Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.08.2007, Az. 4 StR 305/07

4. Strafsenat | REWIS RS 2007, 2270

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[X.] vom 28. August 2007 in der Strafsache gegen wegen [X.] - 2 - Der 4. Strafsenat des [X.] hat auf Antrag des Generalbundes-anwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 28. August 2007 ge-mäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen: 1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 19. März 2007 im gesamten Rechtsfolgenausspruch mit den [X.]. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer [X.] und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere als Schwurgericht zustän-dige [X.] des [X.] zurückverwiesen. 3. Die weiter gehende Revision wird verworfen. Gründe: Das [X.] hat den Angeklagten wegen vorsätzlichen [X.] zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten verurteilt und seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet. Mit seiner Revision ge-gen dieses Urteil rügt der Angeklagte die Verletzung materiellen Rechts. Das Rechtsmittel hat nur hinsichtlich des Rechtsfolgenausspruchs Erfolg; im Übri-gen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. 1 Der [X.] hat in seiner Antragsschrift u.a. ausgeführt: 2 "Keinen Bestand kann der Rechtsfolgenausspruch haben, weil die [X.] sich nicht mit der Frage auseinandergesetzt - 3 - hat, ob die Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit des nach den Feststellungen des Gerichts alkoholkranken Angeklagten be-reits zum Zeitpunkt des [X.] eingeschränkt war ([X.]R StGB § 323a Abs. 2 Strafzumessung 4). ... Allein das Wissen eines chronisch Alkoholabhängigen um den bei ihm regelmäßig eintretenden Kontrollverlust rechtfertigt nicht die Annahme, die Volltrunkenheit werde jeweils vorsätzlich und uneingeschränkt schuldhaft herbeigeführt ([X.], 334; [X.] NStZ-RR 1997, 102 und 299). Im Rahmen der Strafzumessung geht die Kammer von einer Alkoholsuchter-krankung des Angeklagten aus ([X.]). Es hätte deshalb Veranlassung bestanden zu prüfen, ob der Angeklagte von ei-nem derart starken Drang zum Alkohol beherrscht war, dass seine Fähigkeit, der Versuchung zu übermäßigem Genuss al-koholischer Getränke zu widerstehen, im Sinne des § 21 StGB erheblich vermindert war (vgl. [X.]R StGB § 323a Abs. 1 Sichberauschen 1; [X.] StV 1984, – 419). Gegebenenfalls bestand dann Anlass zur Prüfung einer Strafmilderung. Der Strafausspruch kann wegen dieses Mangels nicht bestehen bleiben. Dagegen hatte das [X.] ersichtlich keinen Anlass für die Annahme, bei dem Angeklagten liege eine derart schwere alkoholbedingte Persönlichkeitsveränderung vor, dass er mög-licherweise für seinen [der Rauschtat] vorangegangenen Al-koholgenuss strafrechtlich überhaupt nicht verantwortlich zu machen sei. Der Schuldspruch, der auch sonst keinen Rechts-fehler zum Nachteil des Angeklagten aufweist, kann daher be-stehen bleiben. Die [X.] kann keinen Bestand haben. Die [X.] in einer Entzie-hungsanstalt durch den Tatrichter erweist sich als rechtsfeh-lerhaft. Aufgrund der Feststellungen zu den Trinkgewohnheiten und zum Alkoholkonsum des Angeklagten ([X.]) ist das [X.] zwar rechtsfehlerfrei von einem Hang, alkoholische Ge-tränke im Übermaß zu sich zu nehmen, ausgegangen. - 4 - Es fehlt aber die hinreichend sichere Feststellung einer Gefah-renprognose. Eine der weiteren Voraussetzungen für die Un-terbringung in einer Entziehungsanstalt ist nämlich die Gefahr, dass der Täter zumindest auch infolge seines Hangs erhebli-che rechtswidrige Taten begehen wird. Eine bloße Selbstge-fährdung reicht nicht aus ([X.] NJW 1974, 614). Die zu befürchtenden Taten müssen der [X.] nicht gleich o-der ähnlich sein. Zwar setzt § 64 StGB einen symptomati-schen Zusammenhang zwischen dem Hang zum [X.], der [X.] und zukünftiger Gefährlichkeit voraus; eine darüber hinausgehende 'Konnexität' zwischen der Abhängigkeit und zu erwartenden Straftaten ist jedoch nicht erforderlich. Es reicht grundsätzlich die Gefahr beliebiger Ta-ten, wenn diese suchtbedingt und erheblich sind. Die [X.] kann aber nicht unabhängig von dieser Gefahr allein zum Zweck der Heilung des [X.] angeordnet werden (vgl. [X.]/[X.], StGB 54. Aufl. § 64 Rdn. 12 m.w.N.). Vorliegend hat die Kammer festgestellt, dass der Angeklagte strafrechtlich noch nie in Erscheinung getreten ist ([X.]), dass er allgemein als friedlich und nicht gewalttätig [X.] wird ([X.]) und sich der Angeklagte bei einem Vorfall im Jahre 2000 unter erheblichem Alkoholeinfluss ohne Suizid-absicht selbst einen Schreckschussrevolver an die Stirn hielt und abdrückte ([X.]). Zur Begründung der Gefahrenprog-nose wird ausgeführt, dass aufgrund der Suchterkrankung des Angeklagten und der fehlenden Perspektiven für eine Verän-derung der Lebensumstände die Gefahr besteht, dass er auch zukünftig erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. [X.] sei es bereits früher zu einer rauschbedingten Ge-walttat gekommen, auch wenn diese nur gegen den Angeklag-ten selbst gerichtet gewesen sei. Diese Begründung lässt be-sorgen, dass das [X.] von zu einem zu weiten Ver-ständnis der Gefahrenprognose im Sinne des § 64 StGB aus-gegangen ist. [X.] sich jemand einen Schreckschussrevolver an die eigene Stirn und drückt ab, so ist entgegen der [X.] des Gerichts fern liegend, dass es lediglich vom Zufall abhängt, ob nicht doch eine dritte Person verletzt wird (vgl. hierzu [X.]). - 5 - Ein weiterer Mangel liegt darin, dass sich das Urteil in keiner Weise zu der erforderlichen Erfolgsaussicht einer Entzie-hungsbehandlung verhält. Anordnung und Vollzug der [X.] müssen an die hinreichend konkrete Aussicht geknüpft sein, den Süchtigen zu heilen oder doch über eine gewisse Zeitspanne vor Rückfall in die akute Sucht zu bewahren ([X.] 91, 1; [X.]/[X.], aaO § 64 Rdn. 14 ff.)." Dem schließt sich der Senat an; er verweist im Hinblick auf die Maßregel auf den nunmehr geltenden § 64 StGB i.d.[X.] in einem psychiatrischen Krankenhaus und in einer Entzie-hungsanstalt vom 16. Juli 2007 ([X.] 1327). 3 Mit der teilweisen Aufhebung des angefochtenen Urteils ist die sofortige Beschwerde gegen die Versagung einer Entschädigung und gegen die Kosten-entscheidung gegenstandslos. 4 Der Schriftsatz des Verteidigers vom 17./21. August 2007 hat dem Senat bei der Beratung vorgelegen. 5 [X.] Athing Ernemann Sost-Scheible

Meta

4 StR 305/07

28.08.2007

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.08.2007, Az. 4 StR 305/07 (REWIS RS 2007, 2270)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2007, 2270

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