Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 26.10.2016, Az. XII ARZ 40/16

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 3317

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[X.]:[X.]:[X.]:2016:261016BXIIARZ40.16.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII [X.]/16

vom

26. Oktober 2016

in der Familiensache
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
ZPO § 36 Abs. 3; FamFG § 5 Abs. 2
Will in einer Kindschaftssache ein [X.] das Verfahren aus wichtigem Grund an
ein anderes [X.] abgeben und erklärt sich das angerufene [X.] nicht zur Übernahme bereit, ist nicht der [X.] zur Bestimmung des zuständigen Gerichts berufen, sondern nach §
5 Abs.
2 FamFG das [X.], zu dessen Bezirk das zuerst mit der Sache befasste Gericht ge-hört.
[X.], Beschluss vom 26. Oktober 2016 -
XII [X.]/16 -
[X.]

OLG [X.]

-
2
-
Der XII. Zivilsenat des [X.]s hat am 26.
Oktober 2016 durch [X.], [X.], Dr.
Günter und Dr.
Botur und die Richterin Dr.
Krüger
beschlossen:
Die Vorlage an den [X.] ist unzulässig.

Gründe:
I.
Die Vorlage betrifft den Streit zwischen zwei [X.]en über die Möglichkeit der Abgabe eines Beschwerdeverfahrens in [X.].
Die Beteiligten zu
1 und
2 sind die Eltern der betroffenen Kinder [X.], [X.], [X.] und [X.]. In der [X.] von Mitte Juli 2012 bis Ende September 2014 waren die vier Kinder in einem Jugendheim in S.

unterge-
bracht. Seit dem 1.
Oktober 2014 leben [X.] und [X.] in einem [X.] in K.

. [X.] befindet sich außerhalb des [X.] in K.

in
Obhut und [X.] ist zur [X.] unbekannten Aufenthalts.
Mit Beschluss des Amtsgerichts

Familiengericht

[X.] vom 12.
September 2013 ist den Eltern das Sorgerecht für ihre Kinder in Teilberei-chen entzogen worden. Ihren Antrag, diesen Beschluss aufzuheben und ihnen das Sorgerecht für die vier Kinder wieder vollständig zu übertragen, hat das Amtsgericht

Familiengericht

Offenburg mit Beschluss vom 13.
August 2014 zurückgewiesen. Hiergegen haben die Eltern Beschwerde eingelegt, die vor dem [X.] [X.] anhängig war.
1
2
3
-
3
-
Da derzeit beim [X.] Düsseldorf eine Beschwerde der Eltern
gegen eine Entscheidung des Amtsgerichts

Familiengericht

Kleve in einer dieselben Kinder betreffenden Umgangsrechtssache anhängig ist, hat
das [X.] [X.] die Beteiligten zunächst auf die Absicht hingewiesen, das Verfahren gemäß §
4 FamFG an das [X.] Düsseldorf
abzugeben. Nachdem die Übernahme des Verfahrens telefonisch durch den Vorsitzenden des 3.
Senats für Familiensachen des Oberlandesge-richts Düsseldorf
abgelehnt worden ist, hat das [X.] [X.] mit Beschluss vom 30.
Juni 2016 das [X.] Düsseldorf als zuständi-ges Gericht für das Beschwerdeverfahren bestimmt und das Verfahren an das Amtsgericht

Familiengericht

Kleve zur Vorlage und Übernahme des Be-schwerdeverfahrens durch das [X.] Düsseldorf abgegeben.
Das [X.] Düsseldorf hat mit Beschluss vom 1.
August 2016 die Sache in
entsprechender Anwendung des §
36 Abs.
3 ZPO dem Bun-desgerichtshof zur Bestimmung des zuständigen Gerichts vorgelegt.

II.
Die Vorlage ist unzulässig. Eine Zuständigkeit des [X.]s zur Entscheidung ist weder in unmittelbarer noch in entsprechender Anwen-dung des §
36 Abs.
3 ZPO gegeben.
1. Nach §
36 Abs.
3 ZPO entscheidet der [X.], wenn ein [X.] bei der Bestimmung des zuständigen Gerichts in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen [X.]s oder des [X.]s abweichen will. Eine direkte Anwendung dieser Vorschrift kommt im vorliegenden Fall schon deshalb
nicht in Betracht, weil die Abgabe-4
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6
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-
4
-
entscheidung des [X.]s [X.] in einer Kindschaftssache im Sinne von §§
111 Nr.
2, 151 Nr.
1 FamFG ergangen ist und sich daher das Ver-fahren allein nach den Vorschriften des Gesetzes über das Verfahren in Famili-ensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit bestimmt. Dort findet sich in §
5 FamFG eine spezielle Vorschrift, die die Zuständigkeit für die Bestimmung des
zuständigen Gerichts regelt. §
36 Abs.
3 ZPO ist gemäß §
113 Abs.
1 FamFG nur in Ehesachen (§§
111 Nr.
1, 121 FamFG) und Famili-enstreitsachen (§
112 FamFG) anwendbar.
2. Eine Zuständigkeit des [X.]s zur Bestimmung des zu-ständigen [X.]s lässt sich auch nicht mit einer
entsprechenden Anwendung des §
36 Abs.
3 ZPO begründen. Hierfür fehlt es bereits an der für eine Analogie erforderlichen planwidrigen Regelungslücke.
Möchte ein Gericht ein Verfahren nach §
4 FamFG aus wichtigem Grund abgeben und können sich die beteiligten Gerichte nicht einigen, wird das zu-ständige Gericht nach §
5 Abs.
1 Nr.
5 FamFG grundsätzlich durch das nächst-höhere gemeinsame Gericht bestimmt. Ist das nächsthöhere gemeinsame [X.] der [X.], wird das zuständige Gericht durch das Oberlan-desgericht bestimmt, zu dessen Bezirk das zuerst mit der Sache befasste [X.] gehört

5 Abs.
2 FamFG).
§
5 FamFG enthält für Verfahren in Familiensachen

mit Ausnahme von Ehesachen und Familienstreitsachen, für die auf die Zivilprozessordnung [X.] wird (vgl. §
113 Abs.
1 Satz
2 FamFG)

und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit eine abschließende Regelung der gerichtlichen Zuständigkeiten in [X.]. Eine Bestimmungszuständigkeit des [X.]s sieht die Vorschrift nicht vor. Auch eine dem §
36 Abs.
3 ZPO vergleichbare Divergenzvorlage zum [X.] findet sich in
§
5 8
9
10
-
5
-
FamFG nicht (vgl. [X.]/Sternal FamFG 18.
Aufl. §
5 Rn.
42; [X.]/Prütting FamFG 3.
Aufl. §
5 Rn.
36).
§
5 Abs.
2 FamFG knüpft an die frühere Vorschrift des §
5 Abs.
1 Satz
1 Halbsatz
2 [X.] an (BT-Drucks. 16/6308 S.
176). Darin war bereits die Rege-lung enthalten, dass die Zuständigkeit durch das mit der Sache zuerst befasste [X.] bestimmt wird, wenn der [X.] das gemein-schaftliche obere Gericht ist. An dieser Entlastung des [X.]s von Aufgaben bei der Bestimmung des zuständigen Gerichts wollte der [X.] bei der Neuregelung des §
5 FamFG ersichtlich festhalten. Auch der [X.] auf §
46 Abs.
2 [X.] (vgl. BT-Drucks. 16/6308 S.
176) belegt, dass der Gesetzgeber bei der Gestaltung von §
5 FamFG
eine Zuständigkeit des [X.]s für Entscheidungen in [X.] vermeiden wollte. Denn §
46 Abs.
2 [X.] enthielt für den Fall der Abgabe einer Vormundschaft ebenfalls eine Regelung, die die Bestim-mungszuständigkeit auf [X.] der [X.]e verlagerte, wenn der [X.] das gemeinschaftliche obere Gericht ist. Zudem sah der Entwurf des [X.] und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit zunächst eine Zuständigkeit des [X.]s zumindest in den Fällen des §
5 Abs.
1 Nr.
1 FamFG vor (BT-Drucks. 309/07 S.
24). In der endgültigen Gesetzesfassung wurde [X.] auf Empfehlung des Rechtsausschusses von dieser Regelung abgese-hen, um die Vorschrift mit §
36 Abs.
2 ZPO zu harmonisieren (vgl. BT-Drucks. 16/9733 S.
24, 287), der ebenfalls keine reguläre Bestimmungszuständigkeit des [X.]s als höheres gemeinschaftliches Gericht vorsieht (vgl. [X.]/Vollkommer ZPO 31.
Aufl. §
36 Rn.
4
a).
Dies erhellt, dass der Gesetzgeber zur Entlastung des [X.] bewusst die Entscheidung von [X.] auf [X.] der 11
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-
6
-
[X.]e verlagern wollte. Eine planwidrige Regelungslücke als Vo-raussetzung für eine analoge Anwendung des §
36 Abs.
3 ZPO liegt daher nicht vor.
Der [X.] ist somit nicht zur Entscheidung über den [X.] berufen.

Dose

Schilling

Günter

Botur

Krüger
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 01.08.2016 -
II-3 [X.] -

OLG [X.], Entscheidung vom 30.06.2016 -
5 UF 201/14 -
13

Meta

XII ARZ 40/16

26.10.2016

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ARZ

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 26.10.2016, Az. XII ARZ 40/16 (REWIS RS 2016, 3317)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 3317

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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