Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.06.2016, Az. V ZR 166/15

V. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 10571

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[X.]:[X.]:[X.]:2016:030616UVZR166.15.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
V ZR
166/15
Verkündet am:

3. Juni 2016

Rinke

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
WEG § 28 Abs. 3; [X.] § 7 Abs. 2
Satz 1
In der Jahresabrechnung einer Wohnungseigentümergemeinschaft müssen die Kosten des [X.] der zentralen Heizungsanlage nach Maßgabe der Heizkostenverordnung verteilt werden; wird der Betriebsstrom nicht über einen Zwischenzähler, sondern über den allgemeinen Stromzähler erfasst, muss ge-schätzt werden, welcher Anteil an dem Allgemeinstrom hierauf entfällt.

[X.], Urteil vom 3. Juni 2016 -
V [X.] -
LG [X.]

[X.]

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2
-
Der V.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 3. Juni 2016
durch die Vorsitzende Richterin Dr.
Stresemann, die Richterinnen Prof.
Dr.
Schmidt-Räntsch und Dr.
Brückner, [X.]
Göbel und die Richterin Haberkamp

für Recht erkannt:

Auf die Revision der Kläger wird das Urteil der 5. Zivilkammer des [X.] vom 10. Juli 2015 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Berufung der Kläger zurückgewiesen worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird das Urteil des [X.] vom 4. April 2014
auf die Berufung der Kläger geändert.

Der in der Eigentümerversammlung vom 18. Juli 2013 gefasste Beschluss über die Gesamtjahresabrechnung einschließlich der Einzelabrechnungen wird insoweit für ungültig erklärt, als die auf den Betriebsstrom der zentralen Heizungsanlage entfallenden Kosten in der Gesamtabrechnung nicht gesondert ausgewiesen, den Einzelabrechnungen nicht nach den Vorschriften der Heiz-kostenverordnung, sondern nach [X.] verteilt worden sind.

Die Beklagten tragen die Kosten des Rechtsstreits.

Von Rechts wegen

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-
Tatbestand:

Die Parteien bilden eine Wohnungseigentümergemeinschaft. Der für die zentrale Heizungsanlage erforderliche Betriebsstrom (im Folgenden: Betriebs-strom) wird über den Allgemeinstromzähler erfasst, da kein Zwischenzähler in-stalliert ist. In der Eigentümerversammlung vom 18. Juli 2013 wurden
die [X.] sowie die
Einzelabrechnungen für das [X.]. Der Betriebsstrom
ist nicht in der Heizkostenabrechnung, sondern in der Position Allgemeinstrom berücksichtigt. Infolgedessen wird er in den [X.] nach [X.] verteilt.

Die Kläger haben -
soweit von Interesse -
beantragt, die [X.] sowie die sie
betreffende Einzelabrechnung hinsichtlich der Heizkostenabrechnung für ungültig zu erklären. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung hat keinen Erfolg gehabt. Mit der insoweit zugelas-senen Revision, deren Zurückweisung die Beklagten beantragen, verfolgen die Kläger ihren Anfechtungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

Nach Auffassung des Berufungsgerichts entspricht die angefochtene [X.] ordnungsmäßiger Verwaltung. Zwar sei auch der Betriebsstrom grundsätzlich im Rahmen der Heizkostenabrechnung zu verteilen. Fehlten aber -
wie hier -
Messgeräte, die den Verbrauch des [X.] gesondert er-fassten, könnten die hierauf entfallenden Kosten zusammen mit dem Allge-1
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meinstrom nach allgemeinem Maßstab auf die Wohnungseigentümer verteilt werden. Andernfalls könne der Betriebsstrom nicht abgerechnet werden; eine erfasst seien. Den Klägern stehe es frei, die Anschaffung eines [X.] zu verlangen.

II.

1. Die Revision ist zulässig. Insbesondere begegnet es keinen Beden-ken, dass sie -
der Zulassungsentscheidung entsprechend -
nur die Verteilung der Stromkosten für die Heizungsanlage zum Gegenstand hat. Nach der Recht-sprechung
des Senats kann die Revision auf einzelne Beschlussmängelgründe beschränkt werden (Senat, Urteil vom 10. Juli 2015 -
V [X.], [X.], 785 Rn. 7), also auch auf rechnerisch selbstständige und abgrenzbare Teile der Jahresabrechnung, die alleiniger Gegenstand einer Beschlussanfechtungsklage sein können (vgl. Senat, Versäumnisurteil vom 11. Mai 2012 -
V [X.], [X.], 566 Rn. 15 mwN).

2. In der Sache ist die Revision begründet. Die Vorinstanzen haben die Klage zu Unrecht abgewiesen.

a) Gegenstand der Beschlussanfechtungsklage ist dem Antrag zufolge b-

aa) Allerdings ist es ausgeschlossen, nur eine Einzelabrechnung [X.]. Bei einem Erfolg der Klage wären zwangsläufig alle Einzelabrechnun-4
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gen insoweit für ungültig zu erklären, weil sich ein Fehler bei einem Eigentümer auch auf die Abrechnungen der anderen auswirkte
(vgl. [X.], Die Verwal-terabrechnung nach dem Wohnungseigentumsgesetz, 7. Aufl., Rn. 979). [X.] ausgeschlossen ist es, allein die Heizkostenabrechnung anzufechten. Wäre der Betriebsstrom zu Unrecht nicht in diese einbezogen worden, verringerte sich notwendigerweise die Position Allgemeinstrom.

bb) Beide Gesichtspunkte führen aber nicht zur Unbegründetheit der [X.]. Vielmehr bedarf der Klageantrag der Auslegung.

(1) Die revisionsrechtlich vollen Umfangs nachprüfbare Auslegung des Klageantrags darf -
wie allgemein im Prozessrecht -
nicht am buchstäblichen Sinn des Ausdrucks haften, sondern hat den wirklichen Willen der Partei zu er-forschen. Dabei ist der Grundsatz zu beachten, dass im Zweifel dasjenige ge-wollt ist, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der wohlverstandenen Interessenlage entspricht. Nur wenn sich das Rechtsschutz-ziel des Klägers auch durch die gebotene Auslegung nicht eindeutig ermitteln lässt, gehen die verbleibenden Unklarheiten zu seinen Lasten (näher Senat, Urteil vom 12. Dezember 2014 -
V [X.], [X.], 218 Rn. 8 f. mwN).

(2) Daran gemessen ergibt die Auslegung des Antrags, dass die [X.] der Jahresabrechnung bezogen auf die Positionen [X.] sowie Allgemeinstrom jeweils in der Gesamtabrechnung und in den Einzelabrechnungen angegriffen werden soll. Der Klageschrift ist zweifelsfrei zu entnehmen, dass die Kläger meinen, die Abrechnung des [X.] müs-se in der Heizkostenabrechnung mit dem dort vorgesehenen Verteilungsschlüs-sel erfolgen. Erreichen lässt sich dieses Rechtsschutzziel nur, indem auch die Position Allgemeinstrom insoweit für ungültig erklärt
wird. Die Beschränkung auf 8
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die eigene Einzelabrechnung machte den Klageantrag bei einer dem Wortlaut verhafteten Auslegung ebenfalls sinnlos; notwendigerweise sind daher alle [X.] als Verfahrensgegenstand anzusehen (in diesem Sinne auch KG, [X.], 364, 365
f.; [X.] in [X.]/Kümmel/Vandenhouten, WEG, 11. Aufl., § 28 Rn.
135).

b) Mit diesem Antrag hat die Klage Erfolg.

aa) Hinsichtlich der Einzelabrechnungen nimmt das Berufungsgericht zu Unrecht an, dass die dort vorgenommene Verteilung der Kosten des Betriebs-stroms nach [X.] gemäß § 16 Abs. 2 WEG ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht. Die Kosten des [X.] der zentralen [X.] müssen nach Maßgabe der Heizkostenverordnung verteilt werden; wird der Betriebsstrom nicht über einen Zwischenzähler, sondern über den allge-meinen Stromzähler erfasst, muss geschätzt werden, welcher Anteil an dem Allgemeinstrom hierauf entfällt.

(1) Nach der Rechtsprechung des Senats entspricht allein eine den An-forderungen der Heizkostenverordnung genügende Abrechnung den Grundsät-zen ordnungsmäßiger Verwaltung (vgl. Senat, Urteil vom 16.
Juli
2010
-
V [X.], [X.], 3298
Rn.
15; Urteil vom 17.
Februar
2012
-
V
[X.], [X.], 222
Rn. 9). Gemäß § 7 Abs. 1
[X.] müssen die Kosten des Betriebs der zentralen Heizungsanlage teilweise verbrauchsab-hängig verteilt werden.
Dazu zählen gemäß
§ 7 Abs. 2 [X.]
unter ande-rem die Kosten des [X.]. Es ist nicht zulässig, die
den Heizkosten zuzuordnenden Stromkosten für die Heizungsanlage als Teil des Allge-meinstroms abzurechnen ([X.], Urteil vom 20. Februar 2008 -
VIII ZR 27/07, 11
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13
-
7
-
NZM
2008, 403
Rn. 32; [X.], [X.], 359
f.), wie es mit dem [X.] Beschluss geschehen ist.

(2) Wird der Betriebsstrom -
wie häufig (vgl. [X.], Heizkostenverord-nung, 4. Aufl., § 7 Rn. 91) und auch hier -
nicht über einen Zwischenzähler er-fasst, muss geschätzt werden, welcher Anteil an dem Allgemeinstrom hierauf entfällt (vgl. [X.], Urteil vom 20. Februar 2008 -
VIII ZR 27/07, [X.], 403 Rn.
32;
[X.], [X.] nach dem [X.], 7. Aufl., Rn. 312; [X.], Heizkostenverordnung, § 7 Rn. 91). Die Schät-zung kann sich entweder auf einen Bruchteil der Brennstoffkosten stützen (vgl. [X.] in [X.], WEG, 4. Aufl., § 16 Rn.
123: zwischen 3% und 6%; Schmidt-Futterer/[X.], Mietrecht, 12. Aufl., §
7 [X.] Rn. 30: [X.] 4% und 10%; Wall, Betriebs-
und Heizkostenkommentar, 4. Aufl., Rn.
5930: 8% bis 10%; [X.]/[X.], 4. Aufl., §
24 Rn. 308:
nicht mehr als
5
%) oder an einer Berechnung orientieren, die auf dem [X.] der angeschlossenen Geräte und den (ggf. geschätzten) Heiztagen beruht (näher [X.], Heizkostenverordnung, 4. Aufl., § 7 Rn. 91). Welche Schätzme-thode die Wohnungseigentümer wählen, steht in ihrem Ermessen, solange sie nicht einen offenkundig ungeeigneten Maßstab wählen.

(3) Ordnungsmäßiger
Verwaltung widerspricht somit nicht nur die [X.], die den Betriebsstrom enthält, sondern auch die [X.], die ihn nicht enthält. Zwar hat der [X.] eine Heizkostenabrechnung gebilligt, die die Kosten des [X.] nicht ent-hielt ([X.], Hinweisbeschluss vom 13. September 2011 -
VIII ZR 45/11, [X.], 96). Dem lag aber ein Sachverhalt zugrunde, in dem der Vermieter den Betriebsstrom nicht in die gegenüber dem Mieter erstellte Abrechnung [X.] hatte (so
die Feststellungen der Vorinstanz, [X.], [X.], 14
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8
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406), diesen also auch nicht als Allgemeinstrom umgelegt hatte. Rechnet der Vermieter solche Kosten nicht ab, trägt er diese selbst, so dass der Mieter in seinen Rechten nicht beeinträchtigt wird. Aber im Verhältnis der [X.] untereinander müssen entstandene Kosten zwingend verteilt werden, und zwar nach dem zutreffenden Schlüssel; fließt der Betriebsstrom in eine fal-sche Kostenposition mit einem anderen Verteilungsschlüssel ein, betrifft dieser Fehler sowohl die erhöhte als auch die entlastete Position.

bb) Auch die Gesamtabrechnung entspricht im Hinblick auf den Betriebs-strom nicht ordnungsmäßiger Verwaltung. Allerdings wirkt sich die Zugrundele-gung eines fehlerhaften Verteilungsschlüssels im Grundsatz nicht auf die Ge-samtabrechnung aus, sondern nur auf die Einzelabrechnungen, und dies auch nur in dem Umfang der betroffenen Positionen (vgl. Senat, Versäumnisurteil vom 11. Mai 2012 -
V [X.], [X.], 566 Rn. 15 mwN). Die Gesamtab-rechnung muss jedoch unterschiedlich zu verteilende Kostenpositionen zutref-fend aufschlüsseln, damit sie für die Wohnungseigentümer nachvollziehbar ist (vgl. [X.]/[X.], WEG, 2. Aufl., § 28 Rn. 58). Daran fehlt es hier. Zwar gilt bei den Heizkosten
die Besonderheit, dass sich die Einzelabrechnungen [X.] nicht ohne weiteres aus der Gesamtabrechnung ableiten lassen. Denn letz-tere wird als Einnahmen-
und Ausgabenabrechnung geführt, während die Heizkosten in den Einzelabrechnungen
teilweise
verbrauchsabhängig nach den Vorgaben der Heizkostenverordnung verteilt werden (vgl. Senat, Urteil vom 17.
Februar 2012 -
V [X.], [X.], 222
Rn. 16). Dies ändert aber nichts daran, dass der geschätzte, auf den Betriebsstrom entfallende Anteil an den [X.] in der Gesamtabrechnung gesondert ausgewiesen werden muss.

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III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

Stresemann Schmidt-Räntsch Brückner

Göbel Haberkamp

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 04.04.2014 -
42 [X.]/13 (10) -

LG [X.], Entscheidung vom 10.07.2015 -
5 [X.]/14 -

17

Meta

V ZR 166/15

03.06.2016

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.06.2016, Az. V ZR 166/15 (REWIS RS 2016, 10571)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 10571

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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18 C 8/19 (Amtsgericht Unna)


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V ZR 166/15

V ZR 198/14

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V ZR 221/09

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V ZR 251/10

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