Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.11.2004, Az. III ZR 97/03

III. Zivilsenat | REWIS RS 2004, 633

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Entscheidungstext


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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.]/03
Verkündet am: 18. November 2004 [X.] als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja

ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 1; BGB § 839 I; GG Art. 34

Zur hinreichenden Bezeichnung der beklagten öffentlich-rechtlichen [X.] trotz widersprüchlicher Angaben im Rubrum einer [X.].

[X.], Urteil vom 18. November 2004 - [X.]/03 - OLG Jena

LG [X.] - 2 -

[X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 18. November 2004 durch [X.] und die Rich-ter Dr. [X.], Dr. [X.], [X.] und [X.]

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des 3. Zivilsenats des [X.] vom 11. März 2003 aufgeho-ben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszuges, an den 1. Zivilsenat
des Berufungsgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand

Die beklagte [X.] lehnte durch Bescheid vom 7. Mai 1996 den Bauan-trag der Kläger vom 16. November 1995, betreffend den Neubau eines Wohn- und Geschäftshauses auf dem Grundstück [X.] – in [X.], ab. In dem hiergegen von den Klägern geführten verwaltungsgerichtlichen Verfahren schlossen die Parteien am 1. Juli 1998 einen Vergleich, durch den die Beklagte sich verpflichtete, die beantragte Baugenehmigung unter bestimmten Voraus-setzungen zu erteilen. Die Kläger verpflichteten sich, im Hinblick auf die ver-- 3 -

gleichsweise getroffene Regelung den anhängigen [X.] und das Widerspruchsverfahren nicht weiterzuverfolgen. Die Baugenehmigung wurde am 26. Mai 2000 erteilt.

Die Kläger halten die ursprüngliche Ablehnung ihres Bauantrags für rechtswidrig und machen gegen die Beklagte einen Amtshaftungsanspruch auf Ersatz des ihnen in Form entgangener steuerlicher Abschreibungsmöglichkei-ten entstandenen Verzögerungsschadens geltend.

In der am 29. Juni 2001 per Fax (Eingangsstempel: 2. Juli 2001) und am 2. Juli 2001 im Original beim [X.] eingegangenen Klageschrift ist als beklagte Partei der "[X.], vertreten durch die Landeshauptstadt [X.], diese vertreten durch den Oberbürgermeister –, diese vertreten durch das Bauordnungsamt" bezeichnet. Die Zustellung wurde mit Postzustellungsur-kunde vom 11. Juli 2001, die als Empfänger den "[X.], [X.]" ausweist, an das Bauordnungsamt der Beklagten unter dessen [X.] bewirkt.

Mit Schriftsatz vom 19. Juli 2001 beanstandete die Beklagte, daß die Klageschrift nicht ordnungsgemäß zugestellt sei, da sich die Klage gegen den [X.] richte, dieser aber nicht durch die Landeshauptstadt [X.] werde. Daraufhin erklärten die Kläger mit Schriftsatz vom 30. Juli 2001, die Beteiligten gingen zu Recht davon aus, daß Beklagte die [X.] [X.] sei; insoweit sei die Klagezustellung korrekt erfolgt. Dieser Schriftsatz wurde der Beklagten mit einer richterlichen Verfügung vom 1. August 2001 formlos über-sandt, die den Hinweis enthielt, daß Beklagte die [X.] [X.] sei und insoweit eine ordnungsgemäße Zustellung vorliege. Im weiteren Verlauf des [X.] 4 -

streits hielt die Beklagte ihre Beanstandung, daß keine ordnungsgemäße [X.]zustellung an sie vorläge, durchgängig aufrecht.

Das [X.] hat die Klageforderung dem Grunde nach für gerecht-fertigt erklärt. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht die [X.] abgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgen die Kläger ihren Amtshaftungsanspruch gegen die Beklagte weiter.

Entscheidungsgründe

Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur [X.] an das Berufungsgericht.

1. Das Berufungsgericht ist der Auffassung, zwischen den Parteien sei kein wirksames Prozeßrechtsverhältnis zustande gekommen. Die Klage habe sich gegen den [X.] und nicht gegen die [X.] [X.] gerichtet. Die Klage sei jedoch nicht diesem, sondern der [X.] [X.] zugestellt worden, mit-hin einer anderen juristischen Person als derjenigen, die in der Klageschrift als Beklagter benannt worden sei. In einem solchen Fall werde - vorbehaltlich der Heilung des Zustellungsmangels - niemand Partei: der in der Klageschrift Be-stimmte (hier: der [X.]) nicht, weil es an der gebotenen [X.] ihm gegenüber fehle; der Zustellungsempfänger (hier: die [X.] [X.]) nicht, weil er ausweislich der Klageschrift nicht Partei sein sollte. Die [X.] habe nicht die Aufgabe, die Person des Beklagten zu bestimmen, sondern zu finden. Eine Heilung des Zustellungsmangels sei nicht eingetreten. - 5 -

2. Diese Betrachtungsweise vermag der Senat nicht zu teilen.

a) Der Senat legt - in Übereinstimmung mit dem [X.] - die Klage-schrift dahin aus, daß richtige Beklagte von vornherein die Landeshauptstadt [X.] gewesen ist.

[X.]) Das Passivrubrum der Klageschrift war insoweit widersprüchlich, als dort zwar einerseits als Beklagter der [X.] benannt, [X.] jedoch angegeben worden war, dieser werde durch die Landeshauptstadt [X.] vertreten. Die Landeshauptstadt [X.] ist keine vertretungsbefugte [X.] im Sinne des § 18 ZPO, vielmehr eine selbständige juristische Person. Ihr - und nicht dem [X.] - ist die Klage auch zugestellt werden.

[X.]) Dieser Widerspruch ist - wovon auch das Berufungsgericht im An-satz zu Recht ausgeht - durch Auslegung zu beheben. Für diese Auslegung gilt der allgemeine Grundsatz des § 133 BGB: Es ist der wirkliche Wille zu erfor-schen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften. [X.] ist zur Ermittlung des richtigen Beklagten auch der klagebegründende Sachverhalt heranzuziehen. Aus diesem wurde - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - hinreichend deutlich, daß diejenige Körperschaft in [X.] genommen werden sollte, deren Amtsträger für die Ablehnung der [X.] verantwortlich waren. Dies ergab sich insbesondere auch aus dem vorprozessualen Kontext, in den die Amtshaftungsklage eingebettet war: Schon im vorangegangenen Verfahren des verwaltungsgerichtlichen Primär-rechtsschutzes hatten die Kläger ordnungsgemäß die jetzige Beklagte in [X.] genommen. Der jetzige klagebegründende Sachverhalt war der gleiche - 6 -

wie damals. Auch das der Klageschrift beigefügte Schreiben vom [X.] 1999, in dem die Kläger "letztmalig Gelegenheit" gaben, durch Zahlung von 102.841 DM Schadensersatz eine "gerichtliche Auseinandersetzung" wegen der begangenen Amtspflichtverletzung zu vermeiden, war an die [X.] [X.] selbst gerichtet. Von daher liegt die Annahme des Berufungsgerichts, die Klä-ger hätten sich nunmehr in bewußter Abkehr von ihrem damaligen Rechts-schutzbegehren gezielt für einen anderen Anspruchsgegner, nämlich den Frei-st[X.]t [X.], entschieden, fern. Vielmehr handelte es sich, was der Senat uneingeschränkt nachzuprüfen hat (vgl. Senatsurteil [X.] 4, 328, 334), auch bei voller Würdigung des berechtigten Anliegens, daß im Zivilprozeß die [X.] klar und eindeutig zu bezeichnen sind, um eine bloße der Beklagten und dem Gericht erkennbare ungenaue Parteibezeichnung, die - wie hier auch durch den Schriftsatz der Kläger vom 30. Juli 2001 geschehen - jederzeit be-richtigt werden konnte (vgl. Senatsurteil vom 13. Juli 1972 - [X.] = [X.], 1128; [X.], Urteil vom 12. Oktober 1987 - [X.] = NJW 1988, 1585, 1587).

b) Da vorliegend die Klageschrift trotz der mißverständlichen Parteibe-zeichnung an die richtige Partei gelangt ist, ist auch die ordnungsgemäße Zu-stellung der Klage nicht in Zweifel zu ziehen (vgl. [X.], Urteil vom [X.] 1978 - [X.] = Rpfleger 1978, 439 f).

3. Das Berufungsurteil kann nach alledem keinen Bestand haben. Die [X.], bei der der Senat von der Möglichkeit des § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch macht, gibt dem Berufungsgericht nunmehr Gelegenheit, in [X.] der von der Beklagten erhobenen Angriffe gegen das landge-richtliche Urteil einzutreten. Eine Verjährung des Amtshaftungsanspruchs - die - 7 -

sich hier noch nach § 852 BGB a.F. richtet - ist allerdings nicht eingetreten. Sie war hier nach § 209 Abs. 1 BGB a.F. durch die Inanspruchnahme verwaltungs-gerichtlichen [X.] zunächst unterbrochen worden (st. Senats-Rspr. seit [X.] 95, 238; s. [X.]/[X.], BGB 13. Bearb. [2002] § 839 Rn. 397 [X.].[X.]). Diese Unterbrechung dauerte fort, bis der Verwaltungs-prozeß durch den Vergleich vom 1. Juli 1998 "anderweit erledigt" wurde (§ 211 Abs. 1 BGB a.F.). Die Klageschrift ist spätestens am 2. Juli 2001, einem Mon-tag, eingegangen, mithin rechtzeitig (§ 193 BGB; § 270 Abs. 3 ZPO a.F.).
[X.] [X.] [X.]

[X.] [X.]

Meta

III ZR 97/03

18.11.2004

Bundesgerichtshof III. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.11.2004, Az. III ZR 97/03 (REWIS RS 2004, 633)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2004, 633

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