Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.04.2005, Az. II ZR 61/03

II. Zivilsenat | REWIS RS 2005, 4005

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.]/03 Verkündet am: 18. April 2005 [X.] Justizangestellte als Urkundsbeamtin der [X.]eschäftsstelle in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja [X.]: nein

B[X.]B § 823 Abs. 2 Be i.V.m. St[X.]B § 266a; [X.]mbH[X.] § 64 Abs. 2
a) § 266a St[X.]B ist ein Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 B[X.]B.
b) Für die Unmöglichkeit normgemäßen Verhaltens ist im Rahmen des § 823 Abs. 2 B[X.]B i.V.m. § 266a St[X.]B der Anspruchsteller darlegungs- und be-weispflichtig (Bestätigung von [X.] 133, 370, 379). An die Erfüllung der grundsätzlich bestehenden sekundären Darlegungslast des [X.]eschäftsführers einer [X.]mbH dürfen keine diese Verteilung der [X.] umkehrenden [X.] gestellt werden. Eine besondere Dokumentationspflicht zur Ab-wehr einer möglichen Haftung nach diesen Vorschriften besteht nicht. Auch die Verletzung der Insolvenzantragspflicht erhöht die sekundäre Darlegungs-last des [X.]eschäftsführers nicht.
c) Hätte der Insolvenzverwalter die Zahlungen an die Sozialkasse nach der [X.] anfechten können, entfällt mangels Kausalität der Schaden ([X.], [X.]. v. 14. November 2000 - [X.], [X.], 80). § 266a St[X.]B begründet in der [X.] keinen [X.] der [X.] der Sozialkasse (Bestätigung von [X.] 149, 100, 106 f.; [X.]. v. 10. Juli 2003 - [X.], [X.], 1666). Der [X.]eschäftsführer, der in dieser Lage die Arbeitnehmeranteile noch abführt, statt das [X.]ebot der Massesiche-rung (§ 64 Abs. 2 [X.]mbH[X.]) zu beachten, handelt nicht mit der Sorgfalt eines ordentlichen [X.]eschäftsmanns im Sinne von § 64 Abs. 2 Satz 2 [X.]mbH[X.] (Be-stätigung von [X.] 146, 264, 274 f.).
[X.], [X.]eil vom 18. April 2005 - [X.]/03 - OL[X.] Dresden

L[X.] Chemnitz

- 2 - [X.] [X.] hat auf die mündliche [X.] vom 18. April 2005 durch [X.] Dr. [X.]oette, [X.], [X.], Prof. Dr. [X.]ehrlein und [X.] für Recht erkannt: Auf die Revision des Beklagten wird das [X.]eil des 7. Zivilsenats des [X.] vom 16. Januar 2003 aufgeho-ben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsge-richt zurückverwiesen. Von Rechts wegen Tatbestand: Der Beklagte war im Jahr 2000 [X.]eschäftsführer der [X.], auf deren am 18. August 2000 gestellten Antrag am 22. März 2001 das [X.] eröffnet worden ist. Für die Monate Mai, Juni und Juli 2000 blieb die spätere [X.]emeinschuldnerin die Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung in Höhe von insgesamt 13.794,91 • schuldig. Die klagende [X.] als die zuständige Einzugsstelle von dem Beklagten, gestützt auf § 823 Abs. 2 i.V.m. § 266a St[X.]B, Ersatz dieses Betrages. - 3 - Der Beklagte hat sich darauf berufen, ihm sei die Abführung der Arbeit-nehmeranteile zu den Fälligkeitszeitpunkten nicht möglich gewesen. Die [X.] habe weder über eigene noch über [X.] verfügt, infolge einer gegen ihre - inzwischen ebenfalls insolvente - Alleingesellschafterin am 23. Mai 2000 von deren Hausbank verhängten [X.] sei auch die [X.]emein-schuldnerin ab diesem Zeitpunkt von allen weiteren [X.]eldquellen abgeschnitten gewesen. Deswegen habe den Arbeitnehmern, die statt dessen [X.] erhalten hätten, für die Monate Mai - Juli 2000 kein Arbeitslohn gezahlt werden können. Er hat außerdem gemeint, im Hinblick auf seine von der [X.] nicht beantwortete Korrespondenz habe er annehmen dürfen, daß die offe-nen Beträge gestundet worden seien. Schließlich hat er sich darauf berufen, daß der Klägerin kein Schaden entstanden sei, weil sie etwa abgeführte [X.] nach den insolvenzrechtlichen Anfechtungsvorschriften (§§ 129 ff., 143 [X.]) hätte zurückgewähren müssen. [X.]egen den Beklagten hat das [X.] einen rechtskräfti-gen Strafbefehl wegen Insolvenzverschleppung erlassen und diesen [X.] begründet: "Die [X.] war, was Sie auch wußten, spätestens ab dem 15. Juli 2000 außer Stande, ihre fälligen Zahlungsverpflichtungen zu erfüllen. Ab die-sem Zeitpunkt konnten die Sozialversicherungsbeiträge nicht mehr an die ... abgeführt werden. Außerdem existierten seit diesem Zeitpunkt [X.], und der Kontokorrentkreditrahmen bei der [X.] war überzogen". Die Klage hatte in den Vorinstanzen Erfolg. Mit der von dem Berufungs-gericht (Z[X.] 2003, 376 = [X.], 360) zugelassenen Revision erstrebt der Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage. - 4 - Entscheidungsgründe: Die Revision ist begründet und führt unter Aufhebung des angefochtenen [X.]eils zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. [X.] Nach Auffassung des Berufungsgerichts ist der Beklagte der ihn [X.] sekundären Darlegungslast, daß ihm die Abführung der Arbeitnehmer-anteile zur Sozialversicherung zu den Fälligkeitszeitpunkten nicht möglich war, durch seinen Vortrag nicht nachgekommen, die spätere [X.]emeinschuldnerin habe weder eigene Mittel gehabt, noch habe sie Kreditmittel oder [X.]elder ihrer Alleingesellschafterin in Anspruch nehmen und nicht einmal die Löhne der [X.] auszahlen können. Der Schaden der Klägerin könne auch nicht mit der Erwägung verneint werden, daß eine etwaige Zahlung an die Klägerin von dem Insolvenzverwalter mit Erfolg hätte angefochten werden können, denn Zahlungen an die Sozialkassen seien gegenüber den Ansprüchen anderer [X.]läubiger der [X.]emeinschuldnerin privilegiert. Davon abgesehen komme es auf die Anfechtbarkeit nicht an, weil der Beklagte damit den Einwand rechtmäßigen Alternativverhaltens erhebe, dieser ihm aber im Hinblick auf den Schutzzweck des § 266a St[X.]B verwehrt sei. Schließlich könne sich der Beklagte nicht darauf berufen, sein Vorgehen habe mit dem Verbot des § 64 Abs. 2 [X.]mbH[X.], nach Eintritt der Insolvenzreife keine Zahlungen mehr aus dem [X.]esellschaftsvermö-gen zu erbringen, in Einklang gestanden. Wenn der [X.]eschäftsführer die [X.] erfülle, handele er vielmehr mit der Sorgfalt eines ordentlichen [X.]e-schäftsmannes i.S. von § 64 Abs. 2 Satz 2 [X.]mbH[X.] und könne daher wegen der Abführung der Sozialversicherungsbeiträge nicht gegenüber dem [X.] haftbar sein. I[X.] Dies hält in mehrfacher Hinsicht der revisionsrechtlichen Kontrolle nicht stand. Das Berufungsgericht mißt dem Umstand, daß der [X.]esetzgeber die - 5 - Nichtabführung der Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung in § 266a St[X.]B unter Strafe gestellt hat, eine verfehlte Bedeutung zu und stellt demgemäß nicht nur überspannte Anforderungen an die sekundäre Behauptungslast des in [X.] genommenen [X.]eschäftsführers, sondern gelangt zu einer insgesamt unzutreffenden Einordnung der Haftung des [X.]eschäftsführers nach § 823 Abs. 2 B[X.]B i.V.m. § 266a St[X.]B in das [X.]esamtgefüge der Rechtsordnung. 1. Im Ausgangspunkt noch zutreffend ist allerdings die Annahme des Be-rufungsgerichts, daß es sich bei § 266a St[X.]B um ein Schutzgesetz i.S. des § 823 Abs. 2 B[X.]B handelt. Dies entspricht nicht nur der gefestigten Rechtspre-chung des [X.] (s. nur [X.] 134, 304 ff.; 136, 332 f.; 144, 311 ff.; [X.]. v. 20. März 2003 - [X.], [X.], 1876, 1878), sondern auch der ganz h.M. im Schrifttum ([X.]/[X.], B[X.]B [1999] § 823 Rdn. [X.] 42 m. zahlr. Nachw.; [X.]/[X.], B[X.]B 12. Aufl. § 823 Rdn. 298 f.; MünchKommB[X.]B/Wagner 4. Aufl. § 823 Rdn. 359 und 390 ff. m.w.Nachw.; [X.] in [X.]/[X.], [X.]mbH[X.] 17. Aufl. § 43 Rdn. 69; [X.]/[X.], [X.]mbH[X.] 4. Aufl. § 43 Rdn. 48; [X.]/[X.], [X.]mbH[X.] 9. Aufl. § 43 Rdn. 275; [X.] in [X.]/Schmidt-Leithoff, [X.]mbH[X.] 4. Aufl. § 43 Rdn. 82; [X.]/[X.]/[X.], [X.]mbH[X.] 16. Aufl. § 43 Rdn. 6; [X.], Z[X.]R 1998, 570, 582 f.; i.E. auch [X.], Z[X.]R 1998, 367 ff., 376 f., 381; a.[X.], [X.], 1957 f. unter Hinweis auf [X.], DStR 1998, 1055, 1056-1058; Dreher, [X.] 1991, 2585; [X.]/[X.], [X.]mbH[X.] 8. Aufl. § 43 Rdn. 120). Von ihr abzugehen, besteht um so weniger Anlaß, als der [X.]esetz-geber schon in der 11. Wahlperiode (BT-Drucks. 11/3445, [X.]) und erneut bei den Beratungen (BT-Drucks. 14/8221, S. 18) des [X.]esetzes zur Erleichterung der Bekämpfung von illegaler Beschäftigung und Schwarzarbeit (B[X.]Bl 2002 I 2787) hat deutlich werden lassen, daß er die ihm bekannte Rechtsprechung zur - 6 - zivilrechtlichen Haftung der [X.]eschäftsleiter für die Nichtabführung von [X.] in seinen Willen aufgenommen hat. 2. Im Einklang mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung befindet sich das Berufungsgericht ferner noch, soweit es davon ausgeht, daß der [X.]e-schäftsführer nach § 823 Abs. 2 i.V.m. § 266a St[X.]B nicht haftet, soweit ihm die Abführung der Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung zum Fälligkeitszeit-punkt mangels verfügbarer Mittel nicht möglich war, und den [X.] auch hinsichtlich der Möglichkeit normgemäßen Verhaltens für [X.] und beweispflichtig erachtet ([X.] 133, 370, 379 f.; [X.]. v. 11. [X.] 2001 - VI ZR 123/00, [X.], 261, 263 und [X.]/00, [X.], 524; s. auch [X.], [X.]. v. 30. Juli 2003 - 5 [X.], [X.], 2213). Mit Recht rügt die Revision jedoch, daß das Berufungsgericht diese von ihm richtig wiedergegebenen [X.]rundsätze rechtsfehlerhaft angewandt hat. [X.] ist schon, daß das Berufungsgericht hinsichtlich der drei Fälligkeitstermine (15. Juni, 15. Juli und 15. August 2000) nicht unterschieden hat, obwohl sich ihm aufdrängen mußte, daß jedenfalls beim dritten Termin, drei Tage vor An-bringung des nach dem Ergebnis des Strafverfahrens ohnehin zu spät gestell-ten Insolvenzantrags, etwa vorher vorhandene Mittel längst aufgebraucht ge-wesen sein müssen. Obendrein stellt es die darlegungs- und beweispflichtige Sozialkasse - in Widerspruch zu seinem eigenen Ausgangspunkt - von jeder Darlegungspflicht frei, wenn es für hinreichend hält, daß diese sich auf den "ins Blaue" gehaltenen Vortrag beschränkt, die [X.]emeinschuldnerin sei zahlungsfä-hig gewesen und habe an andere [X.]läubiger Zahlungen erbracht. [X.]leichzeitig überspannt das Berufungsgericht die Anforderungen an den Vortrag des nur sekundär darlegungspflichtigen [X.]eschäftsführers, wenn es seine Darlegung, daß die [X.]emeinschuldnerin über keinerlei finanzielle Mittel mehr verfügte, den - 7 - Kreditrahmen bei der Hausbank längst überzogen hatte, von der [X.] wegen deren plötzlich eingetretenen eigenen finanziellen Schieflage nicht nur keine [X.]eldmittel erhalten konnte, sondern sogar einem Rückzah-lungsverlangen von Darlehensmitteln ausgesetzt war und aus allen diesen [X.]ründen nicht einmal imstande war, auch nur einen Teil der Arbeitslöhne ab Mai 2000 auszuzahlen, für nicht hinreichend substantiiert angesehen hat. Nicht einmal den unstreitigen Umstand, daß der Beklagte wegen Insolvenzverschlep-pung rechtskräftig bestraft worden ist und daß der Tatvorwurf darin besteht, der [X.]eschäftsführer habe trotz Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit ab spätestens 15. Juni 2000, als nämlich die Sozialversicherungsbeiträge für Mai 2000 fällig wurden, den gebotenen Insolvenzantrag nicht gestellt, hat das Berufungsgericht in diesem Zusammenhang gewürdigt. Dazu bestand um so eher Anlaß, als der Text des Strafbefehls nahelegt, daß das Strafverfahren auf Initiative der [X.] eingeleitet worden ist, ihren Mitarbeitern, die in dem Strafbefehl als Zeugen aufgeführt worden sind, also die Unmöglichkeit der [X.]esellschaft bekannt war, der Zahlungspflicht nachkommen zu können. Zu einem weitergehenden Vortrag war der Beklagte im Rahmen der ihn treffenden sekundären Darlegungslast nicht verpflichtet. Das gilt auch im [X.] auf den von dem Berufungsgericht herausgestellten Umstand, daß der Beklagte nur zögerlich mit dem Insolvenzverwalter zusammengearbeitet hat; denn die dem [X.]eschäftsführer im Insolvenzverfahren nach den §§ 97, 22 Abs. 3 [X.] auferlegten Pflichten dienen allein der effektiven Durchführung des Insolvenzverfahrens, nicht aber der Erleichterung der [X.] durch [X.]läubiger des Leitungsorgans; nicht einmal für Straf- oder Ordnungswid-rigkeitsverfahren dürfen die von dem organschaftlichen Vertreter erteilten [X.] gegen seinen Willen verwertet werden (§ 97 Abs. 1 Satz 3 [X.]). - 8 - 3. Das Berufungsurteil unterliegt danach der Aufhebung. Eine eigene Entscheidung ist dem Senat verwehrt, weil der Klägerin, die sich in ihrem bishe-rigen prozessualen Vorgehen offensichtlich von der unzutreffenden Ansicht der beiden Tatsachengerichte hat leiten lassen, im Interesse eines fairen Verfah-rens die Möglichkeit eröffnet werden muß, ihrer Darlegungspflicht zu genügen. II[X.] Für das weitere Verfahren weist der Senat vorsorglich auf folgen- des hin. 1. Aus einer möglichen Haftung nach § 823 Abs. 2 B[X.]B i.V.m. § 266a St[X.]B ergeben sich keine besonderen Dokumentationspflichten, wie das [X.] für möglich erachtet. Deren angebliche Verletzung kann deswegen auch nicht zu einer faktischen Umkehr der Darlegungs- und Beweislast führen. 2. Ebensowenig rechtfertigt die Verletzung der Insolvenzantragspflicht gesteigerte Anforderungen an die sekundäre Darlegungslast des [X.]eschäftsfüh-rers; im [X.]egenteil wird - wie auch der hier zu beurteilende Fall zeigt - eine ver-spätete Anbringung des Insolvenzantrags Anhaltspunkte dafür bieten, daß der [X.]eschäftsführer zum Fälligkeitszeitpunkt seiner Zahlungspflicht nicht nach-kommen konnte. 3. Sollte das Berufungsgericht auf [X.]rund des wieder eröffneten [X.] erneut zu dem Ergebnis gelangen, daß der Beklagte minde-stens an einem der drei Fälligkeitszeitpunkte imstande gewesen wäre, die ge-schuldeten Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung ganz oder teilweise an die Klägerin abzuführen, wird es sich mit dem Einwand des Beklagten [X.] haben, daß die Pflichtverletzung nicht zu einem Schaden bei der Sozialkasse geführt hat, weil der Insolvenzverwalter die Zahlung mit Erfolg [X.] anfechten können. - 9 - Der entsprechende Vortrag des Beklagten, dessen Richtigkeit mangels tatrichterlicher Feststellungen für das Revisionsverfahren zu unterstellen ist, ist hinreichend substantiiert und schlüssig. Das Berufungsgericht geht fehl, wenn es entgegen der gefestig- ten Rechtsprechung des [X.] ([X.] 149, 100, 106 f.; [X.]. v. 30. April 1998 - [X.], [X.] 1998, 141; [X.]. v. 10. Juli 2003 - [X.], [X.], 1666, 1667 f.; [X.]. v. 14. November 2000 - [X.], [X.], 80), in der alle Argumente wiederholt gewürdigt [X.] sind, meint, die Ansprüche der Einzugsstelle seien gegenüber denjenigen anderer [X.]läubiger privilegiert. Aus der Strafbewehrung der Beitragsabfüh-rungspflicht läßt sich der von dem Berufungsgericht postulierte [X.] nicht herleiten. Sie unterstreicht ausschließlich die große Bedeutung, die der [X.]esetz-geber der Erfüllung dieser Pflicht durch den Arbeitgeber bzw. - bei [X.] - durch deren organschaftlichen Vertreter beimißt; sie besagt [X.] nichts darüber, ob gezahlte Beträge bei der Sozialkasse bleiben oder auf Insolvenzanfechtung hin zurückgewährt werden müssen. Das Rangverhältnis bestimmt sich vielmehr ausschließlich nach den Vorschriften der Insolvenzord-nung, die bewußt und nach eingehenden Beratungen den früheren [X.] der Sozialkassen im Interesse einer effektiven, dem Ziel der gleichmäßigen Befrie-digung aller [X.]läubiger verpflichteten Durchführung des Insolvenzverfahrens abgeschafft hat. Das von dem Berufungsgericht für richtig erachtete Vorgehen hätte zur Folge, daß diese Entscheidung des [X.]esetzgebers der Insolvenzordnung auf dem Umweg über ein extensives Verständnis des § 266a St[X.]B ausgehebelt würde. Die in diesem Zusammenhang von dem Berufungsgericht angestellten Hilfserwägungen, nach denen sich der [X.]eschäftsführer auf die später mögliche - 10 - Insolvenzanfechtung als ein rechtmäßiges Alternativverhalten nicht soll berufen dürfen, stehen - wie es selbst richtig erkannt hat - in Widerspruch zur Recht-sprechung des [X.] ([X.]. v. 14. November 2000 - [X.], [X.], 80); dieser verneint den Schaden deswegen, weil der [X.] - hätte der [X.]eschäftsführer die Arbeitnehmeranteile bei Fälligkeit abgeführt - im Sinne einer Reserveursache ebenfalls eingetreten, die Kausalität der Unterlas-sung also zu verneinen wäre. Ein Fall rechtmäßigen Alternativverhaltens läge demgegenüber nur dann vor, wenn der Beklagte geltend machen würde, der verursachte Schaden wäre in gleicher Weise entstanden, wenn er eine von der verletzten Pflicht verschiedene andere selbständige Pflicht erfüllt hätte ([X.], [X.]. v. 17. Oktober 2002 - [X.], [X.], 2325 f.). 4. Von der verfehlten Vorstellung, der Anspruch auf Abführung der [X.]anteile zur Sozialversicherung sei privilegiert, ist schließlich die - als obiter dictum einzuordnende - Auffassung des Berufungsgerichts geprägt, ein [X.]eschäftsführer, der in der in § 64 Abs. 2 [X.]mbH[X.] beschriebenen Situation An-sprüche von Einzugsstellen befriedige, handele mit der Sorgfalt eines [X.] [X.]eschäftsmanns i.S. von § 64 Abs. 2 Satz 2 [X.]mbH[X.]. Dem ist der Senat ([X.] 146, 264, 274 f.) bereits früher entgegengetreten und hat ausgespro-chen, daß die entsprechende Prüfung nicht in erster Linie an den allgemeinen Verhaltenspflichten, sondern an dem besonderen Zweck des § 64 Abs. 2 [X.]mbH[X.] auszurichten ist, im Vorgriff auf das spätere Insolvenzverfahren, auch wenn der gebotene Insolvenzantrag nicht unverzüglich oder gar erst nach [X.] der höchstzulässigen Dreiwochenfrist gestellt wird, die verteilungsfähige Vermögensmasse einer insolvenzreifen [X.]mbH im Interesse der [X.]esamtheit ihrer [X.]läubiger zu erhalten und eine zu ihrem Nachteil gehende, bevorzugte Befriedigung einzelner [X.]läubiger zu verhindern. Nach dieser Entscheidung [X.] in dem - nach dem als richtig zu unterstellenden Vortrag des Beklagten - 11 - hier allerdings nicht gegebenen - Fall, daß der [X.]eschäftsführer bei [X.] der [X.]esellschaft noch über Mittel verfügt und entweder nach § 64 Abs. 2 [X.]mbH[X.] oder nach § 823 Abs. 2 B[X.]B i.V.m. § 266a St[X.]B ersatzpflichtig zu werden droht, eine Pflichtenkollision, die zu einer Verneinung des deliktischen Verschuldens führen muß. Das steht nicht in Widerspruch zur Judikatur des 5. Strafsenats ([X.], [X.]. v. 30. Juli 2003 - 5 [X.], [X.], 2213), weil diese Entscheidung eine Fallgestaltung aus dem [X.] betrifft, als noch die Konkursordnung galt, die den Arbeitnehmerbeiträgen zur Sozialver-sicherung [X.] einräumte (§ 61 Abs. 1 Nr. 1 lit. a KO); sie berücksichtigt jedoch nicht den inzwischen mit dem Inkrafttreten der Insolvenzordnung einge-tretenen Paradigmenwechsel. [X.]oette Kurzwelly [X.]
[X.]ehrlein Strohn

Meta

II ZR 61/03

18.04.2005

Bundesgerichtshof II. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.04.2005, Az. II ZR 61/03 (REWIS RS 2005, 4005)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2005, 4005

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

II ZR 196/09 (Bundesgerichtshof)

Haftung des GmbH-Geschäftsführers: Zahlung rückständiger Umsatz- und Lohnsteuern an das Finanzamt und rückständiger Arbeitnehmeranteile zur …


II ZR 196/09 (Bundesgerichtshof)


II ZR 162/07 (Bundesgerichtshof)


II ZR 27/07 (Bundesgerichtshof)


5 StR 221/03 (Bundesgerichtshof)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.