Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.12.2002, Az. III ZR 148/02

III. Zivilsenat | REWIS RS 2002, 350

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[X.] DES VOLKESURTEIL[X.]/02Verkündet am:5. Dezember 2002F r e i t a gJustizamtsinspektorals Urkundsbeamterder Geschäftsstellein dem [X.]:ja[X.]Z:[X.]:ja BGB § 839 Ca, [X.], [X.] den Amtspflichten einer Behörde, die in ständiger [X.] für eine Beförderung festlegt.[X.], Urteil vom 5. Dezember 2002 - [X.]/02 -OLG [X.] LG Kiel- 2 -Der III. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.] durch [X.] [X.] und [X.], [X.], Dr. [X.] und Galkefür Recht erkannt:Die Revision des [X.] gegen das Urteil des 11. Zivilsenats des[X.]-Holsteinischen Oberlandesgerichts in [X.] vom28. März 2002 wird zurückgewiesen.Der Kläger hat die Kosten des Revisionsrechtszuges zu tragen.Von Rechts [X.] Kläger ist Lehrer an den Beruflichen Schulen des [X.] Er wur-de vom beklagten Land zum 1. März 1981 als Studienrat z.A. eingestellt. [X.] vom 1. März 1984 wurde er unter Berufung in das Beamtenverhältnisauf Lebenszeit zum Studienrat ernannt. Die Beförderung zum [X.] auf Antrag des [X.] vom 3. Oktober 1995 mit Wirkung zum [X.] 1996.Das [X.] des beklagten [X.] hatte die Beförderung [X.] durch Erlaß vom 10. Juni 1977 geregelt. Diesen "Empfehlungen"- 3 -zufolge sollten "zwischen zwei Beförderungen" mindestens drei Jahre liegen(Nr. 2.3 des vorgenannten Erlasses). Bei der (ersten) Beförderung vom [X.] zum Oberstudienrat ging die Praxis des Ministeriums ebenfalls dahin,daß eine bestimmte Wartezeit eingehalten sein mußte. Das [X.] die Auswahl für die - nicht ausgeschriebenen und nicht mit einer Funktions-änderung verbundenen - Beförderungsstellen nur solche Studienräte ein, diedas für den [X.] maßgebliche Dienstalter erreicht hatten. [X.] an das Dienstalter verschärften sich im Laufe der Jahre. 1995wurde - bis zum Inkrafttreten des neuen [X.] zum10. November 1995 - schließlich eine Wartezeit von zwölf Dienstjahren [X.].Der Kläger fiel, weil er die geforderte Wartezeit nicht erfüllte, bis 1995nicht in den Kreis der Studienräte, die für eine Beförderung in Betracht kamen.Er macht geltend, die von dem beklagten Land geübte Beförderungspraxis seiamtspflichtwidrig gewesen; sie habe gegen den [X.] verstoßen.Im Wege des Schadensersatzes begehrt er, so gestellt zu werden, als wäre erbereits zum 1. Mai 1992 zum Oberstudienrat befördert worden. Er hat [X.], das beklagte Land zu verurteilen, an ihn [X.] DM nebst Zinsen zuzahlen, sowie festzustellen, daß das beklagte Land verpflichtet ist, ihm jegli-chen weiteren Schaden zu ersetzen, der aus der nicht zum 1. Mai 1992 erfolg-ten Beförderung von einer Planstelle der Besoldungsgruppe [X.] auf einePlanstelle der Besoldungsgruppe [X.] entstanden ist und entstehen wird.Landgericht und Berufungsgericht haben die Klage abgewiesen. Mit der Revi-sion verfolgt der Kläger die vorgenannten Anträge [X.] 4 -EntscheidungsgründeDie Revision ist unbegründet.[X.] Berufungsgericht hat einen Amtshaftungsanspruch (§ 839 BGBi.[X.]. Art. 34 [X.]) verneint und hierzu ausgeführt:Zwar sei ein Beförderungsverfahren, wie es das beklagte Land von 1990bis 1995 praktiziert habe, rechtlich bedenklich. Eine Wartezeit von zwölf Jah-ren laufe dem verfassungsrechtlichen Gebot zuwider, dem [X.]bei [X.] den Vorrang zu geben. [X.] für eine derart lange Wartezeit seien nicht ersichtlich. Ob eine solcheWartezeit dennoch ausnahmsweise vertretbar sei, wenn wenigen Beförde-rungsstellen eine Vielzahl von [X.] der obersten Noten-stufe gegenüberstehe (vgl. [X.]-Holsteinisches Oberverwaltungsgericht,Beschluß vom 19. April 1996 - 3 M 14/96 S. 3), könne offenbleiben. Die Be-diensteten des beklagten [X.] hätten jedenfalls keine Amtspflicht verletzt,die ihnen gegenüber dem Kläger als "Dritten" im Sinne des § 839 Abs. 1 Satz 1BGB obgelegen hätten. Die Festlegung der Wartezeiten sei ein Verwaltungs-internum gewesen und - wie eine ministerielle Verordnung oder ein allgemeinerErlaß - ausschließlich im öffentlichen Interesse geschehen. Es habe weder ei-nen sicher abgrenzbaren Kreis von Personen gegeben, die von dieser Rege-lung unrechtmäßig benachteiligt worden sein könnten, noch überhaupt Anträ-ge, über die ablehnend entschieden worden sei.- 5 -II.Die Gründe des Berufungsurteils halten der rechtlichen Prüfung jeden-falls im Ergebnis stand.1. Dem Berufungsgericht ist darin zuzustimmen, daß die vom [X.] für die Beförderungen der Jahre 1992 bis 1994 praktizierte zehnjährige,für 1995 zwölfjährige Mindestwartezeit mit dem [X.] (Art. 33Abs. 2, 5 [X.]; §§ 10 Abs. 1; 20 Abs. 1 LBG [X.]-Holstein i.d.F. der Be-kanntmachung vom 2. Juni 1991, GVOBl. Schl.-H. [X.]) kaum zu vereinba-ren war.Grundsätzlich verstoßen Mindestwartezeiten, die durch Verwaltungsvor-schriften oder durch eine rein tatsächliche Übung eingeführt werden können(vgl. [X.], Beschluß vom 7. April 1990 - 2 [X.]/00 - juris; [X.]/[X.],Beamtenrecht des Bundes und der Länder 5. Aufl. § 25LBG NW Rn. 2b), nicht gegen die allgemeinen Auswahlgrundsätze. Sie dienenvielmehr der Verwirklichung des Leistungsprinzips: Die Übertragung eines [X.] Amtes setzt voraus, daß der Beamte den Anforderungen dieses [X.] entspricht. Um hierfür eine hinreichend sichere Beurteilungsgrundlage zuhaben, ist eine gewisse Mindestbewährungszeit in dem niedrigeren Amt unab-dingbar (vgl. OVG Rheinland-Pfalz [X.] 1981, 378; NVwZ-RR 1998, 246;DVBl. 1999, 1446; [X.] in [X.] Öffentliches Dienstrecht Rn. 20 f vor § 15 [X.]; [X.]/[X.] aaO;[X.]/[X.]/[X.], [X.] § 23 Rn. 2). Die [X.] ist daneben ein Instrument zur Gewährleistung der [X.] 6 -heit im beruflichen Wettbewerb: Der in höher bewertete Ämter führende Perso-nalfluß muß stets in einem Maße erhalten bleiben, daß auch in der Breite [X.] eine möglichst günstige, durch reale Beförderungsaussichtenunterstützte Leistungsmotivation vorhanden ist. Es dient deshalb nicht nur [X.] aller Beamten, sondern auch dem öffentlichen Interesse an [X.] effektiven Verwaltungsarbeit, wenn der Dienstherr das [X.] sogenannten [X.] nach Möglichkeit vermeidet. [X.] sich die am [X.] orientierte zeitliche Bemessung der [X.] durch die Festlegung entsprechender Wartezeiten (vgl.OVG Rheinland-Pfalz [X.] 1981, 378 und DVBl. 1999, 1446; [X.]/[X.]/[X.], [X.] § 12 [X.] Rn. 8; [X.]/[X.]/[X.] aaO). Dementsprechend wer-den die in den [X.] und der Länder vorge-schriebenen Mindestwartezeiten aus beamten- wie [X.] nicht für bedenklich erachtet (vgl. [X.]/[X.] aaO und Rn. 2c).Eine solche maßvolle Mindestbewährungszeit lag im Streitfall wohl nichtmehr vor. Die vom beklagten Land ab dem [X.] 1992 festgelegteWartezeit von zehn Jahren, von sogar zwölf Jahren im [X.] 1995,dürfte den [X.] zum Nachteil junger, leistungsstarker Beamterunverhältnismäßig eingeschränkt haben (vgl. [X.], 246, 247). Sie wurden durch das strikte, formale Wartezeiterfordernis- bereits für die erste Beförderung - für mindestens ein volles Jahrzehnt vondem Beförderungsgeschehen [X.] Amtshaftung setzt - außer der Verletzung einer Amtspflicht, die hiernaheliegt - voraus, daß es sich um eine drittgerichtete Amtspflicht handelt- 7 -(§ 839 Abs. 1 Satz 1 BGB). Das hat das Berufungsgericht unter Berufung [X.] [X.]surteil [X.]Z 21, 256 verneint. Dort hat der [X.] ausgesprochen,kein Beamter könne Schadensersatzansprüche allein aus der Tatsache [X.], daß er trotz Erfüllung aller Voraussetzungen für eine Beförderung nichtbefördert worden sei. Denn mangels eines Rechtes auf Beförderung liege inder Nichtbeförderung keine Einwirkung in rechtlich geschützte Güter des [X.]. Die mit der Bearbeitung der [X.] befaßtenBeamten erfüllten deshalb auch bei der Auswahl der Bewerber keine diesengegenüber obliegende Amtspflicht, sondern nur ihre allgemeinen Dienstpflich-ten ([X.]surteil aaO 257 [X.] nötigt nicht zu entscheiden, ob an diesen Grundsätzen un-eingeschränkt festzuhalten ist und ob eine vergleichbare Fallgestaltung vor-liegt. Das Berufungsurteil stellt sich jedenfalls aus anderen Gründen als richtigdar (§§ 561 ZPO n.F., 26 Nr. 7 Satz 1 EGZPO).3.Eine Ersatzpflicht des beklagten [X.] tritt nicht ein, weil der ([X.]) verletzte Kläger es schuldhaft unterlassen hat, den [X.] den Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden (§ 839 Abs. 3 BGB).Rechtsmittel im Sinne des § 839 Abs. 3 BGB sind nicht nur die in [X.] vorgesehenen und dem prozeßtechnischen Begriff einesRechtsmittels unterfallenden Behelfe, sondern alle rechtlich möglichen und ge-eigneten, förmlichen oder formlosen Rechtsbehelfe, die sich unmittelbar gegendie schädigende Vornahme oder Unterlassung der Amtshandlung selbst richtenund nach gesetzlicher Ordnung ihre Beseitigung oder Berichtigung bezweckenund ermöglichen. Besteht die Pflichtverletzung in der rechtswidrigen Ablehnung- 8 -oder Unterlassung einer Maßnahme, so muß das Rechtsmittel geeignet sein,die Vornahme der betreffenden Amtshandlung zu erwirken (st. Rspr. des Se-nats, z.B. [X.]Z 123, 1, 7 f; [X.], BGB <2002> § 839 Rn. 347m.w.N.). Ein solches Rechtsmittel hat der Kläger versäumt zu ergreifen.Nach den unangefochtenen Feststellungen des Berufungsgerichts [X.] sich der Kläger zwar seit Ende der achtziger Jahre, zuletzt im [X.] 1992, mündlich bei seinem Schulleiter nach der Möglichkeit einer Beförde-rung. Der Schulleiter teilte ihm mit, die Auswahl der zur Beförderung anstehen-den Lehrkräfte erfolge ausschließlich durch das zuständige [X.].Der Kläger gab sich mit dieser Auskunft zufrieden. Erst am 3. Oktober 1995beantragte er formell seine Beförderung, wurde daraufhin im Dezember 1995beurteilt und mit Wirkung zum 1. August 1996 zum Oberstudienrat ernannt. [X.] sich deshalb entgegenhalten lassen, den Antrag auf Beförderung nichtschon 1992 gestellt und gegebenenfalls mit Widerspruch, [X.] dem Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung verfolgt zu haben. Aufdiese Weise hätte er sich gegen die mit der Festsetzung der Wartezeit verbun-dene faktische Beförderungssperre wenden und seinen Anspruch auf seinerEignung entsprechenden Zugang zu öffentlichen Ämtern (Art. 3 i.[X.]. Art. 33Abs. 2 [X.], vgl. [X.]surteil vom 21. Oktober 1993 - [X.] - NVwZ 1994,825, 826) durchsetzen können.Dem Kläger wird damit entgegen der Auffassung der Revision nicht zu-gemutet, im Falle einer Ablehnung seines [X.] gleichsam "[X.]" Klage zu erheben. Wenn er sich um ein Beförderungsamt beworbenhätte, hätte ihn das beklagte Land vom Ausgang des Auswahlverfahrens unter-richten müssen und ihn damit in die Lage versetzt abzuschätzen, ob ein- 9 -Rechtsbehelf Erfolg versprach oder nicht (vgl. [X.] [X.]Z 129, 226, 230).Dem Beamten steht ein Wahlrecht zwischen alsbaldigem [X.] eine rechtswidrige Benachteiligung und einem späteren Schadenser-satzbegehren nicht zu ([X.] [X.]Z 98, 85; 113, 17, 22; [X.]E 107, 29, 32,34; [X.] NVwZ 1999, 542 f; [X.], 865, 866; [X.] aaORn. 344). Der Kläger muß dementsprechend gemäß § 839 Abs. 3 BGB gegensich gelten lassen, daß er das für rechtswidrig gehaltene Unterbleiben der Be-förderung bis Oktober 1995, als er den zum Erfolg führenden [X.] gestellt hat, hingenommen hat.[X.]Streck[X.][X.]Galke

Meta

III ZR 148/02

05.12.2002

Bundesgerichtshof III. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.12.2002, Az. III ZR 148/02 (REWIS RS 2002, 350)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2002, 350

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