Bundesgerichtshof, Urteil vom 19.03.2013, Az. XI ZR 46/11

11. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 7309

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Gegenstand

Vermittelter Kredit zu Finanzierung einer Kapitalanlage: Treuwidriges Verhalten des Kreditnehmers/Kapitalanlegers bei Geltendmachung einer Aufklärungspflichtverletzung aufgrund eines Wissensvorsprungs des Kreditinstituts wegen zurechenbarer Kenntnis des Kreditvermittlers


Leitsatz

1. Eine Vertragspartei handelt treuwidrig (§ 242 BGB), wenn sie sich auf die Zurechnung von Wissen eines Vertreters ihres Geschäftspartners nach § 166 Abs. 1 BGB beruft, obwohl sie wusste oder damit rechnen musste, dass der Vertreter sein Wissen dem Geschäftspartner vorenthalten würde.

2. Danach ist es einem Kapitalanleger, der zusammen mit einem Kreditvermittler dem ein Darlehen gewährenden Kreditinstitut die Verwendung der Kreditmittel für eine bestimmte Kapitalanlage verschwiegen hat, verwehrt, sich auf einen zur Aufklärung über Risiken der konkreten Kapitalanlage verpflichtenden Wissensvorsprung des Kreditinstituts zu berufen, der auf der nach § 166 Abs. 1 BGB dem Kreditinstitut zuzurechnenden Kenntnis des Kreditvermittlers von der Zeichnung dieser Kapitalanlage beruhen würde.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 6. Zivilsenats des [X.] vom 21. Dezember 2010 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten entschieden worden ist.

Die Berufung der Kläger gegen das Urteil der 10. Zivilkammer des [X.] vom 29. Oktober 2009 wird unter Abweisung der weitergehenden Hilfsanträge auch im Übrigen zurückgewiesen.

Die [X.] der Kläger wird zurückgewiesen.

Die Kläger tragen die weiteren Kosten des Rechtsstreits.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Kläger nehmen die Beklagte, mit der sie einen Darlehens- und einen Lebensversicherungsvertrag abgeschlossen haben, auf Schadensersatz wegen Verletzung einer Hinweispflicht zu Risiken einer von ihnen erworbenen Kapitalanlage in Anspruch und wehren sich gegen die Zwangsvollstreckung der Beklagten aus einer die [X.] sichernden Grundschuld.

2

Die Kläger wurden im Jahr 1998 von der ihnen seit 1993 bekannten Zeugin S.        (im Folgenden: Beraterin) geworben, 200.000 DM bei der [X.] (im Folgenden: [X.]) anzulegen. Die mit 8,25% p.a. zuzüglich eines Jahresbonus von 3,75% prognostizierte Rendite sollte aus [X.] erwirtschaftet werden.

3

Nachdem der freie Kreditvermittler [X.](im Folgenden: Kreditvermittler) der Rechtsvorgängerin der Beklagten (im Folgenden einheitlich: Beklagte) Unterlagen zu Anlagemodellen der [X.]  zur Prüfung vorgelegt hatte, teilte ihm der Vorstand der Beklagten am 9. Juni 1998 mit, dass die Beklagte mit der [X.]keine Zusammenarbeit eingehen werde. Nach Überprüfung hätten die Mitarbeiter der Beklagten von derartigen [X.]n dringend abgeraten, da die [X.] in einem Niedrigzinsland bei gleichzeitiger Kapitalanlage in einem Hochzinsland ein hohes Währungsrisiko berge. Die Beklagte als Versicherungsunternehmen könne es sich zudem nicht leisten, in [X.] verwickelt zu werden, die in einem Artikel des [X.] ausführlich und mit treffenden Argumenten negativ beurteilt worden seien.

4

Auf Empfehlung der Beraterin beantragten die Kläger am 1. September 1998 über den Kreditvermittler bei der Beklagten ein grundpfandrechtlich gesichertes, endfälliges Darlehen über 320.000 DM, das mit einer gleichzeitig abzuschließenden Lebensversicherung getilgt werden sollte. In dem von den Klägern unterschriebenen [X.] wurde als Verwendungszweck nicht die beabsichtigte Kapitalanlage bei der [X.]  , sondern "Umschuldung" bzw. "sonstige Geldbeschaffung" angegeben. Weiter bestätigten die Kläger am 28. Oktober 1998 in einer von ihnen unterschriebenen Erklärung wahrheitswidrig die Bestimmung der Darlehensvaluta zur vorgezogenen Erbauszahlung ihrer Tochter. Am selben Tag unterzeichneten die Kläger die [X.] und schlossen die zur Tilgung des Darlehens vorgesehene Lebensversicherung ab. Am 4. November 1998 bestellten sie der Beklagten eine Grundschuld über den Darlehensbetrag zuzüglich Zinsen, übernahmen dafür die persönliche Haftung und unterwarfen sich der Zwangsvollstreckung in ihr gesamtes Vermögen. Tatsächlich diente, wie von Anfang an beabsichtigt war, die Darlehensvaluta in Höhe von 200.000 DM der Kapitalanlage bei der [X.]  , fand in Höhe von 50.000 DM zur Ablösung eines älteren Kredits Verwendung und wurde im Übrigen von den Klägern anderweitig verbraucht.

5

Der für die Tilgung eines älteren Darlehens vorgesehene Teilbetrag des Darlehens wurde am 18. Februar 1999 ausbezahlt, die übrige Darlehensvaluta am 13. April 1999. Das Konto der Kläger wurde am 19. April 1999 mit 200.000 DM zugunsten eines R.               in L.       belastet, bei dem es sich nach dem bestrittenen Vortrag der Kläger um einen Treuhänder der [X.]  handelte. In der Folge erhielten die Kläger in der Höhe streitige Ausschüttungen aus der Kapitalanlage. [X.] stellte die [X.]ihre Zahlungen ein. Die Initiatoren der [X.]  wurden wegen Betrugs zu Freiheitsstrafen verurteilt, da es sich bei der Anlage um ein "Schneeballsystem" gehandelt hatte.

6

Nachdem eine von ihnen gegen den Kreditvermittler erhobene Klage rechtskräftig abgewiesen worden ist, begehren die Kläger in dem vorliegenden Verfahren von der Beklagten Erstattung aller Zahlungen, die sie an die Beklagte geleistet haben, beantragen die Feststellungen, dass die Beklagte Zahlungen aus dem Darlehensvertrag über 320.000 DM nicht verlangen könne sowie weiteren Schaden der Kläger zu ersetzen habe, und machen die Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung aus der Grundschuld geltend. Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Mit der Berufung haben die Kläger ihre erstinstanzlichen Anträge weiterverfolgt und hilfsweise Auskunft begehrt über die Anzahl der von dem Kreditvermittler bei der Beklagten eingereichten Darlehensverträge, die Anzahl von Darlehensverträgen, die eine Beteiligung bei der [X.]  betroffen hätten, und die Anzahl der Darlehensverträge, bei denen von dem Kreditvermittler ein Verwendungsnachweis der Anleger nachträglich vorgelegt worden sei. Das Berufungsgericht hat der Klage im Hauptantrag überwiegend stattgegeben. Mit der vom Senat zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils. Die Kläger begehren mit ihrer Anschlussrevision weiteren Schadensersatz, soweit das Berufungsgericht die Klageforderung um streitige Ausschüttungen gekürzt und keinen Ausgleich für Zahlungen auf die Lebensversicherung zugebilligt hat, sowie die Erstattung außergerichtlicher Kosten.

Entscheidungsgründe

7

Die Revision der [X.] ist begründet, die [X.] der Kläger hat hingegen keinen Erfolg.

I.

8

Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:

9

Eine Haftung der [X.] ergebe sich nicht bereits aus den Gründen der rechtskräftigen Entscheidung in dem gegen den Kreditvermittler geführten Rechtsstreit. Zwar hätten die Kläger der [X.] in diesem Verfahren den Streit verkündet, eine Pflichtverletzung des [X.] sei aber damals nicht festgestellt worden.

Der Kreditvermittler habe jedoch als Erfüllungsgehilfe der [X.] gehandelt. Deswegen decke sich der Kreis seiner Pflichten mit dem Umfang der Verpflichtungen, die die Beklagte als finanzierende Bank zu erfüllen habe. Deren Haftung ergebe sich zwar nicht aus dem Gesichtspunkt eines institutionellen Zusammenwirkens, da dem Kreditvermittler die Vertretungsmacht gefehlt habe, eine ständige Geschäftsbeziehung zwischen der [X.]  und der [X.] zu begründen. Etwas anderes gelte aber für die Vermittlung einzelner Darlehensverträge, bei der sich die Beklagte des [X.] als Erfüllungsgehilfe bedient habe. Dem stehe nicht entgegen, dass der Kreditvermittler, der zur Überzeugung des Berufungsgerichts die Verwendung der Kreditmittel für die Finanzierung der Anlage bei der [X.]  gekannt habe, eine Weisung der [X.] missachtet und, um diese Pflichtverletzung gegenüber der [X.] zu verschleiern, die Kläger veranlasst habe, wahrheitswidrige Angaben über die Mittelverwendung zu machen. Dem Kreditvermittler sei der maßgebliche Wissensvorsprung der [X.] zuzurechnen, der sich aus dem [X.] vom 9. Juni 1998 sowie der Berichterstattung in dem [X.] ergebe. Zwar sei nicht feststellbar, ob dem Kreditvermittler die konkrete Ausgabe des [X.]s vom 29. Mai 1998 bekannt gewesen sei. Er habe jedoch die Augen vor den Risiken der konkreten Kapitalanlage verschlossen, wenn er sich nach Erhalt des Schreibens der [X.] vom 9. Juni 1998 nicht durch Lektüre des [X.]s Kenntnis von dessen Inhalt verschafft habe. Der Kreditvermittler habe schließlich nicht von einer hinreichenden Aufklärung durch die Beraterin ausgehen dürfen. Vielmehr hätte er den [X.] der Anleger zur beabsichtigten Kapitalanlage überprüfen und die Anleger zusätzlich darauf hinweisen müssen, dass die Beklagte als seriöser Finanzdienstleister die Kapitalanlage bei der [X.]   wegen deren Risiken nicht habe unterstützen wollen.

Dieser Pflichtverstoß des [X.] sei für den eingetretenen Schaden ursächlich geworden. Ein Mitverschulden der Kläger wegen unzutreffender Angaben über die Mittelverwendung sei nicht zu berücksichtigen, da nicht festzustellen sei, ob der wahrheitswidrige Verwendungsnachweis der [X.] vor Schadenseintritt bekannt gegeben worden sei.

II.

A. Revision der [X.]

1. Die Revision der [X.] hat Erfolg. Zu Unrecht hat das Berufungsgericht angenommen, die Beklagte hafte den Klägern aus der Verletzung einer Hinweispflicht, die sie wegen eines konkreten Wissensvorsprungs zu den Risiken der von den Klägern gezeichneten Kapitalanlage getroffen habe.

a) Das Berufungsgericht hat zunächst zutreffend angenommen, dass die rechtskräftige Entscheidung in dem von den Klägern gegen den Kreditvermittler geführten Rechtsstreit, in dem diese der [X.] den Streit verkündet hatten, für das vorliegende Verfahren keine Bindungswirkung nach § 74 Abs. 3, § 68 ZPO entfalten konnte. In jenem Rechtsstreit ist das Berufungsgericht nämlich zu der Überzeugung gelangt, der Kreditvermittler habe keine Kenntnis von der Verwendung eines Teils der Darlehensvaluta für die Kapitalanlage bei der [X.]   gehabt, und hat folglich keine Feststellungen zu einer Pflichtverletzung des [X.] oder der [X.] getroffen.

b) Rechtsfehlerhaft stützt aber das Berufungsgericht die Haftung der [X.] wegen unterbliebener Risikoaufklärung auf eine eigene Pflichtverletzung des [X.], dem sie Kenntnisse der [X.] zu Risiken der konkreten Kapitalanlage zurechnet. Damit übergeht das Berufungsgericht die einer Anwendung von § 278 [X.] vorausgehende Prüfung, ob die Beklagte eine solche Hinweispflicht - hier aufgrund eines konkreten Wissensvorsprungs - traf, und befasst sich in diesem Zusammenhang nicht mit der Frage, ob die vom Berufungsgericht festgestellte Kenntnis des [X.] von der Mittelverwendung der beklagten Bank entgegengehalten werden kann.

aa) Rechtsfehlerfrei geht das Berufungsgericht allerdings davon aus, dass eine finanzierende Bank nach § 278 [X.] für Fehlverhalten eines als Verhandlungsgehilfe eingesetzten selbstständigen Vermittlers einzustehen hat, soweit dieses den Bereich der Anbahnung des Kreditvertrags betrifft. Insoweit wird der Vermittler im [X.] der in den Vertrieb der Kapitalanlage nicht eingebundenen, lediglich finanzierenden Bank tätig (vgl. Senatsurteile vom 27. Juni 2000 - [X.], [X.], 1685, 1686, vom 12. November 2002 - [X.], [X.], 331, 333, vom 29. April 2003 - [X.], [X.], 21, 22 und vom 16. Mai 2006 - [X.], [X.], 1 Rn. 63 mwN). Dem steht - worauf das Berufungsgericht zutreffend hinweist - nicht entgegen, dass der Vermittler von Weisungen des Geschäftsherrn abweicht, sofern er in unmittelbarem sachlichen Zusammenhang mit der übertragenen Aufgabe handelt (vgl. [X.], Urteile vom 6. April 1978 - [X.], [X.], 946, 947 und vom 4. Februar 1997 - [X.], [X.], 477, 478 mwN).

bb) Im Weiteren stützt das Berufungsgericht jedoch die Haftung der [X.] nicht auf eine Verletzung ihrer Pflichten als finanzierender Bank, sondern geht rechtsfehlerhaft von der Verletzung einer eigenen Pflicht des [X.] zur Risikoaufklärung aus.

(1) Die Zurechnung einer Pflichtverletzung nach § 278 [X.] setzt voraus, dass der Erfüllungsgehilfe objektiv zur Erfüllung einer den Schuldner treffenden Haupt- oder Nebenpflicht tätig wird (allgemeine Ansicht, vgl. [X.], Urteil vom 3. Juni 1993 - [X.], [X.]Z 123, 1, 14; [X.]/[X.], 6. Aufl., § 278 Rn. 20; [X.]/[X.], [X.], 72. Aufl., § 278 Rn. 12; [X.] in [X.], Festgabe aus der Wissenschaft, 2000, [X.], 339 f.; [X.]/[X.]/[X.], [X.], Neubearbeitung 2009, § 278 Rn. 34 f.; [X.] in Erman, [X.], 13. Aufl., § 278 Rn. 17). Maßgeblich ist der konkrete [X.], der durch Art und Inhalt des zwischen Schuldner und Gläubiger bestehenden Schuldverhältnisses bestimmt wird ([X.]/[X.], [X.], 72. Aufl., § 278 Rn. 13; [X.]/[X.]/[X.], [X.], Neubearbeitung 2009, § 278 Rn. 43, 54). Ob den Erfüllungsgehilfen im Verhältnis zum Gläubiger oder Schuldner - zugleich - eigene Pflichten treffen, ist nicht entscheidend.

(2) Danach setzt die Haftung der beklagten Bank wegen eines unterbliebenen Hinweises auf Risiken der finanzierten Kapitalanlage voraus, dass sie eine eigene Aufklärungspflicht getroffen hat, die Grundlage einer Zurechnung des Verhaltens des [X.] nach § 278 [X.] hätte sein können. Das wird vom Berufungsgericht nicht geprüft. Es hält statt dessen nicht nur unzutreffend die Verletzung einer eigenen Pflicht des [X.] zur Risikoaufklärung bei Finanzierung einer Kapitalanlage für ausreichend, sondern geht in der Folge auch verfehlt davon aus, Kenntnisse der beklagten Bank zur konkreten Kapitalanlage seien dem Kreditvermittler zuzurechnen, weil dieser die Augen vor deren Risiken verschlossen habe.

Damit übergeht das Berufungsgericht - worauf die Revision zutreffend hinweist - die für die Haftung der [X.] wegen eines zur Aufklärung der Kläger verpflichtenden konkreten Wissensvorsprungs zu Risiken der Kapitalanlage wesentliche Prüfung, ob die Beklagte über einen solchen, die Hinweispflicht auslösenden Wissensvorsprung verfügt hat, auf den sich die Kläger hätten berufen können. Da nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts die Beklagte keine eigene Kenntnis von der Finanzierung einer Kapitalanlage mit dem den Klägern gewährten Darlehen besaß, ihr vielmehr dieser Verwendungszweck gezielt verheimlicht wurde, hätte das Berufungsgericht prüfen müssen, ob die von ihm angenommene Kenntnis des [X.] von der Mittelverwendung der [X.] als finanzierender Bank zuzurechnen war. Daran fehlt es (vgl. dazu nachfolgend 2.).

c) Ebenfalls rechtsfehlerhaft stützt das Berufungsgericht den Schadensersatzanspruch der Kläger zusätzlich auf eine der [X.] nach § 278 [X.] zugerechnete Pflichtverletzung des [X.], weil dieser sich keine Kenntnis von den Risiken der konkreten Kapitalanlage verschafft und deswegen die Kläger über warnende Hinweise in der Berichterstattung zur [X.]  -Anlage nicht informiert habe.

Einer finanzierenden Bank ist - wie dargestellt - das Verhalten eines Verhandlungsgehilfen nur im Bereich der Kreditanbahnung zuzurechnen, da der Vermittler insoweit im [X.] der in den Vertrieb der Kapitalanlage nicht eingebundenen Bank als deren Erfüllungsgehilfe tätig wird (vgl. nur Senatsurteil vom 16. Mai 2006 - [X.], [X.], 1 Rn. 63 mwN). Pflichtverletzungen des [X.] wegen unterbliebener Erkundigungen und fehlender Hinweise zu Risiken der finanzierten Kapitalanlage, wie sie hier das Berufungsgericht annimmt, betreffen hingegen nicht den Darlehensvertrag, sondern die Rentabilität des [X.] und liegen damit im Grundsatz außerhalb des [X.]es einer finanzierenden Bank (vgl. Senatsurteile vom 23. März 2004 - [X.], [X.], 1221, 1225 und vom 16. Mai 2006 - [X.], [X.], 1 Rn. 63). Danach hat die Beklagte, die in die Vermittlung der Kapitalanlage nicht eingebunden war, nicht nach § 278 [X.] für mögliches eigenes Fehlverhalten des [X.] bei Aufklärung der Kläger zu den Risiken der Kapitalanlage einzustehen.

2. Die angefochtene Entscheidung stellt sich nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Die Beklagte haftet den Klägern nicht wegen Verletzung einer Hinweispflicht zu konkreten Risiken der Kapitalanlage bei der [X.]  , da sie über einen erforderlichen Wissensvorsprung nicht verfügte und die Kläger sich nicht darauf berufen können, entsprechende Kenntnisse des [X.] seien der [X.] zuzurechnen.

a) Wie auch das Berufungsgericht nicht verkannt hat, ist eine nicht beratende, sondern - wie hier - lediglich kreditgebende Bank nach der ständigen Rechtsprechung des [X.] zu einer Risikoaufklärung über das finanzierte Anlagegeschäft nur unter ganz besonderen Voraussetzungen verpflichtet. Das ist etwa der Fall, wenn die Bank in Bezug auf spezielle Risiken des Vorhabens einen konkreten Wissensvorsprung vor dem Darlehensnehmer hat und dies auch erkennen kann (st. Rspr., Senatsurteile vom 29. Juni 2010 - [X.], [X.]Z 186, 96 Rn. 16, vom 16. Mai 2006 - [X.], [X.], 1 Rn. 41 und vom 5. Juni 2012 - [X.], [X.], 1389 Rn. 21). Über einen eigenen, zur Aufklärung über die Risiken der konkreten Kapitalanlage verpflichtenden Wissensvorsprung verfügte die Beklagte schon deswegen nicht, weil ihr nach den von den Parteien nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts eine Verwendung der Darlehensvaluta für eine solche Kapitalanlage bei der [X.]  nicht bekannt war.

b) Die Kläger können sich nicht darauf berufen, Kenntnisse des [X.] über die konkrete Mittelverwendung für eine Kapitalanlage bei der [X.]  seien der [X.] nach § 166 Abs. 1 [X.] zuzurechnen.

aa) Der Kreditvermittler hat insoweit nach den von den Parteien nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts nicht als Vertreter der [X.] gehandelt. Nach ständiger Rechtsprechung sind in analoger Anwendung von § 166 Abs. 1 [X.] einem Geschäftsherrn aber auch Kenntnisse von [X.]n zuzurechnen, die ohne Vertretungsmacht im Rechtsverkehr dazu berufen sind, eigenverantwortlich bestimmte Aufgaben des Geschäftsherrn zu erledigen und dabei anfallende Informationen diesem zur Kenntnis zu geben sowie gegebenenfalls weiterzuleiten (vgl. [X.], Urteile vom 24. Januar 1992 - [X.], [X.]Z 117, 104, 106 f. und vom 15. März 2011 - [X.], NJW 2011, 1799 Rn. 14). Die Zurechnung nach § 166 Abs. 1 [X.] umfasst grundsätzlich auch Wissen, durch das Hinweis- und Warnpflichten des Geschäftsherrn gegenüber dem Vertragspartner begründet werden (vgl. [X.], Urteil vom 6. Mai 2008 - [X.], [X.]Z 176, 281 Rn. 17 f.).

Danach ist - wovon auch beide Parteien im Revisionsverfahren ausgehen - der Kreditvermittler, der für die Beklagte den Darlehens- und den Lebensversicherungsvertrag mit den Klägern angebahnt und in den Details vorbereitet hat, als [X.] der [X.] anzusehen (vgl. dazu auch [X.]/[X.], [X.], 72. Aufl., § 166 Rn. 6a; [X.]/Weinland in jurisPK-[X.], 6. Aufl., § 166 Rn. 10; [X.]/[X.], 6. Aufl., § 166 Rn. 41).

bb) Nach der Rechtsprechung des [X.] handelt aber eine Vertragspartei treuwidrig (§ 242 [X.]), die sich auf die Zurechnung von [X.] beruft, obwohl sie damit rechnen musste, dass der Vertreter sein Wissen dem Geschäftsherrn vorenthalten würde ([X.], Urteile vom 17. Januar 1968 - [X.], [X.], 440, 441, vom 24. April 1972 - [X.], [X.], 1380, 1381, vom 27. Februar 2008 - [X.], NJW-RR 2008, 977 Rn. 10, 12 und vom 5. Juli 2011 - [X.], [X.], 2088 Rn. 24). Der Vertragspartner des Geschäftsherrn ist nämlich nicht schutzwürdig, wenn er zusammen mit dem [X.] dem Geschäftsherrn gerade die Information vorenthalten hat, deren Zurechnung nach § 166 Abs. 1 [X.] zulasten des Geschäftsherrn er nunmehr geltend macht. Er muss sich in einem solchen Fall so behandeln lassen, als habe er persönlich - ohne Einschaltung des Vermittlers - die erhebliche Information dem Geschäftsherrn verschwiegen (vgl. für eine Scheingeschäftsabrede Senatsurteil vom 1. Juni 1999 - [X.], [X.], 1501, 1502).

So liegt der Fall hier. Nach den - von der Revisionserwiderung nicht angegriffenen - Feststellungen des Berufungsgerichts hat der Kreditvermittler die Kläger veranlasst, unzutreffende Angaben zur beabsichtigten Verwendung der Darlehensvaluta zu formulieren, um gegenüber der [X.] die weisungswidrige Verwendung der Kreditmittel für Anlagegeschäfte bei der [X.]   zu verschleiern. Die Kläger haben die wahrheitswidrige Erklärung abgegeben, das Darlehen diene der Finanzierung einer vorzeitigen Erbauseinandersetzung. Danach mussten die Kläger, wenn sie nicht sogar vorsätzlich gehandelt haben, davon ausgehen, dass der Kreditvermittler - wie später geschehen - die tatsächlich beabsichtigte Mittelverwendung vor der [X.] geheim halten würde. Auf eine Zurechnung dieses Wissens des [X.] nach § 166 Abs. 1 [X.] können sie sich deshalb gegenüber der [X.] nicht berufen.

cc) Dem steht - anders als die Revisionserwiderung annimmt - nicht entgegen, dass der Kreditvermittler, auf dessen Kenntnis als Vertreter es nach § 166 Abs. 1 [X.] im Allgemeinen ankommt, von den Klägern nicht über die konkrete Mittelverwendung getäuscht werden konnte, weil er davon Kenntnis hatte. Auf eine Täuschung des [X.] als [X.] kommt es nämlich nicht an, da es dem Geschäftspartner des Geschäftsherrn bereits dann verwehrt ist, sich auf Kenntnisse eines Vermittlers zu berufen, wenn er - wie hier die Kläger - damit rechnen muss, dass der Vermittler die entscheidende Information dem Geschäftsherrn vorenthalten wird (vgl. Senatsurteil vom 5. Juli 2011 - [X.], [X.], 2088 Rn. 24). Zudem wäre für eine Täuschung der [X.] über die Mittelverwendung wiederum auf deren Kenntnisse und nicht das Wissen des [X.] abzustellen, da die Kläger auch insoweit in Zusammenwirken mit dem Kreditvermittler die Fehlvorstellung der [X.] begründet haben und sich deshalb nicht auf § 166 Abs. 1 [X.] stützen können.

c) Davon ausgehend begründen die vom Berufungsgericht angenommenen Pflichtverletzungen des [X.] keine Haftung der [X.], sodass es auf die weiteren von der Revision erhobenen [X.], das Berufungsgericht habe die Anforderungen an die Sorgfalt des [X.] überspannt sowie erhobene Beweise fehlerhaft gewürdigt, nicht ankommt.

B. [X.] der Kläger

Die [X.] der Kläger, mit der sie sich gegen die Kürzung des ersatzfähigen Schadens wenden, ist unbegründet. Die von den Klägern beantragte weitergehende Verurteilung der [X.] kommt nicht in Betracht, weil ein Schadensersatzanspruch mangels Pflichtverletzung der [X.] bereits dem Grunde nach nicht besteht.

III.

1. Das angefochtene Urteil ist nach alledem auf die Revision der [X.] aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO), soweit darin zu ihrem Nachteil entschieden worden ist. Da keine weiteren Feststellungen zu treffen sind, kann der Senat in der Sache selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO) und die Berufung auch im Übrigen zurückweisen.

2. Ebenso sind die von den Klägern im Berufungsverfahren gestellten Hilfsanträge zurückzuweisen. Den Klägern steht gegen die Beklagte kein Anspruch auf Auskunft über die Ergebnisse von Ermittlungen zu, die die Beklagte vorprozessual zu Darlehensverträgen unternommen haben soll, die möglicherweise einer Finanzierung von [X.]  -Anlagen dienten. Prozessparteien sind nach der Rechtsprechung des [X.] grundsätzlich nicht gehalten, dem Gegner das Beweismaterial zu verschaffen, über das er nicht schon von sich aus verfügt. Eine allgemeine prozessuale Aufklärungspflicht der nicht darlegungs- und beweispflichtigen Partei besteht nicht (vgl. [X.], Beschluss vom 26. Oktober 2006 - [X.], [X.], 155 Rn. 7 und Urteil vom 11. Juni 1990 - [X.], [X.], 1844, 1845 f.).

Einen materiellrechtlichen Auskunftsanspruch nach den §§ 259, 260 [X.] machen die Kläger nicht geltend. Ein Auskunftsanspruch nach § 242 [X.] kommt nach der Rechtsprechung zwar bei Vertragsverletzungen in Betracht, wenn der die Auskunft Begehrende in entschuldbarer Weise über das Bestehen oder den Umfang seines Rechts im Ungewissen ist, während der Verpflichtete unschwer in der Lage ist, die erbetene Auskunft zu erteilen (vgl. [X.], Urteile vom 19. Februar 1982 - [X.], [X.], 689, 690, vom 14. Juli 1987 - [X.], [X.], 1127 f. und vom 11. Juni 1990 - [X.], [X.], 1844, 1846 f.). Mit dem Auskunftsverlangen darf aber nicht das Ziel verfolgt werden, Beweismittel zur Durchsetzung dieses Anspruchs zu gewinnen (vgl. [X.], Urteile vom 22. Januar 1957 - [X.], [X.], 637, 638 und vom 18. Februar 1970 - [X.], [X.], 387, 388; [X.]/[X.], [X.], Neubearbeitung 2009, § 260 Rn. 42; [X.] in Erman, [X.], 13. Aufl., § 260 Rn. 6). Die von den Klägern begehrten Informationen zu Ergebnissen vorprozessualer [X.] der [X.] betreffen nicht Voraussetzungen des von ihnen behaupteten, gegen die Beklagte gerichteten Anspruchs aus Vertragsverletzung, sondern dienen der Gewinnung von Beweismitteln. Insbesondere wollen die Kläger damit die Glaubwürdigkeit von Zeugenaussagen erschüttern.

Schließlich kommt unabhängig von der Frage, ob zur Begründung eines Auskunftsanspruchs der Verdacht einer vorvertraglichen Pflichtverletzung ausreicht oder dieser Leistungsanspruch dem Grunde nach feststehen muss (vgl. [X.], Urteil vom 17. Juli 2002 - [X.], [X.], 255, 256 mwN sowie [X.], Beschluss vom 27. Juli 2000 - [X.], NJW-RR 2001, 705, 706 und Urteil vom 6. Mai 2004 - [X.], [X.] 2004, 492, 494), ein Anspruch auf Auskunft nicht in Betracht, wenn - wie hier - feststeht, dass der vom [X.] zugrunde gelegte Leistungsanspruch nicht besteht (vgl. [X.], Urteil vom 14. Juli 1987 - [X.], [X.], 1127, 1128 und Beschluss vom 27. Juli 2000 - [X.], NJW-RR 2001, 705, 706; [X.], [X.] 2010, 95 Rn. 13).

Wiechers                         [X.]                          Maihold

                    Pamp                              [X.]

Meta

XI ZR 46/11

19.03.2013

Bundesgerichtshof 11. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend Oberlandesgericht des Landes Sachsen-Anhalt, 21. Dezember 2010, Az: 6 U 172/09

§ 166 Abs 1 BGB, § 242 BGB, § 278 BGB, § 280 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 19.03.2013, Az. XI ZR 46/11 (REWIS RS 2013, 7309)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 7309

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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