Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.09.2005, Az. I ZR 151/02

I. Zivilsenat | REWIS RS 2005, 1828

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 151/02 Verkündet am: 15. September 2005 [X.] Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja
Jeans
UWG § 4 Nr. 9 lit. a
a) Ansprüche aus ergänzendem wettbewerbsrechtlichem Leistungsschutz we-gen vermeidbarer Herkunftstäuschung nach §§ 3, 4 Nr. 9 lit. [X.] werden nicht dadurch ausgeschlossen, dass für das Erzeugnis Schutz für ein nicht eingetragenes Gemeinschaftsgeschmacksmuster nach Art. 3 ff. der [X.] ([X.]) Nr. 6/2002 des Rates vom 12. Dezember 2001 über das [X.] ([X.]. Nr. L 3 vom 5. Januar 2002, [X.]) be-steht oder bestanden hat.
b) Für die Feststellung einer gewissen Bekanntheit des nachgeahmten Pro-dukts bei der Beurteilung der vermeidbaren Herkunftstäuschung nach §§ 3, 4 Nr. 9 lit. [X.] ist auf die Bekanntheit des Erzeugnisses bei den ange-sprochenen Verkehrskreisen abzustellen; nicht erforderlich ist, dass der Verkehr das nachgeahmte Produkt einem namentlich bestimmten Unter-nehmen zuordnen kann.
[X.], [X.]. v. 15. September 2005 - I ZR 151/02 - [X.] [X.] - 2 - Der [X.] Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhand-lung vom 15. September 2005 durch [X.] Dr. Ullmann und [X.] v. Ungern-Sternberg, [X.], [X.] und Dr. Bergmann für Recht erkannt:

Die Revision gegen das [X.]eil des 5. Zivilsenats des Kammerge-richts vom 11. Januar 2002 wird auf Kosten der [X.]n zurück-gewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin zu 1 stellt Jeanshosen unter der Bezeichnung "[X.]" her. Ihre alleinvertretungsberechtigte [X.] Tochtergesellschaft ist die Klä-gerin zu 2. Zur Kollektion der Klägerin zu 1 gehört die Jeanshose "[X.]".
Die Gestaltung des [X.] "[X.]" ergibt sich aus der [X.] henden Schnittzeichnung: 1 2 - 3 -

[X.] weist folgende Gestaltungsmerkmale auf:
angesetzte Beinnähte, die beginnend in Hüfthöhe der äußeren Seitennaht bis in die innere Seitennaht schräg verlaufen;
schräg angesetzte Einschubtaschen mit einer weiteren Innenta-sche auf der rechten Seite;
Nieten an den Enden der jeweiligen Taschennähte und eine Niete an der [X.] in Höhe der Knopfleiste;
aufgesetzte Knieapplikationen mit jeweils zwei horizontalen, ca. 5 cm langen Abnähern in der Mitte der Applikationen;

kreisrunde Gesäßnaht nach Art eines Sattels;
- 4 - Teilungsnaht im hinteren Beinbereich auf Kniehöhe;

große, fast quadratische Gesäßtaschen;

gerader Schnitt, weites Bein;

angesetzte Stoffapplikationen von ca. 4,5 cm Breite an der unteren rückseitigen Kante der Hosenbeine.
Die [X.] vertreibt ein der Jeanshose "[X.]" der [X.] ähn- liches Modell unter der Bezeichnung "[X.]".
Die [X.] haben geltend gemacht, das Jeansmodell "[X.]" be- sitze eine außergewöhnliche, nicht funktionsbedingte Gestaltung, die neuartig und wettbewerblich eigenartig sei. Sie hätten weltweit 1,15 Mio. Stück und in [X.] 400.000 Stück dieser Jeans abgesetzt, die im Verkehr sehr [X.] sei. Die [X.] haben den Vertrieb der Jeans "[X.]" als wettbe- werbswidrig beanstandet und die Ansicht vertreten, die [X.] beute durch die Übernahme der wesentlichen Gestaltungsmerkmale des Modells "[X.]" den Ruf des Originals aus und schaffe die Gefahr einer Täuschung über die betriebliche Herkunft der Jeans "[X.]".
Die [X.] haben beantragt,

die [X.] zu verurteilen,

1. es zu unterlassen, Jeans und/oder Hosen, die die aus der nachste-hend wiedergegebenen Modellzeichnung ersichtlichen Gestaltungs-merkmale aufweisen, insbesondere das Modell "[X.]", anzubieten und/oder in Verkehr zu bringen und/oder derartige Jeans und/oder Hosen anzubieten und/oder in Verkehr bringen zu lassen, 3 4 5 - 5 -

2. den [X.] zu 1 und 2 detailliert schriftlich Auskunft zu erteilen über Art und Umfang der bisher erfolgten, unter 1. bezeichneten Handlungen, insbesondere über die Zahl der gesamten hergestellten und/oder vertriebenen Jeans und der durch den Verkauf dieser Jeans und/oder Hosen vereinnahmten Erlöse Rechnung zu legen sowie [X.] Auskunft zu erteilen über sämtliche mit diesen Jeans und/oder Hosen belieferten gewerblichen Abnehmer unter Angabe von Liefer-mengen und Adressen;
3. festzustellen, dass die [X.] seit dem 18. Juni 1999 verpflichtet ist, den [X.] sämtlichen durch den bisherigen Vertrieb der unter 1. bezeichneten Jeans und/oder Hosen entstandenen und künftig - 6 - noch entstehenden Schaden in der nach Erteilung der Auskunft noch zu bestimmenden Höhe und Schadensberechnung nebst 5 % Zinsen seit dem 11. Februar 2000 zu ersetzen.
Die [X.] ist der Klage entgegengetreten und hat vorgetragen, die [X.] könnten für die Jeans "[X.]" allenfalls als Modeneuheit Saison- schutz in Anspruch nehmen.
Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Kläge-rinnen hat das Berufungsgericht den Klageanträgen zu 1 und 2 insgesamt und dem Klageantrag zu 3 im Wesentlichen entsprochen. Es hat von der Feststel-lung der Schadensersatzverpflichtung nur die Zinsen auf Schäden ausgenom-men, die erst nach Rechtshängigkeit entstanden sind und noch entstehen.
Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die [X.] ihren Antrag auf Klageabweisung weiter. Die [X.] beantragen, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:

[X.] Das Berufungsgericht hat einen Unterlassungsanspruch der Klägerin-nen aufgrund ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes aus § 1 UWG a.F. bejaht. Zur Begründung hat es ausgeführt:
Die "[X.]"-Jeans der [X.] weise eine besondere Gestaltung auf, die über diejenige kurzlebiger Modeneuheiten hinausgehe und die auf die betriebliche Herkunft des Modells hinweise. Es handele sich um eine über den 6 7 8 9 10 - 7 - Durchschnitt hinausragende Neuerscheinung, deren Gesamteindruck durch individuelle ästhetische Gestaltungsmerkmale geprägt sei, die im Jahre 1996 vom allgemein üblichen Modetrend entscheidend abgewichen seien. Die be-sondere Originalität resultiere aus der konkreten Kombination der für die "E.

" verwendeten, nicht funktionalen Gestaltungselemente, die von denjeni- gen klassischer Jeanshosen deutlich abwichen. Die "[X.]"-Jeans sei infolge ihrer charakteristischen Gestaltung selbst geeignet, zum Klassiker zu werden. Keine der zum Zeitpunkt der Einführung der Jeans der [X.] auf dem Markt befindlichen [X.] habe diese charakteristischen Merkmale auf-gewiesen. [X.] der [X.] sei geeignet, das angesprochene Publi-kum auf ihre betriebliche Herkunft hinzuweisen. Das Produkt verfüge über einen hohen Wiedererkennungswert. Nicht erforderlich sei, dass der Verkehr das Un-ternehmen, dem er das Produkt zuschreibe, namentlich kenne.
Das Modell "[X.]" der [X.]n weise hinsichtlich der charakteristi- schen Merkmale eine deutliche Übereinstimmung mit der die wettbewerbliche Eigenart begründenden Gestaltung der Jeans "[X.]" ohne sachliche Not- wendigkeit auf. Die nur geringfügigen Abweichungen änderten an der fast iden-tischen Übernahme nichts. Beide Modelle seien nach dem Gesamteindruck täuschend ähnlich. Dies gelte besonders, wenn sie nicht nebeneinander be-trachtet würden. Es bestehe auch die Gefahr einer mittelbaren [X.].
Das an der Gesäßtasche angebrachte Pappschild und die Verpackung mit der jeweiligen Bezeichnung "[X.]" bei der Jeans der [X.]n seien nicht geeignet, Herkunftsverwechslungen entgegenzuwirken. Sie seien nicht dauerhaft angebracht und enthielten nur einen Phantasienamen, der nicht auf das Unternehmen der [X.]n hinweise. 11 12 - 8 - Die für einen wettbewerbsrechtlichen Schutz gegen eine vermeidbare Herkunftstäuschung erforderliche Bekanntheit des nachgeahmten Erzeugnisses bei den maßgeblichen Verkehrskreisen liege ebenfalls vor. Sie ergebe sich schon aufgrund des Ergebnisses der von der [X.]n vorgelegten Umfrage, wonach 46 % der Befragten die Jeanshose "[X.]" auch ohne Kennzeich- nung bekannt gewesen sei, von denen wiederum 11 % sie als Jeans von "[X.]" erkannt hätten.
Beide [X.] seien zur Geltendmachung der Ansprüche aktivlegiti-miert.
Der Auskunftsanspruch folge aus § 242 BGB und der Schadensersatz-anspruch ergebe sich aus § 1 UWG a.F.
I[X.] Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben keinen Erfolg.
1. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, der Vertrieb der Jeanshose "[X.]" durch die [X.] sei unlauter, hält sowohl nach altem (§ 1 UWG a.F.) als auch nach neuem Recht (§§ 3, 4 Nr. 9 lit. [X.]) der rechtlichen Nachprüfung stand.
a) Anders als die Revision meint, ist im Streitfall ein Anspruch aus ergän-zendem wettbewerbsrechtlichem Leistungsschutz wegen vermeidbarer [X.] nach §§ 3, 4 Nr. 9 lit. [X.] nicht deshalb ausgeschlossen, weil die [X.] für das von ihnen hergestellte und vertriebene Jeansmo-dell "[X.]" Schutz für ein nicht eingetragenes Gemeinschaftsgeschmacks- muster nach Art. 3 ff. der Verordnung ([X.]) Nr. 6/2002 des Rates vom 12. Dezember 2001 über das Gemeinschaftsgeschmacksmuster ([X.]. Nr. L 3 13 14 15 16 17 18 - 9 - vom 5. Januar 2002, [X.]) hätten in Anspruch nehmen können. Die Gemein-schaftsgeschmacksmusterverordnung lässt nach Art. 96 Abs. 1 Bestimmungen der Mitgliedstaaten über unlauteren Wettbewerb unberührt. Dazu zählen auch die Vorschriften über den ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungs-schutz nach §§ 3, 4 Nr. 9 lit. [X.], die sich gegen ein unlauteres [X.] richten, das in der vermeidbaren Täuschung der Abnehmer ü-ber die betriebliche Herkunft der Produkte liegt. Von dieser Zielrichtung des [X.] gegen den unlauteren Wettbewerb unterscheidet sich die Gemein-schaftsgeschmacksmusterverordnung, die in der Form des Gemeinschaftsge-schmacksmusters ein bestimmtes Leistungsergebnis schützt. Der zeitlich befris-tete Schutz für ein nicht eingetragenes Gemeinschaftsgeschmacksmuster be-rührt daher nicht den zeitlich nicht von vornherein befristeten Anspruch [X.] ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes wegen ver-meidbarer Herkunftstäuschung nach §§ 3, 4 Nr. 9 lit. [X.], § 1 UWG a.F. (vgl. [X.]/[X.]/[X.], Wettbewerbsrecht, 23. Aufl., § 4 UWG Rdn. 9.8; [X.], UWG, § 4 Nr. 9 Rdn. 41 f.; [X.], [X.], 2002, 595, 611; [X.], [X.], 1119, 1123; [X.], [X.], 2003, 221, 223; [X.]/[X.], [X.]. 2004, 821, 826; zum Verhältnis des ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes zum Geschmacksmusterschutz vgl. auch: [X.], [X.]. v. 21.2.2002 - I ZR 265/99, [X.], 629, 631 = [X.], 1058 - Blendsegel).
b) Nach ständiger Rechtsprechung des Senats zu § 1 UWG a.F. kann der Vertrieb eines nachgeahmten Erzeugnisses wettbewerbswidrig sein, wenn das Erzeugnis von wettbewerblicher Eigenart ist und besondere Umstände hin-zutreten, die die Nachahmung unlauter erscheinen lassen. Dabei besteht zwi-schen dem Grad der wettbewerblichen Eigenart, der Art und Weise und der [X.] der Übernahme sowie den besonderen wettbewerbsrechtlichen Um-ständen eine Wechselwirkung. Je größer die wettbewerbliche Eigenart und je 19 - 10 - höher der Grad der Übernahme sind, desto geringere Anforderungen sind an die besonderen Umstände zu stellen, die die Wettbewerbswidrigkeit der Nach-ahmung begründen (vgl. [X.], [X.]. v. 15.6.2000 - I ZR 90/98, [X.], 251, 253 = [X.], 153 - Messerkennzeichnung; [X.]. v. 15.7.2004 - I ZR 142/01, [X.], 941, 942 = [X.], 1498 - Metallbett, jeweils m.w.[X.]). Danach können Ansprüche aus ergänzendem wettbewerbsrechtlichem Leistungsschutz gegen den Vertrieb eines nachgeahmten Erzeugnisses bestehen, wenn die Ge-fahr einer Herkunftstäuschung gegeben ist und der Nachahmer zumutbare und geeignete Maßnahmen zur Vermeidung der Herkunftstäuschung unterlässt. Dem entspricht § 4 Nr. 9 lit. [X.] (vgl. [X.], [X.]. v. 28.10.2004 - I ZR 326/01, [X.], 166, 167 = [X.], 88 - [X.]). Das setzt in aller Regel voraus, dass das nachgeahmte Erzeugnis bei den maßgeblichen Verkehrskreisen eine gewisse Bekanntheit erlangt hat ([X.] 50, 125, 131 - Pulverbehälter; [X.] [X.], 166, 167 - [X.]; [X.], [X.]. v. 24.3.2005 - I ZR 131/02, [X.], 600, 602 = [X.], 878 - [X.]).
c) Das Berufungsgericht hat eine wettbewerbliche Eigenart der Jeans der [X.] aufgrund einer besonderen Originalität der Gestaltung bejaht. Das hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand.
aa) Wettbewerbliche Eigenart setzt voraus, dass die konkrete Ausgestal-tung oder bestimmte Merkmale eines Erzeugnisses geeignet sind, die ange-sprochenen Verkehrskreise auf die betriebliche Herkunft oder die Besonderhei-ten des Erzeugnisses hinzuweisen ([X.] [X.], 629, 631 f. - Blendse-gel).
Die Eignung der Aufmachung der "[X.]"-Jeans, herkunftshinweisend zu wirken, hat das Berufungsgericht in den gesondert angesetzten Beinnähten 20 21 22 - 11 - gesehen, die außen vom [X.] schräg nach innen verlaufend etwa im Schrittbereich der Hose aufeinander treffen und die mit den entgegen-gesetzt verlaufenden Nähten der Einschubtaschen einen den vorderen [X.] optisch ungewöhnlichen Rhombus bilden. Dieser wird durch die Nieten an den Enden der jeweiligen Vordertaschennähte und am Ende der [X.] deutlich akzentuiert. Damit wird nach den Feststellungen des Berufungsgerichts der seinerzeit völlig neuartige Eindruck einer mit einem besonders hohen seitli-chen Beinausschnitt versehenen kurzen Jeanshose vermittelt, an die die [X.] separat angesetzt sind. Weiter hat das Berufungsgericht bei der [X.] der [X.] auf die auffälligen, hochgewölbten Knieapplikationen in eigenartiger Form mit jeweils zwei horizontalen Abnähern, auf den "geraden" Schnitt und das weite Bein, auf der Rückseite auf die nicht funktionsbedingte Teilungsnaht in Kniehöhe und die abgesetzten Stoffapplikationen am unteren Ende der Hosenbeine sowie auf die eher unübliche rechteckige Form der Gesäßtaschen abgestellt. Diese Merkmale vermitteln nach der Annahme des Berufungsgerichts ebenfalls ein für das [X.] ungewöhnliches und neuartiges Bild. Insgesamt weist die Hose nach den Feststellungen des Berufungsgerichts eine unverwechselbare Charakteristik auf, die sie von der klassischen Jeansform deutlich unterscheidet.
[X.]) Dagegen wendet sich die Revision ohne Erfolg mit der Begründung, die besonderen Voraussetzungen eines zeitlich unbeschränkten Nachah-mungsschutzes bei [X.] lägen im Streitfall nicht vor. Bei [X.] sei der Verkehr anders als bei der ästhetischen Gestaltung tech-nischer Gebrauchsgegenstände grundsätzlich nicht geneigt, das [X.] als dauerhaften Hinweis auf einen bestimmten Hersteller anzu-sehen. Vielmehr sehe das Publikum in einer erstmals vermarkteten Stilrichtung nur den Beginn einer Modestilart. 23 - 12 - In der Rechtsprechung des Senats ist anerkannt, dass der Verkehr auch bei [X.] deren besonders originelle Gestaltung als Hinweis auf die betriebliche Herkunft ansehen kann. Anders als bei kurzlebigen [X.] besteht in einem solchen Fall ein einer zeitlichen Beschränkung nicht von vornherein unterworfener Nachahmungsschutz (vgl. [X.], [X.]. v. 6.11.1997 - I ZR 102/95, [X.], 477, 478 = [X.], 377 - Trachtenjanker; vgl. auch [X.], [X.]. v. 7.11.2002 - [X.], [X.], 356, 358 = [X.], 500 - [X.]; [X.]. v. 2.12.2004 - I ZR 30/02, [X.], 349, 352 = [X.], 476 - [X.], zum Abdruck in [X.] 161, 204 vorgesehen; [X.], FS für [X.], [X.]97, 212; [X.], Der [X.] Rdn. 238, 240). Von diesen Grundsätzen ist auch das Berufungsgericht ausgegangen, das an die auf Ausnahmefälle beschränkte wettbewerbliche Eigenart von [X.] keine zu geringen Anforderungen gestellt hat. Es hat eine besondere Originalität der Gestaltung der in Rede ste-henden Jeans und eine Eignung ihrer Merkmale, herkunftshinweisend zu [X.], anhand einer Vielzahl von Elementen bejaht, die in ihrer Kombination bei der Markteinführung 1996 nicht vorbekannt waren und die die Jeans zu einer aus dem Durchschnitt herausragenden Neuerscheinung machten. Diese tatrich-terlichen Feststellungen lassen einen Rechtsfehler nicht erkennen.
Anders als die Revision geltend macht, haben die [X.] auch nicht zugestanden, die "[X.]"-Jeans sei zum Zeitpunkt des Berufungsverfahrens nicht mehr als besonders originelle Gestaltung anzusehen.
Zutreffend ist das Berufungsgericht weiter davon ausgegangen, dass auch die als neu empfundene Kombination bekannter Gestaltungselemente eine wettbewerbliche Eigenart begründen kann (vgl. [X.] [X.], 477, 479 - Trachtenjanker). 24 25 26 - 13 - [X.], das Berufungsgericht habe die erforderlichen Feststellungen dazu, dass die Gestaltungsmerkmale bei der "[X.]"-Jeans auf ihre betriebliche Herkunft hinweisen, nicht aus eigener Sachkunde treffen dürfen, hat ebenfalls keinen Erfolg. Auch wenn die Mitglieder des [X.] nach den Ausführungen im Berufungsurteil selbst nicht zu den angespro-chenen Verkehrskreisen gehören sollten, konnten sie aufgrund ihrer durch stän-dige Befassung mit [X.] besonderen Sachkunde die wettbe-werbliche Eigenart der in Rede stehenden Jeans ohne sachverständige Hilfe selbst beurteilen (vgl. [X.] 156, 250, 255 - Marktführerschaft; [X.], [X.], 830, 832). Das Berufungsgericht hat hierzu angenommen, es seien in diesem Zusammenhang nur Erwägungen anzustellen, für die die Zugehörig-keit zur potentiellen Kundschaft nicht erforderlich sei. Diese Ausführungen sind aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden. Gegenteiliges zeigt auch die Revision nicht auf.
2. Rechts- und verfahrensfehlerfrei ist das Berufungsgericht davon aus-gegangen, das Modell "[X.]" der [X.]n stelle eine fast identische Nach- bildung der von den [X.] vertriebenen Jeans dar. Die die wettbewerbli-che Eigenart begründenden Elemente der Vorderseite der Jeans "[X.]" hat die [X.] bei ihrem Produkt identisch übernommen. Bei den die Rückseite prägenden [X.] liegen zwar gewisse Abweichungen zwi-schen den [X.] vor. Das ändert aber, wie das Berufungsgericht zu-treffend angenommen hat, nichts daran, dass die [X.] auch die Knieabnä-her der Rückseite identisch, die Form der Gesäßtaschen in maßstabsgerecht geänderten Größenverhältnissen und die Stoffapplikationen an der unteren Sei-te der Jeans in abgewandelter Farbgebung übernommen hat. Außer Betracht zu bleiben haben weiter bei der Frage des Grades der Übernahme der Leistung der [X.], dass bei den sich gegenüberstehenden Modellen nach den Feststellungen des [X.]s, auf die sich die Revision stützt, auf der [X.] 28 - 14 - seite in unterschiedlicher Weise die Bezeichnungen "K.

" und "[X.]" angebracht sind. Nach den verfahrensfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Berufungsgerichts zählt die Gestaltung des Namenszugs auf der Rückseite der Jeanshose der [X.] nicht zu den die wettbewerbliche Eigenart begrün-denden Merkmalen. Die Abweichung in diesem Punkt steht der Annahme einer fast identischen Übernahme des Modells "[X.]" der [X.] in seiner wettbewerblichen Eigenart daher nicht entgegen.
3. Die Angriffe der Revision gegen die Annahme des Berufungsgerichts, es bestehe die Gefahr einer Herkunftstäuschung bei dem Jeansmodell der [X.]n, greifen nicht durch.
a) Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, der Gesamteindruck der Jeans der [X.]n entspreche praktisch dem Modell der [X.], weshalb die "[X.]"-Jeans ohne weiteres für die "E.

"-Jeans gehalten werden könne, insbesondere wenn beide Modelle nicht nebeneinander [X.] würden.
b) Dagegen wendet sich die Revision ohne Erfolg mit der Rüge, das Be-rufungsgericht hätte zunächst einmal Feststellungen dazu treffen müssen, an-hand welcher Merkmale der angesprochene Verkehr modische [X.] unterscheidet. Dazu hätte es ein Sachverständigengutachten einholen müssen.
Auch wenn die Mitglieder des Berufungsgerichts nicht zu den angespro-chenen Verkehrskreisen gehören sollten, erfordert dies im Streitfall nicht die Einholung eines Sachverständigengutachtens. Das Berufungsgericht, das über die wettbewerbliche Eigenart der Jeans der [X.] aus eigener Sachkun-de befinden konnte (vgl. Abschn. II 1 c [X.]), konnte dann auch bei nahezu [X.] 30 31 32 - 15 - tischer Übernahme der Merkmale, die die wettbewerbliche Eigenart des nach-geahmten Produktes begründeten, ohne Einholung eines [X.] die Frage entscheiden, ob die Gefahr einer Herkunftstäuschung be-steht.
c) Eine Herkunftstäuschung wird auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass die [X.] an der von ihr vertriebenen Jeans die Bezeichnung "[X.]" angebracht hat, während die Jeans der [X.] mit "[X.]" gekennzeich- net ist. Das an einer der rückwärtigen Taschen der Jeans der [X.]n ange-brachte Pappschild und die Verpackung des Produkts mit der Angabe "[X.]
" gewährleisten nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht, dass diese zum Zeitpunkt des Kaufs an der Jeans noch vorhanden sind (vgl. hierzu [X.], [X.]. v. 8.12.1999 - I ZR 101/97, [X.], 521, 524 f. = [X.], 493 - Modulgerüst). Dagegen erinnert auch die Revision nichts. Soweit sie auf einen senkrecht verlaufenden Namenszug auf der Außennaht der rechten Ge-säßtasche abhebt, zeigt sie nicht auf, dass dieser nach dem Vortrag der [X.]n in den Tatsacheninstanzen für sich geeignet ist, der Gefahr einer [X.] entgegenzuwirken.
d) Ebensowenig ist aus Rechtsgründen zu beanstanden, dass das [X.] eine gewisse Bekanntheit der "[X.]"-Jeans der [X.] bejaht hat.
Nach der Rechtsprechung des Senats setzt der ergänzende wettbe-werbsrechtliche Leistungsschutz gegen eine vermeidbare Herkunftstäuschung in aller Regel eine gewisse Bekanntheit des nachgeahmten Produkts voraus, weil ansonsten die Gefahr einer Herkunftstäuschung nicht bestehen kann. Eine Verkehrsgeltung ist insoweit nicht erforderlich. Ausreichend ist vielmehr, dass das wettbewerblich eigenartige Erzeugnis bei nicht unerheblichen Teilen der 33 34 35 - 16 - angesprochenen Verkehrskreise eine solche Bekanntheit erreicht hat, dass sich in relevantem Umfang die Gefahr der Herkunftstäuschung ergeben kann, wenn Nachahmungen vertrieben werden (vgl. [X.], [X.]. v. 8.11.2001 - I ZR 199/99, [X.], 275, 277 = [X.], 207 - Noppenbahnen; [X.]. v. 7.2.2002 - I ZR 289/99, [X.], 820, 822 f. = [X.], 1054 - Bremszangen; [X.] [X.], 166, 167 - [X.]; [X.], 600, 602 - [X.]).
Bei der Annahme einer Bekanntheit der "[X.]"-Jeans in den maßgeb- lichen Verkehrskreisen hat das Berufungsgericht zu Recht auf das von der [X.]n vorgelegte Privatgutachten der U. -GmbH vom 30. November 2000 abgestellt, das als Sachvortrag der [X.]n selbst zu werten ist (vgl. [X.], [X.]. v. 19.4.2001 - I ZR 340/98, NJW-RR 2001, 1320, 1321; [X.]. v. 24.2.2005 - [X.]/03, [X.], 1650, 1652). Danach kannten nach ei-genen Angaben der [X.]n 46 % der Befragten die Jeanshose "[X.]" der [X.]. Dies reicht für eine Bekanntheit des Produkts der [X.] zweifelsohne aus. Nicht erforderlich dagegen ist, wovon offensichtlich das [X.] ausgegangen ist, dass die angesprochenen Verkehrskreise das nachgeahmte Produkt namentlich dem Unternehmen der [X.] ([X.]) zuordnen können (vgl. [X.]/Loschelder/[X.], Handbuch des Wettbe- werbsrechts, 3. Aufl., § 43 Rdn. 60; [X.] aaO § 4 Rdn. 64), was immerhin noch bei 11 % der Befragten der Fall ist. Denn für einen ergän-zenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz nach §§ 3, 4 Nr. 9 lit. [X.], § 1 UWG a.F. reicht die Gefahr einer vermeidbaren Herkunftstäuschung aus. Diese erfordert aber nicht die namentliche Kenntnis des hinter dem nachge-ahmten Produkt stehenden Unternehmens.
In Anbetracht der wettbewerblichen Eigenart des [X.] der Klä-gerinnen, der fast identischen Übernahme des Produkts durch die [X.] und 36 37 - 17 - der Gefahr einer Herkunftstäuschung ist das Berufungsgericht zu Recht davon ausgegangen, dass der Vertrieb der "[X.]"-Jeans unlauter ist.
4. Der mit dem Feststellungsantrag zu 3 verfolgte [X.] hat seine Rechtsgrundlage in § 1 UWG a.F. und § 9 i.V. mit §§ 3, 4 Nr. 9 lit. [X.]. Der Auskunftsanspruch ergibt sich aus § 242 BGB.
II[X.] [X.] beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Ullmann v. Ungern-Sternberg [X.]

[X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 04.05.2001 - 15 O 719/99 - [X.], Entscheidung vom 11.01.2002 - 5 U 182/01 -

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Meta

I ZR 151/02

15.09.2005

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.09.2005, Az. I ZR 151/02 (REWIS RS 2005, 1828)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2005, 1828

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