Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.05.2011, Az. 4 StR 126/11

4. Strafsenat | REWIS RS 2011, 6281

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 126/11

vom
25. Mai
2011
in der Strafsache
gegen

wegen versuchter Strafvereitelung

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Der 4. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und der Beschwerdeführer
am 25. Mai 2011 gemäß § 349 Abs. 1 StPO beschlossen:
1.
Die Revisionen von [X.] und Axel Sch.

gegen das Urteil des [X.] vom 10. November 2010, soweit es die Angeklagte D.

betrifft, werden als unzulässig verworfen.

2.
Die Beschwerdeführer haben die Kosten ihrer Rechtsmit-tel und die der Angeklagten D.

durch diese ent-standenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe:

Das [X.] hat den Angeklagten W.

wegen Mordes zu [X.] und die Angeklagte D.

wegen versuchter Strafvereitelung zu einer zweijährigen Freiheitsstrafe verurteilt. Gegen die Verurteilung der Ange-klagten D.

nur wegen versuchter Strafvereitelung wenden sich die Eltern des Getöteten. Sie machen geltend, dass die Angeklagte wegen Anstiftung zum
Mord hätte verurteilt werden müssen und stützen hierauf sowohl ihren (er-neut erklärten) [X.] als Nebenkläger als auch die von ihnen erhobenen Sachrügen; mit diesen machen sie ferner geltend, dass die Angeklagte
D.

nicht als Mittäterin des Mordes verurteilt wurde. Mit Verfahrensrügen beanstanden sie zudem ihre Nicht-Zulassung als Nebenkläger bezüglich der Angeklagten D.

im tatrichterlichen Verfahren. Die Revisionen sind unzu-lässig.
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1. Die [X.] waren und sind nicht nebenklagebefugt.

a) Nach der Rechtsprechung des [X.] besteht die [X.] zum [X.] als Nebenkläger (hier nach § 395 Abs. 2 Nr. 1 StPO), wenn nach Sachlage die Verurteilung des Angeklagten wegen einer Nebenklagestraf-tat rechtlich möglich erscheint, also nach dem von der Anklage erfassten Sach-verhalt (§ 264 StPO) die Verurteilung wegen eines solchen Delikts materiell-rechtlich in Betracht kommt ([X.], Beschluss vom 20. Mai 2008 -
5 [X.], [X.], 352, 353).

b) Hieran fehlt es, da die der Angeklagten D.

in der Anklageschrift als Strafvereitelung allein zur Last gelegte prozessuale Tat den Vorwurf der Anstiftung an dem Mord nicht umfasst; eine Verurteilung der Angeklagten
D.

wegen ([X.] an dem Mord kam und kommt nicht in Betracht.

aa) Soweit der anwaltliche Vertreter von [X.] und Axel Sch.

in der [X.] das landgerichtliche Urteil angreift, weil "eine Verur-teilung der Angeklagten Nicole D.

wegen gemeinschaftlichen Mordes un-terblieben ist", war und ist ein solcher Schuldspruch sowohl nach den in der Anklageschrift mitgeteilten Erkenntnissen aus dem Ermittlungsverfahren als nach den im Urteil getroffenen Feststellungen aus tatsächlichen Gründen aus-geschlossen. Einen entsprechenden Verdacht belegende [X.] oder in der Hauptverhandlung gewonnener Erkenntnisse wurden vom an-waltlichen Vertreter der Eltern des Getöteten in der [X.] auch nicht mitgeteilt, die sich vielmehr -
soweit hier von Bedeutung -
al-lein mit der Frage befasst, ob die Angeklagte D.

wegen Anstiftung zum Mord verurteilt werden konnte und musste. Der [X.] kann daher offen lassen, ob bei einer tatsächlich möglichen Verurteilung wegen ([X.] an dem 2
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Mord das einer
solchen Wertung zugrunde liegende Geschehen von der der Angeklagten D.

in der Anklageschrift zur Last gelegten Tat im Sinne des § 264 StPO erfasst wäre (vgl. zu einem Fall lediglich einer prozessualen Tat bei Mittäterschaft und versuchter Strafvereitelung: [X.], Urteil vom 20. Dezember 2007 -
4 StR 306/07).

bb) Die -
wenn auch von Anfang nur entfernt mögliche -
Annahme einer Anstiftung des Angeklagten W.

durch die Angeklagte D.

zu dem Mord berechtigt nicht zum [X.] der Eltern als Nebenkläger, da der einer solchen rechtlichen Bewertung zugrunde liegende Sachverhalt von dem von in der Anklage beschriebenen und der Angeklagten D.

zur Last gelegten geschichtlichen Vorgang (§ 264 StPO) nicht umfasst ist.

(1) Das bei der Angeklagten D.

möglicherweise als Anstiftung zu dem Mord zu bewertende Geschehen betrifft einen anderen geschichtlichen Vorgang als den ihr in der Anklageschrift als Strafvereitelung zur Last gelegten.

Während sich die in Betracht kommende Anstiftung auf Äußerungen der Angeklagten bezieht, die beginnend schon längere Zeit vor der Tötung und en-dend -
nach Anklageschrift und Urteilsfeststellungen -
am Abend des Tages vor der Tötung Grundlage des in der Nacht gefassten Tatentschlusses des Ange-klagten W.

waren, bezieht sich die (versuchte) Strafvereitelung auf das Beseitigen der Spuren der Tat und der Leiche. Die Verschiedenheit dieser Verhaltensweisen und die schon durch die unmittelbare Tatausführung vonei-nander abgegrenzten Geschehen schließen es -
worauf schon Schwurgericht und [X.] in ihren Entscheidungen
über die Zulassung der [X.] abgestellt haben -
aus, die Identität der Tat noch als gewahrt anzu-sehen; es handelt sich vielmehr um auch im Sinne des § 264 StPO verschie-6
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dene Taten (vgl. [X.], Urteil vom 21. Dezember 1983 -
2 StR 578/83, [X.]St 32, 215, 220; ähnlich [X.], Urteil vom 20. Oktober 2009 -
1 [X.], [X.], 159, 160).

(2) Die bei der Angeklagten D.

möglicherweise als Anstiftung zu dem Mord zu bewertende prozessuale Tat ist von der Anklageschrift nicht er-fasst; über sie durfte das Schwurgericht daher nicht entscheiden (§ 152 Abs. 1, § 264 Abs. 1 StPO).

Die Anklageschrift schildert zwar die "vielen Klagen und Verzweiflungs-gesten" der Angeklagten D.

, aufgrund derer der Angeklagte W.

den Entschluss zur Tötung von Christian Sch.

fasste. Gleichwohl wurde damit aber (anders als in dem vom [X.] mit Urteil vom 20. Mai 1998 -
2 StR 76/98, [X.], 206 m. Anm. [X.], entschiedenen Fall) dieses Geschehen nicht zur Aburteilung durch das Schwurgericht gestellt. [X.] spricht -
auch im Hinblick auf § 258 Abs. 5 StGB -
nicht nur die rechtliche Bewertung des Handelns der Angeklagten durch die Staatsanwaltschaft allein als Strafvereitelung. Hinzu kommt vielmehr, dass schon der [X.] aus-drücklich darauf verweist, dass die Angeklagte D.

trotz ihrer Äußerungen die Andeutungen des Angeklagten W.

zu seinem Vorhaben, Christian Sch.

zu töten, "nicht ernst nahm", weshalb die Staatsanwaltschaft schon aus tatsächlichen Gründen davon ausgehen musste und ersichtlich auch aus-ging, dass das Verhalten der Angeklagten nicht als Anstiftung zu dem späteren Mord zu bewerten war. Dass die "Schilderungen und das Verhalten der Ange-schuldigten D.

W.

den Entschluss reifen [ließ], Christian Sch.

zu töten", war und ist vor diesem Hintergrund nicht im Sinne eines strafrechtlichen Vorwurfs gegen die Angeklagte
D.

zu verstehen, sondern sollte vielmehr allein auf den Angeklagten W.

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bezogen den [X.] und dessen Tatentschluss erläutern und belegen. Zur Aburteilung der Angeklagten D.

durch das Schwurgericht wurde die-ses Verhalten damit nicht gestellt (vgl. auch [X.], Urteile vom 24. Februar 1959 -
1 StR 29/59, [X.]St 13, 21, 26; vom 15. Mai 1997 -
1 [X.], [X.]St 43, 96, 100 mwN).

2. Da die [X.] somit nicht dazu berechtigt waren und sind, sich dem Verfahren als
Nebenkläger anzuschließen, ist ihr Rechtsmittel nicht statthaft und als unzulässig zu verwerfen (§ 349 Abs. 1 StPO).

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 473 Abs. 1 Sätze 1, 3 StPO (vgl. [X.], Beschluss vom 6. September 2005 -
1 [X.]/05).

Ernemann Cierniak

Ri[X.] Dr. Franke ist

erkrankt und daher ge-

hindert zu unterschreiben.

Ernemann

Mutzbauer Bender

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Meta

4 StR 126/11

25.05.2011

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.05.2011, Az. 4 StR 126/11 (REWIS RS 2011, 6281)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 6281

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