Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.07.2012, Az. 5 StR 380/11

5. Strafsenat | REWIS RS 2012, 4952

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5 [X.]/11

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS

vom 5. Juli 2012
in der Strafsache
gegen

wegen Betruges u.a.

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Der 5. Strafsenat des [X.] hat am
5. Juli 2012
beschlossen:

1.
Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 10. Mai 2011 nach § 349 Abs.
4 StPO aufgehoben

a)
im Schuldspruch in den Fällen II.3 bis [X.] der Urteils-gründe;

b)
im Gesamtstrafausspruch.

2.
Die weitergehende Revision wird gemäß § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.

3.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer [X.] und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des [X.] zurückverwiesen.

G r ü n d e

Das [X.] hat die Angeklagte wegen Betrugs in vier Fällen, da-von in zwei Fällen in Tateinheit mit Urkundenfälschung, und wegen Untreue unter Einbeziehung einer Geldstrafe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt. Die auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision der Angeklagten hat den aus der [X.] ersichtlichen Erfolg; im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegrün-det im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

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1. Das [X.] hat folgende Feststellungen und Wertungen getrof-fen.

a) [X.]
betrieb ab Anfang 2005 als Alleingesellschafterin

[X.]. Die [X.] war bereits Ende 2005 überschuldet. Im Septem-ber
2006 beantragte die Angeklagte bei einem [X.] einen in der Gewinn-
und Verlustrechnung zum 31. Dezember 2005 und in der vor-läufigen betriebs-wirtschaftlichen Auswertung zum 30. September 2006 be-willigt und auf das Geschäftskonto der GmbH valutiert wurde. Im Okto-ber
2007 stellte die Angeklagte Insolvenzantrag über das Vermögen der GmbH, woraufhin deren Geschäftskonto vom [X.] gekündigt wurde. Der Kredit wurde nicht zurückbezahlt. Es kam der Angeklagten bei Beantragung des Kredits darauf an, die [X.] noch länger betreiben und so von ihrem Geschäftsführergehalt leben zu können (Tat II.1: Betrug).

b) Im September 2007 ließ die Angeklagte durch eine Mitarbeiterin für die GmbH einen Reisdurchzuführen. Nach Überlassen des Busses zahlte die [X.] den

S.

sie war. Die [X.] hatte keine eigene Kontoverbindung; ein unter dem .

f-netes Konto diente als Geschäftskonto. Die GmbH war bereits zum 10. [X.] 2007 zahlungsunfähig.

Für die GmbH bestand zunächst bei einem Versicherungsunterneh-men eine Reiseversicherung gemäß § 651k BGB. Für jede Reise wurde ein eigener Versicherungsschein mit einer individuellen Nummer ausgegeben, 2
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den der Reisekunde erhalten sollte. Um trotz Zahlungsunfähigkeit und Über-schuldung der GmbH Reisen an Interessenten anbieten und die Reisepreise als Anzahlung und Schlusszahlung vereinnahmen zu können, wies die An-geklagte ihre Mitarbeiter an, von Originalsicherungsscheinen, die für die .

und seit
März 2008 un-

sah, auf der Rückseite der Kundenrechnung zu erstellen und das Original einzubehalten. Bei vier [X.] ab November 2008 ([X.] 16, 17, 18 und 21)
ließ die Angeklagte nach Zahlung des [X.] stornieren, zwei weitere [X.] fanden statt ([X.] 19 und 20).

Das [X.] hat die Angeklagte aufgrund der generellen Anwei-sung ihrer Mitarbeiter, wie sie vorzugehen hätten, wegen einer einheitlichen Tat des Betruges und der Urkundenfälschung verurteilt. In den Fällen 19 und
20 der Anklageschrift ist das Verfahren in der Hauptverhandlung auf den Vorwurf der Urkundenfälschung gemäß § 154a StPO beschränkt worden (Tat
II.3).

d) Des Weiteren hat das [X.] eine einheitliche, in Tatmehrheit (§ 53 StGB) zu Ziffer 1
c) stehende Untreue zum Nachteil der GmbH ange-nommen (Fall II.4: § 266 StGB), weil die Angeklagte

nach Stellung eines Eigeninsolvenzantrages für die GmbH am 24. April 2009

veranlasste, dass die Reisekunden die [X.] des Reisepreises nicht auf das auf ihren Namen geführte Geschäftskonto der GmbH, sondern auf ein neu von der Angeklagten eingerichtetes Privatkonto einbezahlten ([X.] 18, 19 und 21).

.

, die am 22.
Dezember 2009 in eine GmbH umgewandelt wurde. Entsprechend ihrer früheren Vorgehensweise bot die Angeklagte Reisen an, um für diese
Ge-sellschaften an Vorauszahlungen der Kunden zu gelangen. Bei allen vier 7
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[X.] ([X.]
41 bis 44) fand die Reise nicht statt; in den [X.]n 41 und 44 war eine Farbkopie eines ungültigen Original-reisesicherungsscheins auf der Rückseite der Kundenrechnung auf Veran-lassung der Angeklagten erstellt worden.

Das [X.] hat aufgrund der generellen Anweisungslage eine einheitliche Tat des Betruges in Tateinheit mit Urkundenfälschung ange-nommen (bei [X.]n
42 und 43 gemäß § 154a StPO beschränkt auf Betrug).

2. Die Verurteilung wegen Urkundenfälschung in den Fällen II.3 und [X.] der Urteilsgründe hält sachlich-rechtlicher Prüfung nicht stand.

a) [X.] hat keine unechte oder verfälschte Urkunde herstel-len lassen oder
von dieser Gebrauch gemacht. Urkunden im Sinne von § 267 Abs.
1 StGB sind verkörperte Erklärungen, die ihrem gedanklichen Inhalt nach geeignet und bestimmt sind, für ein Rechtsverhältnis Beweis zu erbrin-gen, und die ihren Aussteller erkennen lassen ([X.], Urteile vom 19. Febru-ar
1953

3 StR 896/52, [X.]St 4, 60, 61, und vom 11. Mai 1971

1 [X.], [X.]St 24, 140, 141). Soweit die Angeklagte lediglich den

ungültigen

Reisesicherungsschein eines Versicherungsunternehmens als Farbkopie auf die Rückseite der Kundenrechnung hat erstellen lassen, liegt eine Urkundenfälschung nicht vor. Es müsste darüber hinaus eine vom [X.] nicht festgestellte Veränderung des Originalversicherungs-scheins vorgenommen worden sein; erst dann kann eine Reproduktion durch eine Farbkopie den Anschein einer von einem Aussteller herrührenden Ge-dankenäußerung vermitteln, dass die Möglichkeit einer Verwechslung mit dem Original nicht ausgeschlossen werden kann ([X.], Beschluss vom 27.
Januar 2010

5 [X.], [X.], 703; BayObLG NJW 1989, 2553, 2554).

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b) Der Senat hebt daher die Verurteilungen in den Fällen II.3 und [X.] der Urteilsgründe auf; er kann nicht ausschließen, dass Feststellungen noch getroffen werden können, die den Tatbestand der Urkundenfälschung be-gründen könnten. Die Aufhebung erstreckt sich auch auf die tateinheitliche Verurteilung wegen des an sich rechtsfehlerfrei festgestellten Betruges zum Nachteil der Reisekunden. Insgesamt

dies gilt gleichermaßen für die [X.] (unten 2)

können die getroffenen Feststellungen bestehen bleiben, weil lediglich Subsumtionsfehler vorliegen; weitergehende Feststellungen sind möglich, soweit sie den bisherigen nicht widersprechen. Das neue Tatgericht könnte die [X.] nach § 154a StPO ausscheiden; dann besteht ohne weiteres eine tragfähige Grundlage für eine Verurteilung wegen Betruges in zwei Fällen.

3. Auch die
Verurteilung wegen Untreue (II.4 der Urteilsgründe) hat keinen Bestand. Der [X.] ist schon deshalb nicht erfüllt, weil der GmbH kein Vermögensnachteil dadurch zugefügt worden ist, dass die von der Angeklagten zum Nachteil der Kunden ertrogenen [X.] auf den Reisepreis ([X.] 18, 19 und 21) nicht auf das von der [X.] worden sind. Die Gelder hätten der GmbH

soweit die [X.] nicht erbracht wurden

ohnehin nicht als Vermögenswert zugestan-den. Es spielte daher keine Rolle, auf welches Konto der Angeklagten die Zahlungen nach Stellung des [X.] für die GmbH eingingen. Dies gilt ebenso für den Anklagefall 19, auch wenn in diesem Fall die Reise stattgefunden hat und insofern der GmbH der entrichtete Reisepreis zustand. Denn aufgrund der vorausgegangenen Absicht, den Reisepreis betrügerisch zu erlangen, kann eine Untreuehandlung zum Nachteil der GmbH nicht in der Umleitung des Zahlungseingangs auf ein anderes Privatkonto der Angeklag-ten gesehen werden, sondern darin, dass sie es unterlassen hat, der GmbH nach Durchführung der Reise den entrichteten Reisepreis zur Verfügung zu

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stellen. Feststellungen hierzu sind vom [X.] jedoch nicht getroffen worden. Es wird sich für das neue Tatgericht empfehlen, in diesem Anklage-punkt nach §§
154,
154a StPO zu verfahren.

[X.]

Raum Schaal

König [X.]

Meta

5 StR 380/11

05.07.2012

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.07.2012, Az. 5 StR 380/11 (REWIS RS 2012, 4952)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 4952

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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