der Öffnungen in dem [X.] mit Gel an denjenigen [X.] der Öffnungen überzogen sind, die proximal zu der Haut des Trägers liegen, wenn der Verband getragen wird.

4. Demnach wird gemäß erteiltem Patentanspruch 1 ein Wundverband beansprucht, dessen aus einem absorbierendem [X.] gebildeter [X.] mit einem an der Haut haftenden wasserabweisenden Gel beschichtet ist, wobei die Wände der der Haut des Trägers zugewandten Öffnungen des [X.] an den [X.] mit Gel überzogen sind. Dabei ist diese Beschichtung jedoch nicht - wie die [X.] geltend macht - auf eine einseitige Beschichtung des absorbierenden [X.] beschränkt. Vielmehr umfasst dieser Patentanspruch auch solche absorbierende Wundverbände, bei denen zudem darüber hinaus jene Seiten des [X.] beschichtet sind, die nicht der Wunde zugekehrt sind. Denn mit der Formulierung des Patentanspruches 1 wird nur zum Ausdruck gebracht, dass zwingend die Öffnungen der der Haut des Trägers des [X.] zugewandten Seite des absorbierenden [X.] an ihren [X.] mit Gel überzogen sind; inwiefern weitere Seiten des absorbierenden [X.] beschichtet sind, wird dagegen offen gelassen. Die von der [X.] vorgetragene beschränkende Interpretation des Patentanspruches 1 wird auch nicht von der Beschreibung getragen, denn bei den dort angegebenen Ausführungsformen mit einseitiger Beschichtung handelt es sich um solche, die lediglich als bevorzugt beschrieben werden (vergleiche [X.] und 3 [X.] S. 3 Abs. 3, 4 und [X.]. 1 bis [X.] [X.]. 2A sowie [X.] mit den [X.]uren 1 bis 2A). [X.] Rechtsprechung folgend erlauben Ausführungsbeispiele bzw. als bevorzugt beschriebene Ausführungsformen regelmäßig aber keine einschränkende Auslegung eines die Erfindung allgemein kennzeichnenden Patentanspruches (vgl. [X.], 1023 [X.]. 1. und 2., 1024 4. a) bis c) - Bodenseitige Vereinzelungseinrichtung).

5. Der zuständige Fachmann ist ein Chemiker mit Universitätsabschluss bzw. ein Chemieingenieur, der über Kenntnisse auf dem Gebiet der für Wundmaterialien verwendeten Materialien verfügt sowie mehrere Jahre Erfahrung auf dem Gebiet der Entwicklung und Herstellung von Wundverbänden bzw. -auflagen aufweist. Dieser Fachmann arbeitet zwar mit in der Praxis Tätigen zusammen, um den gewünschten Erfolg zu überprüfen. Für die Entwicklung des [X.] selbst ist aber kein interdisziplinäres Team, wie [X.] in der Arzneimittelentwicklung, erforderlich, denn vorliegend steht die Verwendung und Verarbeitung geeigneter Materialien, d. h. im Wesentlichen von Polymeren, zur Herstellung eines äußerlich am Patienten anzuwendenden Hilfsmittels im Vordergrund.

I[X.]

Der Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung gemäß Hauptantrag erweist sich als nicht bestandsfähig.

1. Es kann dahingestellt bleiben, inwiefern der mit dem Patentanspruch 1 beanspruchte Wundverband gegenüber dem Stand der Technik neu ist, denn seine Bereitstellung beruht im Hinblick auf eine Zusammenschau der [X.] [X.]) und [X.] 274 B (= [X.]) jedenfalls nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Zur Lösung der dem Streitpatent zu Grunde liegenden Aufgabe konnte der Fachmann von [X.] ausgehen, wie sie im Patentdokument [X.] beschrieben werden. Dieses Dokument betrifft absorbierende Wundverbände, die luftdurchlässig sind, an der Wunde nicht kleben und sich leicht von dem die Wunde umgebenden Hautbereich lösen (vgl. [X.] Patentanspruch 1 [X.] Beschreibung S. 2 [X.] 25 bis 30, [X.] 1 bis 8 und [X.] 1 bis 20 sowie [X.]10 seitenübergreifender Satz und [X.] 8 bis 10). Bei dem die Feuchtigkeit absorbierenden Material kann es sich um poröses schwammartiges Material wie einen Polyurethanschaum mit perforierten Öffnungen handeln, dessen beide Seiten beschichtet sind (vgl. Patentanspruch 4 sowie Beschreibung [X.] 17 bis 20 sowie [X.] Beispiel 2 und [X.]10 Beispiel 7). Damit werden mit der in der Druckschrift [X.] beschriebenen Wundauflage die Merkmale 1. bis 2.1 gemäß [X.] verwirklicht. Die in dieser Druckschrift genannte Wundauflage weist darüber hinaus aber auch die Merkmale des 2.2 und 3.1 der [X.] auf. Nachdem die gemäß Dokument [X.] bereitgestellten Wundverbände die von der Wunde während des Heilungsprozesses gebildeten und ausgeschiedenen Flüssigkeiten absorbieren, aber auch gleichzeitig Blut, Eiter und andere [X.] wirksam zurückhalten und zudem den Durchfluss von Luft zur Wunde ermöglichen (vgl. [X.] S. 2 [X.] 25 bis 30, [X.] 1 bis 8, [X.] 1 bis 9 sowie [X.] Beispiel 2), sind bei diesen [X.] ebenso Öffnungen im [X.] und der Beschichtung vorhanden, die proximal zu der Haut des Trägers liegen und deren Wände mit dem Beschichtungsmaterial an den [X.] überzogen sind. Andernfalls ist weder eine Aufnahme des Wundsekrets durch das [X.] noch die Verhinderung des Rückflusses der absorbierten Flüssigkeiten oder die Belüftung der Wunde möglich.

Schließlich sind die in der Druckschrift [X.] angegebenen Wundverbände mit einer haftenden Beschichtung in Form eines gehärteten Filmes auf der Basis von [X.]n unterschiedlichster Zusammensetzung und Konsistenz versehen (vgl. Patentansprüche 1 bis 3 sowie Beschreibung [X.] 23 bis [X.] 8). Angaben dahingehend, es seien besondere Maßnahmen im Zusammenhang mit der Wahl der [X.] bzw. der Härtung zu ergreifen, um so zu Beschichtungen mit einer spezifischen Viskosität zu gelangen, enthält dieses Dokument nicht, auch sind die dort aufgetragenen und gehärteten Beschichtungen diesbezüglich nicht weiter charakterisiert. Somit unterscheidet sich der Wundverband gemäß Dokument [X.] von dem im angegriffenem Patentanspruch 1 angegebenen insofern, als dieser nicht das Merkmal 3 der Merkmalsanalyse [X.]3 erfüllt, dem zufolge das absorbierende [X.] [X.] mit einem an der Haut haftenden, wasserabweisenden Gel, bei dem es sich auch um Silikongele handeln kann, überzogen ist (vgl. Patentanspruch 1 sowie [X.] Beschreibung S. 12/13 übergreifender Absatz). Zur Herstellung solcher Gele sind nämlich - wie aus der Druckschrift [X.], die auf die in der [X.] zitierte [X.] Patentanmeldung [X.] (vgl. a. a. O. [X.] 2 bis 4) zurückgeht, sowie anhand des Lehrbuches D6 des Herausgebers [X.] zu ersehen ist - spezielle Reaktionsbedingungen erforderlich (vgl. dazu gutachtlich [X.] S. 7 bis S. 9 Abs. 1 sowie [X.] 154/155 "Two-Part Silicone Adhesive Gels").

Die Verwendung von hydrophoben Gelen zur Beschichtung von [X.], wobei diese Beschichtung während des Gebrauches in direkte Berührung mit der Wunde kommt, war dem Fachmann zum maßgeblichen Zeitpunkt ebenfalls bereits bekannt gewesen. So wird im Dokument [X.], der [X.] Übersetzung der bereits im einleitenden Teil des [X.] zitierten [X.] Patentschrift [X.] (vgl. a. a. [X.] 1 Abs. 1), ein Wundverband insbesondere zur Versorgung von Wunden, die sich im Stadium der Regenerierung des [X.] befinden, beschrieben, der aus einer netzartigen, aus einem elastischen Material angefertigten Verstärkung, bei der es sich auch um einen offenzelligen Polyurethanschaum handeln kann, besteht und der mit einem hydrophoben Gel vollständig, jedoch unter gleichzeitigem Erhalt der Porosität der Verstärkung, beschichtet ist (vgl. Patentansprüche 1 und 7 sowie Beschreibung S. 3 Abs. 3 und 5 sowie [X.] Abs. 2). Bei diesem Gel handelt es sich bevorzugt um ein Silikongel, das sich nicht nur dadurch auszeichnet, dass in Kombination mit einem [X.] überschüssige Mengen von [X.] aufgesaugt werden, während gleichzeitig der Wiederaustritt von [X.] verhindert wird, sondern das auch dazu führt, dass dieser Wundverband aufgrund seiner Weichheit, Elastizität und Fähigkeit an trockener Haut zu haften leicht über der Wunde befestigt werden kann, ein Ankleben des die Flüssigkeiten aufnehmenden [X.]s an der Wunde auf Grund der Beabstandung durch das gelbeschichtete Netzwerk aber nicht erfolgt (vgl. Patentansprüche 1, 2 und 7 sowie Beschreibung S. 3 Abs. 6, [X.]/5 übergreifender Absatz und S. 5 Abs. 2 und 4).

War der Fachmann vor der Aufgabe gestanden, einen absorbierenden Wundverband zur Versorgung nässender Wunden bereitzustellen, der zwar in der Umgebung der Wunde haftet, aber ohne Schmerzerzeugung entfernt werden kann, der ferner einen einfachen Aufbau aufweist und kostengünstig hergestellt werden kann, bedurfte es angesichts dieses Standes der Technik keiner Überlegungen erfinderischer Art. Denn aus der Druckschrift [X.] war ihm bereits ein einteiliger, absorbierender Wundverband bekannt, somit ein Wundverband mit einfachem Aufbau, der aus diesem Grunde auch mit geringeren Herstellungskosten verbunden ist als ein Wundverband mit mehrteiligem Aufbau. Bereits der im Patentdokument [X.] angegebene Verband besteht nämlich nur aus einem, die [X.] absorbierenden [X.]material in Form eines mit perforierten Öffnungen versehenen Polyurethanschwammes, das direkt mit einem auf der Wunde nicht klebenden, gehärteten Film aus [X.] beschichtet ist. Wollte der Fachmann die Eigenschaften dieses einteiligen, absorbierenden [X.] weiter verbessern, so musste er lediglich der mit der Druckschrift [X.] vermittelten Lehre folgen, wonach sich solche Wundverbände zur Versorgung frischer und nässender bzw. regenerierender Wunden besonders gut eignen, die mit hydrophoben Gelen, insbesondere hydrophoben Silicongelen, beschichtet sind. Dabei stimmen die dort [X.] der Verwendung dieser Gele beobachteten Vorteile bereits mit den Zielsetzungen des [X.] überein, dass nämlich die vom [X.] aufgenommene überschüssige [X.] nicht wieder austritt sowie dass weiche und elastische Beschichtungen erhalten werden, die zwar an der Haut haften, nicht aber im [X.] selbst (vgl. [X.] S. 3 Abs. 3, S. 5 Abs. 2). Damit aber wird nicht nur eine die verheilende Wunde schonende, sondern auch schmerzfreie Entfernung des [X.] ermöglicht. Nachdem darüber hinaus die Beschichtung mit Silikongelen gemäß dem Dokument [X.] ebenso für [X.] vorgeschlagen wird, bedurfte es lediglich eines Austausches der gehärteten Oberflächenbeschichtung aus [X.] auf dem in der Druckschrift [X.] beschriebenen Polyurethanschaum gegen die im Dokument [X.] genannten Gele. Diese Maßnahme erfordert jedoch keine über das durchschnittliche Können des Fachmannes hinausgehende Vorgehensweisen. Vielmehr konnte er in Anbetracht des dargelegten Standes der Technik in naheliegender Weise zur Lösung der dem Streitpatent zugrunde liegenden Aufgabe gelangen und dabei von vornherein mit dem gewünschten Erfolg rechnen.

2. Mit dem Patentanspruch 1 fallen auch die abhängigen Patentansprüche 2, 6 und 10 soweit sie auf den erteilten Patentanspruch 1 rückbezogen sind, der Nichtigkeit anheim. Diese bedürfen keiner weiteren, isolierten Prüfung, weil die [X.] in der mündlichen Verhandlung deutlich gemacht hat, dass sie den Hauptantrag und auch den Hilfsantrag als jeweils geschlossene Anspruchssätze versteht und das Streitpatent in der gewählten Reihenfolge verteidigt (vgl. [X.], 862, 864 - Informationsübermittlungsverfahren II; [X.], 46 - Ionenaustauschverfahren).

II[X.]

Die von der [X.] hilfsweise verteidigte Fassung gemäß Hilfsantrag erweist sich als bestandsfähig.

1. Der Gegenstand des Patentanspruches 1 gemäß Hilfsantrag hält sich im Umfang der ursprünglichen Offenbarung und erteilten Fassung. Der Patentanspruch 1 leitet sich ab von den Patentansprüchen 1, 2 und 13 der [X.] und deren Beschreibung [X.] [X.] 4 bis 11 und [X.] 25 bis 29 [X.] [X.]. 1 sowie [X.] Patentansprüche 1, 2 und 14 und deren Beschreibung [X.], le. Abs. und S. 5 Abs. 2 [X.] [X.]. 1). Weder der Patentgegenstand noch der Schutzbereich sind erweitert worden.

Die Klägerin hat die ursprüngliche Offenbarung des Patentanspruches 1 gemäß Hilfsantrag im Hinblick auf das Merkmal 4. der Merkmalsanalyse II[X.]2 insofern infrage gestellt, als sie die Auffassung vertreten hat, die vorstehend genannten Zitate besagten lediglich, dass die Gelschicht an der Unterseite des Schwammes angeordnet sei, während über die gegenüberliegende Seite nichts ausgesagt werde, ferner die Benennung einer wasserundurchlässigen Schicht für die gegenüberliegende Seite nicht dem Ausschluss einer Gelschicht gleich zu setzen sei. Diese Argumentation kann sich der [X.] nicht anschließen. Sowohl anhand des mit dem unabhängigen Patentanspruch 13 angegebenen Verfahrens sowie der [X.]ur 1 und aus dem diese [X.]ur erläuternden Text in den Beschreibungen der [X.] sowie der [X.] ist eindeutig ersichtlich, dass hier eine Ausführungsform angegeben wird, bei der das absorbierende [X.] einseitig mit einer Schicht versehen ist, während auf der gegenüberliegenden Seite eine sich materiell davon unterscheidende Beschichtung angebracht ist, bei der es sich um eine dampfdurchlässige Plastikfolie, somit nicht um eine Gelschicht handelt.

2. Der Wundverband gemäß Patentanspruch 1 in der mit Hilfsantrag verteidigten Fassung ist neu.

Der Wundverband gemäß Patentanspruch 1 weist gegenüber dem im Patentanspruch 1 nach Hauptantrag angegebenen folgende weitere Merkmale auf:

4. wobei die der mit dem an der Haut haftenden wasserabweisenden Gel beschichteten Seite des [X.] entgegengesetzte Seite keine Gelschicht aufweist,

5. wobei das Lochmuster aus den Poren des [X.] besteht und

6. sich das Gel teilweise in diejenigen offenen Poren des [X.] erstreckt, die der mit Gel beschichteten Seite zugewandt sind, ohne dass alle Poren verschlossen werden.

In keiner der im Verfahren genannten Druckschriften wird ein Wundverband offenbart, der diese Merkmale im Zusammenhang erfüllt.

Die Patentdokumente [X.] und [X.] stellen die Neuheit des gemäß Hilfsantrag verteidigten [X.] alleine schon deshalb nicht in Frage, weil das dort jeweils als [X.]material genannte [X.] nicht dem Merkmal 4 entsprechend nur einseitig mit einer wasserabweisenden, nicht an Wunden haftenden Gelschicht versehen ist. Die in der Druckschrift [X.] genannten [X.] werden nämlich zumindest auf beide Seiten des Polyurethanschwammes aufgetragen, während das in der Druckschrift [X.] genannte hydrophobe Gel, bei dem es sich auch um ein Silikongel handeln kann, über das Eintauchen des [X.] in ein Silikonbad aufgebracht wird und der dort beschriebene Verband demnach ein vollständig eingekapseltes Trägermaterial umfasst (vgl. [X.] [X.] Beispiel 2 und [X.] Patentansprüche 1, 2 und 7 [X.] Beschreibung [X.]).

Die Wundverbände gemäß dem Patentdokumenten [X.] und [X.] umfassen jeweils jedenfalls drei Schichten, eine der Wunde zugekehrte Schicht, eine absorbierende Zwischenschicht und eine Außenschicht (vgl. [X.] Patentanspruch 1 [X.] [X.]. 2 [X.] 9 bis 17 sowie [X.] Patentanspruch 1 [X.] [X.]. 2 [X.] 7 bis 22). Bei der der Wunde zugekehrten Schicht handelt es sich gemäß der Druckschrift [X.] um einen anpassungsfähigen, elastomeren Film mit Öffnungen, der ein Netz ist und der aus einem pharmazeutisch verträglichen, wasserunlöslichen Polymer besteht (vgl. Patentanspruch 1 und [X.]. 2 [X.] 36 bis 41) bzw. gemäß der Druckschrift [X.] um ein Netz aus einem pharmazeutisch verträglichen wasserunlöslichen Elastomeren, das mit einem druckempfindlichen Haftmittel beschichtet ist, bei dem es sich um [X.] und Polyvinylethylether handeln kann, oder um eine aus diesen Haftmitteln aufgebaute der [X.] vergleichbare Struktur (vgl. [X.] [X.]. 3 [X.] 26 bis 32 und [X.] 53 bis 58, [X.]. 4 [X.] 1 bis 4). Die Verbindung zwischen absorbierendem Körper und diesen Netzstrukturen erfolgt jeweils durch einen Laminierungsprozess, bei dem darauf geachtet wird, dass das Netz nicht in die Oberfläche des Schaums gedrückt wird und damit sichergestellt wird, dass dieses eine diskrete Schicht auf der [X.] bildet (vgl. [X.] [X.]. 11 [X.] 17 bis 43 sowie [X.] [X.]. 6 [X.] 36 bis 40 und [X.]. 6 [X.] 66 bis [X.]. 7 [X.] 2). Angaben dahingehend, die der Wunde zugekehrten Schichten dieser Wundverbände wiesen jeweils viskoelastische Eigenschaften auf, die sie als Gel qualifizieren würden, d. h. deren Haftkraft und Weichheit entsprächen den [X.] definierten (vgl. Streitpatentschrift [X.] 13 Abs. 5 bis S. 16 Abs. 2) bzw. es seien Ausgangsstoffe sowie Reaktionsbedingungen so gewählt worden, dass sie zu einem Gel mit den [X.] gewünschten Eigenschaften führen könnten, sind diesen Schriften nicht zu entnehmen. Auch die Aufbringung der Netzstrukturen gemäß den Dokumenten [X.] und [X.] auf den absorbierenden Polymerschäumen erfolgt nicht dergestalt, dass schlussendlich die Endteile der zur Wunde hin geöffneten Poren des [X.]s mit dem dort verwendeten elastomeren Film oder den [X.] überzogen vorliegen (vgl. Streitpatentschrift [X.] 5/6 seitenübergreifender Absatz). Dabei ist zur Deutung des von der Klägerin als nicht weiter definiert angegriffenen Begriffes "Gel" von den auf den Seiten 13 bis 16 der Streitpatentschrift [X.] den dort zur Anwendung kommenden Gelen genannten Parametern bzw. von den [X.] konkret bezeichneten Gelen (vgl. S. 5/6 seitenübergreifender Absatz) auszugehen. Denn Begriffe in den Patentansprüchen sind - geltender Rechtsprechung folgend - so zu deuten, wie sie der angesprochene Fachmann nach dem Gesamtinhalt der Patentschrift unter Berücksichtigung der in ihr objektiv offenbarten Lösung versteht ([X.], 232 [X.]., 233 [X.] - Brieflocher).

Auch das Patentdokument [X.] steht der Neuheit des gemäß Hilfsantrag verteidigten [X.] nicht entgegen. Die in dieser Druckschrift angegebenen mit Gel beschichteten Verbänden weisen nämlich kein absorbierendes [X.] als [X.] auf, sondern durchlöcherte Kunststofffilme, Gewebe, Vliesstoffe oder Gewirke. Damit werden Verbände bereitgestellt, die zwar für die [X.] durchlässig sind, so dass diese von darauf angebrachten absorbierenden Kissen aufgenommen werden kann, die [X.] aber nicht selbst absorbieren (vgl. Patentansprüche 1, 2 und 8 [X.] Beschreibung S. 2 [X.] 19 bis 25 und S. 9 [X.] 32 bis [X.] 10 und S. 11 [X.] 33 bis S. 12 [X.] 4).

Die weiteren im Verfahren genannten Dokumente sind gleichfalls nicht neuheitsschädlich. Sie wurden von der Klägerin auch nicht in diesem Zusammenhang diskutiert.

3. Die Bereitstellung des [X.] gemäß Patentanspruch 1 in der hilfsweise verteidigten Fassung beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Im Zusammenhang mit der Bewertung der erfinderischen Tätigkeit ist entscheidend, was die Erfindung gegenüber dem Stand der Technik tatsächlich leistet und inwiefern der Fachmann Veranlassung hatte, diesen Stand der Technik zu ändern ([X.], 382 - Olanzapin, [X.], 1039 - [X.], [X.], 693 - Hochdruckreiniger). Dabei ist zu berücksichtigen, dass die technische Entwicklung erfahrungsgemäß nicht notwendigerweise diejenigen Wege geht, die sich bei nachträglicher Analyse der Ausgangsposition als sachlich plausibel oder gar mehr oder weniger zwangsläufig darstellt. Vielmehr bedarf es zum Auffinden einer von den bisher beschrittenen Wegen abweichenden Lösung des technischen Problems auf dem Weg der Erfindung in der Regel zusätzlicher, über die Erkennbarkeit des technischen Problems hinausreichende Anstöße, Anregungen, Hinweise oder sonstige Anlässe ([X.] 746 [X.]. - Betrieb einer Sicherheitseinrichtung). Auch kann das Auffinden einer neuen Lehre zum technischen Handeln nicht schon deshalb als nicht nahe liegend bewertet werden, weil lediglich keine Hinderungsgründe erkennbar sind, von im Stand der Technik Bekanntem zum Gegenstand dieser Lehre zu gelangen. Denn diese Wertung setzt voraus, dass das Bekannte dem Fachmann Anlass oder Anregung gab, die vorgeschlagene Lehre ins Auge zu fassen ([X.], 407 - einteilige Öse).

Diesen Grundsätzen folgend, bedurfte es zur Lösung der dem Streitpatent zugrunde liegenden Aufgabe einen Wundverband mit den im Anspruch 1 angegebenen Merkmalen vorzuschlagen eines erfinderischen Zutuns, denn keine der vorliegenden Entgegenhaltungen vermittelt dem Fachmann eine Anregung, das dem Streitpatent zu Grunde liegende Problem, mit den im Patentanspruch 1 genannten Maßnahmen zu überwinden.

Einen Ausgangspunkt auf der Suche nach einer Lösung der Aufgabe, einen absorbierenden Wundverband für nässende Verwundungen zu schaffen, der in der Umgebung der Wunde haftet, dennoch ohne Schmerzerzeugung zu entfernen ist, einen einfacheren Aufbau aufweist und erheblich kostengünstiger hergestellt werden kann, als die im Stand der Technik beschriebenen Wundverbände, stellt zwar das Patentdokument [X.] dar. Dieses gibt einen Wundverband an, dessen [X.]material aus einem Polyurethanschaum besteht, und der während des Heilungsprozesses gebildete und ausgeschiedene Flüssigkeiten absorbiert. Dieser Verband weist eine hinsichtlich ihrer viskoelastischen Eigenschaften nicht weiter charakterisierte Organosiloxan-Beschichtung auf, mit der ein Ankleben des [X.] vermieden wird, weshalb dieser leicht vom [X.] wieder zu lösen ist. Gleichzeitig erlaubt dieser Verband das Belüften der Wunde, weshalb auch in diesem Fall nicht alle Poren des absorbierenden [X.] verschlossen vorliegen (vgl. Patentansprüche 1, 2 und 4 und Beschreibung S. 2 [X.] 25 bis 30, S. 3. [X.] 1 bis 29, [X.] 1 bis 20). Die Polymer-Beschichtung erfolgt gemäß dieser Druckschrift an beiden Seiten des absorbierenden [X.] (vgl. [X.] Beispiel 2). Hinweise aber, zur Beschichtung ein Gel, wie es [X.] angegeben wird, zu verwenden bzw. die [X.]n nur einseitig und zwar auf der der Wunde zugekehrten Seite des absorbierenden [X.] aufzutragen, enthält dieses Dokument entgegen der Auffassung der Klägerin nicht. In der Beschreibung selbst werden zum Umfang der Beschichtung keine weiterführenden Aussagen getroffen (vgl. [X.] 12 bis 24). Auch die Beispiele lassen eine Schlussfolgerung, wie sie die Klägerin gezogen hat, dass nämlich ein Besprühen des [X.] auch gemäß diesem Dokument nur einseitig erfolgen kann, nicht zu. So wird gemäß den Beispielen 1, 2 und 4 bis 6 das [X.]material für Verbände, die zur Versorgung von frischen Wunden vorgesehen sind, entweder durch Tauchen oder durch Besprühen zweier Seiten beschichtet, weshalb der fertige Verband stets mehrere Seiten aufweist, auf deren Oberfläche sich eine Schicht des gleichen Polymers befindet. Im Fall der Beschichtung von handgeschöpftem Japanpapier gemäß Beispiel 3, das als Verband für mit Schleifpapier behandelter Haut vorgesehen ist, wird lediglich ausgeführt, dass die Beschichtung aufgebracht worden ist. Weitere Angaben, wie dieser Auftrag erfolgt, enthält dieses Beispiel nicht. Davon ausgehend kann daher nicht rückgeschlossen werden, dem Fachmann werde damit für sämtliche in dieser Druckschrift angegebenen [X.]materialien, insbesondere auch für den im Beispiel 2 genannten Polyurethanschwamm, die einseitige Beschichtung als eine zur mehrseitigen Beschichtung gleichwertige Alternative offenbart. Da diese Ausführungsart in der Druckschrift [X.] somit in keiner Weise thematisiert wird, hatte der Fachmann auch keine Veranlassung in Kenntnis dieses Dokumentes die im Patentanspruch 1 genannten Maßnahmen zur Lösung der vorliegenden Aufgabe in Betracht zu ziehen.

Eine Anregung diese Maßnahmen zu ergreifen, werden dem Fachmann auch nicht in einer Zusammenschau mit den weiteren im Verfahren genannten Druckschriften vermittelt.

Von diesen betrifft zwar auch die Druckschrift [X.] einen Wundverband, dessen als Netzwerk ausgebildetes [X.]material aus einem Polyurethanschaum bestehen kann und der zudem mit einem hydrophoben Gel, wie ein Silikongel, beschichtet ist. Darüber hinaus vermittelt dieses Dokument den Fachmann aber insbesondere die Lehre, dass diese Beschichtung mittels eines Tauchbades erfolgt und sämtliche Komponenten dieses Verbandes fast vollständig eingekapselt sein müssen (vgl. Patentansprüche 1, 2 und 7 sowie Beschreibung S. 3 Abs. 3 und 6, [X.] Abs. 2 und 4, [X.]/5 Seiten übergreifender Absatz sowie [X.]). Damit aber liegt hier eine vollständige, d. h. eine allseitige Beschichtung des [X.] vor. Somit gibt auch diese Druckschrift dem Fachmann keine Anregung, die Beschichtung eines als Wundverband vorgesehenen absorbierenden [X.] auf die der Wunde zugekehrten Seite zu beschränken, um so zu [X.] zu gelangen, die insbesondere einen einfachen Aufbau aufweisen und somit auch kostengünstig herstellbar sind.

Auch das Dokument [X.] führt weder in einer Zusammenschau mit der Druckschrift [X.] noch mit der Druckschrift [X.] zu einem Wundverband, wie er im Patentanspruch 1 angegeben wird. Diese Druckschrift betrifft nämlich lediglich die Bereitstellung von flüssigkeitsdurchlässigen Verbänden, bei denen Material, das ein durchlöcherter Kunststofffilm, alternativ ein Gewebe, ein Vliesstoff oder ein Gewirk sein kann, mit Silikongel beschichtet wird (vgl. Patentansprüche 1, 2 und 8 und Beschreibung S. 2 [X.] 19 bis 25, und S. 9 [X.] 32 bis 36). Zur Aufnahme von [X.] ist in diesem Fall ein zusätzlicher [X.] vorgesehen (vgl. S. 11/12 Seiten übergreifender Absatz). Auf Seite 12 Abs. 4 wird zwar darauf hingewiesen, dass die in diesem Dokument beschriebenen, selbst nicht [X.] absorbierenden Verbände auch so hergerichtet sein können, dass sie auf einer Seite nicht klebend sind. Diese Druckschrift vermittelt dem Fachmann jedoch keine Anregung dahingehend, einen einteiligen Wundverband, der die [X.] zwar aufnimmt, diese aber nicht mehr zurückfließt, der gleichzeitig einen einfacheren Aufbau besitzt und damit auch kostengünstiger hergestellt wird als die zum maßgeblichen Zeitpunkt bekannten Wundverbände, dadurch bereitzustellen, einen absorbierenden Schaumkörper, wie er in den Patentdokumenten [X.] oder [X.] beschrieben wird, nur einseitig direkt mit Gel zu beschichten.

Eine Anregung die dem Streitpatent zu Grunde liegende Aufgabe mit den im Patentanspruch 1 genannten Maßnahmen zu lösen wird dem Fachmann auch nicht mit den Druckschriften [X.] und [X.] vermittelt. Dieses trifft alleine schon deshalb zu, weil mit diesen Druckschriften jeweils die Lehre vermittelt wird, absorbierende Wundverbände so auszugestalten, dass die der Wunde zugekehrte, flüssigkeitsdurchlässige Schicht auf der Oberfläche des [X.] eine diskrete Schicht bildet (vgl. [X.] Patentanspruch 1 [X.] Beschreibung [X.]. 11 [X.] 17 bis 43 sowie [X.] [X.]. 6 [X.] 63 bis [X.]. 7 [X.] 2). Eine Anregung, einen absorbierenden Schaumkörper einseitig auf der der Wunde zugekehrten Seite direkt mit einem Gel zu beschichten, wobei sich die Beschichtung bis in die Poren des [X.] erstreckt, ohne diese jedoch vollständig zu verschließen, und somit einen einteiligen Wundverband bereitzustellen, können daher auch diese Druckschrift in einer Zusammenschau mit den Dokumenten [X.] bzw. [X.] dem Fachmann nicht geben.

Zu keinem anderen Ergebnis führt der im Verfahren vorgelegte Auszug aus dem Lehrbuch [X.] Denn in diesem wird lediglich ausgeführt, dass sich [X.] für Wundverbände eignen und diese direkt auf das [X.] aufgetragen und dort gehärtet werden müssen, um die Möglichkeit chemischer Wechselwirkungen mit einer Trennschicht auszuschließen (vgl. S. 154/155 "Two-Part Silicone Adhesive Gels"). Die im Patentanspruch 1 genannten Maßnahmen zu ergreifen, um so zu einem Wundverband für nässende Verwundungen zu gelangen, der nicht in der Umgebung der Wunde haftet, dennoch ohne Schmerzerzeugung zu entfernen ist, einen einfachen Aufbau aufweist und kostengünstig hergestellt werden kann, wird dem Fachmann aber damit auch in einer Zusammenschau mit den weiteren Druckschriften, die vom Gegenstand des Patentanspruches 1 noch weiter entfernt liegen, nicht vermittelt.

Somit sind die angegriffenen Ansprüche des Streitpatents im Umfang der beschränkten Verteidigung des Patentanspruchs 1 sowie die darauf unmittelbar oder mittelbar rückbezogenen angegriffenen [X.] im Umfang dieses Rückzugs bestandsfähig. Einer Anpassung des Wortlauts dieser rückbezogenen [X.] bedurfte es nicht, sodass eine diesbezügliche ausdrückliche, möglicherweise interpretationsbedürftige Tenorierung dem [X.] hier nicht notwendig erscheint (vgl. Busse, [X.], 6. Aufl. § 84 Rn. 7; [X.], Patentnichtigkeitsverfahren, 4. Aufl., Seite 156 Rn. 246).

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 [X.] [X.] § 92 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 99 Abs. 1 [X.] [X.] § 709 Satz 1 und Satz 2 ZPO.

Meta

3 Ni 48/10 (EP)

12.06.2012

Bundespatentgericht 3. Senat

Urteil

Sachgebiet: Ni

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Urteil vom 12.06.2012, Az. 3 Ni 48/10 (EP) (REWIS RS 2012, 5749)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 5749

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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