Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 02.11.2000, Az. I ZR 154/98

I. Zivilsenat | REWIS RS 2000, 667

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[X.] DES VOLKESURTEILI ZR 154/98Verkündet am:2. November 2000WalzJustizamtsinspektorals Urkundsbeamterder Geschäftsstellein dem [X.] 2 -Der [X.] Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.] vom 2. November 2000 durch [X.] und [X.] v. Ungern-Sternberg, [X.], [X.] undDr. [X.] Recht erkannt:Die Revision gegen das [X.]eil des 6. Zivilsenats des [X.] vom 23. April 1998 wird auf Kosten [X.] zurückgewiesen.Von Rechts [X.]:Die Klägerin ist die [X.] Zu ihren sat-zungsgemäßen Aufgaben gehört es, die Interessen der Verbraucher durchAufklärung und Beratung wahrzunehmen. Die [X.] ist ein Versicherungs-unternehmen, das seine Leistungen u.a. über die Vermittlung durch Banken [X.] eines [X.] vertreibt. Eine entsprechende "Rahmen-vereinbarung über die Zusammenarbeit" hat sie auch mit der [X.]geschlossen.Im [X.] 1994 unterzeichnete eine Kundin der genannten Bank zweiAnträge zur Eröffnung von Sparkonten, deren vorgedruckter Text unter Ziffer 3wie folgt [X.] -"Der Konto-/Depotinhaber ist mit der persönlichen und telefoni-schen Beratung in Geldangelegenheiten durch die [X.]. nicht einverstanden."In beiden Anträgen ist das Kästchen vor dem Wort "einverstanden" [X.]. Anfang November 1995 rief ein Mitarbeiter der [X.]die Kundin an und vereinbarte mit ihr einen Besuchstermin "wegen einer Steu-erersparnissache". Während des Termins bot er ihr den Abschluß einer Le-bensversicherung bei der [X.]n an.Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, der Anruf des Mitarbeiters [X.] verstoße gegen § 1 UWG, weil er ohne Aufforderung erfolgt sei und [X.] dieser Form von Werbung zuvor nicht zugestimmt habe. Die in [X.] formularmäßig erteilte Erlaubnis zur Beratung [X.] habe nur Anrufe in Bankgeschäften, nicht aber die [X.] für den Abschluß von Versicherungsverträgen abgedeckt.Die Klägerin hat beantragt,der [X.]n unter Androhung von [X.] zu untersa-gen, Letztverbraucher außerhalb einer laufenden Geschäftsverbin-dung unaufgefordert und ohne deren Einverständnis anrufen zulassen, um einen Besuchstermin zu vereinbaren, der dem [X.] eines Versicherungsvertrags dienen soll, wobei es als [X.] insbesondere nicht ausreicht, wenn der Angerufene beieiner Bank einen Kontoeröffnungsantrag unterzeichnet hat, derformularmäßig die Klausel enthält, daß der Kontoinhaber mit der- 4 -persönlichen und telefonischen Beratung in [X.] die Bank einverstanden ist.Die [X.] ist dem entgegengetreten und hat die Auffassung vertre-ten, das Verhalten des Mitarbeiters der Bank sei nicht wettbewerbswidrig i.S.des § 1 UWG, weil die Kundin in den [X.] ihr ausdrückli-ches Einverständnis mit einer persönlichen und telefonischen Beratung [X.] durch die Bank erklärt habe; insbesondere diene auchdie beworbene Kapitallebensversicherung der Vermögensanlage, so daß dieEmpfehlung des Abschlusses eines derartigen Vertrags zur "Beratung in Geld-angelegenheiten" gehöre.Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht [X.] [X.] antragsgemäß verurteilt.Mit ihrer Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, begehrtdie [X.] weiterhin Abweisung der Klage.Entscheidungsgründe:[X.] Das Berufungsgericht hat den Anruf des Mitarbeiters der V. bankH. bei der Kundin der Bank, für den die [X.] gemäß § 13 Abs. 4UWG einzustehen habe, für wettbewerbswidrig i.S. des § 1 UWG erachtet. [X.] hat es [X.] -Der in Rede stehende Anruf, der dazu gedient habe, einen Besuchster-min zu Werbezwecken zu vereinbaren, stelle einen Eingriff in die verfassungs-rechtlich geschützte Individualsphäre dar. Eine derartige Werbemaßnahme [X.] zulässig, wenn sich der Angerufene zuvor damit ausdrücklich oder konklu-dent einverstanden erklärt habe. Ein solches Einverständnis sei den Erklärun-gen der Kundin in den [X.] nicht zu entnehmen. Die [X.]erklärung sei zwar nicht schon wegen Verstoßes gegen § 3 [X.]insgesamt unwirksam, weil es sich bei der streitgegenständlichen Zustim-mungserklärung in ihrer konkret ausgestalteten Form nicht um eine [X.] handele. Das Einverständnis mit dertelefonischen Beratung in Geldangelegenheiten durch die Bank erstrecke sichinhaltlich jedoch nicht auf den Abschluß eines Vertrages über eine Kapitalle-bensversicherung bei der [X.]n.I[X.] Die hiergegen gerichteten Angriffe der Revision haben im [X.] Erfolg. Der Klägerin steht der geltend gemachte [X.] die [X.] nach §§ 1, 13 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 4 UWG zu.1. Die Klägerin ist als rechtsfähiger Verband, zu dessen satzungsgemä-ßen Aufgaben es gehört, die Interessen der Verbraucher durch Aufklärung [X.] wahrzunehmen, gemäß § 13 Abs. 2 Nr. 3 UWG befugt, den auf § 1UWG gestützten Unterlassungsanspruch geltend zu machen, da unerbeteneTelefonwerbung in erheblichem Maße die persönlichen Belange des [X.] beeinträchtigt und damit wesentliche Belange der Verbrau-cher berührt (vgl. zuletzt [X.], [X.]. v. [X.] - I ZR 241/97, GRUR 2000,818, 819 = [X.], 722 - Telefonwerbung VI, m.w.[X.] 6 -2. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, daß ein Te-lefonanruf im Privatbereich zu Werbezwecken grundsätzlich gegen die [X.] des [X.] verstößt und nur dann ausnahmsweise zulässig ist,wenn der Angerufene zuvor ausdrücklich oder konkludent sein Einverständnismit einem solchen Anruf erklärt hat (st. Rspr.; vgl. [X.], [X.]. v. 8.12.1994- I ZR 189/92, [X.], 220 - Telefonwerbung V, m.w.N.; [X.]Z 141,124 ff.; 141, 137 ff.). Dies gilt auch für Anrufe, die - wie hier - der [X.] häuslichen Vertreterbesuchs dienen ([X.] GRUR 2000, 818, 819- Telefonwerbung VI, m.w.[X.] ist demnach grundsätzlich wettbewerbswidrig, den Inhaber einesFernsprechanschlusses in dessen privatem Bereich ohne sein zuvor ausdrück-lich oder konkludent erklärtes Einverständnis anzurufen, um einen Besuch-stermin zu vereinbaren, der dem Neuabschluß eines Versicherungsvertragsdienen soll.3. Das Berufungsgericht hat im Ergebnis auch zutreffend angenommen,daß im Streitfall kein wirksames Einverständnis der Kundin mit dem Anruf desMitarbeiters der [X.] vorlag.a) Dem Berufungsgericht ist allerdings nicht darin beizutreten, daß die inden [X.] enthaltene Einverständniserklärung nicht [X.] Geschäftsbedingung i.S. von § 1 Abs. 1 [X.] zu behandeln sei.Auf eine vom Verwender vorformulierte einseitige rechtsgeschäftliche Erklä-rung des anderen Teils, die im Zusammenhang mit einem Vertragsverhältnissteht, sind mit Rücksicht auf den Schutzzweck des [X.] dessen [X.] anzuwenden ([X.]Z 98, 24, 28, m.w.N.). Dabei ist es - entgegen [X.] des Berufungsgerichts - ohne Bedeutung, ob der Kunde die Wahl- 7 -zwischen bestimmten, vom Verwender vorgegebenen Alternativen hat (vgl.[X.], [X.]. v. 3.12.1991 - [X.], [X.], 503 f.; [X.]. v. 7.2.1996- IV ZR 16/95, NJW 1996, 1208, m.w.N.; [X.] GRUR 2000, 818, 819 - Tele-fonwerbung VI). Entscheidend ist, daß der Verwender - wie im vorliegendenFall - bei der von den Kunden abzugebenden Erklärung die rechtsgeschäftlicheGestaltungsfreiheit für sich ebenso in Anspruch nimmt wie bei der [X.] eines Vertragstextes, und daß der Kunde nur darauf, ob er die Erklärungabgeben will, nicht aber auf ihren Inhalt Einfluß hat (vgl. [X.]Z 141, 124 [X.]) Die Auslegung der hier in Rede stehenden vorformulierten Einver-ständniserklärung der Kundin durch das Berufungsgericht ist vom Revisionsge-richt uneingeschränkt nachzuprüfen (vgl. [X.]Z 129, 297, 300; [X.], [X.]. v.13.11.1997 - [X.], [X.], 615, 618), da die [X.] von allen [X.]banken verwendet wird (vgl. [X.]GRUR 2000, 818, 819 - Telefonwerbung VI).c) Für die Entscheidung des Rechtsstreits kommt es nicht darauf an, obder Begriff der Geldangelegenheiten - wie die Revision meint - nach heutigemVerständnis weit ausgelegt werden muß und Geldanlagen in Versicherungen,Bausparverträgen oder sonstigen Finanzdienstleistungsprodukten umfaßt (vgl.auch [X.]/[X.], [X.], [X.]., Stand August 1998, § 1 [X.]. 5a;Beck, [X.], [X.]., Stand Oktober 1999, § 1 [X.]. 49). Denn wie der Senat inder Entscheidung Telefonwerbung VI, auf deren Begründung Bezug genom-men wird, entschieden hat, ist die streitgegenständliche Klausel selbst dann,wenn das Einverständnis der Kundin zur - auch telefonischen - Beratung [X.] weit auszulegen wäre und dementsprechend (auch) [X.] für den Abschluß einer Kapitallebensversicherung bei der [X.] eingewilligt worden wäre, jedenfalls als unangemessene [X.] 8 -gung nach § 9 [X.] unwirksam ([X.] GRUR 2000, 818, 819 - Telefonwer-bung VI; vgl. auch [X.]Z 141, 124 ff.; 141, 137 ff.).Soweit die Revision in der mündlichen Verhandlung geltend gemachthat, die Kundin habe konkludent ihr Einverständnis mit dem streitgegenständli-chen Anruf erklärt, verhilft ihr das nicht zum Erfolg. Denn das Einverständnismuß vor dem Anruf bestanden haben, was hier jedoch gerade nicht der [X.]. Ebensowenig kann sich die Revision mit Erfolg darauf berufen, das [X.] sei jedenfalls nachträglich erteilt worden, indem die Kundin gegenden Besuch des Mitarbeiters der [X.] keine Einwände erho-ben habe. Hierauf kommt es schon deshalb nicht entscheidend an, weil [X.] die Unwirksamkeit des schriftlich erteilten Einverständnisses [X.] 9 -II[X.] Danach war die Revision der [X.]n mit der Kostenfolge aus § 97Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.[X.]. Ungern-Sternberg[X.] [X.]Büscher

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I ZR 154/98

02.11.2000

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 02.11.2000, Az. I ZR 154/98 (REWIS RS 2000, 667)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2000, 667

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