Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.02.2018, Az. XI ZR 480/16

XI. Zivilsenat | REWIS RS 2018, 13276

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[X.]:[X.]:[X.]:2018:270218UXIZR480.16.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
XI ZR 480/16
Verkündet am:

27. Februar 2018

Weber

Justizamtsinspektorin

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

-
2
-
Der XI.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche
Verhandlung vom 27.
Februar 2018
durch den Vizepräsidenten Prof.
Dr.
Ellenberger, [X.]
Joeres
und
Dr.
Matthias
sowie
die Richterinnen Dr.
Menges und Dr.
Dauber
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten und unter Zurückweisung der [X.] wird das Urteil des 8.
Zivilsenats des [X.] vom 19.
August 2016 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist.
Die Berufung des [X.] gegen das Urteil der 3.
Zivilkammer des [X.] vom 7.
Januar 2016 wird insgesamt zurück-gewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten der Rechtsmittelverfahren.
Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit des Widerrufs der auf den [X.] zweier [X.] gerichteten Willenserklärungen des [X.].

1
-
3
-
Der Kläger schloss im Mai 2004 zwei in einer Vertragsurkunde zusam-mengefasste Darlehensverträge über einen Gesamtdarlehensbetrag von 137.000

a gemäß Darlehensvertrag "Konstant 28" Nr.

41 über 111.000

p.a. "fest bis zur Zuteilung des [X.] voraussichtliche Zuteilung in ca. 12
Jahren 0
Monaten" sollte in Höhe von 32.000

ss-gebühr" in Höhe von 1.110

r-den, das die Beklagte auf der Grundlage eines zugleich abgeschlossenen [X.] einrichtete. Das Darlehen sollte teilweise mittels des bis zur Zutei-lungsreife angesparten Bausparguthabens aufgrund weiterer monatlicher Spar-raten in Höhe von 11,89

r-den. Ein ebenfalls vereinbartes "Vorausdarlehen
EZ" Nr.

50 über 26.000

p.a. sollte ebenfalls durch ein Bauspardarlehen abgelöst werden. Zu diesem Zweck schloss der Kläger mit der Beklagten einen weiteren Bausparvertrag, für den er eine Abschlussgebühr in Höhe weiterer 260

Pfandrecht an den Ansprüchen aus den Bausparverträgen und ein Grundpfand-recht. Die Beklagte belehrte den Kläger über sein Widerrufsrecht wie folgt:
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4
-

Auf Bitten des [X.] beendeten die Parteien im April 2010 die [X.] unter Einschluss der Bausparverträge vorzeitig gegen Zahlung einer "Vorfälligkeitsentschädigung" in
Höhe von 6.500

Grundschuld frei. Mit Schreiben seines vorinstanzlichen Prozessbevollmächtig-ten vom 1.
Dezember 2014 widerrief der Kläger seine auf Abschluss der [X.] gerichteten Willenserklärungen.
Die Klage auf Erstattung der Abschlussgebühren und der "Vorfälligkeits-entschädigung" nebst Zinsen sowie auf Erstattung vorgerichtlich verauslagter Anwaltskosten hat das [X.] abgewiesen. Auf die dagegen gerichtete Berufung hat das Berufungsgericht das landgerichtliche
Urteil teilweise abge-ändert und die Beklagte zur Zahlung von 7.870

Übrigen hat es die Berufung betreffend einen Teil der begehrten Zinsen und der vorgerichtlich verauslagten Anwaltskosten zurückgewiesen. Gegen die stattge-bende Entscheidung richtet
sich die vom Berufungsgericht zugelassene [X.] der Beklagten, mit der sie ihren Antrag auf vollständige Zurückweisung der Berufung weiterverfolgt. Mit der [X.] erstrebt der Kläger eine Ver-3
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5
-
urteilung der Beklagten zur Erstattung der vorgerichtlich verauslagten Anwalts-kosten.

Entscheidungsgründe:
A. Revision der Beklagten
Die Revision der Beklagten hat Erfolg.

I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für die Revision der Beklagten von Bedeutung, im Wesentlichen ausgeführt:
Der Kläger habe seine auf Abschluss der Darlehensverträge gerichteten Willenserklärungen noch widerrufen können, da die Beklagte den Kläger unzu-reichend deutlich über die Voraussetzungen für das Anlaufen der Widerrufsfrist unterrichtet habe. Das Widerrufsrecht des [X.] sei nicht verwirkt. Der Kläger habe die Darlehen zunächst mehrere Jahre ordnungsgemäß bedient, bevor es im April 2010 zur einverständlichen vorzeitigen Beendigung der Darlehensver-träge gekommen sei. Es könne jedoch nicht festgestellt werden, dass er dies alles in Kenntnis seines fortbestehenden Widerrufsrechts getan habe.

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6
-
II.
Diese Ausführungen halten einer revisionsrechtlichen Nachprüfung in wesentlichen Punkten nicht stand.
1. Die Ausführungen zur mangelnden Deutlichkeit der von der Beklagten erteilten Widerrufsbelehrung und damit zur fortbestehenden Widerruflichkeit der auf Abschluss der Darlehensverträge gerichteten Willenserklärungen des [X.] weisen Rechtsfehler zum Nachteil der Beklagten auf.
a) Allerdings hat das Berufungsgericht im Ausgangspunkt richtig erkannt, dem Kläger sei gemäß §
495 Abs.
1 [X.] zunächst das Recht zugekommen, seine auf Abschluss der Darlehensverträge gerichteten Willenserklärungen nach §
355 Abs.
1 und
2 [X.] in der hier nach Art.
229 §
9 Abs.
1 Satz
1 Nr.
2, §
22 Abs.
2, §§
32, 38 Abs.
1 Satz
1 EG[X.] maßgeblichen, zwischen dem 1.
August 2002 und dem 10.
Juni 2010 geltenden Fassung (künftig: aF) zu [X.].
b) Die Annahme des Berufungsgerichts, die Beklagte habe den Kläger unzureichend über das ihm zukommende Widerrufsrecht belehrt, so dass die Widerrufsfrist bei Erklärung des Widerrufs noch nicht abgelaufen gewesen sei, hält mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung einer revisionsrecht-lichen Überprüfung indessen nicht stand. Entgegen der Auffassung des [X.] informierte die von der Beklagten verwendete Widerrufsbeleh-rung, wie der Senat mit Urteil vom heutigen [X.] XI
ZR
160/17 für eine insoweit gleichlautende Widerrufsbelehrung entschieden hat, den Kläger hinreichend deutlich über die Voraussetzungen des Beginns der Widerrufsfrist nach §
355 Abs.
2 Satz
3 [X.] aF.

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11
-
7
-
2. Revisionsrechtlicher Überprüfung anhand der gefestigten Senats-rechtsprechung (Senatsurteile vom 12.
Juli 2016
XI
ZR
501/15, [X.]Z
211, 105 Rn.
40 und
XI
ZR
564/15, [X.]Z
211, 123 Rn.
37, vom 11.
Oktober 2016

XI
ZR
482/15, [X.]Z
212, 207 Rn.
30
f. und vom 14.
März 2017

XI
ZR
442/16, WM
2017, 849 Rn.
27
f.; Senatsbeschluss vom 23.
Januar 2018

XI
ZR
298/17, [X.]) nicht stand halten weiter die Erwägungen, mit denen das Berufungsgericht eine Verwirkung des Widerrufsrechts verneint hat. Gerade bei beendeten [X.]n
wie hier
kann das Vertrauen des Unternehmers auf ein Unterbleiben des Widerrufs schutzwürdig sein, auch wenn die von ihm erteilte Widerrufsbelehrung ursprünglich den gesetzlichen Vorschriften nicht entsprach und er es in der Folgezeit versäumt hat, den [X.] (Senatsurteil vom 12.
Juli 2016
XI
ZR
501/15, aaO, Rn. 41). Das gilt in besonderem Maße, wenn die Beendigung des [X.] auf einen Wunsch des Verbrauchers zurückgeht (Senatsurteil vom 11.
Oktober 2016, aaO, Rn.
30). Dass nicht festgestellt werden konnte, der Klä-ger habe bei Beendigung des Darlehensvertrags Kenntnis von seinem [X.] Widerrufsrecht gehabt, schloss entgegen der Rechtsmeinung des Berufungsgerichts eine Berücksichtigung dieses Umstandes nicht aus (Senats-urteil vom 10.
Oktober 2017
XI
ZR
449/16, WM
2017, 2251 Rn.
19 mwN).

III.
Das Berufungsurteil unterliegt mithin der Aufhebung (§
562 ZPO), weil es sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig erweist (§
561 ZPO). [X.] kann der Senat die Verurteilung der Beklagten zur Erstattung der [X.]gebühren nicht unter Verweis auf §
812 Abs.
1 Satz
1 Fall
1 [X.] auf-rechterhalten. Zwar ist nach den Feststellungen des Berufungsgerichts, die die 12
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-
8
-
Beklagte nicht mit einem Tatbestandsberichtigungsantrag angegriffen hat, da-von auszugehen, dass die Beklagte die Abschlussgebühren nicht für den [X.] der Bausparverträge, sondern für den Abschluss der Darlehensverträge verlangt hat, so dass die Grundsätze des [X.] vom 7.
Dezember 2010 (XI
ZR
3/10, [X.]Z
187, 360 Rn.
36 ff.) nicht eingreifen. Ein Anspruch aus §
812 Abs.
1 Satz
1 Fall
1 [X.] wäre aber, worauf sich die Beklagte berufen hat, verjährt (vgl. Senatsurteil vom 28.
Oktober 2014

XI
ZR
348/13, [X.]Z
203, 115 Rn.
44).

IV.
Die Sache ist im Sinne einer gänzlichen Zurückweisung der Berufung des [X.] zur Endentscheidung reif (§
563 Abs.
3 [X.]). Bei Erklärung des Widerrufs war die Widerrufsfrist abgelaufen.
1. Die Beklagte belehrte den Kläger bei Abschluss der Darlehensverträge in Übereinstimmung mit den gesetzlichen Vorschriften.
a) [X.] der Beklagten entsprach dem gestalterischen Deutlichkeitsgebot des §
355 [X.] aF. Durch die Verwendung einer gesonder-ten und fett gesetzten Überschrift unter einem eigenen Gliederungspunkt hob sich die Widerrufsbelehrung drucktechnisch hinreichend deutlich vom restlichen Vertragstext ab (vgl. Senatsurteil vom 23.
Juni 2009

XI
ZR
156/08, WM
2009, 1497 Rn.
24).
b) Eine Belehrung nach §
358 Abs.
5 [X.] in der bis zum 3.
August 2011 geltenden Fassung musste der Beklagte nicht erteilen. Wie der Senat mit Urteil vom heutigen [X.] XI
ZR
160/17 näher dargelegt hat, bildeten der 14
15
16
17
-
9
-
Darlehensvertrag "Konstant 28" Nr.

41 und der Bausparvertrag keine verbundenen Verträge.
2. Die Beklagte erfüllte die Anforderungen des §
355 Abs.
2 Satz 3 [X.] aF, wenn sie dem Kläger ein Exemplar des [X.] überließ, das nach Unterschriftsleistung durch den Kläger

wenn auch nicht notwendig auf dem bei ihm verbliebenen Exemplar

dessen Vertragserklärung dokumentierte. Weil nach §
355 Abs.
2 Satz 3 [X.] aF die
Abschrift der Vertragserklärung des Verbrauchers genügt, muss das ihm belassene Exemplar nicht von ihm [X.] oder mit dem Abbild seiner Unterschrift versehen sein (vgl. zu §
361a Abs.
1 Satz
4 [X.] BT-Drucks.
14/2658, S.
47 rechte Spalte oben; vgl.
auch BT-Drucks.
16/11643, S.
80 linke Spalte unten; OLG
Frankfurt am Main, [X.] vom 7.
September 2017

17
U
107/17, juris Rn.
5 und vom 30.
Januar 2012

19
W
4/12, BKR
2012, 243, 244; OLG
Köln, Beschluss vom 1.
September 2017

12
U
203/16, juris Rn.
33
f.). §
492 Abs.
3 [X.] in der hier maßgeblichen, bis zum 10.
Juni 2010 geltenden Fassung, der sich nicht mit den Voraussetzungen für das Anlaufen der Widerrufsfrist befasst, enthält keine Mo-difikation des §
355 Abs.
2 Satz
3 [X.] aF für [X.] (undeutlich MünchKomm[X.]/[X.], 5.
Aufl., §
492 Rn.
86; [X.]/
[X.], [X.], 69. Aufl., §
492 Rn.
18).

B. [X.] des [X.]
Die [X.]
des [X.] hat dagegen keinen Erfolg.

18
19
-
10
-
I.
Die [X.] ist statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie wahrt die Frist des §
554 Abs.
2 Satz
2 ZPO und genügt der Form des §
554 Abs.
3 ZPO. Sie betrifft entgegen den Einwänden der Beklagten mit den aus
dem Widerruf des [X.] resultierenden Rechtsfolgen auch einen Lebens-sachverhalt, der mit dem von der Revision erfassten Streitgegenstand in einem rechtlichen und wirtschaftlichen Zusammenhang steht (vgl. [X.], Urteile vom 22.
November 2007

I
ZR
74/05, [X.]Z
174, 244 Rn.
36
ff. und vom 12.
Oktober 2017

IX
ZR
267/16, WM
2017, 2324 Rn.
27).

II.
Das Berufungsgericht hat die [X.] betreffend ausgeführt, ein Anspruch des [X.] auf Erstattung vorgerichtlich verauslagter Anwalts-kosten folge weder aus Verzug noch aus dem Gesichtspunkt einer Pflichtverlet-zung.
III.
Dagegen wendet sich die [X.] schon deshalb ohne Erfolg, weil der Kläger seine auf Abschluss der Darlehensverträge gerichteten Willens-erklärungen nicht wirksam widerrufen hat. Im Übrigen stünde das Ergebnis des Berufungsgerichts

die Beachtlichkeit des Widerrufs unterstellt

unabhängig

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11
-

von den Einwänden der [X.] gegen seine Begründung im Einzel-nen in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Senats (Senatsurteile vom 21.
Februar 2017

XI
ZR
467/15, WM
2017, 906 Rn.
31, 34
f. und vom 19.
September 2017

XI
ZR
523/15, juris Rn.
22).

Ellenberger
Joeres
Matthias

Menges
Dauber
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 07.01.2016 -
3 [X.]/15 -

O[X.], Entscheidung vom 19.08.2016 -
8 [X.] -

Meta

XI ZR 480/16

27.02.2018

Bundesgerichtshof XI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.02.2018, Az. XI ZR 480/16 (REWIS RS 2018, 13276)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 13276

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