Bundesgerichtshof, Urteil vom 06.02.2020, Az. I ZR 93/18

1. Zivilsenat | REWIS RS 2020, 658

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Gegenstand

Verletzung der SEPA-Verordnung durch Zwang zur Verwendung eines inländische Kontos - SEPA-Lastschrift


Leitsatz

SEPA-Lastschrift

1. Art. 9 Abs. 2 der Verordnung (EU) Nr. 260/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung der technischen Vorschriften und der Geschäftsanforderungen für Überweisungen und Lastschriften in Euro und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 924/2009 (SEPA-VO) ist ein Verbraucherschutzgesetz im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 UKlaG.

2. Art. 9 Abs. 2 SEPA-VO ist eine Marktverhaltensregelung im Sinne des § 3a UWG.

3. Das aus Art. 9 Abs. 2 SEPA-VO folgende Verbot, dass ein Zahlungsempfänger, der Lastschriften zum Geldeinzug verwendet, einem Zahler vorgibt, in welchem Mitgliedstaat er sein grundsätzlich für Lastschriften erreichbares Zahlungskonto zu führen hat, ist verletzt, wenn ein Zahlungsempfänger in Deutschland wohnhaften Verbrauchern die Bezahlung durch Lastschrift von einem in Luxemburg unterhaltenen Konto verwehrt.

Tenor

Die Revision gegen das Urteil des [X.] - 4. Zivilsenat - vom 20. April 2018 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Der Kläger ist der in die Liste qualifizierter Einrichtungen nach § 4 [X.] eingetragene [X.] Verbraucherzentrale Bundesverband e.V.

2

Die Beklagte betreibt Versandhandel im [X.]. Sie bietet ihren Kunden als Zahlmethode unter anderem das Lastschriftverfahren an. Bei der [X.]bestellung eines Kunden mit Wohnsitz in [X.] erschien nach Eingabe eines in [X.] geführten Kontos die Fehlermeldung "Ungültige IBAN". Auf Nachfrage teilte die Beklagte mit, es sei ihr bei Kunden mit Wohnsitz in [X.] leider nicht möglich, von einem ausländischen Bankkonto abzubuchen.

3

Auf die nach erfolgloser Abmahnung erhobene Klage hat das [X.] die Beklagte antragsgemäß unter Androhung von [X.] verurteilt,

im Rahmen geschäftlicher Handlungen gegenüber Verbrauchern, deren Wohnsitz in [X.] ist, beim Bankeinzug Bankkonten aus [X.] nicht zu akzeptieren.

4

Außerdem hat das [X.] die Beklagte zur Erstattung von Abmahnkosten in Höhe von 214 € nebst Zinsen verurteilt ([X.], [X.], 741).

5

Die Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben ([X.], [X.], 349). Dagegen wendet sich die Beklagte mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung der Kläger beantragt.

6

Der Senat hat das Revisionsverfahren mit Beschluss vom 14. Februar 2019 bis zu einer Entscheidung des Gerichtshofs der [X.] im Verfahren [X.]/18 ausgesetzt, die mit Urteil vom 5. September 2019 ([X.], 567 - Verein für Konsumenteninformation) ergangen ist.

Entscheidungsgründe

7

I. Das Berufungsgericht hat die Klage für aus § 2 Abs. 1 [X.] und § 3a UWG, jeweils in Verbindung mit Art. 9 Abs. 2 der Verordnung ([X.]) Nr. 260/2012 zur Festlegung der technischen Vorschriften und der Geschäftsanforderungen für Überweisungen und Lastschriften in [X.] und zur Änderung der Verordnung ([X.]) Nr. 924/2009 ([X.] - [X.]), begründet erachtet und dazu im Wesentlichen ausgeführt:

8

Die Bestimmung des Art. 9 Abs. 2 [X.] sei ein [X.]gesetz im Sinne des § 2 Abs. 1 [X.]. Die [X.] vereinfache den Zahlungsverkehr im integrierten Binnenmarkt gerade auch für die Verbraucher. Dies sei nicht untergeordneter [X.] oder gar nur zufällige Nebenwirkung, sondern unmittelbar verbraucherschützendes Ziel der Regelung. Dieses Ziel ergebe sich aus der Gesamtheit der Erwägungsgründe der Verordnung, die auch ausdrücklich auf Art. 114 A[X.]V gestützt sei.

9

Art. 9 Abs. 2 [X.] stelle zudem eine Marktverhaltensregelung im Sinne des § 3a UWG dar, da die Vorschrift auch dazu bestimmt sei, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln.

Die Beklagte verstoße gegen Art. 9 Abs. 2 [X.], weil sie die Bezahlung durch Lastschrift von einem in [X.] unterhaltenen Konto durch einen in [X.] wohnhaften Besteller nicht nur im Einzelfall, sondern generell ablehne.

II. Die Revision der [X.] ist unbegründet. Dem zur Geltendmachung befugten Kläger (dazu [X.]) steht ein Unterlassungsanspruch aus § 2 Abs. 1 Satz 1 [X.] (dazu [X.]) und aus §§ 8, 3 Abs. 1, § 3a UWG (dazu [X.]), jeweils in Verbindung mit Art. 9 Abs. 2 [X.], ebenso zu wie ein Anspruch auf Erstattung von Abmahnkosten (dazu II 4).

1. Der Kläger ist für den geltend gemachten Unterlassungsanspruch nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 4 [X.] sowie § 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG klagebefugt und aktivlegitimiert. Dies zieht auch die Revision nicht in Zweifel.

2. Der Unterlassungsanspruch ergibt sich aus § 2 Abs. 1 Satz 1 [X.] in Verbindung mit Art. 9 Abs. 2 [X.]. Diese Vorschrift ist ein [X.]gesetz im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 [X.] (dazu [X.] a). Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, dass die Beklagte Verbraucher mit Wohnsitz in [X.] generell von einer Zahlung mit Lastschrift von einem luxemburgischen Konto ausschließt, und hierin einen Verstoß gegen Art. 9 Abs. 2 [X.] gesehen (dazu [X.] b), der einen Unterlassungsanspruch des [X.] begründet (dazu [X.] c).

a) Art. 9 Abs. 2 [X.] ist ein [X.]gesetz im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 [X.].

aa) Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 [X.] kann im Interesse des [X.]es auf Unterlassung und Beseitigung in Anspruch genommen werden, wer in anderer Weise als durch Verwendung oder Empfehlung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen Vorschriften zuwiderhandelt, die dem Schutz der Verbraucher dienen ([X.]gesetze). Nach der Gesetzesbegründung zu § 22 [X.], der der aktuellen Vorschrift des § 2 [X.] vorausgegangen ist, dient eine Norm dem Schutz der Verbraucher, wenn der [X.] ihr eigentlicher Zweck ist. Sie kann auch anderen Zwecken dienen; es genügt aber nicht, wenn der [X.] in der Norm nur untergeordnete Bedeutung hat oder eine nur zufällige Nebenwirkung ist (vgl. Regierungsentwurf eines Gesetzes über Fernabsatzverträge und andere Fragen des Verbraucherrechts sowie zur Umstellung von Vorschriften auf [X.], BT-Drucks. 14/2658, [X.]; [X.], Urteil vom 26. November 2008 - [X.], [X.]Z 179, 27 Rn. 39). Die Norm muss Verhaltenspflichten des Unternehmers gegenüber dem Verbraucher begründen (vgl. [X.] in [X.]/[X.]/[X.], UWG, 38. Aufl., § 2 [X.] Rn. 30).

bb) Die für den Streitfall maßgebliche Vorschrift des Art. 9 Abs. 2[X.] fällt nicht unter den Beispielskatalog des § 2 Abs. 1 Satz 1 [X.], so dass ihre Qualifikation als [X.]gesetz im Einzelfall zu prüfen ist.

cc) Art. 9 Abs. 2 [X.] ist eine Vorschrift, die zumindest auch dem [X.] dient (ebenso [X.] in [X.]/[X.]/[X.] aaO § 2 [X.] Rn. 30c; [X.]/[X.], Stand 1. Februar 2020, § 2 [X.] Rn. 29; [X.], EWiR 2018, 483; kritisch [X.], [X.] 2018, 210, 211; Lieder/[X.], [X.], 286, 290; [X.], EWiR 2019, 709, 710). Ohne Erfolg macht die Revision geltend, die [X.] beschränke sich entsprechend ihrer Überschrift auf die Festlegung von technischen Vorschriften und Geschäftsanforderungen für Überweisungen und Lastschriften in [X.], wohingegen der [X.] hierbei nur untergeordneter Zweck oder zufällige Nebenwirkung sei.

(1) Nach Art. 9 Abs. 2 [X.] gibt ein Zahlungsempfänger, der eine Überweisung annimmt oder eine Lastschrift verwendet, um Geldbeträge von einem Zahler einzuziehen, der Inhaber eines Zahlungskontos innerhalb der [X.] ist, nicht vor, in welchem Mitgliedstaat dieses Zahlungskonto zu führen ist, sofern das Zahlungskonto gemäß Art. 3 [X.] erreichbar ist. Art. 3 Abs. 2 und 3 [X.] bestimmt, dass ein Zahlungsdienstleister eines Zahlers, der für eine [X.] gemäß einem Zahlverfahren erreichbar ist, im Einklang mit den Bestimmungen eines unionsweiten Zahlverfahrens auch für Lastschriften erreichbar sein muss, die von einem Zahlungsempfänger über einen in einem beliebigen Mitgliedstaat ansässigen Zahlungsdienstleister veranlasst werden; dies gilt jedoch nur für Lastschriften, die für die Verbraucher als Zahler nach dem Zahlverfahren verfügbar sind.

(2) Wie sich aus Erwägungsgrund 1 [X.] ergibt, soll durch den einheitlichen [X.]-Zahlungsverkehrsraum ("single euro payment area" bzw. "SEPA") ein integrierter Markt für elektronische Zahlungen in [X.] ohne Unterscheidung zwischen Inlandszahlungen und grenzüberschreitenden Zahlungen als Voraussetzung für ein reibungsloses Funktionieren des Binnenmarkts geschaffen werden. Im Einklang mit diesem [X.] stützt sich die [X.] als Rechtsgrundlage insbesondere auf Art. 114 A[X.]V, der in seinem Absatz 1 eine Angleichung von Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten zur Verwirklichung des Binnenmarkts gemäß Art. 26 A[X.]V vorsieht. In Erwägungsgrund 5 wird die Erforderlichkeit der [X.] ferner damit begründet, eine Selbstregulierung habe sich als nicht ausreichend erwiesen, weil insbesondere Verbraucher- und sonstige Nutzerinteressen nicht ausreichend und transparent berücksichtigt worden seien. Auch in zahlreichen anderen Erwägungsgründen - insbesondere 5, 13, 14, 19, 20, 24, 25 und 32 - wird die zentrale Bedeutung der Verbraucherinteressen zur Erreichung der Ziele der [X.] unterstrichen.

(3) Art. 9 Abs. 2 [X.] ist eine Norm, die zumindest auch dem Schutz der Verbraucher dient und bei der dieser Schutz nicht nur untergeordnete Bedeutung hat oder eine nur zufällige Nebenwirkung ist. Dies folgt aus dem Urteil des Gerichtshofs der [X.]päischen [X.] vom 5. September 2019 ([X.]/18, [X.], 1567 Rn. 27 - Verein für Konsumenteninformation; kritisch hierzu Lieder/[X.], [X.], 286, 290; [X.], EWiR 2019, 709, 710; zu den Schlussanträgen des Generalanwalts auch [X.], EWiR 2019, 385).

Der Gerichtshof der [X.]päischen [X.] hatte dort zwar unmittelbar nur über die im Streitfall nicht entscheidungserhebliche Frage zu befinden, ob Art. 9 Abs. 2 [X.] einer Vertragsklausel entgegensteht, die eine SEPA-Lastschrift ausschließt, wenn der Zahler seinen Wohnsitz nicht in dem Mitgliedsstaat hat, in dem der Zahlungsempfänger seinen Sitz hat. Er hat in seiner Urteilsbegründung aber unter Bezugnahme auf Erwägungsgrund 32 [X.] klargestellt, dass Art. 9 Abs. 2 [X.] nicht nur technische Vorschriften und Geschäftsanforderungen aufstellt, sondern auch zur Erreichung des Ziels beiträgt, das hohe Maß an [X.] zu erreichen, das erforderlich ist, um sicherzustellen, dass die Verbraucher SEPA unterstützen ([X.], [X.], 1567 Rn. 27 - Verein für Konsumenteninformation). Der Gerichtshof der [X.]päischen [X.] hat ferner hervorgehoben, dass die Bestimmung es ermöglicht, für jegliche Zahlung per Lastschrift innerhalb der [X.] nur ein einziges Zahlungskonto zu nutzen, wodurch die mit der Führung mehrerer Zahlungskonten verbundenen Kosten vermieden werden ([X.], [X.], 1567 Rn. 28 - Verein für Konsumenteninformation).

Danach ist die im Streitfall entscheidungserhebliche Rechtsfrage, ob Art. 9 Abs. 2 [X.] eine Norm ist, die zumindest auch dem Schutz der Verbraucher dient und bei der dieser nicht nur untergeordnete Bedeutung hat oder eine nur zufällige Nebenwirkung ist, durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs der [X.]päischen [X.] in einer Weise geklärt, die keinen vernünftigen Zweifel offenlässt ("acte [X.]"; vgl. [X.], Urteil vom 6. Oktober 1982 - 283/81, Slg. 1982, 3415 Rn. 16 = NJW 1983, 1257 - Cilfit u.a.; [X.], [X.], 52 Rn. 35). Ein Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der [X.]päischen [X.] gemäß Art. 267 Abs. 3 A[X.]V ist im Streitfall somit nicht veranlasst.

(4) Ohne Erfolg macht die Revision geltend, der Verordnungsgeber spreche in Erwägungsgrund 1 Satz 3 [X.] gleichermaßen "Bürger und Unternehmen der [X.]" als begünstigt an und habe daher nicht das Verhältnis von Unternehmen und Verbrauchern im Blick gehabt. Die [X.] schützt "Bürger und Unternehmen" in ihrer Eigenschaft als Zahler gegenüber Zahlungsempfängern, bei denen es sich regelmäßig um Unternehmen handelt. Der Umstand, dass auch Unternehmen in ihrer Eigenschaft als Zahler begünstigt werden, schließt die verbraucherschützende Zielrichtung der [X.] mithin nicht aus. Die Frage, ob darüber hinaus die aus den Erwägungsgründen 5, 7 und 24 [X.] abgeleitete und von der Revision ebenfalls angegriffene Annahme des Berufungsgerichts zutrifft, Art. 9 Abs. 2 [X.] trage einer strukturellen Unterlegenheit von Verbrauchern Rechnung, bedarf im Streitfall keiner Entscheidung. Allerdings handelt es sich bei den von Unternehmern für den Verkauf von Waren oder Dienstleistungen gegenüber Verbrauchern festgelegten Zahlungsbedingungen in der Regel um Allgemeine Geschäftsbedingungen, so dass die der Revisionsbegründung zu Grunde liegende Annahme einer gleichgewichtigen Verhandlungssituation fernliegt.

dd) Art. 9 Abs. 2 [X.] ist eine Vorschrift, die unmittelbare Verhaltenspflichten der Unternehmer gegenüber den Verbrauchern begründet. Die Vorschrift verpflichtet Unternehmer dazu, Verbrauchern die Teilnahme an einem zur Bezahlung angebotenen Lastschriftverfahren nicht allein deshalb zu versagen, weil sie für die Lastschrift ein Konto in einem von ihrem Wohnsitz abweichenden Mitgliedstaat angeben.

b) Die Beklagte hat gegen Art. 9 Abs. 2 [X.] verstoßen, indem sie in [X.] wohnhaften Verbrauchern die Bezahlung durch Lastschrift von einem in [X.] unterhaltenen Konto verwehrt hat.

aa) Ohne Erfolg macht die Revision geltend, das Berufungsgericht habe insoweit wesentlichen Vortrag der [X.] unbeachtet gelassen und damit ihren Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt.

(1) Die Revision bringt insoweit vor, die Beklagte habe bereits erstinstanzlich und erneut in ihrer Berufungsbegründung vorgetragen, sie akzeptiere selbstverständlich von Kunden außerhalb von [X.] veranlasste Überweisungen oder Lastschriften. Nur bei Vorliegen verschiedener intern definierter Parameter und [X.] würden die Kunden aufgrund von Erfahrungswerten in wenigen Einzel- bzw. Ausnahmefällen gebeten, ein anderes Zahlungsmittel zu verwenden, was zur Verhinderung einer möglichen Geldwäsche erforderlich sei. Es mache wenig Sinn, die entsprechenden Parameter im Rahmen eines Klageverfahrens im Detail auszubreiten, da sie dann jedermann kenne und es sich nicht mehr um betriebsinterne Parameter handele. Privaten Unternehmen müsse es erlaubt sein, eigene Sicherheitsmaßnahmen in Bezug auf den bargeldlosen Zahlungsverkehr zur Vermeidung von Missbrauch und zur Behebung von Sicherheitslücken zu verwenden. Die [X.]päische Zentralbank habe in einer Stellungnahme zu einem Vorschlag für eine Richtlinie des [X.]päischen Parlaments und des Rates über Zahlungsdienste im Binnenmarkt ([X.]. 2014 [X.]; [X.]/2014/9) unter Ziffer 2.7 vorgeschlagen, ein System verstärkter [X.] vorzusehen und dafür eigene personalisierte Sicherheitsmerkmale anzuwenden. Dies habe die Beklagte getan, wobei sie Parameter und Verdachtsmomente aufgrund von Erfahrungswerten verwende.

Diesen Vortrag hat das Berufungsgericht nicht in einer den Anspruch der [X.] auf rechtliches Gehör verletzenden Weise unberücksichtigt gelassen.

(2) Das Berufungsgericht hat sich nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO an die im Tatbestand des landgerichtlichen Urteils als unstreitig dargestellte Feststellung gebunden gesehen, dass Verbraucher mit Wohnsitz in [X.] bei der [X.] bestellte Ware nicht per Lastschrift über ein Konto in [X.] bezahlen können. Es hat hierzu ausgeführt, entgegen der Berufungsbegründung beschränke sich der Klägervortrag in erster Instanz nicht auf die Darstellung eines Einzelfalls. Vielmehr habe der Kläger bereits in der Klageschrift dargelegt, dass die Beklagte die Bezahlung durch Lastschrift von einem in [X.] unterhaltenen Konto durch einen in [X.] wohnhaften Besteller generell ablehne, zum Beleg dafür einen konkreten Einzelfall geschildert und auf die als Anlage [X.] vorgelegte Auskunft der [X.] verwiesen. In der Klageerwiderung habe die Beklagte lediglich vorgebracht, sie akzeptiere selbstverständlich Überweisungen und Lastschriften von Konten außerhalb [X.]s und bitte lediglich in wenigen Einzel- bzw. Ausnahmefällen aufgrund interner Parameter und [X.] um die Verwendung eines anderen Zahlungsmittels. Auf die Replik des [X.] unter Verweis auf Anlage [X.], die Beklagte behaupte damit nicht, dass sie Verbrauchern mit Wohnsitz in [X.] die Zahlung per Lastschrift von einem luxemburgischen Konto ermögliche, habe die Beklagte in ihrer Duplik nicht konkreter vorgetragen, sondern sich lediglich auf ihr Geheimhaltungsinteresse berufen.

(3) Diese Würdigung des Berufungsgerichts lässt keinen Rechtsfehler erkennen. Das [X.] hat im unstreitigen Tatbestand seines Urteils festgestellt, dass Verbraucher mit Wohnsitz in [X.], die bei der [X.] bestellen, eine Lastschrift nicht von einem in [X.] unterhaltenen Konto vornehmen lassen können und die Beklagte bei Kunden in [X.] keine ausländischen Bankkonten zum Zweck der Abbuchung akzeptiert. Diese Feststellungen hat die Beklagte nicht mit einem an das [X.] gerichteten Tatbestandsberichtigungsantrag (§ 320 ZPO) angegriffen.

Es unterliegt keinen revisionsrechtlichen Bedenken, dass sich das Berufungsgericht nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO an diese Tatsachenfeststellungen des [X.]s gebunden gesehen hat. Nach der genannten Vorschrift entfällt diese Bindung, soweit konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen des Erstgerichts begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten. Die Wiederholung des erstinstanzlichen Vortrags der [X.] in der Berufungsbegründung ohne Konkretisierung der von ihr verwendeten Parameter und [X.] ist nicht geeignet, solche Zweifel zu begründen. Dies gilt auch für die ergänzende rechtliche Argumentation der [X.] in ihrer Berufungsbegründung, die sich nicht zu der tatsächlichen Frage verhält, ob sie bei in [X.] wohnhaften Kunden die Bezahlung per Lastschrift von einem in [X.] unterhaltenen Konto generell ablehnt.

Die Feststellungen des [X.]s, auf die das Berufungsgericht Bezug genommen hat (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO), stehen somit im Revisionsverfahren nach § 314 Satz 1 ZPO beweiskräftig fest (vgl. [X.], Urteil vom 16. Dezember 2010 - I ZR 161/08, [X.], 459 Rn. 12 = [X.], 467 - [X.] der Rache; Urteil vom 21. Mai 2015 - [X.], [X.], 67 Rn. 28 = [X.], 360 - [X.] Tageszeitungen II).

bb) Unabhängig davon lässt sich der generelle Ausschluss von Lastschriften, bei denen Wohnsitzstaat des Zahlenden und Sitzstaat seines Zahlungsdienstleisters auseinanderfallen, weder mit der Vorbeugung gegen Geldwäsche noch mit der Sicherheit des Zahlungsverkehrs rechtfertigen. Einer solchen Differenzierung steht der Zweck des Art. 9 Abs. 2 [X.] entgegen, nach dem Verbraucher die freie Wahl eines Zahlungsdienstleisters in einem beliebigen SEPA-Staat für alle ihre Lastschriftzahlungen im einheitlichen [X.]-Zahlungsverkehrsraum haben sollen (vgl. [X.], [X.], 1567 Rn. 28 - Verein für Konsumenteninformation). Auch das allgemeine Interesse des Zahlungsempfängers, die Bonität eines Zahlers zu prüfen, bietet keinen hinreichenden [X.]. Weder Art. 9 Abs. 2 noch eine sonstige Bestimmung der [X.] sehen eine Ausnahme von der in dieser Bestimmung normierten Verpflichtung vor, da der [X.]sgesetzgeber die verschiedenen Interessen, die im Verhältnis zwischen Zahlern und Zahlungsempfängern bei Zahlungen zum Ausgleich gebracht werden müssen, beim Erlass dieser Bestimmung hinreichend berücksichtigt hat (vgl. [X.], [X.] Rn. 37 bis 39 - Verein für Konsumenteninformation; insoweit kritisch [X.], EWiR 2019, 385 bereits zu den Schlussanträgen des Generalanwalts).

cc) Die Frage, ob und unter welchen Umständen es in bestimmten Einzel- und Ausnahmefällen gerechtfertigt sein kann, in [X.] wohnhafte Kunden bei Angabe eines Kontos in einem anderen SEPA-Mitgliedstaat im Interesse der Vorbeugung gegen Geldwäsche oder der Sicherheit des Zahlungsverkehrs vom Lastschriftverfahren auszuschließen, bedarf im Streitfall mangels hinreichend konkreten Vortrags der [X.] keiner Entscheidung. Daher muss auch der vom Berufungsgericht bestätigte [X.] nicht eingeschränkt werden, um der [X.] den Ausschluss von Lastschriftzahlungen von einem luxemburgischen Konto in berechtigten Einzel- und Ausnahmefällen zu ermöglichen. Zwar wird der [X.] mit dem [X.] allgemein verboten, gegenüber Verbrauchern mit Wohnsitz in [X.] beim Bankeinzug Bankkonten aus [X.] nicht zu akzeptieren. Dieser Tenor ist jedoch unter Berücksichtigung der Entscheidungsgründe des Berufungsurteils und des Vortrags des [X.] auszulegen. Daraus ergibt sich hinreichend klar, dass sich der [X.] auf die allgemeine Verpflichtung der [X.] aus Art. 9 Abs. 2 [X.] bezieht, ihren Kunden nicht vorzugeben, in welchem Mitgliedstaat sie ihr Zahlungskonto für das Lastschriftverfahren zu führen haben, sofern das Zahlungskonto gemäß Art. 3 Abs. 2 und 3 [X.] erreichbar ist. Das schließt im Einzelfall die Ablehnung der Lastschrift von einem Konto in einem anderen Mitgliedstaat nicht aus, wenn dafür mit den Zielen der [X.] vereinbare, sachlich berechtigte Gründe sprechen.

c) Der Verstoß der [X.] gegen Art. 9 Abs. 2 [X.] begründet einen Unterlassungsanspruch des [X.].

aa) Neben der bereits durch den Verstoß gegen Art. 9 Abs. 2 [X.] indizierten Wiederholungsgefahr setzt ein Unterlassungsanspruch auf Grundlage des § 2 Abs. 1 Satz 1 [X.] voraus, dass er im Interesse des [X.]es geltend gemacht wird. Hierfür ist erforderlich, dass der dem Anspruch zugrundeliegende Verstoß die Kollektivinteressen der Verbraucher berührt. Das ist der Fall, wenn der Verstoß in seinem Gewicht und in seiner Bedeutung über den Einzelfall hinausreicht und eine generelle Klärung geboten erscheinen lässt (vgl. Begründung des [X.] eines Gesetzes über Fernabsatzverträge und andere Fragen des Verbraucherrechts sowie zur Umstellung von Vorschriften auf [X.], BT-Drucks. 14/2658, [X.]; [X.] in [X.]/[X.]/[X.] aaO § 2 [X.] Rn. 30 und 38; [X.]/[X.] aaO § 2 [X.] Rn. 29; MünchKomm.ZPO/[X.]/[X.], 5. Aufl., § 2 [X.] Rn. 12 f.).

bb) Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, dass der in Rede stehende Verstoß gegen Art. 9 Abs. 2 [X.] die Kollektivinteressen der Verbraucher berührt, weil von ihm alle Besteller von Waren der [X.] mit Wohnsitz in [X.] betroffen sind, die für Lastschriften ein Konto in [X.] verwenden möchten. Die durch Art. 9 Abs. 2 [X.] gewährleistete Wahlfreiheit der Verbraucher in der [X.], für Lastschriftverfahren ein in einem anderen Mitgliedstaat geführtes Zahlungskonto zu verwenden, ist ausweislich des Regelungszusammenhangs der [X.] ein erforderliches Mittel, um insbesondere im Interesse der Verbraucher einen integrierten Markt für elektronische Zahlungen in [X.] und damit eine Voraussetzung für das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts zu schaffen (vgl. Erwägungsgrund 1 [X.]). Der Kläger beanstandet eine allgemeine, nicht nur den Einzelfall betreffende Verhaltensweise der [X.] bei der Annahme von Bestellungen. Unter diesen Umständen geht das beanstandete Verhalten in seinem Gewicht und seiner Bedeutung über den Einzelfall hinaus, so dass eine generelle Klärung geboten ist.

3. Wie das Berufungsgericht weiter zutreffend angenommen hat, ist der Unterlassungsantrag des [X.] auch aus § 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 3, § 3 Abs. 1 und § 3a UWG in Verbindung mit Art. 9 Abs. 2 [X.] begründet. Die Vorschrift ist eine Marktverhaltensregelung im Sinne des § 3a UWG.

a) Gemäß § 3a UWG handelt unlauter im Sinne von § 3 Abs. 1 UWG, wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln, wenn der Verstoß geeignet ist, die Interessen von Verbrauchern, sonstigen Marktteilnehmern oder Mitbewerbern spürbar zu beeinträchtigen.

b) [X.]gesetze im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 [X.] sind in der Regel zugleich Marktverhaltensregelungen im Sinne des § 3a UWG (vgl. [X.] in [X.]/[X.]/[X.] aaO § 2 [X.] Rn. 33). Mit Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass dies auch für Art. 9 Abs. 2 [X.] gilt (vgl. auch [X.], [X.], 1536 [juris Rn. 14 bis 19]). Die Vorschrift regelt das Marktverhalten des Zahlungsempfängers und damit derjenigen Person, die Inhaber eines Zahlungskontos ist und die den bei einem Zahlungsvorgang transferierten Geldbetrag als Empfänger erhalten soll (vgl. Art. 2 Nr. 4 [X.]). Davon betroffen sind insbesondere Unternehmer, die Verbrauchern Waren oder Dienstleistungen anbieten. Damit regelt Art. 9 Abs. 2 [X.] das Marktverhalten von Unternehmern gerade auch im Interesse der Verbraucher als Marktteilnehmer. Die Vorschrift schützt die Freiheit des Verbrauchers, Zahlungen über ein Konto in einem anderen Mitgliedstaat als demjenigen seines Wohnsitzes abzuwickeln (vgl. vorstehend [X.] c bb). Bei einem Verstoß gegen Art. 9 Abs. 2 [X.] ist die Verhaltensfreiheit der Verbraucher in Bezug auf die Bestellung von Waren oder Dienstleistungen und damit in Bezug auf ihre Marktteilnahme eingeschränkt. Damit ist der erforderliche Wettbewerbsbezug der Norm (vgl. hierzu [X.], Urteil vom 8. Oktober 2015 - [X.], [X.], 513 Rn. 21 = [X.], 586 - Eizellspende, mwN) entgegen der Ansicht der Revision gegeben. Wie die Revisionserwiderung zutreffend ausführt, ist die Möglichkeit, Waren oder Dienstleistungen bezahlen zu können, eine grundlegende Voraussetzung für die Marktteilnahme.

c) Der Verstoß der [X.] gegen Art. 9 Abs. 2 [X.] ist geeignet, die Interessen von Verbrauchern spürbar zu beeinträchtigen. Hiervon betroffen sind nicht nur Verbraucher aus [X.], denen verwehrt wird, ein in [X.] eröffnetes Bankkonto für das Lastschriftverfahren mit der [X.] zu nutzen. Auch Verbraucher aus [X.], die ihren Wohnsitz für Ausbildung oder Studium, aus beruflichen oder privaten Gründen für eine gewisse Zeit vorübergehend nach [X.] verlegen, werden daran gehindert, ihr in [X.] bestehendes Bankkonto im Lastschriftverfahren für Bestellungen bei der [X.] einzusetzen. Das Verhalten der [X.] beeinträchtigt daher nicht nur die Verbraucher als Marktteilnehmer im Binnenmarkt, sondern gegebenenfalls auch in der Ausübung ihrer Arbeitnehmerfreizügigkeit sowie ihrer Dienstleistungs- oder Niederlassungsfreiheit in einem die Spürbarkeitsschwelle überschreitenden Maß.

4. Mit Recht hat das Berufungsgericht die vom [X.] ausgesprochene Verurteilung der [X.] auf Erstattung einer Kostenpauschale in Höhe von 214 € nebst Zinsen aus § 5 [X.], § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG, §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB bestätigt. Dagegen erhebt die Revision keine Einwände.

III. Danach ist die Revision gegen das Berufungsurteil zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Koch     

      

Schaffert     

      

Löffler

      

Schwonke     

      

Odörfer     

      

Meta

I ZR 93/18

06.02.2020

Bundesgerichtshof 1. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Karlsruhe, 20. April 2018, Az: 4 U 120/17, Urteil

§ 2 Abs 1 S 1 UKlaG, § 3a UWG, Art 9 Abs 2 EUV 260/2012, Art 9 Abs 2 EGV 924/2009

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 06.02.2020, Az. I ZR 93/18 (REWIS RS 2020, 658)

Papier­fundstellen: MDR 2020, 808-809 WM2020,832 REWIS RS 2020, 658

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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