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Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"
Krankenversicherung - Auffangpflichtversicherung bei zuletzt gesetzlich Versicherten - zuständige Krankenkasse - Ausübung des Krankenkassenwahlrechts nur für die Zukunft
1. Auffangversicherungspflichtige, die zuletzt gesetzlich krankenversichert (hier: familienversichert) waren, werden Mitglied der Krankenkasse oder des Rechtsnachfolgers der Krankenkasse, bei der sie zuletzt versichert waren.
2. Das Krankenkassenwahlrecht kann grundsätzlich nur mit Wirkung für die Zukunft ausgeübt werden.
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des [X.]vom 27. Mai 2019 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das [X.]zurückverwiesen.
Die Beteiligten streiten um die Mitgliedschaft der Klägerin bei der zu 1. beklagten Krankenkasse (im Folgenden: Beklagte) und der zu 2. beklagten Pflegekasse in den Zeiträumen vom [X.]bis zum 31.12.2007 und vom 1.1.2009 bis zum 31.1.2011 sowie insoweit zu entrichtende Beiträge und Säumniszuschläge.
Die Klägerin war (nur) bis Ende 2004 sowie im [X.]bei den Beklagten familienversichert (bestandskräftige Bescheide vom 29.11.2011 und 2.4.2014; Widerspruchsbescheid vom 17.12.2014; [X.]der Beklagten in der nichtöffentlichen Sitzung des [X.]vom 11.12.2014). Im Januar 2011 wählte sie die Mitgliedschaft bei der [X.](TK). Mit (weiterem) Bescheid vom 29.11.2011 teilte die Beklagte der Klägerin den Beginn ihrer (beitragspflichtigen) Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) und [X.]Pflegeversicherung (sPV) zum [X.]sowie die für den zurückliegenden Zeitraum zu zahlenden Beiträge in Höhe von (iHv) 7407,39 Euro mit. Mit "Zahlungserinnerung/Leistungsbescheid" vom [X.]wurden ein "Saldo" iHv 6604,11 Euro sowie Säumniszuschläge von insgesamt 312,50 Euro festgesetzt. Den Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte zurück (Widerspruchsbescheid vom 8.5.2012).
Das [X.]hat die Klage abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 25.1.2019). Die Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung vor dem [X.]am 27.5.2019 eine "Beitragsforderung einschließlich der Säumniszuschläge" von 4251,95 Euro festgestellt. Sodann hat das [X.]die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Die Klägerin sei im streitigen Zeitraum nach § 5 Abs 1 Nr 13 SGB V, § 20 Abs 1 Satz 2 [X.]in der GKV und [X.]versicherungspflichtig gewesen, weil sie keinen anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall gehabt habe. Sie sei aufgrund der Familienversicherung zuletzt bei den Beklagten versichert gewesen und deshalb deren Mitglied geworden. Ein [X.]habe ihr nicht zugestanden. Gegen die Festsetzung der Beitragshöhe und Säumniszuschläge beständen keine Bedenken (Urteil vom 27.5.2019).
Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung von § 174 Abs 5 Halbsatz 2 SGB V (idF des GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetzes <GKV-WSG> vom 26.3.2007, BGBl I 378) in Verbindung mit (iVm) § 173 Abs 1 SGB V. Danach werde sie Mitglied der von ihr gewählten Krankenkasse. Sie habe das mit Wegfall der Familienversicherung entstandene [X.]nicht nur für die Zukunft, sondern auch für den Fall des Eintritts einer rückwirkenden Versicherungspflicht mit Wirkung für den zurückliegenden Zeitraum ausgeübt.
Die Klägerin beantragt sinngemäß, |
Die Beklagte beantragt,
die Revision der Klägerin zurückzuweisen.
Sie trägt vor, der Verweis auf das [X.]in § 174 Abs 5 Halbsatz 2 SGB V beziehe sich lediglich auf Versicherungspflichtige, die zuvor nicht gesetzlich krankenversichert gewesen seien. Die frühere Rechtsprechung, nach der den Betroffenen bei Wegfall der Familienhilfe nach der Reichsversicherungsordnung ein Wahlrecht zwischen dem Abschluss einer privaten Krankenversicherung und dem freiwilligen Beitritt zur [X.]zugestanden habe, sei auf den vorliegenden Sachverhalt nicht übertragbar.
Die zulässige Revision der Klägerin ist im Sinne der Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Sache an das [X.]begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG). In der unterbliebenen Beiladung der [X.]liegt kein Verfahrensfehler (hierzu 1.). Die angefochtenen Bescheide der [X.]vom 29.11.2011 und [X.]in der Fassung (idF) des Widerspruchsbescheids vom 8.5.2012 sowie des Bescheids der [X.]aus der mündlichen Verhandlung vor dem [X.]am [X.]sind rechtmäßig, soweit ein beitragspflichtiges Mitgliedschaftsverhältnis der Klägerin zu den [X.]für die [X.]vom [X.]bis zum 31.12.2007 und vom 1.1.2009 bis zum 31.1.2011 festgestellt worden ist (hierzu 2.). Ob die Beiträge der Höhe nach und daran anknüpfend Säumniszuschläge zu Recht erhoben worden sind, kann der [X.]allerdings nicht abschließend entscheiden (hierzu 3.).
1. Die im Januar 2011 von der Klägerin gewählte [X.]war nicht notwendig beizuladen. Nach § 75 Abs 2 Alt 1 SGG sind Dritte beizuladen, die an dem streitigen Rechtsverhältnis derart beteiligt sind, dass die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann. Das setzt voraus, dass durch die begehrte Sachentscheidung oder durch deren Abweisung gleichzeitig unmittelbar und zwangsläufig Rechte oder Rechtsbeziehungen des [X.]gestaltet, bestätigt, festgestellt, verändert oder aufgehoben werden (stRspr; zB [X.]Beschluss vom 23.9.2020 - B 5 RE 2/20 B - [X.]4-1500 § 75 [X.]RdNr 7 mwN). Zwar beruft sich die Klägerin auf ihre rückwirkend begründete Mitgliedschaft bei der TK. Dem Rechtsstreit liegt aber eine reine Anfechtungsklage zugrunde, mit der allein die Aufhebung der Festsetzung von Beiträgen zur [X.]und [X.]sowie Säumniszuschlägen aufgrund einer Mitgliedschaft bei den [X.]begehrt wird. Die Entscheidung darüber greift nicht unmittelbar in die Rechtssphäre der [X.]ein. Da eine Leistungspflicht nicht Gegenstand des Rechtsstreits ist, kommt auch eine notwendige Beiladung nach § 75 Abs 2 Alt 2 SGG nicht in Betracht. Damit ist für eine Beiladung im wiedereröffneten Berufungsverfahren ebenfalls kein Raum.
2. In den Zeiträumen vom [X.]bis zum 31.12.2007 und vom 1.1.2009 bis zum 31.1.2011 war die Klägerin versicherungs- und beitragspflichtiges Mitglied der Beklagten. Die Mitgliedschaft [X.](§ 5 SGB V) und Versicherungsberechtigter (§ 9 SGB V) wird in der [X.]nach § 173 Abs 1 SGB V (idF des [X.]vom 26.3.2007, [X.]378; im Folgenden ist diese Fassung gemeint, soweit nichts anderes angegeben ist) in der Regel durch die von ihnen ausgeübte Wahl einer Krankenkasse bestimmt. Allerdings gilt die Wahlfreiheit nach dieser Vorschrift nur, soweit ua die nachfolgenden Vorschriften nichts Abweichendes bestimmen. Für Personen, die der [X.]nach § 5 Abs 1 [X.]SGB V unterliegen, enthält § 174 Abs 5 SGB V (seit 1.4.2020: § 174 Abs 3 SGB V) eine solche abweichende Bestimmung. Danach werden "abweichend von § 173 SGB V" [X.]nach § 5 Abs 1 [X.]SGB V Mitglied der Krankenkasse oder des Rechtsnachfolgers der Krankenkasse, bei der sie zuletzt versichert waren (Halbsatz 1 Alt 1), andernfalls werden sie Mitglied der von ihnen nach § 173 Abs 1 SGB V gewählten Krankenkasse (Halbsatz 1 Alt 2); § 173 SGB V gilt (Halbsatz 2). Die Klägerin war in den streitigen Zeiträumen versicherungspflichtig nach § 5 Abs 1 [X.]Buchst a [X.](hierzu a). Sie war zuletzt bei der [X.]versichert und ist deshalb nach § 174 Abs 5 Halbsatz 1 Alt 1 SGB V Mitglied der [X.]geworden (hierzu b), während § 174 Abs 5 Halbsatz 1 Alt 2 SGB V keine Anwendung findet (hierzu c). § 174 Abs 5 Halbsatz 2 SGB V führt zu keinem anderen Ergebnis (hierzu d). Frühere Rechtsprechung des [X.]steht dem nicht entgegen (hierzu e). Die Beklagte zu 2. ist die zuständige Pflegekasse (hierzu f).
a) Die Klägerin unterlag in den streitigen Zeiträumen der [X.]nach § 5 Abs 1 [X.]SGB V. Seit deren Einführung zum [X.](durch das [X.]vom 26.3.2007, [X.]378) sind in der [X.]Personen versicherungspflichtig, die keinen anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall haben und a) zuletzt gesetzlich krankenversichert waren oder b) bisher nicht gesetzlich oder privat krankenversichert waren, es sei denn, dass sie zu den in § 5 Abs 5 SGB V oder den in § 6 Abs 1 oder 2 SGB V genannten Personen gehören oder bei Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit im Inland gehört hätten. Die Voraussetzungen von Buchst a) sind hier erfüllt.
Die Klägerin hatte in beiden streitigen Zeiträumen keinen anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall. Sie war auch bis Ende 2004 sowie im [X.]familienversichert und damit vor dem [X.]sowie dem 1.1.2009 jeweils zuletzt gesetzlich krankenversichert. Dass die Familienversicherung nicht bis zum [X.]andauerte, ist ohne Bedeutung. Eine unmittelbar vorangehende Absicherung in der [X.]ist für den Eintritt der [X.]nicht erforderlich. Es genügt, dass die letzte Absicherung im Krankheitsfall vor Beginn der [X.]eine solche in der [X.]war (vgl [X.]in Hauck/Noftz, SGB V, 02/21, § 5 RdNr 475a f; Felix in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 4. Aufl, § 5, Stand 16.9.2020, RdNr 130). Entsprechend ihrem Zweck, Personen ohne anderweitigen Krankenversicherungsschutz entweder der gesetzlichen oder der privaten Krankenversicherung zuzuweisen, entsteht die [X.]kraft Gesetzes nach § 5 Abs 1 [X.]Buchst a [X.]grundsätzlich dann, wenn nicht zuletzt eine private Absicherung im Krankheitsfall bestanden hat (vgl hierzu auch [X.]Urteil vom 21.12.2011 - [X.]KR 13/10 R - [X.]4-2500 § 5 [X.]RdNr 16 ff; [X.]Urteil vom 12.1.2011 - [X.]KR 11/09 R - BSGE 107, 177 = [X.]4-2500 § 5 Nr 13, RdNr 16).
b) Als [X.]ist die Klägerin nach § 174 Abs 5 Halbsatz 1 Alt 1 SGB V Mitglied der [X.]geworden. Während die Versicherungspflicht die Systemzugehörigkeit zur [X.]festlegt, bestimmt das Mitgliedschaftsverhältnis die Zugehörigkeit zu einer bestimmten gesetzlichen Krankenkasse. Dabei sind für Zeiten der Versicherungspflicht sowohl [X.]als auch Zeiten ohne zuständige Krankenkasse zu vermeiden (vgl [X.]in Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Band 4, 19. Aufl, Stand Oktober 2020, § 173 SGB V, RdNr 3). Deshalb entsprechen die Mitgliedschaftszeiten für [X.]grundsätzlich den Zeiten der Versicherungspflicht nach § 5 Abs 1 [X.]SGB V. Die Mitgliedschaft der Klägerin aufgrund ihrer [X.]begann daher zunächst mit deren gesetzlichen Einführung zum [X.](§ 186 Abs 11 Satz 3 SGB V) und endete mit Ablauf des 31.12.2007 aufgrund der zum 1.1.2008 erneut begründeten Familienversicherung (§ 190 Abs 13 Satz 1 Nr 1 SGB V). Diese endete mit Ablauf des 31.12.2008, sodass zum 1.1.2009 erneut die Mitgliedschaft der Klägerin in der [X.]aufgrund Versicherungspflicht nach § 5 Abs 1 [X.]SGB V begann (§ 186 Abs 11 Satz 1 SGB V).
Die Mitgliedschaften als [X.]wurden bei der [X.]und nicht der [X.]begründet. Für [X.]nach § 5 Abs 1 [X.]SGB V regelt § 174 Abs 5 Halbsatz 1 Alt 1 SGB V eine gesetzliche Zuweisung zu der Krankenkasse oder zu dem Rechtsnachfolger der Krankenkasse, bei der sie "zuletzt versichert" waren. Damit knüpft der Wortlaut von § 174 Abs 5 Halbsatz 1 Alt 1 SGB V erkennbar an den Wortlaut von § 5 Abs 1 [X.]Buchst a [X.]an. Personen, die ohne Absicherung im Krankheitsfall sind, aber zuletzt gesetzlich krankenversichert waren, werden der Krankenkasse oder dem Rechtsnachfolger der Krankenkasse zugewiesen, bei der sie zuletzt krankenversichert waren. Da beide Vorschriften nicht auf eine frühere eigenständige Mitgliedschaft, sondern das letzte Versicherungsverhältnis abstellen, ist im Rahmen des § 174 Abs 5 Halbsatz 1 Alt 1 SGB V auch eine Familienversicherung ohne eine eigene Mitgliedschaft als das zuletzt bestandene Krankenversicherungsverhältnis ausreichend. Die Familienversicherung nach § 10 SGB V vermittelt einen umfassenden Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall. Darüber hinaus muss - ebenfalls in Übereinstimmung mit § 5 Abs 1 [X.]Buchst a [X.]- die zuletzt zuständige Krankenkasse nicht unmittelbar vorher zuständig gewesen sein (vgl [X.]in Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Band 4, 19. Aufl, Stand Oktober 2020, § 174 RdNr 11 f).
c) Die in § 174 Abs 5 Halbsatz 1 Alt 1 SGB V normierte gesetzliche Zuweisung zu der Krankenkasse oder zu dem Rechtsnachfolger der Krankenkasse, bei der [X.]nach § 5 Abs 1 [X.]SGB V zuletzt versichert war, gilt ausdrücklich "abweichend" von den nach § 173 SGB V bestehenden allgemeinen Wahlrechten. Der betroffene Personenkreis wird deshalb nicht Mitglied der von ihnen gewählten Krankenkasse, sondern der normativ festgelegten Krankenkasse. § 174 Abs 5 Halbsatz 1 Alt 2 SGB V findet demgegenüber keine Anwendung. Danach werden [X.]gemäß § 5 Abs 1 [X.]SGB V "andernfalls" Mitglied der von ihnen nach § 173 Abs 1 SGB V gewählten Krankenkasse, dh nur für den Fall, dass sie nicht zuletzt gesetzlich krankenversichert waren. Die Vorschrift des § 174 Abs 5 Halbsatz 1 Alt 2 SGB V geht deshalb nicht ins Leere. Denn § 5 Abs 1 [X.]Buchst b [X.]weist auch Personen, die bisher nicht gesetzlich oder privat krankenversichert waren, mit bestimmten Ausnahmen der Auffangpflichtversicherung in der [X.]zu. Nur den Auffangversicherungspflichtigen, für die ein Versicherungsverhältnis in der [X.]vor Beginn der Auffangpflichtversicherung nie bestanden hat, steht insoweit ein Wahlrecht nach § 173 Abs 1 SGB V zu (vgl [X.]Urteil vom 11.9.2018 - B 1 KR 10/18 R - BSGE 126, 286 = [X.]4-2500 § 175 Nr 5, RdNr 21).
d) Auch § 174 Abs 5 Halbsatz 2 SGB V, nach dem § 173 SGB V und damit das Wahlrecht gilt, führt zu keinem anderen Ergebnis. Die Wahl einer Krankenkasse als versicherungsrechtliche Statusentscheidung kann grundsätzlich nur für die Zukunft wirken (zur notwendigen vorausschauenden Betrachtung von Statusentscheidungen im Versicherungsrecht vgl [X.]Urteil vom 7.12.2000 - B 10 KR 3/99 R - [X.]3-2500 § 10 [X.]= juris RdNr 29). Die verschiedenen Regelungen des § 174 Abs 5 SGB V dienen der bestmöglichen Umsetzung dieses Grundsatzes.
Die durch § 174 Abs 5 Halbsatz 1 Alt 1 SGB V bewirkte Einschränkung des Krankenkassenwahlrechts bei Eintritt der Auffangpflichtversicherung dient dem Zweck, die zuständige Krankenkasse einfach sowie zeitnah feststellen zu können und damit den Krankenversicherungsschutz in der Praxis uneingeschränkt sicherzustellen. Die Leistungserbringung und -abrechnung durch Ärzte, Krankenhäuser und andere Leistungserbringer einerseits sowie die Beitragserhebung andererseits sind zuverlässig entsprechend den gesetzlichen Vorschriften nur gewährleistet, wenn die zuständige Krankenkasse zeitnah zu Beginn der Versicherungspflicht feststeht. Aus diesem Grund haben [X.]nach § 175 Abs 3 Satz 1 und 2 [X.]der zur Meldung verpflichteten Stelle unverzüglich, spätestens innerhalb von zwei Wochen nach Eintritt der Versicherungspflicht eine Mitgliedsbescheinigung vorzulegen; bei Überschreiten dieser Frist hat die zur Meldung verpflichtete Stelle den Versicherungspflichtigen ab Eintritt der Versicherungspflicht bei der Krankenkasse anzumelden, bei der zuletzt eine Versicherung bestand. Danach steht die Mitgliedschaft bei der zuständigen Krankenkasse zeitnah nach Eintritt der Versicherungspflicht fest. Um dies auch für nach § 5 Abs 1 [X.]SGB V versicherungspflichtige Personen zu gewährleisten, für die es keine meldepflichtige Stelle gibt (§§ 198 ff SGB V), legt § 174 Abs 5 Halbsatz 1 Alt 1 SGB V die zu Beginn der [X.]zuständige Krankenkasse fest. Diese gesetzliche Zuweisung gilt erst recht bei rückwirkender Entstehung der Auffangversicherungspflicht. Bleibt - wie im Fall der Klägerin - nicht nur der Eintritt der [X.]längere [X.]unentdeckt, sondern auch das Ende der vorherigen Versicherung (hier der Familienversicherung), werden regelmäßig weiterhin Leistungen von der Krankenkasse erbracht, zu der zuletzt ein Versicherungsverhältnis bestand. Die Rückabwicklung von Versicherungsverhältnissen, in denen bereits Leistungen erbracht worden sind, sieht das Gesetz aber grundsätzlich nicht vor (vgl § 26 Abs 2 SGB IV). Mit Eintritt der Auffangpflichtversicherung wird daher die Mitgliedschaft vorrangig gesetzlich festgelegt und den Betroffenen die Krankenkasse zugewiesen, bei der sie zuletzt versichert waren.
Bei dieser Auslegung läuft die Regelung des § 174 Abs 5 Halbsatz 2 SGB V nicht leer. Vielmehr gilt das [X.]nach § 173 SGB V auch für [X.]nach § 5 Abs 1 [X.]Buchst a [X.](vgl hierzu zB [X.]in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 4. Aufl, § 174 SGB V, Stand 15.6.2020, RdNr 16). Es kann aber grundsätzlich nur Wirkungen für die Zukunft entfalten und ermöglicht regelmäßig nur einen Krankenkassenwechsel. Die erst im Januar 2011 von der Klägerin erklärte Wahl der [X.]konnte deshalb nicht vor Ablauf dieses Monats wirksam werden. Denn eine Kündigung der bisherigen Mitgliedschaft ist nach § 175 Abs 4 Satz 2 SGB V nur zum Ablauf des übernächsten Kalendermonats möglich, gerechnet von dem Monat, in dem das Mitglied die Kündigung erklärt.
e) Der Mitgliedschaft der Klägerin bei der [X.]in der hier streitigen [X.]steht frühere Rechtsprechung des [X.]nicht entgegen. Der 10. [X.]des [X.]hat zwar für den Fall der Rückabwicklung einer fehlerhaften Familienversicherung den rückwirkenden Beitritt zur freiwilligen Krankenversicherung für möglich erachtet (Urteil vom 7.12.2000 - B 10 KR 3/99 R - [X.]3-2500 § 10 [X.]= juris RdNr 37 ff). Zudem hat der 4. [X.]des [X.]Personen, für die der Anspruch auf Familienhilfe aufgrund einer Gesetzesänderung durch das [X.]vom 20.12.1988 ([X.]2477) entfallen war, die Wahl eingeräumt, sich privat zu versichern oder freiwillig in der [X.]zu verbleiben, um einen lückenlosen Versicherungsschutz zu gewährleisten (Urteil vom 16.11.1995 - 4 RK 1/94 - BSGE 77, 86, 89 ff = [X.]3-5405 Art 59 [X.]ff = juris RdNr 25 ff). Beide Entscheidungen betreffen aber die Rechtslage vor Einführung der Auffangpflichtversicherung nach § 5 Abs 1 [X.]SGB V und sind insoweit überholt, als inzwischen ein lückenloser Krankenversicherungsschutz durch die Regelungen zur Auffangpflichtversicherung sichergestellt ist, auch wenn das Ende einer Familienversicherung rückwirkend festgestellt wird. Unabhängig davon geht es im Fall der Klägerin nicht um die Wahl zwischen der gesetzlichen und der privaten Krankenversicherung, sondern um die zuständige Krankenkasse innerhalb der GKV.
f) Die Beklagte zu 2. ist die zuständige Pflegekasse. Die Versicherungspflicht der Klägerin in der [X.]ergibt sich für beide Zeiträume aus § 20 Abs 1 Satz 1 und Satz 2 Nr 12 SGB XI (idF des [X.]vom 26.3.2007, [X.]378, und des [X.]vom 18.12.2007, [X.]2984); ihre Mitgliedschaft bei der zu 2. beklagten Pflegekasse folgt aus § 48 Abs 1 Satz 1 SGB XI. Danach ist für die Durchführung der [X.]jeweils die Pflegekasse zuständig, die bei der Krankenkasse errichtet ist, bei der eine Pflichtmitgliedschaft oder freiwillige Mitgliedschaft besteht.
3. Nicht abschließend entscheiden kann der [X.]über die Beitragshöhe und die Säumniszuschläge. Die Beklagte hat zwar in der mündlichen Verhandlung vor dem [X.]erklärt, "dass aufgrund des von der [X.]abgegebenen Teilanerkenntnisses bezüglich der Durchführung der Familienversicherung im Jahre 2008 die Beitragsforderung einschließlich der Säumniszuschläge 4.251,94 Euro betrage". Dem [X.]ist eine abschließende Entscheidung hierüber sowie über die Erhebung von Säumniszuschlägen allerdings verwehrt, weil es insoweit an Feststellungen des [X.]zu den tatsächlichen Grundlagen der jeweiligen Festsetzung fehlt.
4. Das [X.]wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.
Meta
29.06.2021
Urteil
Sachgebiet: KR
vorgehend SG Bayreuth, 25. Januar 2019, Az: S 8 KR 289/12, Gerichtsbescheid
§ 174 Abs 5 Halbs 1 Alt 1 SGB 5 vom 26.03.2007, § 174 Abs 5 Halbs 2 SGB 5 vom 26.03.2007, § 173 Abs 1 SGB 5, § 5 Abs 1 Nr 13 Buchst a SGB 5, § 20 Abs 1 S 2 Nr 12 SGB 11, § 48 Abs 1 S 1 SGB 11
Zitiervorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 29.06.2021, Az. B 12 KR 38/19 R (REWIS RS 2021, 4514)
Papierfundstellen: REWIS RS 2021, 4514
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
Beitragsrecht: Kein Kassenwahlrecht bei rückwirkender Antragspflichtversicherung eines bisher Familienverischerten
B 12 KR 33/19 R (Bundessozialgericht)
(Krankenversicherung - Ausschluss der obligatorischen Anschlussversicherung nach § 188 Abs 4 S 3 SGB 5 …
B 12 KR 35/19 R (Bundessozialgericht)
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B 12 KR 13/10 R (Bundessozialgericht)
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