Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.08.2013, Az. 4 StR 277/13

4. Strafsenat | REWIS RS 2013, 3194

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 277/13

vom
28. August
2013
in der Strafsache
gegen

wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis

-
2
-
Der 4.
Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung
des Generalbun-desanwalts und des Beschwerdeführers
am 28.
August
2013
gemäß §
349 Abs.
2 und 4 [X.] beschlossen:

1.
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des [X.] ([X.]) vom 7.
Februar 2013 wird mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, dass die Unterbrin-gung des Angeklagten
in einer Entziehungsanstalt entfällt.
2.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen. Jedoch wird die Gebühr für das Rechtsmittelverfah-ren um die Hälfte ermäßigt. Die Staatskasse hat die Hälfte der insoweit entstandenen Auslagen sowie der notwendigen Auslagen des Angeklagten zu tragen.

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen vorsätzlichen Fahrens
ohne Fahrerlaubnis in drei Fällen unter Einbeziehung der Einzelstrafen aus dem Berufungsurteil des [X.]s Frankenthal ([X.]) vom 27.
März 2012 und Auflösung der dort gebildeten Gesamtstrafe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt. Vom Vorwurf der Vergewaltigung hat es ihn freigesprochen. Weiterhin hat es die Unterbringung in einer Entzie-hungsanstalt angeordnet. Die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat den aus der Entscheidungsformel
1
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-
ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen ist
sie unbegründet im Sinne des §
349 Abs.
2 [X.].
1.
Die Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt hält
einer rechtlichen Prüfung schon deshalb nicht stand, weil ein symptomatischer Zusammenhang zwischen dem Hang des Angeklagten, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und den [X.] nicht belegt ist.
a)
Die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt setzt gemäß §
64 Satz
1 StGB

neben dem Hang, alkoholische Getränke oder andere be-rauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen

voraus, dass die [X.] im Rausch begangen wurde oder

zumindest mitursächlich

auf den Hang
zurückgeht, wobei die erste dieser Alternativen ein Unterfall der zweiten Alter-native ist ([X.], Urteil vom 18.
Februar 1997

1
StR
693/96, [X.], 130 mwN). Die konkrete Tat muss in dem Hang ihre Wurzel finden, also [X.] für den Hang des [X.] zum Missbrauch von Alkohol oder ande-
ren berauschenden Mitteln haben ([X.], Urteil vom 11.
September
1990

1
StR
293/90, NStZ 1991, 128).

icht nicht festgestellt, sondern lediglich, dass der Angeklagte im Jahr 2011, in dem die verfahrens-gegenständlichen Taten begangen wurden, generell Amphetamin und gelegent-lich Marihuana konsumierte (UA S.
5, 16).
Anhaltspunkte dafür, dass die Taten, obwohl nicht im Rausch begangen, doch auf einen Hang zum Alkohol-
oder Drogenmissbrauch zurückgingen, be-stehen nicht. Typisch sind hierfür Delikte, die begangen werden, um Rauschmit-2
3
4
5
-
4
-
tel selbst oder Geld für ihre Beschaffung zu erlangen ([X.], Urteil vom 18.
Fe-bruar 1997

1
StR
693/96 aaO). Derartige Delikte liegen hier nicht vor. Andere Delikte kommen als Hangtaten nur dann in Betracht, wenn besondere Anhalts-punkte dafür bestehen, dass sie gerade in dem Hang ihre Wurzeln finden, sich darin die hangbedingte besondere Gefährlichkeit des [X.] zeigt ([X.], Urteil vom 18.
Februar 1997

1
StR
693/96 aaO). Solche Anhaltspunkte sind hier nicht ersichtlich. Der Angeklagte hat die Fahrten ohne Fahrerlaubnis jeweils aus Anlass seiner Beziehung zu einer Frau unternommen,
ohne dass seine Betäu-bungsmittelabhängigkeit eine erkennbare Rolle gespielt hätte.
Soweit das [X.] in Übereinstimmung mit dem Sachverständigen angenommen
hat, die Taten seien auf den Hang zurückzuführenAngeklagten durch den jahrelangen übermäßigen Betäubungsmittelkonsum bereits eine deutliche und dauernde Verantwortungslosigkeit unter Missachtung [X.] Normen, Regeln und Verp

18) sei, kann dem nicht gefolgt werden. Auch damit ist ein ursächlicher Zusammenhang zwi-
Urteil vom 20.
September 2011

1
StR
120/11, [X.], 72, 74
f.). Die Urteilsfeststellungen enthalten keinen Beleg dafür, dass der Angeklagte die ausgeurteilten Taten wegen einer aufgrund jahrelangen [X.] herabgesetzten Hemmschwelle begangen hat. Dagegen spricht, dass er bereits seit 2004 mit Straftaten in Erscheinung getreten ist, seine Straffälligkeit also zu einer Zeit
einsetzte, als
er mit dem
Konsum von Betäubungsmitteln ge-rade begonnen hatte.
b)
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem rechtskräftigen Beru-fungsurteil des [X.]s Frankenthal vom 27.
März 2012, das vier der [X.] zuzuordnende Taten des (in einem Fall versuchten) 6
7
-
5
-
Diebstahls zum Gegenstand hatte. Im Rahmen einer nachträglichen Gesamt-strafenbildung gemäß §
55 StGB kann das Gericht zwar erstmals auf eine [X.] erkennen, wenn sich entweder aufgrund der neu abzuurteilenden Tat
allein oder in Verbindung mit der schon abgeurteilten Tat die Erforderlichkeit der Maßregel ergibt (vgl. [X.],
Urteil vom 16.
Dezember 1954

3
StR
189/54, [X.]St 7, 180, 182; [X.] in [X.], 12.
Aufl., §
55 Rn.
53; [X.]/[X.] in [X.]/[X.], StGB, 28.
Aufl., §
55 Rn.
55; Bringewat, Die Bildung der Gesamtstrafe, 1987, Rn.
305).
Die erstmalige Ver-hängung der Maßregel kann aber nicht allein mit dem [X.] der bereits rechtskräftig abgeurteilten Taten begründet werden. Diese bilden [X.] im vorliegenden Verfahren keine Grundlage für die Anordnung der [X.] gemäß §
64 StGB.
2.
Der Senat kann sicher ausschließen, dass eine neue Verhandlung Feststellungen ergeben könnte, die eine Unterbringungsanordnung rechtferti-gen würden. Daher ist in
entsprechender Anwendung des §
354 Abs.
1 [X.] auf den Wegfall der Maßregel zu erkennen (vgl. [X.], [X.], 56.
Aufl., §
354 Rn.
26f).
3.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
473 Abs.
4 Satz
1 [X.]. Im vor-liegenden Fall ist durch den Wegfall der Anordnung gemäß §
64 StGB das Ge-wicht des Rechtsfolgenausspruchs so gemindert, dass es unbillig wäre, dem Angeklagten die gesamten [X.] aufzubürden. Angemessen ist es vielmehr, die Hälfte der [X.] der Staatskasse aufzuerlegen und die Revisionsgebühr um die Hälfte zu ermäßigen (vgl. [X.], Beschlüsse
vom
8
9
-
6
-
21.
Oktober 1986

4
StR
553/86, [X.]R [X.] §
473 Abs.
4 Quotelung
1; vom 11. Februar 1983

3
StR
484/82
(S)).
Sost-Scheible
Roggenbuck
Franke

Mutzbauer
Quentin

Meta

4 StR 277/13

28.08.2013

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.08.2013, Az. 4 StR 277/13 (REWIS RS 2013, 3194)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 3194

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4 StR 277/13

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