Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 20.07.2022, Az. 7 AZR 247/21

7. Senat | REWIS RS 2022, 6559

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Gegenstand

Sachgrundlose Befristung - Tarifvertrag - Auslegung


Tenor

Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des [X.] vom 21. April 2021 - 13 [X.] 828/20 - aufgehoben.

Auf die Berufung des [X.] wird das Urteil des [X.] vom 24. Juni 2020 - 3 Ca 23/20 - abgeändert.

Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht aufgrund der Befristungsvereinbarung vom 5. August 2019 zum 31. Dezember 2019 beendet worden ist.

Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob ihr Arbeitsverhältnis aufgrund Befristung am 31. Dezember 2019 geendet hat.

2

Der Kläger war bei der Beklagten - einem Personaldienstleistungsunternehmen - seit dem 4. September 2017 als [X.]elfer beschäftigt. Im ersten, zum 31. Januar 2018 befristeten Arbeitsvertrag vom 30. August 2017 heißt es unter § 8 auszugsweise:

        

„Auf das Arbeitsverhältnis finden der Mantel- und Entgeltrahmentarifvertrag für [X.]arbeit zwischen einerseits der A Gmb[X.] & Co. O[X.]G und andererseits der IG Metall und der Entgelttarifvertrag für [X.]arbeit zwischen einerseits der A Gmb[X.] & Co. O[X.]G und andererseits der IG Metall in ihrer jeweils gültigen Fassung und alle weiteren zukünftigen Tarifverträge in vollem Umfang Anwendung.“

3

Mit Vertrag vom 18. Januar 2018 verlängerten die Parteien die Befristung bis zum 31. August 2018; mit Vereinbarung vom 28. August 2018 bis zum 30. April 2019 sowie mit Vereinbarung vom 25. April 2019 bis zum 30. September 2019. Unter dem 5./13. August 2019 vereinbarten die Parteien eine Verlängerung der Befristung bis zum 31. Dezember 2019.

4

Der von der Beklagten (unter ihrer alten Firma) und der [X.] geschlossene Dienstleistungstarifvertrag Mantel- und Entgeltrahmentarifvertrag für [X.]arbeit vom 12. Dezember 2013 ([X.] TV) lautet auszugsweise:

        

§ 3   

        

Beginn des Arbeitsverhältnisses

        

3.1     

Grundsatz

                 

Grundsätzlich werden unbefristete Arbeitsverhältnisse abgeschlossen.

                 

Der Abschluss von befristeten Arbeitsverhältnissen ist im Rahmen der gesetzlichen Regelungen und der Grundsätze der Rechtsprechung möglich.

                 

Ein befristetes Arbeitsverhältnis eines/einer bei der V AG, der V S Gmb[X.] oder der V O Gmb[X.] eingesetzten Beschäftigten kann bis zu einer Gesamtdauer von drei Jahren vereinbart und innerhalb dieser [X.]spanne bis zu fünfmal verlängert werden; Voraussetzung ist das Bestehen einer Entgeltaufstockungsvereinbarung zwischen Ent- und Verleiher.“

5

Der Kläger war bis zum 12. März 2019 bei der [X.] eingesetzt. Die Beklagte zahlte ihm während dieses Einsatzes eine (widerrufliche) Zulage auf Grundlage einer schriftlichen Vereinbarung vom 29. August 2017. Ab dem 13. März 2019 war der Kläger bei der [X.] in [X.] eingesetzt. In einer „Zusatzvereinbarung“ vom 5. März 2019 ist zur Vergütung ua. niedergelegt, dass „[b]ei einem Einsatz bei dem Entleiher [X.] ... eine Zulage gezahlt“ wird.

6

Mit seiner am 20. Januar 2020 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger die Unwirksamkeit der Befristung zum 31. Dezember 2019 geltend gemacht. Er hat die Ansicht vertreten, die Befristung könne weder auf § 14 [X.] noch auf § 3.1 Satz 3 [X.] TV gestützt werden. Insbesondere lägen die Voraussetzungen der tarifvertraglich vorgesehenen erweiterten sachgrundlosen Befristungsmöglichkeit nicht vor. § 3.1 Satz 3 [X.] TV greife nur, wenn der befristet beschäftigte Arbeitnehmer während der gesamten [X.] - oder zumindest zeitlich überwiegend - eine Entgeltaufstockung aufgrund seines Einsatzes in einem der drei in § 3.1 Satz 3 [X.]albs. 1 [X.] TV genannten Unternehmen erhalte.

7

Der Kläger hat beantragt

        

1.    

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht aufgrund der am 5. August 2019 vereinbarten Befristung am 31. Dezember 2019 beendet worden ist;

        

2.    

im Fall des Obsiegens mit dem Antrag zu 1. die Beklagte zu verurteilen, ihn bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens zu unveränderten Bedingungen als [X.]elfer zu beschäftigen.

8

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und die Ansicht vertreten, es genüge für eine zulässige sachgrundlose Befristung, dass die in Satz 3 [X.]albs. 2 des § 3.1 [X.] TV erforderliche Entgeltaufstockungsvereinbarung mit einem der in [X.]albs. 1 der Tarifnorm genannten Unternehmen im [X.]punkt der letzten Verlängerungsvereinbarung vorgelegen habe.

9

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das [X.] hat die Berufung des [X.] zurückgewiesen. Mit seiner Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision des [X.] ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung (§ 562 Abs. 1 ZPO), zur Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung und zur Stattgabe der Befristungskontrollklage (§ 563 Abs. 3 ZPO). Das Arbeitsverhältnis der Parteien hat nicht aufgrund der Befristung am 31. Dezember 2019 geendet.

I. Der zulässige Befristungskontrollantrag ist begründet. Die streitbefangene Befristung ist unwirksam.

1. Die Befristung zum 31. Dezember 2019 gilt nicht nach § 17 Satz 2 [X.] iVm. § 7 [X.]. 1 KSchG als wirksam. Der Kläger hat rechtzeitig eine Befristungskontrollklage iSv. § 17 Satz 1 [X.] erhoben. Er hat die Rechtsunwirksamkeit der Befristung mit seiner am 20. Januar 2020 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage geltend gemacht.

2. Die Befristung zum 31. Dezember 2019 ist nicht nach § 14 Abs. 2 Satz 1 [X.] gerechtfertigt.

a) Nach § 14 Abs. 2 Satz 1 [X.]. 1 [X.] ist die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrags ohne Vorliegen eines Sachgrundes bis zur Dauer von zwei Jahren zulässig. Bis zu dieser Gesamtdauer ist nach § 14 Abs. 2 Satz 1 [X.]. 2 [X.] die höchstens dreimalige Verlängerung des sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrags zulässig.

b) Das vom 4. September 2017 bis 31. Dezember 2019 bestehende Arbeitsverhältnis der Parteien überschreitet die [X.]. Zudem ist der Arbeitsvertrag des [X.] viermal verlängert worden.

3. Die Befristung ist nicht nach § 14 Abs. 1 [X.] gerechtfertigt. Auf einen Sachgrund für die Befristung hat sich die Beklagte nicht berufen.

4. Die Befristung kann auch nicht - anders als von den Vorinstanzen angenommen - auf § 14 Abs. 2 Satz 3 und Satz 4 [X.] iVm. § 3.1 Satz 3 [X.] TV gestützt werden.

a) Nach § 14 Abs. 2 Satz 3 [X.] kann die Anzahl der Verlängerungen oder die [X.]öchstdauer der sachgrundlosen Befristung durch Tarifvertrag abweichend von § 14 Abs. 2 Satz 1 [X.] festgelegt werden. Im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrags können nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer nach § 14 Abs. 2 Satz 4 [X.] die Anwendung der tariflichen Regelungen vereinbaren. Die den Tarifvertragsparteien durch § 14 Abs. 2 Satz 3 [X.] eröffnete Möglichkeit, die [X.]öchstdauer der Befristung und die Anzahl der Vertragsverlängerungen abweichend von § 14 Abs. 2 Satz 1 [X.] festzulegen, ist zwar nach dem Gesetzeswortlaut nicht eingeschränkt. Aufgrund des systematischen Gesamtzusammenhangs und Sinn und Zwecks von § 14 [X.] sowie aus verfassungs- und unionsrechtlichen Gründen besteht aber eine immanente Beschränkung der durch § 14 Abs. 2 Satz 3 [X.] eröffneten Regelungsbefugnis der Tarifvertragsparteien. Nach der Rechtsprechung des Senats ist die Grenze der tariflichen Regelungsbefugnis bei der Festlegung der Dauer eines sachgrundlos befristeten Arbeitsverhältnisses auf maximal sechs Jahre und der höchstens neunmaligen Verlängerung bis zu dieser Gesamtdauer erreicht (vgl. [X.] 24. Februar 2021 - 7 [X.] - Rn. 16 mwN; grdl. [X.] 26. Oktober 2016 - 7 [X.] - Rn. 17, 31 ff., [X.]E 157, 141). Die Tarifvertragsparteien können nicht nur die Anzahl der Verlängerungen und die [X.]öchstdauer der sachgrundlosen Befristung abweichend von § 14 Abs. 2 Satz 1 [X.] regeln, sondern dürfen - sofern sie von ihrer Regelungsbefugnis Gebrauch machen - die von ihnen erweiterte Möglichkeit zur sachgrundlosen Befristung zugunsten des Arbeitnehmers (§ 22 [X.]) von zusätzlichen Voraussetzungen abhängig machen und damit einschränken ([X.] 21. März 2018 - 7 [X.] - Rn. 22; [X.]/Gräfl/Gräfl [X.] 5. Aufl. § 14 [X.] Rn. 357).

b) Zwar haben die Parteien die Anwendung des [X.] TV - und damit auch dessen erweiterte sachgrundlose [X.] - arbeitsvertraglich vereinbart. Auch haben die Tarifvertragsparteien mit der Ausgestaltung von § 3.1 Satz 3 [X.] TV, wonach ein befristetes Arbeitsverhältnis „eines/einer bei der [X.], der [X.] oder der [X.] eingesetzten Beschäftigten“ bei Bestehen einer „Entgeltaufstockungsvereinbarung zwischen Ent- und Verleiher“ bis zu einer Gesamtdauer von drei Jahren vereinbart und innerhalb dieser [X.]spanne bis zu fünfmal verlängert werden kann, ihre Regelungsbefugnis nicht überschritten. [X.]ingegen sind die Voraussetzungen der tariflichen [X.] nicht erfüllt. Der Kläger ist nicht während der gesamten [X.] seiner befristeten Arbeitsverträge bei einem der in § 3.1 Satz 3 [X.]. 1 [X.] TV genannten Unternehmen eingesetzt gewesen. [X.]ieran knüpft die Tarifnorm aber - wie ihre Auslegung ergibt - an.

aa) Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrags, die in der Revisionsinstanz in vollem Umfang überprüfbar ist, folgt nach ständiger Rechtsprechung des [X.] den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Auszugehen ist zunächst vom [X.]. Zu erforschen ist der maßgebliche Sinn der Erklärung, ohne am Buchstaben zu haften. Dabei sind der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien und damit der von ihnen beabsichtigte Sinn und Zweck der Tarifnorm mit zu berücksichtigen, soweit sie in den tariflichen Normen ihren Niederschlag gefunden haben. Auch auf den tariflichen Gesamtzusammenhang ist abzustellen. Verbleiben noch Zweifel, können weitere Kriterien berücksichtigt werden. Im Zweifel ist die Tarifauslegung zu wählen, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Lösung führt ([X.] 13. Oktober 2021 - 4 [X.] - Rn. 21 mwN).

bb) Nach diesen Maßgaben ist § 3.1 Satz 3 [X.] TV so zu verstehen, dass die erweiterte sachgrundlose [X.] - abgesehen vom Bestehen einer Entgeltaufstockungsvereinbarung zwischen der [X.] als Verleiherin und dem jeweiligen Entleiher - nur für diejenigen Beschäftigten eröffnet ist, die während der gesamten Dauer ihrer arbeitsvertraglichen Bindung mit der [X.] bei der [X.], [X.] oder [X.] eingesetzt waren und weiter eingesetzt werden sollen (im Fall der Verlängerung der Befristung) bzw. deren Einsatz von vornherein nur bei einem der genannten Unternehmen erfolgen soll (im Fall einer einmaligen Befristung von drei Jahren).

(1) [X.]ierauf deutet bereits der Wortlaut der Tarifnorm unter Berücksichtigung deren systematischer Stellung. Die Tarifvertragsparteien haben in Übereinstimmung mit der dem [X.] zugrundeliegenden Wertung (vgl. dazu zB [X.] 17. Juni 2020 - 7 [X.] - Rn. 34 mwN) den unbefristeten Arbeitsvertrag als Normalfall und den befristeten Vertrag als Ausnahme angesehen. Das zeigt unmissverständlich Satz 1 von § 3.1 [X.] TV mit dem vorangestellten Begriff „Grundsatz“. Neben einem Verweis auf die gesetzlichen Möglichkeiten einer Befristung (§ 3.1 Satz 2 [X.] TV) legt § 3.1 Satz 3 [X.] TV eine Ausnahme von diesem Grundsatz fest, welche aber nach [X.]. 1 der Tarifnorm nur für bestimmte Beschäftigte gilt und nach [X.]. 2 der Tarifnorm an die näher angeführte „Voraussetzung“ der Entgeltaufstockungsvereinbarung gebunden ist. Der persönliche Geltungsbereich der erweiterten [X.] ist ausdrücklich auf die in den Unternehmen [X.], [X.] oder [X.] „eingesetzten“ Beschäftigten begrenzt. In der Verwendung des Partizip Perfekt klingt an, dass die Tarifvertragsparteien auf eine bereits erfolgte [X.]andlung abgehoben haben und als einen bereits erfolgten Einsatz ausschließlich den bei einem der drei genannten Unternehmen ansehen.

(2) Allerdings schließt der Wortlaut des § 3.1 Satz 3 [X.] TV dessen Interpretation nicht aus, die erweiterte [X.] könne auch bei Beschäftigten greifen, welche nicht die gesamte bisherige Dauer ihrer (Leih-)Arbeitnehmereinsätze bei der [X.], [X.] oder [X.] absolviert haben, solange ein solcher Einsatz jedenfalls im [X.]punkt der [X.] erfolgt. Ebenso verhält sich die Formulierung der Tarifnorm nicht eindeutig zu einer einmaligen dreijährigen [X.] bei einem erst beabsichtigten Einsatz des (Leih-)Arbeitnehmers bei der [X.], [X.] oder [X.]. Die hierauf gestützte Annahme des [X.]s, die Tarifvertragsparteien hätten das Vorliegen der Voraussetzung eines unternehmensbezogenen Einsatzes bereits bei Beginn des befristeten Arbeitsverhältnisses deutlicher formuliert, wenn sie einen „engeren“ Anwendungsbereich des § 3.1 Satz 3 [X.] TV hätten regeln wollen, verfängt hingegen nicht. Es ließe sich umgekehrt ebenso argumentieren, die Tarifvertragsparteien hätten unmissverständlich ausdrücken müssen, dass es ihnen allein auf einen dauerunabhängigen und nur im [X.]punkt der [X.] stattgefundenen Einsatz bei einem der drei angeführten Unternehmen ankommt. Das [X.] vernachlässigt zum einen, dass für jeden Normgeber die Schwierigkeit besteht, textlich unmissverständlich zu formulieren (vgl. zu Gesamtbetriebsvereinbarungen [X.] 21. Januar 2020 - 3 [X.] - Rn. 17 mwN), und zum anderen, dass die von ihm angenommene Wortlauteindeutigkeit die Berücksichtigung weiterer [X.] nicht ausschließt. Zudem klammert das Verständnis des [X.]s den Ausnahmecharakter von § 3.1 Satz 3 [X.] TV aus. Dieser gibt eine restriktive Norminterpretation vor. Wenn jenseits von § 14 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 [X.] - was § 3.1 Satz 1 und Satz 2 [X.] TV explizit verdeutlicht - die Ausnahme einer sachgrundlosen Befristung nur für bei bestimmten [X.] „eingesetzte“ Beschäftigte greifen soll, erschließt sich zwar allein anhand der textlichen Fassung der Tarifnorm nicht, ob es sich um kurzzeitig, überwiegend oder ausschließlich bei diesen [X.] eingesetzte Beschäftigte handeln muss. Bei einer der systematischen Ausnahmestellung gerecht werdenden Deutung des tariflichen [X.] ist aber angezeigt, den Anwendungsbereich eng zu fassen und auf einen ausschließlichen Einsatz bei einem der in § 3.1 Satz 3 [X.]. 1 [X.] TV angeführten Unternehmen abzustellen.

(3) [X.] und teleologische Gesichtspunkte stützen diese Tarifnorminterpretation.

(a) Die Tarifvertragsparteien haben die erweiterte [X.] nicht lediglich an das Bestehen einer Entgeltaufstockungsvereinbarung zwischen Ent- und Verleiher „an sich“ gebunden, sondern - daneben und als zusätzliche Voraussetzung - nur für die in § 3.1 Satz 3 [X.] TV genannten, bei bestimmten Unternehmen eingesetzten Beschäftigten vorgesehen. Die Argumentation der [X.], die Tarifregelung kompensiere eine zu ihren Gunsten höhere Flexibilität bei der Befristung von Arbeitsverträgen durch eine Aufstockung des Entgelts der an einem unbefristeten (Leih-)Arbeitsverhältnis interessierten Arbeitnehmer, greift daher von vornherein zu kurz. Wäre es den Tarifvertragsparteien nur darum gegangen, hätten sie es bei der Festlegung einer Entgeltaufstockungsvereinbarung zwischen Ent- und Verleiher als Voraussetzung für die erweiterte [X.] belassen können.

(b) Es ist daher naheliegend, dass die Befristungsoption nicht nur einer Entgeltaufstockung „an sich“, sondern spezifischen Einsatzbedingungen bei der [X.], [X.] oder [X.] geschuldet ist. Diese mögen in einer besonders attraktiven („unternehmensspezifischen“) Entgeltaufstockung liegen, was einen tariflichen Regelungsinhalt dahingehend spiegeln würde, dass der [X.] nur bei dieser Art von Aufstockung der Vergütung der Leiharbeitnehmer während deren gesamten Einsatzes bei bestimmten [X.] eine höhere Befristungsflexibilität eröffnet sein soll. Da die tarifliche Befristungsnorm neben der möglichen Befristungsdauer auch die Anzahl der möglichen Verlängerungen eines befristeten Arbeitsvertrags erhöht, erschließt sich nicht, inwieweit der Bezug einer unternehmensspezifisch attraktiven Entgeltaufstockung [X.] nur für eine kurze Einsatzzeit das Bestandsinteresse des (Leih-)Arbeitnehmers angemessen ausgleichen soll. Jedenfalls für die in § 3.1 Satz 3 [X.] TV genannte [X.] sind aber auch anderweitige besondere (tariflich geregelte) Einsatzbedingungen anhand des [X.] ersichtlich. § 4.3.1 des von der [X.] zur Akte gereichten, von ihr, der [X.] und der [X.] geschlossenen Tarifvertrags über die Vergütung und Einsatzbedingungen von [X.]arbeitnehmern vom 5. Dezember 2013 ([X.]) legt eine Befristung des Einsatzes von [X.]arbeitnehmern der [X.] bei der [X.] für maximal 36 aufeinander folgende Monate fest. Nach § 4.3.2 Satz 1 TV [X.] erfolgt „[e]ine Übernahme in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis bei der [X.] … regelmäßig nach 36 Monaten Einsatzdauer“. Diese tariflichen Einsatz- und Übernahmebedingungen belegen, dass § 3.1 Satz 3 [X.] TV - jedenfalls bei der in der Tarifbestimmung genannten [X.] - bei der auf drei Jahre (36 Monate) erweiterten Möglichkeit der sachgrundlosen Befristung auf eine entsprechende Dauer - und nicht lediglich einen [X.]punkt - des Einsatzes des [X.]arbeitnehmers bei der [X.] rekurriert. Zwar ist die Befristung des Arbeitsverhältnisses zwischen dem bei der [X.] „eingesetzten“ Beschäftigten und der [X.] keine rechtliche Voraussetzung für die Übernahme in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis nach § 4.3.2 TV [X.]; die Bestimmungen des § 3.1 Satz 3 [X.] TV sind aber auf diese Regularien der für die [X.] geltenden tariflichen Einsatzbedingungen abgestimmt.

(4) Dieses Verständnis von § 3.1 Satz 3 [X.] TV verbietet sich nicht vor dem [X.]intergrund gesetzlicher Vorgaben des [X.] und des [X.].

(a) Soweit das [X.] - im [X.] an die Argumentation der [X.] - darauf verwiesen hat, dass für die Beurteilung der Wirksamkeit einer Befristung der [X.]punkt ihrer Abrede maßgeblich ist (vgl. dazu grdl. - noch zu § 620 BGB - [X.] 8. Mai 1985 - 7 [X.] - [X.]E 49, 73), trägt dies nicht den von ihm gezogenen Schluss, § 3.1 Satz 3 [X.] TV verlange schon aus Praktikabilitätsgründen (nur) einen im [X.]punkt der [X.] vorliegenden Einsatz des befristet Beschäftigten bei einem bestimmten Entleiher und setze keinen (vergangenheits- und zukunftsbezogenen) „durchgängigen“ Einsatz bei diesem bestimmten Entleiher voraus. Der maßgebliche Prüfungszeitpunkt für die Rechtswirksamkeit einer Befristung besagt nichts darüber, welche [X.] vorzuliegen haben. Bei den [X.] für eine zulässige Befristung an vergangenheits- und/oder zukunftsbezogene Sachverhalte anzuknüpfen, ist weder dem gesetzlichen Befristungsrecht fremd - wie § 14 Abs. 2 Satz 2 [X.] oder die Befristungshöchstdauer und die zulässige Anzahl der Verlängerungen nach § 14 Abs. 2 Satz 1 [X.] sowie der Sachgrund des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 [X.] zeigen - noch den Tarifvertragsparteien im Rahmen einer erweiterten Befristungsregelung auf der Grundlage von § 14 Abs. 2 Satz 3 [X.] verwehrt. Es erscheint auch nicht von vornherein impraktikabel, bei einer auf § 3.1 Satz 3 [X.] TV gestützten Befristung zu verlangen, dass der bisherige und der beabsichtigte weitere (bzw. bei der einmaligen dreijährigen Befristung der gesamte beabsichtigte) Einsatz des befristet beschäftigten Arbeitnehmers ausschließlich bei einem der dort genannten Unternehmen erfolgt. Der Einwand der [X.], dies vernachlässige unvorhersehbare Beendigungstatbestände eines Leiharbeitnehmereinsatzes bei der [X.], [X.] oder [X.], verfängt nicht. Die Tatbestandsmerkmale einer zulässigen Befristung können sich auf beabsichtigte - prognostisch zu beurteilende - Gesichtspunkte beziehen. Es wird „nur“ verlangt, dass im [X.]punkt der Befristungsvereinbarung ein Einsatz bei einem der in § 3.1 Satz 3 [X.] TV genannten Unternehmen seitens der [X.] vorgesehen ist und hierfür objektive Anhaltspunkte bestehen. Wird der Einsatz aufgrund im [X.]punkt der Befristungsvereinbarung unvorhersehbarer Umstände vorzeitig beendet und der Arbeitnehmer entweder gar nicht oder bei einem nicht in § 3.1 Satz 3 [X.] TV genannten Unternehmen eingesetzt, hätte dies auf die Wirksamkeit der Befristung keinen Einfluss. Es wäre der [X.] dann allein verwehrt, eine weitere Verlängerung der sachgrundlosen Befristung auf § 3.1 Satz 3 [X.] TV zu stützen, sofern die Voraussetzungen des § 14 Abs. 2 Satz 1 [X.] nicht (mehr) vorliegen.

(b) Dem Verständnis von § 3.1 Satz 3 [X.] TV vor dem [X.]intergrund der - jedenfalls bei der in der Tarifnorm genannten [X.] geltenden - besonderen tariflichen Arbeitsbedingungen der 36monatigen Einsatzdauer des befristet beschäftigten Arbeitnehmers bei demselben Entleiher steht schließlich nicht entgegen, dass nach der Grundregel von § 1 Abs. 1b Satz 1 [X.] der Verleiher denselben Leiharbeitnehmer nicht länger als 18 aufeinander folgende Monate demselben Entleiher überlassen und der Entleiher denselben Leiharbeitnehmer nicht länger als 18 aufeinander folgende Monate tätig werden lassen darf. Ungeachtet dessen, dass nach § 1 Abs. 1b Satz 3 [X.] eine hiervon abweichende Überlassungshöchstdauer in einem Tarifvertrag von Tarifvertragsparteien der [X.] festgelegt werden kann, ist die 18monatige [X.]öchstgrenze der [X.] erst mit dem am 1. April 2017 in [X.] getretenen Gesetz zur Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes und anderer Gesetze (BGBl. I S. 258) eingeführt worden. Der die erweiterte [X.] in seinem § 3.1 Satz 3 regelnde [X.] TV vom 12. Dezember 2013 sowie der die Einsatzdauer und die Übernahme in seinem § 4.3 gestaltende TV [X.] vom 5. Dezember 2013 sind vor dem [X.]intergrund von § 1 Abs. 1 Satz 2 [X.] in der vom 1. Dezember 2011 bis 31. März 2017 gültigen Fassung zu verstehen. Nach dieser Rechtslage war eine nicht mehr vorübergehende Arbeitnehmerüberlassung verboten, wobei der Gesetzgeber auf die Festlegung bestimmter [X.]öchstüberlassungsfristen verzichtet hatte (ausf. [X.] 10. Juli 2013 - 7 [X.] - Rn. 32 ff. und 53 ff., [X.]E 145, 355). [X.]ieran haben die Tarifvertragsparteien - ohne dass nunmehr aktuellere Tarifabschlüsse ersichtlich sind - seinerzeit augenscheinlich angeknüpft.

cc) Die so verstandenen tariflichen Befristungsvoraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt. Im [X.]punkt der [X.] (5. August 2019) mag ein fortwährender Einsatz des [X.] im Werk [X.] bei der [X.], welcher dort seit dem 13. März 2019 eingesetzt war, bis zum Ende der vereinbarten Befristung am 31. Dezember 2019 geplant gewesen sein. Bis zum 12. März 2019 war der Kläger aber bei der C AG & Co. O[X.]G tätig. Er ist daher kein bei der [X.], der V S Gmb[X.] oder der V O Gmb[X.] eingesetzter Beschäftigter iSd. § 3.1 Satz 3 [X.] TV.

II. Der Antrag zu 2., mit dem der Kläger seine vorläufige Weiterbeschäftigung für die Dauer des Rechtsstreits geltend macht, fällt nicht zur Entscheidung an, da der Rechtsstreit hinsichtlich des [X.] mit der Verkündung der Entscheidung des Senats rechtskräftig abgeschlossen ist (vgl. [X.] 18. Januar 2017 - 7 [X.] - Rn. 39).

III. [X.] folgt aus § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

        

    Schmidt    

        

    Waskow    

        

    [X.]amacher    

        

        

        

    Schiller    

        

    Kley    

                 

Meta

7 AZR 247/21

20.07.2022

Bundesarbeitsgericht 7. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Braunschweig, 24. Juni 2020, Az: 3 Ca 23/20, Urteil

§ 14 Abs 2 S 3 TzBfG, § 17 TzBfG, § 7 KSchG, § 1 TVG, § 14 Abs 2 S 1 TzBfG, § 22 TzBfG

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 20.07.2022, Az. 7 AZR 247/21 (REWIS RS 2022, 6559)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2022, 6559

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