Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.06.2008, Az. III ZR 159/07

III. Zivilsenat | REWIS RS 2008, 3285

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL III ZR 159/07 Verkündet am: 19. Juni 2008 K i e f e r Justizangestellter als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit - 2 - Der II[X.] Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 19. Juni 2008 durch [X.], [X.] [X.], [X.], [X.] und die Richterin [X.] für Recht erkannt: Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des 10. Zivilsenats des [X.] vom 23. April 2007 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des [X.], an das Berufungsge-richt zurückverwiesen. Von Rechts wegen Tatbestand Der Kläger nimmt die am Revisionsverfahren allein beteiligte Beklagte zu 1 (künftig: die Beklagte) wegen fehlerhafter Anlageberatung auf Schadens-ersatz in Anspruch. Auf Empfehlung der Beklagten trat er im November 1996 mit einer Einlagesumme von 50.000 DM der "V.[X.]A. [X.]

KG", einem geschlossenen [X.], bei. Der Fonds entwickelte sich ungünstig. Lediglich im ersten [X.] erhielt der Kläger eine Ausschüttung von 1.375 DM. Der Kläger hat der Beklagten insbesondere eine ungenügende Risikoaufklärung [X.] - 3 - fen und behauptet, sie habe ihm versichert, die Anlage biete eine absolute Si-cherheit, es könne überhaupt nichts passieren. Das [X.] hat die auf Zahlung von insgesamt 34.104,26 • nebst Zinsen gerichtete Klage abgewiesen, das [X.] hat die - nach [X.] gegenüber der früheren Beklagten zu 2 - nur noch gegen die Beklagte gerichtete Berufung des [X.] zurückgewiesen. Mit seiner vom er-kennenden Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger insoweit seine Klageanträge weiter. 2 Entscheidungsgründe Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. 3 [X.] Das Berufungsgericht verneint Aufklärungspflichtverletzungen von Seiten der Beklagten. Sie seien auch nicht der Behauptung des [X.] zu entneh-men, die Beklagte habe über den [X.] hinaus zugesagt, es handele sich um eine absolut sichere Vermögensanlage, bei der Beteiligung an dem Fonds könne ihm überhaupt nichts passieren. Einer Beweisaufnahme hierzu bedürfe es nicht. Nach den Gesamtumständen hätte der Kläger sich nämlich hierauf nicht verlassen dürfen. Denn unstreitig habe dem Kläger vor Vertrags-schluss der Prospekt mit seinem die Anlageform und ihre Risiken beschreiben-den Inhalt vorgelegen. Von einer "absolut sicheren Vermögensanlage" sei dort 4 - 4 - aber gerade nicht die Rede. Der Kläger habe - auch als unerfahrener Anleger - aufgrund seines Berufs als Bilanzbuchhalter erkennen müssen, dass es sich bei einer unternehmerischen Beteiligung durch Erwerb eines [X.] nicht um eine absolut sichere Anlageform wie etwa bei einem Sparbuch gehandelt habe. Die von ihm gewünschte Steuerersparnis hätte sich andernfalls nicht realisieren lassen. Daher habe der Kläger eine solche Äußerung lediglich als werbende Anpreisung verstehen dürfen. I[X.] Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision nicht stand. 5 1. Das Berufungsgericht stellt nicht fest, ob die Beklagte, die mit dem hier in Rede stehenden Immobilienfonds eine nicht zur Produktpalette der früheren Beklagten zu 2 gehörende Anlage vertrieben hat und deswegen insoweit ent-weder im eigenen Namen aufgetreten ist oder jedenfalls mangels Vertretungs-macht für Pflichtverletzungen in dieser Beziehung selbst haftet, dem Kläger als Anlageberaterin oder Anlagevermittlerin gegenübergetreten ist (zur Abgrenzung vgl. etwa Senatsurteile vom 13. Mai 1993 - [X.], NJW-RR 1993, 1114 f.; vom 27. Oktober 2005 - [X.], NJW-RR 2006, 109 Rn. 14 und vom 18. Januar 2007 - [X.], [X.], 636, 637 Rn. 10). Zugunsten des [X.] ist daher von einer Anlageberatung auszugehen. Auf dieser Grundlage wäre aber, wie die Revision mit Recht rügt, zu prüfen gewesen, ob angesichts des vom Kläger behaupteten Ziels einer absolut sicheren Vermögensanlage bereits die Empfehlung einer unternehmerischen Beteiligung wegen des damit regelmäßig verbundenen [X.] fehlerhaft gewesen war. Die Beratung hat sich daran auszurichten, ob das beabsichtigte Anlagegeschäft der sicheren 6 - 5 - Geldanlage dienen soll oder spekulativen Charakter hat. Die empfohlene [X.] muss unter Berücksichtigung dieses Ziels auf die persönlichen Verhältnisse des Kunden zugeschnitten, d.h. "anlegergerecht" sein ([X.], 126, 129; Senatsurteil vom 6. März 2008 - [X.], [X.], 725, 729 Rn. 25). Mangels entsprechender Feststellungen des Berufungsgerichts vermag der [X.] nicht zu beurteilen, ob die Beklagte hier diesen Anforderungen, etwa mit Rücksicht auf das vom Kläger gleichzeitig verfolgte Ziel einer Steuerersparnis, die im Allgemeinen nicht ohne Verlustrisiken zu erreichen ist, genügt hat. Schon deswegen kann das angefochtene Urteil nicht bestehen bleiben. 2. Anlageberatung wie Anlagevermittlung verpflichten darüber hinaus ob-jektbezogen zu richtiger und vollständiger Information über diejenigen tatsächli-chen Umstände, die für den Anlageentschluss des Interessenten von [X.] Bedeutung sind (vgl. nur Senatsurteile vom 13. Mai 1993 aaO; vom 12. Juli 2007 - [X.], [X.], 1606, 1607 Rn. 8; vom 12. Juli 2007 - [X.], [X.], 1608 Rn. 8 und vom 25. Oktober 2007 - [X.], [X.], 512 f. Rn. 7; jeweils m.w.N.). Eine derartige Aufklärung kann zwar auch durch Übergabe von Prospektmaterial erfolgen, sofern der Prospekt nach Form und Inhalt geeignet ist, die nötigen Informationen wahrheitsgemäß und ver-ständlich zu vermitteln und er dem [X.] so rechtzeitig vor dem Vertragsschluss übergeben wird, dass sein Inhalt noch zur Kenntnis genommen werden kann (hierzu Senatsbeschluss vom 12. Januar 2006 - [X.], [X.], 522). Nach den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts hat dem Kläger auch ein inhaltlich genügender Prospekt vorgelegen. Der [X.] indes, dass ein solcher Prospekt Chancen und Risiken der Kapitalanlage hinreichend verdeutlicht, ist, wie der Senat schon in seinem Urteil vom 12. Juli 2007 ([X.], aaO) hervorgehoben hat, selbstverständlich kein Freibrief für den Berater oder Vermittler, Risiken abweichend hiervon darzustellen und 7 - 6 - mit seinen Erklärungen ein Bild zu zeichnen, das die Hinweise im Prospekt [X.] oder für die Entscheidung des Anlegers mindert. Dies gilt auch dann, wenn sich bei ausreichenden rechtlichen und geschäftlichen Kenntnissen (hier, dass eine steuersparende Anlage regelmäßig nicht völlig risikolos sein wird), die bei unerfahrenen Anlegern jedoch nicht vorausgesetzt werden können, Zweifel an der Richtigkeit der Aussage aufdrängen müssen. 3. Nach diesen Maßstäben war es verfehlt, die behaupteten Erklärungen der Beklagten über eine absolute Sicherheit der Anlage unter Hinweis auf den [X.] als bloße Anpreisungen herunterzuspielen. Mit einer solchen, unstreitig unrichtigen Aussage hätte die Beklagte vielmehr ihre [X.] verletzt und sich dem Kläger gegenüber schadensersatzpflichtig [X.]. Für einen Ursachenzusammenhang zwischen diesem Fehlverhalten und der Anlageentscheidung des [X.] spräche eine durch die Lebenserfahrung begründete Vermutung (vgl. dazu etwa Senatsurteil vom 9. Februar 2006 - [X.], NJW-RR 2006, 685, 687 f. Rn. 22 ff.). 8 - 7 - 4. Aus beiden Gründen ist die Sache unter Aufhebung des angefochtenen Urteils an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit es die noch [X.] tatsächlichen Feststellungen nachholen kann. 9 [X.] [X.] [X.] Herrmann [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom [X.] - 321 O 464/04 - [X.], Entscheidung vom 23.04.2007 - 10 U 10/06 -

Meta

III ZR 159/07

19.06.2008

Bundesgerichtshof III. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.06.2008, Az. III ZR 159/07 (REWIS RS 2008, 3285)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2008, 3285

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