Bundesverfassungsgericht, Einstweilige Anordnung vom 06.09.2016, Az. 1 BvR 2001/16

1. Senat 3. Kammer | REWIS RS 2016, 5909

Foto: © Bundesverfassungsgericht │ foto USW. Uwe Stohrer, Freiburg

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Gegenstand

Erlass einer einstweiligen Anordnung: Sitzungspolizeiliche Anordnung über Beschränkung von Ton- und Bildaufnahmen muss die für die Entscheidung maßgeblichen Gründe erkennen lassen - hier: Verfassungsbeschwerde offensichtlich begründet - mithin Folgenabwägung zugunsten der Antragstellerin


Tenor

1. Die Ziffern IV. Nr. 2 Satz 2, Nr. 3 und Nr. 4 der Anordnung des Vorsitzenden [X.] des 8. [X.]rafsenats des [X.] vom 29. Juli 2016 - 8 [X.] 2/16 - werden bis zu einer Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde in der Hauptsache, längstens jedoch für die Dauer von sechs Monaten, in ihrer Wirksamkeit ausgesetzt.

2. Der [X.] hat der Antragstellerin die notwendigen Auslagen im Verfahren der einstweiligen Anordnung zu erstatten.

Gründe

1

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat Erfolg. Die vom [X.] im Rahmen der Entscheidung nach § 32 Abs. 1 [X.] vorzunehmende Folgenabwägung (vgl. [X.] 71, 158 <161>; 88, 185 <186>; 91, 252 <257 f.>; stRspr) führt zu dem Ergebnis, dass die für den Erlass einer einstweiligen Anordnung sprechenden Gründe überwiegen.

2

1. In diesem verfassungsgerichtlichen Eilverfahren braucht nicht geklärt zu werden, ob sitzungspolizeiliche Anordnungen, die [X.] des [X.] im ersten Rechtszuge trifft, mit Blick auf die Garantie effektiven Rechtsschutzes in grundrechtskonformer Erweiterung des § 304 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 StPO fachgerichtlichem Rechtsschutz zugänglich sind (vgl. [X.], Beschluss der [X.] des [X.] vom 17. April 2015 - 1 BvR 3276/08 -, NJW 2015, S. 2175 <2176>). Jedenfalls war der Antragstellerin die vorrangige Inanspruchnahme des Rechtsbehelfs der Beschwerde unter Berücksichtigung der entgegenstehenden Rechtsprechung des [X.] unzumutbar (vgl. [X.], Beschluss vom 13. Oktober 2015 - StB 10/15, StB 11/15 -, NJW 2015, S. 3671 <3671 f.>).

3

2. Über den Antrag auf einstweilige Anordnung ist nach Maßgabe einer Folgenabwägung zu entscheiden. Diese fällt zugunsten der Antragstellerin aus. Die Verfassungsbeschwerde ist hinsichtlich der angegriffenen sitzungspolizeilichen Anordnung offensichtlich begründet. Die Anordnungen des Vorsitzenden genügen den verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht, weil der Vorsitzende die für seine Entscheidung maßgebenden Gründe nicht offengelegt und dadurch den Betroffenen nicht zu erkennen gegeben hat, dass in die Abwägung alle dafür erheblichen Umstände eingestellt worden sind (vgl. [X.] 119, 309 <327  f.>; vgl. auch [X.], Beschluss der [X.] des [X.] vom 3. April 2009 - 1 BvR 654/09 -, NJW 2009, S. 2117 <2118>; Beschlüsse der [X.] des [X.] vom 31. Juli 2014 - 1 BvR 1858/14 -, NJW 2014, [X.] <3013 f.> und vom 8. Juli 2016 - 1 BvR 1534/16 -, juris). Die sitzungspolizeiliche Anordnung vom 29. Juli 2016 lässt die für die Entscheidung maßgeblichen Gründe nicht erkennen. Bereits aus diesem Grund war die beantragte einstweilige Anordnung zu erlassen. Dem Vorsitzenden bleibt es unbenommen, neuerlich eine Anordnung zu erlassen, in der die maßgebenden Gründe offengelegt werden.

4

3. Die Entscheidung über die Erstattung der Auslagen beruht auf § 34a Abs. 3 [X.].

Meta

1 BvR 2001/16

06.09.2016

Bundesverfassungsgericht 1. Senat 3. Kammer

Einstweilige Anordnung

Sachgebiet: BvR

vorgehend OLG München, 29. Juli 2016, Az: 8 St 2/16, Beschluss

Art 5 Abs 1 S 2 GG, Art 20 Abs 3 GG, § 32 Abs 1 BVerfGG, § 90 Abs 1 BVerfGG, § 169 S 2 GVG, § 176 GVG

Zitier­vorschlag: Bundesverfassungsgericht, Einstweilige Anordnung vom 06.09.2016, Az. 1 BvR 2001/16 (REWIS RS 2016, 5909)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 5909


Verfahrensgang

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Az. 1 BvR 2001/16

Bundesverfassungsgericht, 1 BvR 2001/16, 27.06.2018.

Bundesverfassungsgericht, 1 BvR 2001/16, 06.09.2016.


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