Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 24.02.2021, Az. 7 AZR 118/19

7. Senat | REWIS RS 2021, 8458

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des [X.] vom 14. Februar 2019 - 11 Sa 577/18 - aufgehoben.

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des [X.] vom 25. April 2018 - 3 Ca 223/18 - abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob ihr Arbeitsverhältnis aufgrund Befristung am 31. Dezember 2018 geendet hat.

2

Der Kläger war seit dem 1. Januar 2015 auf der Grundlage des zum 31. Dezember 2018 befristeten Arbeitsvertrags vom 22. November 2014 als übriger Facharbeiter, Fachrichtung Werkstätten / Bauabteilung im Übertagebereich bei der [X.] beschäftigt. Ziff. 3 des Arbeitsvertrags lautet:

        

„Auf das Arbeitsverhältnis sind die betrieblich und fachlich jeweils einschlägigen Tarifverträge in ihrer jeweils gültigen Fassung anzuwenden. Dies sind [X.]. die zwischen der IG BCE und dem Gesamtverband Steinkohle abgeschlossenen Tarifverträge für den [X.]. …“

3

Mit dem Gesetz zur Finanzierung der Beendigung des subventionierten Steinkohlenbergbaus zum Jahr 2018 vom 20. Dezember 2007 ([X.]) hatte der Gesetzgeber bestimmt, dass die subventionierte Förderung der Steinkohle in [X.] zum Ende des Jahres 2018 beendet wird.

4

Der Tarifvertrag über befristete Arbeitsverhältnisse im [X.] Steinkohlenbergbau (TV Befristung Steinkohlenbergbau) idF vom 29. Juni 2007 lautet:

        

§ 1   

        

In Abweichung zu § 14 Abs. 2 [X.] können im [X.] Steinkohlenbergbau nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen befristete Arbeitsverhältnisse geschlossen werden.

        

§ 2     

        

(1)     

Der Arbeitsvertrag kann abweichend von § 14 Abs. 2 S. 1 [X.] bis zur Gesamtdauer von fünf Jahren ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes befristet werden, soweit nicht gesetzlich eine längere sachgrundlose Befristung zulässig wird.

        

(2)     

Innerhalb dieser Zeitspanne kann der Arbeitsvertrag bis zu fünfmal verlängert werden.

        

§ 3     

        

Der Abschluss und die Verlängerung eines befristeten Arbeitsvertrages erfolgen schriftlich.

        

§ 4     

        

Soweit befristete Arbeitsverhältnisse eine Laufzeit von mehr als 12 Monaten haben, unterliegen sie den tarifvertraglichen Kündigungsfristen.

        

§ 5     

        

Dieser Tarifvertrag tritt am 1. Juli 2007 in [X.] und läuft auf unbestimmte Zeit. Er kann mit halbjähriger Frist zum 31. Dezember eines jeden Jahres gekündigt werden. Die Kündigung bedarf der Schriftform.“

5

Am 1. August 2010 wurde der Tarifvertrag zur Änderung des Tarifvertrags über befristete Arbeitsverhältnisse im [X.] Steinkohlenbergbau abgeschlossen. Darin heißt es:

        

„In dem Tarifvertrag über befristete Arbeitsverhältnisse in [X.] Steinkohlenbergbau vom 29.06.2007 tritt mit Wirkung vom 01.08.2010 nachfolgende Änderung in [X.]:

        

§ 2 erhält folgende Fassung:

        

(1)     

Der Arbeitsvertrag kann abweichend von § 14 Abs. 2 S. 1 [X.] bis zur Gesamtdauer von sieben Jahren ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes befristet werden, soweit nicht gesetzlich eine längere sachgrundlose Befristung zulässig wird.

        

(2)     

Innerhalb dieser Zeitspanne kann der Arbeitsvertrag bis zu siebenmal verlängert werden.“

6

Mit seiner der [X.] am 20. Februar 2018 zugestellten Klage hat der Kläger die Unwirksamkeit der Befristung zum 31. Dezember 2018 geltend gemacht und die Auffassung vertreten, die in § 2 TV Befristung Steinkohlenbergbau idF vom 1. August 2010 vorgenommene Ausdehnung der Höchstdauer der sachgrundlosen Befristung auf sieben Jahre und der Anzahl der Verlängerungen auf sieben sei nicht durch die Regelungsbefugnis der Tarifvertragsparteien gedeckt. Die Befristung könne auch nicht auf § 2 des TV Befristung Steinkohlenbergbau idF vom 29. Juni 2007 gestützt werden, da diese Regelung durch den Änderungstarifvertrag vom 1. August 2010 abgelöst worden sei.

7

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

1.    

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht aufgrund der Befristungsvereinbarung im Arbeitsvertrag vom 22. November 2014 mit Ablauf des 31. Dezember 2018 beendet wird,

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, den Kläger ab dem 1. Januar 2019 bis zum rechtskräftigen Abschluss dieses Entfristungsschutzverfahrens auf dem [X.] zu den bisherigen Arbeitsbedingungen in der Lohngruppe 10 im Übertagebereich als übriger Facharbeiter, Fachrichtung Werkstätten / Bauabteilung, gemäß Arbeitsvertrag vom 22. November 2014 weiter zu beschäftigen.

8

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

9

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das [X.] hat die Berufung der [X.] zurückgewiesen. Mit ihrer Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter. Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die Revision der Beklagten ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils des [X.], zur Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung und zur Abweisung der Klage. Das [X.] hat der Befristungskontrollklage zu Unrecht stattgegeben. [X.] fällt dem Senat nicht zur Entscheidung an.

I. Der Befristungskontrollantrag ist unbegründet. Das Arbeitsverhältnis der Parteien hat aufgrund der im Arbeitsvertrag vom 22. November 2014 vereinbarten Befristung am 31. Dezember 2018 geendet. Die Befristung ist wirksam.

1. Die Befristung zum 31. Dezember 2018 gilt nicht bereits nach § 17 Satz 2 [X.] iVm. § 7 Halbs. 1 KSchG als wirksam. Mit seiner der Beklagten am 20. Februar 2018 zugestellten Klage hat der Kläger die Frist des § 17 Satz 1 [X.] für die Geltendmachung der Unwirksamkeit der Befristung gewahrt. Die Klage kann schon vor dem Ablauf der vereinbarten Befristung erhoben werden ([X.] 17. April 2019 - 7 [X.] - Rn. 11; 19. Dezember 2018 - 7 [X.] - Rn. 14, [X.]E 164, 381; 21. März 2018 - 7 [X.] - Rn. 11; 18. Mai 2016 - 7 [X.] - Rn. 10 [X.], [X.]E 155, 101).

2. Die Befristung ist nicht nach § 14 Abs. 1 [X.] gerechtfertigt. Auf einen Sachgrund für die Befristung hat sich die Beklagte nicht berufen.

3. Die Befristung ist auch nicht nach § 14 Abs. 2 Satz 1 [X.] gerechtfertigt. Nach § 14 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 1 [X.] ist die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrags ohne Vorliegen eines Sachgrundes bis zur Dauer von zwei Jahren zulässig. Die in § 14 Abs. 2 Satz 1 [X.] festgelegte [X.] ist nicht eingehalten. Das Arbeitsverhältnis der Parteien bestand vom 1. Januar 2015 bis zum 31. Dezember 2018 und damit länger als zwei Jahre.

4. Die Befristung kann auch nicht mit Erfolg auf § 14 Abs. 2 Satz 3 und Satz 4 [X.] iVm. § 2 [X.] idF vom 1. August 2010 gestützt werden.

a) Die Regelung in § 2 Abs. 1 [X.] idF vom 1. August 2010, wonach der Arbeitsvertrag bis zur Gesamtdauer von sieben Jahren ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes befristet werden kann, ist nicht von der den Tarifvertragsparteien durch § 14 Abs. 2 Satz 3 [X.] eröffneten Regelungsbefugnis gedeckt (ausführlich [X.] 17. April 2019 - 7 [X.] - Rn. 16 ff.). Die den Tarifvertragsparteien durch § 14 Abs. 2 Satz 3 [X.] eröffnete Möglichkeit, die Höchstdauer der Befristung und die Anzahl der Vertragsverlängerungen abweichend von § 14 Abs. 2 Satz 1 [X.] festzulegen, ist zwar nach dem Gesetzeswortlaut nicht eingeschränkt. Aufgrund des systematischen Gesamtzusammenhangs und Sinn und Zwecks von § 14 [X.] sowie aus verfassungs- und unionsrechtlichen Gründen besteht aber eine immanente Beschränkung der durch § 14 Abs. 2 Satz 3 [X.] eröffneten Regelungsbefugnis der Tarifvertragsparteien. Nach der Rechtsprechung des [X.] ist die Grenze der tariflichen Regelungsbefugnis bei der Festlegung der Dauer eines sachgrundlos befristeten Arbeitsverhältnisses auf maximal sechs Jahre und der höchstens neunmaligen Verlängerung bis zu dieser Gesamtdauer erreicht (grundlegend und ausführlich [X.] 26. Oktober 2016 - 7 [X.] - Rn. 17, 31 ff., [X.]E 157, 141; vgl. auch [X.] 17. April 2019 - 7 [X.] - Rn. 17 ff.; 21. März 2018 - 7 [X.] - Rn. 21; 14. Juni 2017 - 7 [X.] - Rn. 19).

b) § 2 Abs. 1 TV Befristung Steinkohlenbergbau idF vom 1. August 2010 kann nicht „geltungserhaltend“ dahin ausgelegt werden, dass die Tarifvertragsparteien einen - nach der Rechtsprechung des [X.] wirksamen - Höchstbefristungszeitraum von sechs Jahren vereinbaren wollten (vgl. zu den für Tarifverträge maßgeblichen Auslegungsgrundsätzen [X.] 12. Dezember 2018 - 4 [X.] - Rn. 35, 42 [X.], [X.]E 164, 326). Der Wortlaut des § 2 Abs. 1 [X.] idF vom 1. August 2010 ist eindeutig. Die Höchstdauer der Befristung beträgt danach abweichend von § 14 Abs. 2 Satz 1 [X.] sieben Jahre. Ein etwaiger Wille der Tarifvertragsparteien, die Befristungsmöglichkeit nach § 2 Abs. 1 [X.] idF vom 1. August 2010 auf den nach der Rechtsprechung zulässigen Zeitraum zu begrenzen, hat jedenfalls in der tariflichen Regelung keinen Niederschlag gefunden.

c) § 2 Abs. 1 TV Befristung Steinkohlenbergbau idF vom 1. August 2010 ist einer ergänzenden Auslegung im Sinne einer teleologischen Reduktion dahin, dass eine [X.] von sechs Jahren als vereinbart gilt, nicht zugänglich ([X.] 2020, 1140).

aa) Eine ergänzende Auslegung tarifvertraglicher Regelungen kommt grundsätzlich nur dann in Betracht, wenn damit kein Eingriff in die durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützte Tarifautonomie verbunden ist. Eine ergänzende Auslegung eines Tarifvertrags scheidet daher aus, wenn die Tarifvertragsparteien eine regelungsbedürftige Frage bewusst ungeregelt lassen und diese Entscheidung höherrangigem Recht nicht widerspricht. Voraussetzung für eine ergänzende Auslegung ist, dass entweder eine (anfänglich) unbewusste Regelungslücke vorliegt oder eine Regelung nachträglich lückenhaft geworden ist ([X.] 11. Juli 2019 - 6 [X.] - Rn. 26; 23. April 2013 - 3 [X.] - Rn. 29 [X.]).

[X.]) Danach ist eine ergänzende Auslegung vorliegend ausgeschlossen. Der Tarifvertrag über befristete Arbeitsverhältnisse im [X.] Steinkohlenbergbau ist durch die Neuregelung des § 2 mit dem Tarifvertrag zur Änderung des Tarifvertrags über befristete Arbeitsverhältnisse im [X.] Steinkohlenbergbau vom 1. August 2010 nicht nachträglich lückenhaft geworden. § 2 TV Befristung Steinkohlenbergbau idF vom 1. August 2010 ist insgesamt unwirksam mit der Folge, dass § 2 [X.] idF vom 29. Juni 2007 nicht abgelöst worden ist. Dies hat das [X.] verkannt.

(1) Das [X.] ist zwar zu Recht davon ausgegangen, dass nach dem [X.] (Zeitkollisionsregel) ein Tarifvertrag, der einen bestimmten Komplex insgesamt neu regelt, grundsätzlich seinen Vorgänger insoweit ersetzt. Verständigen sich die Tarifpartner nur auf die Neuregelung einzelner Tarifbestimmungen, lösen sie die korrespondierenden Regelungen des fraglichen Tarifvertrags ab, während der Tarifvertrag im Übrigen bestehen bleibt. Das gilt, ohne dass der frühere Tarifvertrag durch eine ausdrückliche Vereinbarung aufgehoben werden muss ([X.] 30. Januar 2002 - 10 [X.] - zu II 1 b aa der Gründe [X.]). Den Tarifvertragsparteien ist es zwar unbenommen, vom [X.] abweichende Vereinbarungen zu treffen. Im Interesse der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit bedürfen solche Abweichungen aber besonderer Bestimmtheit und Deutlichkeit ([X.] 30. Januar 2002 - 10 [X.] - zu II 1 b aa der Gründe [X.]; 28. September 1994 - 4 [X.] - zu 3 d der Gründe [X.]). Dies ist nur anzunehmen, wenn ein entsprechender Wille der Tarifvertragsparteien einen hinreichend deutlichen Niederschlag in dem jeweiligen Tarifvertrag selbst gefunden hat ([X.] 30. Januar 2002 - 10 [X.] - zu II 1 b aa der Gründe).

(2) Das [X.] hat jedoch rechtsfehlerhaft angenommen, trotz der Unwirksamkeit der materiellen Regelungen des Tarifvertrags zur Änderung des Tarifvertrags über befristete Arbeitsverhältnisse im [X.] Steinkohlenbergbau habe dieser § 2 [X.] idF vom 29. Juni 2007 abgelöst, weil § 139 BGB, wonach im Falle der Nichtigkeit eines Teils eines Rechtsgeschäfts das ganze Rechtsgeschäft nichtig ist, wenn nicht anzunehmen ist, dass es auch ohne den nichtigen Teil vorgenommen worden wäre, bei [X.] nicht gelte.

(a) Zwar ist ein Tarifvertrag regelmäßig nur teilunwirksam, wenn der verbleibende Teil auch ohne die unwirksame Bestimmung noch eine sinnvolle und in sich geschlossene Regelung darstellt ([X.] 29. Januar 2020 - 4 [X.] - Rn. 37; 16. November 2011 - 4 [X.] - Rn. 27; 9. Mai 2007 - 4 [X.]/06 - Rn. 37 [X.]). Das folgt - nach dem [X.]n des § 139 BGB - aus seinem Normcharakter, der es gebietet, im Interesse der Kontinuität eine einmal gesetzte Ordnung aufrechtzuerhalten, soweit sie ihre Funktion auch ohne den unwirksamen Teil entfalten kann (vgl. zur Betriebsvereinbarung: [X.] 28. Juli 2020 - 1 ABR 4/19 - Rn. 29; 23. Januar 2018 - 1 [X.] - Rn. 38, [X.]E 161, 305; 29. April 2004 - 1 [X.] - zu [X.] 2 a aa der Gründe, [X.]E 110, 252). Dies betrifft jedoch nur Fälle, in denen ein Teil der Rechtsnormen eines Tarifvertrags unwirksam ist. Der [X.] trägt nicht, wenn die gesamte normative Regelung des Tarifvertrags unwirksam ist, so dass es an einer aufrechtzuerhaltenden Ordnung fehlt. In einem solchen Fall erfasst die Unwirksamkeit der normativen Regelung im Zweifel auch eine ausdrückliche oder konkludente - schuldrechtliche - Ablösungsvereinbarung. Ohne besondere Anhaltspunkte kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Tarifvertragsparteien eine Ablösung auch für den Fall der Unwirksamkeit aller neu geregelten Rechtsnormen vereinbaren und damit im Ergebnis insoweit einen tarifrechtlich nicht geregelten Zustand herbeiführen wollen.

(b) Danach ist § 2 [X.] idF vom 29. Juni 2007 durch die Neuregelung des § 2 mit dem Tarifvertrag zur Änderung des Tarifvertrags über befristete Arbeitsverhältnisse im [X.] Steinkohlenbergbau vom 1. August 2010 nicht abgelöst worden.

(aa) Die normativen Regelungen des Tarifvertrags zur Änderung des Tarifvertrags über befristete Arbeitsverhältnisse im [X.] Steinkohlenbergbau vom 1. August 2010 sind insgesamt unwirksam. Dieser Änderungstarifvertrag enthält nur eine Neuregelung des § 2 [X.], mit dem die Tarifvertragsparteien von der Möglichkeit Gebrauch gemacht haben, die Höchstdauer der sachgrundlosen Befristung und die Anzahl der Vertragsverlängerungen abweichend von § 14 Abs. 2 Satz 1 [X.] festzulegen. Die Unwirksamkeit der Vorschrift zur Höchstdauer der Befristung in § 2 Abs. 1 [X.] idF vom 1. August 2010 führt zur Unwirksamkeit der gesamten Regelung. Die verbleibende Bestimmung in § 2 Abs. 2 [X.] idF vom 1. August 2010 über die zulässige Anzahl der Verlängerungen knüpft ausweislich der Formulierung „innerhalb dieser Zeitspanne“ an die Regelung in Abs. 1 an und sieht vor, dass bis zu der in Abs. 1 bestimmten Gesamtdauer von sieben Jahren Vertragsverlängerungen erfolgen können. Die Regelung über die siebenmalige Vertragsverlängerung setzt daher eine siebenjährige [X.] voraus und ergibt somit ohne die unwirksame Bestimmung in § 2 Abs. 1 [X.] idF vom 1. August 2010 keine sinnvolle und in sich geschlossene Regelung.

([X.]) Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass § 2 [X.] idF vom 29. Juni 2007 nach dem Willen der Tarifvertragsparteien auch bei Unwirksamkeit der Neuregelung des § 2 durch den Tarifvertrag zur Änderung des Tarifvertrags über befristete Arbeitsverhältnisse im [X.] Steinkohlenbergbau vom 1. August 2010 abgelöst werden sollte. Vielmehr ist davon auszugehen, dass die Tarifvertragsparteien eine Ablösung des § 2 [X.] idF vom 29. Juni 2007 nur für den Fall der Wirksamkeit der Neuregelung beabsichtigt haben. Zwar wäre der [X.] 2007 ohne die Regelung in § 2 nicht völlig sinnentleert, da der Tarifvertrag in § 3 und § 4 eigenständige Regelungen zur Schriftform und Kündigung enthält. An die Stelle des § 2 träte allerdings die gesetzliche Regelung des § 14 Abs. 2 Satz 1 [X.], so dass die Befristung eines Arbeitsvertrags ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes nur bis zur Dauer von zwei Jahren und bis zu dieser Gesamtdauer die höchstens dreimalige Verlängerung zulässig wäre. Dies widerspräche aber erkennbar dem Willen der Tarifvertragsparteien. Sie wollten mit der Neuregelung die Höchstdauer der sachgrundlosen Befristung von fünf auf sieben Jahre und der Anzahl der Verlängerungen von fünf auf sieben erweitern und nicht die bisherige tarifliche Möglichkeit, Arbeitsverträge sachgrundlos - erweitert - zu befristen, beschränken.

5. Die Befristung ist gemäß § 14 Abs. 2 Satz 3 und Satz 4 [X.] iVm. § 2 [X.] idF vom 29. Juni 2007 gerechtfertigt. Die tarifliche Regelung ist wirksam. Die Beklagte kann die vereinbarte Befristung auf diese Tarifbestimmung stützen.

a) Die tarifliche Regelung in § 2 [X.] idF vom 29. Juni 2007 ist wirksam. Sie hält sich innerhalb der den Tarifvertragsparteien durch § 14 Abs. 2 Satz 3 [X.] eröffneten Regelungsbefugnis.

aa) Der Wirksamkeit der Tarifbestimmung steht nicht entgegen, dass sowohl die Höchstdauer der Befristung als auch die Anzahl der Verlängerungen abweichend von § 14 Abs. 2 Satz 1 [X.] geregelt sind. Nach § 14 Abs. 2 Satz 3 [X.] können durch Tarifvertrag nicht nur entweder die Höchstdauer der Befristung oder die Anzahl der Verlängerungen sachgrundlos befristeter Arbeitsverträge, sondern kumulativ beide Vorgaben abweichend von § 14 Abs. 2 Satz 1 [X.] geregelt werden (st. Rspr. des [X.], vgl. [X.] 26. Oktober 2016 - 7 [X.] - Rn. 16, [X.]E 157, 141; 18. März 2015 - 7 [X.] - Rn. 20 ff.; 15. August 2012 - 7 [X.] - Rn. 17 ff. [X.], [X.]E 143, 10).

[X.]) Durch die Festlegung einer fünfjährigen sachgrundlosen Befristung bei fünfmaliger Verlängerungsmöglichkeit in § 2 [X.] idF vom 29. Juni 2007 haben die Tarifvertragsparteien den ihnen eröffneten [X.] nicht überschritten.

b) Die Beklagte kann die Befristung des Arbeitsverhältnisses zum 31. Dezember 2018 auf § 2 [X.] idF vom 29. Juni 2007 stützen.

aa) Der TV Befristung Steinkohlenbergbau findet auf das Arbeitsverhältnis der Parteien aufgrund einzelvertraglicher Bezugnahme Anwendung. Die Vereinbarung wurde iSd. § 14 Abs. 2 Satz 4 [X.] im Geltungsbereich des [X.] getroffen, denn die Parteien unterfielen im Falle beiderseitiger Tarifbindung dem Geltungsbereich des [X.] 2007 (vgl. [X.] 18. März 2015 - 7 [X.] - Rn. 36).

[X.]) Die streitgegenständliche Befristung erfüllt die Voraussetzungen in § 2 [X.] idF vom 29. Juni 2007. Das Arbeitsverhältnis bestand vom 1. Januar 2015 bis zum 31. Dezember 2018. Es wurde nicht verlängert, sondern war von Anfang an auf die Dauer von vier Jahren befristet.

II. [X.] fällt dem Senat nicht zur Entscheidung an. Aus der Klagebegründung ergibt sich, dass der Antrag für den Fall des Obsiegens mit dem Klageantrag zu 1. gestellt ist. Diese innerprozessuale Bedingung ist nicht eingetreten.

III. [X.] folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

        

    Gräfl    

        

    Waskow    

        

    M. Rennpferdt    

        

        

        

    R. Schiller    

        

    Meißner    

                 

Meta

7 AZR 118/19

24.02.2021

Bundesarbeitsgericht 7. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Rheine, 25. April 2018, Az: 3 Ca 223/18, Urteil

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 24.02.2021, Az. 7 AZR 118/19 (REWIS RS 2021, 8458)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 8458

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

7 AZR 99/19 (Bundesarbeitsgericht)

Sachgrundlose Befristung - Tarifvertrag - Ablösung - Steinkohlenbergbau


7 AZR 410/17 (Bundesarbeitsgericht)

Sachgrundlose Befristung - Tarifvertrag - Höchstdauer sieben Jahre


11 Sa 66/16 (Landesarbeitsgericht Hamm)


7 AZR 428/16 (Bundesarbeitsgericht)

Befristung ohne Sachgrund - Tarifvertrag - Zustimmung des Betriebsrats


2 Ca 2659/17 (Arbeitsgericht Herne)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

1 ABR 4/19

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.