Bundesfinanzhof, Beschluss vom 17.08.2010, Az. II B 30/10

2. Senat | REWIS RS 2010, 4044

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Gegenstand

Anwendbarkeit des Hamburgischen Spielgerätesteuergesetzes trotz Verfassungswidrigkeit


Leitsatz

1. NV: Das Hamburgische Spielgerätesteuergesetz ist bis zu seinem Außerkrafttreten auch insoweit anwendbar, als das BVerfG seine Verfassungswidrigkeit festgestellt hat .

2. NV: Der Geltungsbereich des Hamburgischen Spielgerätesteuergesetzes beschränkt sich auf das Gebiet Hamburgs .

Tatbestand

1

I. Das Finanzgericht (FG) wies die von der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) gegen die Festsetzung von [X.] nach dem [X.]ischen [X.]gesetz ([X.]) für die Zeiträume Dezember 2000 bis Juli 2001, September 2001 bis Februar 2002, Mai bis Juli 2002, September 2002 bis Juni 2003 und August 2003 bis Dezember 2004 erhobene Klage unter Hinweis auf den Beschluss des [X.] ([X.]) vom 4. Februar 2009  1 [X.] ([X.]E 123, 1) ab. Eine erneute Vorlage an das [X.] sei nicht erforderlich. Der Landesgesetzgeber habe seine [X.] nicht deshalb überschritten, weil der Geltungsbereich des [X.] nicht ausdrücklich auf das Gebiet der [X.] beschränkt worden sei. Es liege auch keine verfassungswidrige Ungleichbehandlung mit der von der [X.] befreiten [X.] Spielbank vor.

2

Die Klägerin stützt die Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision auf § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Das [X.] sei verfassungswidrig, weil es seinen Geltungsbereich nicht auf [X.] beschränke, sondern auf die gesamte Welt erstrecke. Die Ungleichbehandlung der Spielgerätebetreiber mit den durch das [X.] weltweit von der [X.] befreiten Spielbanken sei ebenfalls verfassungswidrig.

Entscheidungsgründe

3

[X.] Die Beschwerde ist, sofern sie überhaupt den Begründungsanforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO entspricht, unbegründet. Ein Grund für die Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 FGO liegt nicht vor.

4

1. Das [X.] hat mit dem Beschluss in [X.]E 123, 1, zwar § 4 Abs. 1 [X.] für unvereinbar mit Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) erklärt, aber im Tenor der Entscheidung weiter ausgeführt, die Vorschrift bleibe für den Zeitraum bis zum Außerkrafttreten des [X.] am 1. Oktober 2005 weiter anwendbar. In Abschn. [X.] 1. des Beschlusses führte das [X.] aus, die Gesetzgebungskompetenz der [X.] für den Erlass des [X.] ergebe sich aus Art. 105 Abs. 2a Satz 1 GG. Die [X.] gehöre zu den herkömmlichen örtlichen [X.] und Aufwandsteuern. An diese Beurteilung ist der [X.] ([X.]) nach § 31 Abs. 1 des Gesetzes über das [X.] ([X.]G) gebunden. Das [X.] ist in dem Beschluss offensichtlich davon ausgegangen, dass sich der Geltungsbereich des [X.] auf das Gebiet der [X.] beschränkt, obwohl dies im Gesetz nicht ausdrücklich erwähnt wird. Die Ansicht der Klägerin, das [X.] sei so zu verstehen, dass sich sein Geltungsbereich unter Missachtung der der Gesetzgebung der Länder gezogenen räumlichen Grenzen nicht nur auf das Gebiet [X.], sondern auf die gesamte Welt erstrecke, entspricht nicht den allgemein anerkannten Grundsätzen über die Auslegung von Gesetzen, zu denen insbesondere der Grundsatz der verfassungskonformen Gesetzesauslegung rechnet (vgl. z.B. [X.]-Beschluss vom 22. September 2009  2 [X.], [X.]/NV 2009, 2119, unter B. 2. a; [X.] in Tipke/[X.], Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 4 AO Rz 238 f.; Wernsmann in [X.]/[X.]/ [X.], § 4 AO Rz 280 f.; [X.]/Koenig/[X.], Abgabenordnung, 2. Aufl., § 4 Rz 104 f.). Lässt eine Norm mehrere Deutungen zu, von denen nur eine zu einem verfassungsmäßigen Ergebnis führt, so ist diejenige Auslegung geboten, die mit dem Grundgesetz in Einklang steht ([X.]-Urteile vom 21. Oktober 1997 [X.], [X.]E 184, 466, [X.] 1998, 142, und vom 14. Dezember 2006 [X.], [X.]E 215, 442, [X.] 2007, 332, unter [X.] 4. a, jeweils m.w.N.).

5

2. Da das [X.] mit dem Beschluss in [X.]E 123, 1, trotz des festgestellten Gleichheitsverstoßes die befristete weitere Anwendung des § 4 Abs. 1 [X.] zugelassen hat, kommt es aufgrund der nach § 31 Abs. 1 [X.]G bindenden Wirkung des Beschlusses auf die von der Klägerin aufgeworfene Frage, ob die Befreiung der [X.] Spielbank von der [X.] mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar ist, nicht mehr an. Im Übrigen hat der [X.] bereits wiederholt entschieden, dass insoweit kein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz vorliegt (Beschluss vom 21. Februar 1990 [X.]/89, [X.]E 160, 61, [X.] 1990, 510, unter B. 2. a; Urteil vom 26. Juni 1996 II R 47/95, [X.]E 180, 497, [X.] 1996, 538, unter [X.] 3. c cc; ebenso zur Befreiung des Aufwands, der der [X.] unterliegt, von der [X.] Spielvergnügungsteuer [X.]-Beschlüsse vom 1. Februar 2007 [X.]/06, [X.]/NV 2007, 987, unter [X.] 5., und vom 27. November 2009 [X.]/09, [X.]/NV 2010, 692, unter [X.] 2. b ee). Die Frage ist also bereits geklärt.

Meta

II B 30/10

17.08.2010

Bundesfinanzhof 2. Senat

Beschluss

vorgehend FG Hamburg, 2. Februar 2010, Az: 2 K 232/09, Urteil

Art 3 Abs 1 GG, Art 105 Abs 2a GG, § 31 Abs 1 BVerfGG, § 4 Abs 1 SpStG HA

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 17.08.2010, Az. II B 30/10 (REWIS RS 2010, 4044)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 4044

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