Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 29.12.2015, Az. 2 StR 322/15

2. Strafsenat | REWIS RS 2015, 41

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[X.]:[X.]:[X.]:2015:291215B2STR322.15.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 [X.]/15
vom
29. Dezember 2015
in der Strafsache
gegen

1.

2.

wegen
unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.

-
2
-
Der 2. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des Generalbun-desanwalts
und
der
Beschwerdeführer
am 29. Dezember 2015
gemäß §
349 Abs.
4
StPO beschlossen:

Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 27.
März 2015
mit den Feststellungen
aufge-hoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkam-mer des [X.] zurückverwiesen.

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten V.

wegen unerlaubter [X.] von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge
in 23 Fällen, davon in ei-nem Fall in Tateinheit mit Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäu-bungsmitteln in nicht geringer Menge und in 19 Fällen in Tateinheit mit uner-laubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und drei Monaten verurteilt und eine Ver-falls-
sowie eine Einziehungsentscheidung getroffen. Den Angeklagten K.

hat es wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht gerin-ger Menge in zwei Fällen auf der Grundlage einer Verständigung zu einer Ge-samtfreiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt.
Die Revisionen der Angeklagten haben mit der Sachrüge Erfolg. Das Ur-teil leidet an einem Darstellungsmangel.

1
2
-
3
-
1. Das [X.] hat seine
Überzeugung von dem festgestellten Sach-verhalt auf die Geständnisse der beiden Angeklagten gestützt. Zur Beweiswür-digung ist in den Urteilsgründen ausgeführt:

und glaubhaften Geständnissen beider Angeklagten, die durch die in der Sitzungsniederschrift aufgeführten Beweismittel bestätigt und ergänzt worden sind. Zwischen der Kammer und dem Ange-klagten K.

sowie der Staatsanwaltschaft ist eine Verständi-gung gemäß §
257
c StPO zustande gekommen. Die Kammer hat keinen Zweifel, dass das von ihm abgelegte umfassende [X.] zu den ihm noch vorgeworfenen Taten, das durch das übrige Beweisergebnis bestätigt und verifiziert worden ist, der Wahrheit entspricht. Soweit er sich dahin gehend eingelassen hat, dass er nicht als alleiniger Abnehmer des Rauschgifts, sondern in Absprache mit

von ihm nicht benannten Dritten

gehandelt hat-te, konnte ihm dies nicht widerlegt werden und ist im Sinne seiner Einlassung ebenfalls in obige Feststellungen zur
Sache eingeflos-sen.
In Bezug auf den Angeklagten V.

ist mangels Zustimmung der Staatsanwaltschaft keine Verständigung zustande gekommen e-legtes Geständnis war ebenfalls glaubhaft und ist
durch die sons-tigen Beweisergebnisse bestätigt und verifiziert worden. Auch [X.] Einlassung zu seiner Rolle bei den [X.] ebenfalls nicht widerlegt werden und ist in diesem Sinne bei den Feststellungen zur Sache zugrunde gelegt word

3
-
4
-
2. Diese Beweiserwägungen halten rechtlicher Überprüfung nicht stand, denn sie sind lückenhaft.
a) Die Beweiswürdigung ist Sache des Tatrichters (§
261 StPO). Ihm [X.] obliegt es, sich aufgrund des umfassenden Eindrucks der Hauptverhand-lung ein Urteil über die Schuld oder Unschuld des Angeklagten zu bilden. Die revisionsgerichtliche Kontrolle ist auf die Prüfung beschränkt, ob dem Tatrichter dabei ein Rechtsfehler unterlaufen ist. Dies ist in sachlich-rechtlicher Hinsicht der Fall, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist, gegen Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt oder der Tatrich-ter an die Überzeugung von der Schuld des Angeklagten überhöhte [X.] stellt. Die Überzeugung des Tatrichters muss darüber hinaus in den Feststellungen und der den Feststellungen zugrunde liegenden Beweiswürdi-gung eine ausreichende objektive Grundlage finden
([X.], Beschluss vom 22.
August 2013

1 [X.], [X.], 387, 388). Die schriftlichen Urteilsgründe müssen deshalb nicht nur die für erwiesen erachteten Tatsachen, ihre rechtliche Würdigung sowie die für die Entscheidung der [X.] Erwägungen wiedergeben
(vgl. §
267 StPO); der Tatrichter ist außer-dem verpflichtet, seine Beweiserwägungen so geschlossen und aus sich heraus verständlich in den schriftlichen Urteilsgründen niederzulegen, dass die Be-weiswürdigung einer revisionsgerichtlichen Kontrolle anhand des genannten Maßstabes einer sachlich-rechtlichen Überprüfung zugänglich ist (st. Rspr; [X.], Beschluss vom 21.
Juli 2015

2 [X.], juris; Beschluss vom 23.
Juni 2010

2 [X.]; vgl. [X.], Urteil vom 7.
August 2014

3 [X.] mwN; [X.], Beschluss vom 25.
Februar 2015

4
StR 39/15, [X.], 180).
Die sachlich-rechtliche Begründungspflicht umfasst auch die Verpflich-tung, die Einlassung des Angeklagten jedenfalls in ihrem
wesentlichen Inhalt 4
5
6
-
5
-
wiederzugeben. Dies gilt auch in Fällen, in denen der Angeklagte ein Geständ-nis ablegt (Senat, Beschluss vom 21.
Juli 2015

2 [X.],
juris), denn ein Geständnis enthebt den Tatrichter nicht von seiner Pflicht, dieses einer kriti-schen Prüfung
auf Plausibilität und Tragfähigkeit
hin
zu unterziehen
und zu den sonstigen Beweismitteln in Beziehung zu setzen. Legt der Tatrichter das [X.] des Angeklagten seinen Feststellungen
in vollem Umfange
zugrunde, weil er es für glaubhaft erachtet,
so
ist er zwar grundsätzlich nicht
verpflichtet, es in den Urteilsgründen in allen seinen Einzelheiten zu dokumentieren, um dem Revisionsgericht eine Kontrolle seiner Entscheidung zu ermöglichen. Es kann vielmehr

je nach den Umständen des Einzelfalls

genügen, auf die Feststellungen Bezug zu nehmen. Erforderlich ist außerdem, dass der Tatrich-ter in den Urteilsgründen für das Revisionsgericht nachvollziehbar darlegt und begründet, aus welchen Gründen er das Geständnis des Angeklagten für glaubhaft erachtet. [X.] sich die Angaben des Angeklagten mit sonstigen Beweisergebnissen und stützt der Tatrichter seine Überzeugung von der Glaubhaftigkeit des Geständnisses auch auf diese Beweisergebnisse, so ist er zu deren jedenfalls gedrängter Wiedergabe verpflichtet, da anderenfalls eine revisionsgerichtliche Überprüfung seiner Überzeugungsbildung
nicht möglich ist. Diese Maßstäbe gelten auch in Fällen, in denen der Angeklagte im Rahmen einer Verfahrensverständigung ein
Geständnis ablegt.

b) Gemessen an diesen Maßstäben hält die tatrichterliche Beweiswürdi-gung einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. Sie ist lückenhaft.
Unklar bleibt insbesondere, ob die beiden Angeklagten Angaben zur Vorgeschichte der Tat II.
2 der Urteilsgründe gemacht haben. Nach den Fest-stellungen übergab der Angeklagte V.

dem
Angeklagten K.

im Auf-trag einer oder mehrerer unbekannter Personen 25 Kilogramm Marihuana und
sollte
dafür, anders als in den übrigen
zur Aburteilung führenden Fällen, als Ent-7
8
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6
-
lohnung lediglich einen
Geldbetrag in Höhe von 100

h-gift
erhalten. Das [X.] hat diese Einlassung des Angeklagten als unwi-derlegt angesehen
und im Rahmen der rechtlichen Würdigung festgehalten, dass es nicht festzustellen vermochte, ob der Angeklagte über die bloße Auslie-ferung der Drogen hinaus auch die Bestellung des Angeklagten K.

entge-gen genommen, mit ihm die Modalitäten der Lieferung vereinbart hat und ob er damit beauftragt war, den Kaufpreis entgegen zu nehmen.
In diesem [X.] hätte es sich zu der Erörterung der Angaben der Angeklagte K.

zu der Vorgeschichte dieser Tat gedrängt sehen müssen.
Darüber hinaus ist die tatrichterliche Erwägung, dass die Geständnisse der beiden Angeklagten durch die [X.] , nicht nachvollziehbar. Der Tatrich-ter teilt weder die erhobenen Beweismittel noch deren Beweisertrag mit. Zwar ist es
regelmäßig weder
erforderlich
noch zweckmäßig, das Revisionsgericht im Einzelnen darüber zu unterrichten, welche Ergebnisse die im [X.] verzeichneten Beweiserhebungen erbracht haben ([X.], Urteil vom 7.
August 2014

3
[X.] mwN).
Stützt der Tatrichter seine Überzeu-gung von der Glaubhaftigkeit der Geständnisse
jedoch auf außerhalb der An-gaben der Angeklagten
liegende Beweisergebnisse, so ist er gehalten, diese in den Urteilsgründen

jedenfalls gedrängt

wiederzugeben.
9
-
7
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Der Senat vermag ein Beruhen des Urteils auf dem [X.] zum Nachteil der Angeklagten nicht auszuschließen. Die Sache bedarf daher insgesamt neuer Verhandlung und Entscheidung.
Fischer Eschelbach Ott

Zeng Bartel

10

Meta

2 StR 322/15

29.12.2015

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 29.12.2015, Az. 2 StR 322/15 (REWIS RS 2015, 41)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 41

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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2 StR 322/15

1 StR 378/13

2 StR 75/14

2 StR 222/10

3 StR 224/14

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