Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 31.10.2013, Az. III ZR 66/13

III. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 1509

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen


BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
III ZR 66/13

Verkündet am:

31. Oktober 2013

F r e i t a g

Justizamtsinspektor

als Urkundsbeamter

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

-

2

-

Der III.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 31. Oktober 2013
durch den Vizepräsidenten [X.] sowie
die Richter Dr.
Herrmann, [X.], [X.] und Reiter

für Recht erkannt:

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 14. Zivilsenats des [X.] vom 24.
Januar 2013
aufgeho-ben, soweit zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist.

In diesem Umfang wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des [X.], an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts
wegen

Tatbestand

Der Kläger begehrt von der Beklagten Schadensersatz wegen seiner Meinung nach fehlerhafter Anlageberatung im Zusammenhang mit der [X.] an zwei geschlossenen Immobilienfonds.

Nach Gesprächen mit dem damals für die Beklagte tätigen Mitarbeiter G.

zeichnete der Kläger am 26.
Februar sowie am 28.
Oktober 1996 [X.]en
an der I.

Immobilienfonds M.

GbR sowie an der I.

Im-mobilienfonds

D.

GbR
in Höhe eines Nominalbetrags von 1
2
-

3

-

30.000
DM beziehungsweise 55.000
DM zuzüglich jeweils eines Agios von 5
%. Gegenstand der Immobilienfonds waren laut Prospekt "Erwerb und Vermietung"
einer damals im Bau befindlichen "Vorsorge-
und Rehabilitationsklinik"
in K.

sowie in
D.

.
Gründungsgesellschafter der [X.]en waren neben dem Initiator der Projekte H.

die B.

Verwaltungs-gesellschaft mbH
(Gesellschafter und Geschäftsführer H.

)
sowie
die E.

GmbH
(Geschäftsführer H.

; Gesellschafter die I.

AG
-
im [X.]: I.

-, Vorstand und Aktionär ebenfalls H.

).

Die für den Bau der Kliniken vorgesehenen Grundstücke standen im Ei-gentum der I.

und wurden mit der Verpflichtung, dort die Klinikgebäude im eigenen Namen und auf eigene Kosten zu errichten, an die Fondsgesellschaf-ten
verkauft.
Die I.

sollte allerdings weiterhin im Grundbuch als Eigentüme-rin eingetragen bleiben
und die Grundstücke treuhänderisch für die [X.] halten ([X.]). Als Geschäftsbesorgerin war die B.

Verwaltungsgesellschaft mbH, als Mieterin und Betreiberin der [X.] die
E.

GmbH vorgesehen.

In den
Anlageprospekten war im Rahmen der Investitionsplanung über ca. 90 Mio. DM beziehungsweise ca. 65 Mio. DM unter anderem auch die Posi-tion "[X.] Bauzeit"
mit 782.568 DM beziehungsweise 1.150.000 DM vorgese-hen ("Investitions-
und Finanzierungplan"
S. 16 bzw. S.
17). Diese Beträge flos-sen später an den Gründungsgesellschafter H.

.

Während nach der Fertigstellung der M.

klinik an die Kapitalanleger in den Jahren 1998 und 1999 noch Ausschüttungen erfolgten, war dies bei der Klinik D.

von Anfang an nicht möglich, weshalb die Beklagte hierfür ku-3
4
5
-

4

-

lanzhalber Zahlungen an die von ihr vermittelten Anleger erbrachte. Eine Insol-venz der [X.]en konnte zunächst durch jeweils im September 2001 beschlossene Kapitalerhöhungen, an denen der Kläger sich beteiligte, vermieden werden. Weitere Sanierungsbemühungen waren erfolglos.

Der Kläger hat die Beklagte wegen verschiedener Pflichtverletzungen auf Schadensersatz in Anspruch genommen. Das [X.] hat die Klage [X.]. Auf die Berufung des [X.] hat das
Oberlandesgericht der Klage mit Abstrichen bei den Zinsen
stattgegeben. Hiergegen richtet sich die vom [X.] -
zur Frage der Aufklärungspflicht über die personellen und kapi-talmäßigen Verflechtungen und die Sonderzuwendungen an den Gründungsge-sellschafter H.

-
zugelassene Revision der Beklagten.

Entscheidungsgründe

I.

Nach Auffassung des Berufungsgerichts hat die Beklagte den Kläger pflichtwidrig nicht auf die vorhandenen Verflechtungen der Beteiligten sowie die insoweit nach den
[X.]
zu erwartenden Sonderzuwendungen an den Gründungsgesellschafter hingewiesen. Auch wenn aus den [X.], wie das [X.] zutreffend ausgeführt habe, bei der gebotenen Plausibilitäts-prüfung ex [X.] nicht erkennbar gewesen sei, dass von Anfang an die Absicht bestanden habe, dem Gründungsgesellschafter persönlich die unter der Positi-on "[X.] Bauzeit"
genannten Beträge zukommen zu lassen, diese Gelder [X.] planmäßig an diesen fließen sollten, habe nach der vertraglichen [X.] die erhebliche Gefahr einer selbstbegünstigenden Interessenwahrnehmung 6
7
-

5

-

durch H.

bestanden. H.

sei über seine Gesellschaften wirtschaftlich be-trachtet
Grundstückseigentümer
und Grundbuchtreuhänder
für die [X.], Geschäftsbesorger
für die [X.] und Mieter der [X.] gewesen. Dies sei für die Beklagte beziehungsweise die von ihr mit der [X.] beauftragte Gesellschaft erkennbar
gewesen. Aufgrund der personellen Verflechtungen habe insoweit ein Eigeninteresse von H.

be-standen, an Dienstleistungen jeglicher Art, die im Zusammenhang mit der Durchführung der
Projekte
anfielen,
gut zu verdienen. Demgegenüber sei die-ses Interesse für die Anleger nicht ohne weiteres erkennbar gewesen; die Ge-sellschafterstellungen von H.

hätten sich erst bei aufmerksamer Lektüre der Darstellung der Beteiligten in den [X.] ergeben. Nach dem Inhalt der Prospekte sollten H.

beziehungsweise die von ihm beherrschten Gesellschaf-ten neben dem Kaufpreis für die Kliniken eine nicht unerhebliche Vergütung für die Geschäftsbesorgung erhalten (§§ 2, 9 der Geschäftsbesorgungsverträge). Darüber hinaus habe, auch wenn aus dem Inhalt der Prospekte nicht ohne [X.] abzuleiten gewesen sei, dass H.

selbst ein Angebot für ein "Aval"
abge-geben haben könnte, doch zumindest die Möglichkeit bestanden, dass H.

für die Stellung von Sicherheiten weitere Geldbeträge bekommen werde. Hierbei habe der Umstand, dass er Gesellschafter-Geschäftsführer der Geschäftsbe-sorgerin gewesen sei und diese nach § 1 Abs. 2 des [X.] für die Gesellschaft und die Gesellschafter habe handeln sollen, einen Zufluss der unter "[X.] Bauzeit"
in den [X.] jeweils aufgeführten Aus-gabepositionen an ihn erleichtert. Vor diesem Hintergrund wäre bei beiden Fonds ein ausdrücklicher Hinweis auf die vielfältigen Funktionen des Grün-dungsgesellschafters veranlasst gewesen. Zu einer sachgerechten Aufklärung hätte es gehört, den Anlegern deutlich zu machen, dass H.

über die beste-henden Verflechtungen letztlich Empfänger einer Reihe von vorgesehenen [X.] gewesen sei oder zumindest hätte sein können, und dass er als Or--

6

-

gan der Geschäftsbesorgerin der Fonds-GbR unter anderem
für die Überwa-chung der Verträge mit der I.

und der E.

GmbH zuständig sei. Da er selbst hinter diesen Unternehmen gestanden habe, habe die [X.], dass er nicht nur die Interessen der
Fonds, sondern auch eventuell gegen-läufige Interessen vertrete. Die Beklagte habe selbst nicht behauptet, dass eine derartige Aufklärung im Rahmen der Beratungsgespräche durch ihren Mitarbei-ter G.

erfolgt sei. Für einen [X.] seien diese
Verflechtungen sowie die gepl[X.]n und weiteren möglichen Vermögenszuflüsse zugunsten von H.

und der
von ihm beherrschten Unternehmen nur bei sehr aufmerksa-mem Lesen
der Prospekte erkennbar gewesen. Insoweit seien diese letztlich für einen durchschnittlichen Anleger nicht hinreichend verständlich und somit kein geeignetes Mittel der Aufklärung.

II.

Die -
vom Berufungsgericht nur beschränkt zugelassene -
Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung an das [X.].

1. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts war die Beklagte nicht verpflichtet, bei
der Beratung von [X.] von sich aus die Frage der kapitalmäßigen und personellen Verflechtung und der hieraus resul-tierenden Interessenkonflikte in einer über den [X.] hinaus gehenden Intensität zu behandeln.

8
9
-

7

-

a) Die aus einem Anlageberatungsvertrag folgende Pflicht zur objektge-rechten Beratung bezieht sich auf diejenigen Eigenschaften und Risiken des Anlageobjekts, die für die jeweilige Anlageentscheidung wesentliche Bedeutung haben oder haben können (vgl. nur Senat, Versäumnisurteil vom 18. Januar 2007 -
III ZR 44/06, [X.], 542 Rn. 10 und Urteil vom 15. November 2012
-
III
ZR 55/12, [X.], 193
Rn. 6,
jeweils mwN). Wird zur Information von Beitrittsinteressenten ein Prospekt herausgegeben, so hat der Prospekt seiner-seits den Anleger über alle wichtigen
Umstände sachlich richtig und vollständig zu unterrichten
(vgl. nur Senat, Urteil vom 28. Februar 2008
-
III ZR 149/07, [X.], 178 Rn. 8 mwN).

Zu den Umständen, über die der Anleger durch den Prospekt zu unter-richten ist, gehört auch eine Darstellung der wesentlichen kapitalmäßigen und personellen Verflechtungen zwischen der [X.], ihren Geschäfts-führern und beherrschenden Gesellschaftern einerseits sowie andererseits den Unternehmen, deren Geschäftsführern und beherrschenden Gesellschaftern, in deren Hand die Beteiligungsgesellschaft die durchzuführenden Vorhaben ganz oder wesentlich gelegt hat, und insoweit auch der
für diesen
Personenkreis vorgesehenen und gewährten Sonderzuwendungen und -vorteile
(vgl. nur [X.], Urteile
vom 22. April 2010 -
III ZR 318/08, [X.], 1017 Rn. 24 und vom 15. Juli 2010 -
III ZR 321/08, [X.], 1537 Rn. 25; siehe auch [X.], Urteil vom 21.
September 2010 -
XI
ZR 232/09, NJW-RR 2011, 124 Rn.
29, jeweils
mwN).

b) Ausgehend von diesem rechtlichen Maßstab lässt sich aufgrund der vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen eine Pflichtverletzung der [X.] nicht bejahen.

10
11
12
-

8

-

Die Angaben in den
Fondsprospekten
sind entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ein hinreichend verständliches und geeignetes Mittel der Aufklärung der
Anleger. Die insoweit gebotene objektive Auslegung der Pros-pekte kann der Senat selbst vornehmen (vgl. nur Senat, Urteil vom 22. März 2007 -
III ZR 218/06, [X.], 873 Rn. 6; [X.], Urteile vom
8. Mai 2012
-
XI [X.], [X.]Z 193, 159 Rn. 22 und vom 18. September 2012 -
XI [X.], [X.]Z 195, 1 Rn. 31). In den [X.] wird auf S.
24 beziehungs-weise S.
25 unter der Überschrift "Beteiligte"
im Einzelnen dargestellt, in wel-cher maßgeblichen Form der Gründungsgesellschafter H.

an den mit den
Projekten
befassten Unternehmen beteiligt ist. Aus den [X.], zu deren Inhalt -
anders als es der Kläger reklamiert -
auch die auf [X.] ff beziehungs-weise [X.] ff abgedruckten Verträge (unter anderem der [X.]) gehören, lässt sich deutlich seine maßgebliche Stellung auch auf Seiten der [X.], der Geschäftsbesorgerin sowie der Mieterin der Klinik ersehen. Soweit das Berufungsgericht hieraus ein Eigeninteresse von H.

ableitet, an Dienstleistungen jeglicher Art, die im Zusammenhang mit der Durchführung des Projekts anfallen, zu verdienen, war dieses ebenso wie die vom Berufungsgericht problematisierte Gefahr etwaiger Interessengegensätze für jedermann erkennbar. Dies gilt auch, soweit in den [X.] auf [X.] beziehungsweise S.
25 ausdrücklich angesprochen wird, dass die I.

beab-sichtige, als
Vertragspartner für verschiedene Dienstleistungsbereiche aufzutre-ten beziehungsweise Unternehmen und Personen der eigenen [X.] vorzuschlagen.

Weiterer ausdrücklicher
Hinweise darüber hinaus bedurfte es nicht. Denn bei der zu fordernden sorgfältigen und eingehenden Lektüre des Prospekts (vgl. Senat, Urteile
vom 28.
Februar 2008
aaO,
vom 14. Juni 2007 -
III ZR 125/06, [X.], 1503 Rn. 9 und vom 20. Juni 2013 -
III
ZR 293/12, juris Rn. 12; [X.], 13
14
-

9

-

Urteile
vom 31. März 1992 -
XI ZR 70/91, [X.], 901, 904, vom 18.
Sep-tember 2012
aaO Rn.
30
und vom 5.
März 2013 -
II
ZR 252/11, [X.], 734 Rn.
14) musste sich auch ohne besondere
Spezialkenntnisse
jedem Anleger aufdrängen, dass der Gründungsgesellschafter H.

an den mit den Projekten befassten Firmen beteiligt war und insoweit davon profitieren konnte.

2.
Dass im Übrigen die in den [X.] im Investitions-
und Finanzie-rungplan vorgesehene Position "[X.] Bauzeit"
sowohl zum Grunde als auch zur Höhe der von der Beklagten geschuldeten Plausibilitätsprüfung standhält und keinen Anlass zu weitergehenden Nachforschungen bot, hat der Senat be-reits entschieden (vgl. Urteile vom 15 November 2012 -
III
ZR 55/12, [X.], 193 Rn. 8 ff und vom 20. Juni 2013 aaO Rn. 15 ff).

3.
Das Berufungsurteil ist daher, soweit zum Nachteil der Beklagten ent-schieden worden ist, aufzuheben. In diesem Umfang ist die Sache mangels Entscheidungsreife an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Denn das Be-rufungsgericht hat ausdrücklich offengelassen, ob die
Prospekte dem Kläger
-
wie von der Beklagten behauptet und vom Kläger bestritten -
so rechtzeitig vor der Zeichnung
der Anlagen übergeben worden sind, dass die
persönliche Auf-klärungspflicht des Beraters entfallen ist (vgl. Senat, Versäumnisurteil vom 18.
Januar 2007 -
III ZR 44/06, [X.], 542 Rn. 17 und Urteil vom 20. Juni 2013 -
III ZR 293/12, juris Rn. 7). Die hierzu notwendigen Feststellungen sind nachzuholen, wobei der Senat darauf hinweist, dass der Anleger die Beweislast dafür trägt, dass ihm der Anlageprospekt nicht oder zu spät übergeben worden

15
16
-

10

-

ist (vgl. nur Senat, Urteil vom 11. Mai 2006 -
III ZR 205/05, NJW-RR 2006, 1345 Rn. 6 ff).

[X.]
Herrmann

[X.]

[X.]
Reiter
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 13.02.2012 -
33 O 449/11 -

OLG [X.] in [X.], Entscheidung vom 24.01.2013 -
14 [X.] -

Meta

III ZR 66/13

31.10.2013

Bundesgerichtshof III. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 31.10.2013, Az. III ZR 66/13 (REWIS RS 2013, 1509)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 1509

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

III ZR 55/12 (Bundesgerichtshof)

Bankenhaftung bei Kapitalanlageberatung: Umfang der geschuldeten Plausibilitätsprüfung für ein Prospekt über einen geschlossenen Immobilienfonds


III ZR 55/12 (Bundesgerichtshof)


19 U 96/13 (Oberlandesgericht Köln)


19 U 163/13 (Oberlandesgericht Köln)


III ZR 293/12 (Bundesgerichtshof)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

III ZR 318/08

III ZR 321/08

XI ZR 262/10

XI ZR 344/11

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.