Bundesfinanzhof, Urteil vom 12.07.2023, Az. XI R 41/20

11. Senat | REWIS RS 2023, 8151

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Gegenstand

Widerspruch gegen eine Gutschrift und Widerruf des Verzichts auf die Steuerbefreiung nach Ausgliederung


Leitsatz

1. Ab der Eintragung einer Ausgliederung im Handelsregister muss der Widerspruch gegen eine Gutschrift, die auf einem von der Ausgliederung umfassten Vertrag beruht, dem übernehmenden Rechtsträger gegenüber erklärt werden.

2. Hat ein Unternehmer auf die Steuerfreiheit eines Umsatzes dadurch verzichtet, dass er dem Leistungsempfänger den Umsatz unter gesondertem Ausweis von Umsatzsteuer in Rechnung gestellt hat, kann er den darin liegenden Verzicht nur dadurch rückgängig machen, dass er dem übernehmenden Rechtsträger als Leistungsempfänger eine berichtigte Rechnung ohne Umsatzsteuer erteilt.

Tenor

1. Auf die Revision der Klägerin werden das Urteil des [X.] vom 27.10.2020 - 2 K 483/18, 2 K 1687/18, der [X.] für 2010 vom 04.11.2014 und die Einspruchsentscheidung des Beklagten vom 16.03.2018 aufgehoben.

2. Die Kosten des gesamten Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.

Tatbestand

I.

1

[X.]treitig ist der Vorsteuerabzug aus Gutschriften sowie die Ablehnung einer Billigkeitsmaßnahme in Bezug auf diese Vorsteuerbeträge nach den §§ 163, 227 der Abgabenordnung ([X.]).

2

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine Gmb[X.]; Gegenstand des Unternehmens der Klägerin ist die Verwaltung eigenen Vermögens, insbesondere von Immobilien und Beteiligungen an anderen [X.]en. Bis zu einer Ausgliederung im August 2010 war sie außerdem unter anderem operativ im Geschäftsbereich "Edelmetalle" tätig. [X.]ie erfasste die Umsätze hieraus bis einschließlich August 2010. Die Klägerin firmierte bis zur Ausgliederung unter [X.].

3

Den Geschäftsbereich "Edelmetalle" sowie einen weiteren Geschäftsbereich gliederte die Klägerin durch Vertrag vom 06.07.2010 nach den [X.] ([X.]) zur Aufnahme in die zuvor gegründete X-Gmb[X.], die nachfolgend unter … firmierte, aus. [X.]ämtliche diesem Geschäftsbereich zuzuordnende Vermögensgegenstände und [X.]chulden und alle sonstigen Rechte und Pflichten sowie Rechtsbeziehungen sollten unter Fortbestand der übertragenden [X.] ausgegliedert werden (§§ 123 Abs. 3 Nr. 1, 125, 46 ff., 60 ff., 138 ff., 141 ff. [X.]). Dazu gehörten nach § 3 Buchst. f der Vereinbarung insbesondere auch die in Anlage 3.2 Buchst. f genannten Liefer- und Einkaufsverträge. Am [X.] erfolgte die Eintragung im [X.]andelsregister. Die Umsätze nach der Ausgliederung meldete die übernehmende X-Gmb[X.] an.

4

Nach der Ausgliederung firmierte die Klägerin zunächst als Y-AG und --nach einer formwechselnden Umwandlung im Jahr 2014-- als Y-Gmb[X.].

5

Die Klägerin erwarb unter ihrer damaligen Firma ([X.]) vom 10.05.2010 bis 02.07.2010 Goldbarren und Goldmünzen von dem Unternehmen [X.] sowie im Zeitraum vom 05.07.2010 bis 21.07.2010 von dem Unternehmen [X.]. [X.] führte an die Klägerin 31 Umsätze über einen Gesamtbetrag von netto 3.840.277 € zuzüglich 19 % Umsatzsteuer in [X.]öhe von 729.652,63 € aus. [X.] erbrachte zehn Umsätze über einen Gesamtbetrag von netto 2.093.208 € zuzüglich 19 % Umsatzsteuer in [X.]öhe von 397.709,52 €.

6

Über die Lieferungen erteilte die Klägerin ordnungsgemäße, als "Ankaufsrechnungen" bezeichnete Gutschriften mit gesondertem Ausweis der genannten [X.] und überwies die entsprechenden Bruttobeträge (mit Ausnahme eines Betrags von 258.212,15 €). Eine schriftliche Vereinbarung zu den Abrechnungsmodalitäten hatten die Vertragsparteien nicht getroffen.

7

Am 21.07.2010 wurden die Geschäftsräume der Klägerin im Zuge eines gegen einen anderen Lieferanten der Klägerin eingeleiteten Ermittlungsverfahrens von der [X.]teuerfahndung durchsucht, weil jener Lieferant Gold steuerpflichtig an die Klägerin geliefert hatte, ohne die Umsatzsteuer an das für ihn zuständige Finanzamt abgeführt zu haben. Die Klägerin teilte der [X.]teuerfahndung dabei weitere, dieser bisher nicht bekannte Lieferanten mit (darunter [X.] und [X.]). Aufgrund dieser [X.]inweise konnten mit [X.]ilfe der Klägerin 270.000 € gesichert und [X.]teuerstrafverfahren gegen [X.] und [X.] wegen [X.]interziehung von Umsatzsteuer eingeleitet werden.

8

Mit [X.]chreiben vom [X.] forderte [X.] die Klägerin zur Zahlung der noch offenen Beträge aus den Gutschriften auf. Die Beträge überwies die Klägerin am 02.09.2010 jedoch nicht an [X.], sondern (aufgrund der zwischenzeitlich ergangenen Pfändungs- und Einziehungsverfügung) an das für [X.] zuständige Finanzamt.

9

Mit [X.]chreiben vom 19.09.2010, das an die [X.] adressiert war und bei der Klägerin am [X.] einging, widersprach [X.] sämtlichen Gutschriften der [X.] und bat um Übermittlung geänderter "Ankaufsrechnungen" über den bisherigen Bruttobetrag ohne [X.]teuerausweis, da es sich bei den Lieferungen um gemäß § 25c Abs. 2 des Umsatzsteuergesetzes (U[X.]tG) steuerfreie Lieferungen von Anlagegold gehandelt habe.

Das für [X.] zuständige Finanzamt setzte für dessen Umsätze an die Klägerin für das [X.] Umsatzsteuer in [X.]öhe von 729.652,63 € fest, welche in [X.]öhe von 2.545,59 € bezahlt wurde. Das seit Juli 2012 laufende Insolvenzverfahren über das Vermögen des [X.] wurde am 02.12.2016 aufgehoben.

Mit [X.]chreiben vom 10.11.2010, das ebenfalls an die [X.] adressiert war und bei der Klägerin am 15.11.2010 eingegangen ist, widersprach [X.] den "Ankaufsrechnungen" und übermittelte eigene Rechnungen an die [X.] ohne Ausweis von Umsatzsteuer, da es sich um steuerfreie Goldlieferungen nach § 25c U[X.]tG gehandelt habe; in den vorgelegten Rechnungen übernahm er die Bruttobeträge der erteilten Gutschriften jeweils als Nettobeträge und verwies auf die [X.]teuerbefreiung des § 25c U[X.]tG. Mit [X.]chreiben vom 17.11.2010 reichte die X-Gmb[X.] die Rechnungen des [X.] unter [X.]inweis auf die Unmöglichkeit einer Rechnungsstellung durch diesen an [X.] zurück.

Die in Rechnung gestellte und von der Klägerin gezahlte Umsatzsteuer haben [X.] und [X.] in der Folgezeit trotz ihrer Widersprüche und Widerrufe weder an die Klägerin noch an die X-Gmb[X.] zurückgezahlt.

In ihrer am 25.07.2011 beim Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt --[X.]--) eingegangenen Umsatzsteuererklärung für das [X.] ([X.]treitjahr) machte die Klägerin unter anderem die an [X.] und [X.] gezahlte Umsatzsteuer als Vorsteuer geltend und erklärte eine negative Umsatzsteuer; das [X.] stimmte der [X.]teueranmeldung zu.

Nach einer Außenprüfung bei der Klägerin vertrat das [X.] die Auffassung, durch ihre Widersprüche gegen die Gutschriften hätten [X.] und [X.] den Verzicht auf die [X.]teuerbefreiung des § 25c U[X.]tG wirksam rückwirkend widerrufen. In [X.]öhe des an das für [X.] zuständige [X.] gezahlten Betrags (258.212,15 €) sei der Vorsteuerabzug jedoch infolge der Kooperation der Klägerin mit der [X.]teuerfahndung im Billigkeitswege gemäß § [X.] zu gewähren. Der Vorsteuerabzug der Klägerin sei daher um 869.150 € zu kürzen. Das [X.] setzte mit Änderungsbescheid vom 04.11.2014 die Umsatzsteuer 2010 entsprechend höher fest. Außerdem setzte es gemäß § 233a [X.] Zinsen zur Umsatzsteuer fest.

Gegen diese [X.] legte die Klägerin Einspruch ein und beantragte überdies den Erlass der Zinsen gemäß § 233a [X.] im Billigkeitswege.

Mit [X.]chreiben vom 24.06.2016 lehnte das [X.] die Anträge auf abweichende [X.]teuer- und Zinsfestsetzung (§ [X.]) und den Antrag auf Erlass der Nachzahlungszinsen gemäß § 227 [X.] ab. [X.]iergegen legte die Klägerin ebenfalls Einspruch ein.

Das [X.] wies die Einsprüche gegen die Festsetzung der Umsatzsteuer und der Zinsen nach § 233a [X.] ([X.] vom 05.11.2014) sowie gegen die Ablehnung der [X.] ([X.] vom 24.06.2016) mit [X.] vom 16.03.2018 und 08.11.2018 als unbegründet zurück.

Das Finanzgericht ([X.]) wies die beiden Klagen (nach Verbindung und der Zusage einer Teilabhilfe beim [X.]ilfsantrag in geringem Umfang) mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte 2021, 1066 veröffentlichten Urteil im [X.]auptantrag ab. Die Klagen seien beide zulässig, da der Klägerin wegen überlanger [X.] Wiedereinsetzung in die Klagefrist zu gewähren sei. Die Klagen seien jedoch im [X.]auptantrag unbegründet, da das [X.] den Vorsteuerabzug aus den Gutschriften zu Recht versagt habe, weil diese nach dem Widerspruch durch [X.] und [X.] nicht zum Vorsteuerabzug berechtigten. Die Klägerin habe zwar im [X.]treitfall mit [X.] und [X.] zumindest in schlüssiger Weise die Abrechnung per Gutschrift vorher vereinbart. [X.] und [X.] hätten jedoch allen Gutschriften mit [X.]chreiben vom 19.09.2010 beziehungsweise 10.11.2010 wirksam nach § 14 Abs. 2 [X.]atz 3 U[X.]tG widersprochen. Ob die Gutschrift den zivilrechtlichen Vereinbarungen entspreche und ob sie die Umsatzsteuer zutreffend ausweise, sei unerheblich. Es sei [X.]ache der am Leistungsaustausch beteiligten Unternehmer, sich über die Frage der Richtigkeit der Gutschrift auseinanderzusetzen und gegebenenfalls eine neue Abrechnung einzuklagen.

Der Widerspruch als einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung werde mit dem Zugang beim Gutschriftaussteller wirksam und sei an keine bestimmte Form und Frist gebunden. [X.] habe gegen die "Ankaufsrechnungen" schriftlich Widerspruch eingelegt und berichtigte Rechnungen übermittelt. [X.] habe im [X.]chreiben vom 19.09.2010 alle von der Klägerin erhaltenen Ankaufsrechnungen aufgelistet und diesen "vollständig" widersprochen.

Die mit Wirkung vom [X.] erfolgten [X.] stünden dem nicht entgegen. Die jeweiligen Erklärungen seien zwar erst nach diesem Zeitpunkt ergangen. [X.]ie seien beide an die (zu diesem Zeitpunkt nicht mehr existente) [X.] als Ausstellerin der Gutschriften adressiert, aber unstrittig derart in den Machtbereich der Klägerin gelangt, dass die Klägerin davon Kenntnis habe nehmen können (und dies auch getan habe). Dass die Klägerin die Erklärungen der ab [X.] für den Geschäftsbereich Edelmetalle zuständigen X-Gmb[X.] zugeordnet habe, könne daran nichts ändern. Die Widersprüche beträfen diejenigen Ankaufsrechnungen, aus denen die Klägerin in ihrer Umsatzsteuererklärung für das [X.]treitjahr vom 25.07.2011 den Vorsteuerabzug beansprucht habe. Die Klägerin verhalte sich widersprüchlich, wenn sie zum einen die Vorsteuer aus den Gutschriften beanspruche, zugleich aber die noch im Besteuerungszeitraum 2010 erfolgten Widersprüche hiergegen nicht gegen sich gelten lassen wolle.

Entgegen der Ansicht der Klägerin komme es auch nicht darauf an, ob die zivilrechtlichen Vertragsverhältnisse mit den Lieferanten [X.] und [X.] im Zuge der Ausgliederung zur Aufnahme auf die X-Gmb[X.] übergegangen und die Widersprüche daher bei der Umsatzsteuerfestsetzung der X-Gmb[X.] zu berücksichtigen seien; denn nach der Rechtsprechung des [X.] (BF[X.]) trete bei der Ausgliederung eines Geschäftsbetriebs der übernehmende Rechtsträger nicht in das steuerrechtliche [X.]chuldverhältnis des fortbestehenden Rechtsträgers ein; dieses verbleibe beim übertragenden Rechtsträger.

Dies stehe auch in Einklang mit dem BF[X.]-Urteil vom 10.12.2009 - XI R 7/08 ([X.]öchstrichterliche Finanzrechtsprechung 2010, 749) hinsichtlich der Rückgängigmachung des Verzichts auf die [X.]teuerbefreiung für die Lieferung von Anlagegold nach § 25c Abs. 3 [X.]atz 2 U[X.]tG. Auch in diesem Fall werde die in den ursprünglich ausgestellten Rechnungen ausgewiesene Umsatzsteuer von den Lieferanten nicht mehr geschuldet, so dass insoweit ein Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 [X.]atz 1 Nr. 1 U[X.]tG rückwirkend zu versagen sei. Die im [X.]treitfall ausgesprochenen Erklärungen könnten auch als Rückgängigmachung des Verzichts auf die [X.]teuerbefreiung nach § 25c Abs. 3 U[X.]tG ausgelegt werden. Damit entfalle rückwirkend der Vorsteuerabzug der Klägerin.

Mit der Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts. [X.]ie trägt unter anderem vor, die Willenserklärungen des [X.] und des [X.] seien gegenüber der Klägerin unwirksam. Die Ausgliederung führe gemäß § 131 [X.] zu einer partiellen Gesamtrechtsnachfolge; auch gegenseitige Verträge gingen auf die übernehmende [X.] über. Die an die [X.] adressierten [X.]chreiben hätten folglich --aufgrund der mit Wirkung zum [X.] erfolgten [X.] nicht an die Klägerin, sondern an die X-Gmb[X.] als übernehmende [X.] gerichtet werden müssen, weil diese die Lieferantenbeziehungen mit [X.] und [X.] fortgeführt habe.

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des [X.] und die Einspruchsentscheidung des [X.] vom 16.03.2018 aufzuheben sowie unter Änderung des Bescheids vom 04.11.2014 die Umsatzsteuerfestsetzung für das [X.] um 869.150 € zu mindern und die Umsatzsteuer auf ./. 151.509,56 € festzusetzen;
hilfsweise, unter Aufhebung des [X.]-Urteils die Einspruchsentscheidung des [X.] vom 16.03.2018 aufzuheben und die Umsatzsteuer für das [X.] nach § [X.] um 869.150 € herabzusetzen;
weiter hilfsweise, unter Aufhebung des [X.]-Urteils die Einspruchsentscheidung des [X.] vom 08.11.2018 und den Ablehnungsbescheid vom 24.06.2016 betreffend Zinsen zur Umsatzsteuer für das [X.] aufzuheben und die festgesetzten Zinsen zur Umsatzsteuer 2010 in [X.]öhe von 134.718 € nach § [X.] auf 0 € festzusetzen;
weiter hilfsweise, das [X.]-Urteil, die Einspruchsentscheidung und den Ablehnungsbescheid vom 24.06.2016 betreffend Zinsen zur Umsatzsteuer für das [X.] aufzuheben und die festgesetzten Zinsen in [X.]öhe von 134.718 € in voller [X.]öhe nach § 227 [X.] zu erlassen.

Das [X.] beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Es verteidigt die angefochtene Vorentscheidung und macht geltend, die Ausgliederung führe nicht zur Gesamtrechtsnachfolge des übernehmenden Rechtsträgers gemäß § 45 [X.]. Der Widerspruch gegen die Gutschriften sei daher ebenso wirksam wie der Widerruf des Verzichts auf die [X.]teuerbefreiung.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision ist begründet; sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Entscheidung in der [X.]ache selbst (§ 126 Abs. 3 [X.]atz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--). Der Klage ist in ihrem [X.]auptantrag stattzugeben. Entgegen der Auffassung des [X.] und des [X.] entfalten die Erklärungen des [X.] und des [X.] im [X.]treitfall keine Wirkung, weil sie gegenüber der falschen Person abgegeben worden sind. Der Widerspruch gegen eine Gutschrift ist im Falle einer Ausgliederung nach der Eintragung der Umwandlung in das [X.]andelsregister an den übernehmenden Rechtsträger als neuen Inhaber gegebenenfalls bestehender zivilrechtlicher Ansprüche zu richten (siehe dazu unter II.3.). Der Widerruf des Verzichts auf die [X.]teuerbefreiung ist unwirksam, weil immer noch Rechnungen mit offenem [X.]teuerausweis vorliegen (siehe dazu unter II.4.).

1. Das [X.] und die Beteiligten gehen zu Recht davon aus, dass das Recht der Klägerin auf Vorsteuerabzug aus den (aufgrund des wirksamen Verzichts auf die [X.]teuerbefreiung) steuerpflichtigen Lieferungen von Gold durch [X.] und [X.] zunächst zwischen Mai und Juli 2010 entstanden ist.

2. Weiter gehen das [X.] und beide Beteiligte zu Recht davon aus, dass die Klägerin ihr Recht auf Vorsteuerabzug mit den von ihr erteilten, ordnungsgemäßen, als "Ankaufsrechnungen" bezeichneten Gutschriften mit gesondertem Ausweis der Umsatzsteuer von 19 % zunächst ausüben durfte.

a) Die Ausübung des Rechts auf Vorsteuerabzug setzt in den Fällen des § 15 Abs. 1 [X.]atz 1 Nr. 1 U[X.]tG gemäß § 15 Abs. 1 [X.]atz 1 Nr. 1 [X.]atz 2 U[X.]tG voraus, dass der Leistungsempfänger eine nach den §§ 14, 14a U[X.]tG ausgestellte Rechnung besitzt.

b) § 15 Abs. 1 [X.]atz 1 Nr. 1 [X.]atz 2 U[X.]tG beruht unionsrechtlich auf Art. 178 Buchst. a der Richtlinie 2006/112/[X.] über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (Mw[X.]t[X.]ystRL), der in der für das [X.]treitjahr maßgeblichen Fassung verlangte, dass der [X.]teuerpflichtige für den Vorsteuerabzug nach Art. 168 Buchst. a Mw[X.]t[X.]ystRL eine gemäß den Art. 220 bis 236 sowie 238, 239 und 240 Mw[X.]t[X.]ystRL ausgestellte Rechnung besitzen muss. Das Recht auf Vorsteuerabzug ist grundsätzlich für den Zeitraum auszuüben, in dem zum einen dieses Recht entstanden ist und zum anderen der [X.]teuerpflichtige im Besitz einer Rechnung ist (vgl. Urteile des Gerichtshofs der [X.] --EuG[X.]-- Terra Baubedarf-[X.]andel vom 29.04.2004 - [X.]/02, [X.]:[X.], Rz 34; [X.]enatex vom 15.09.2016 - [X.]/14, [X.]:[X.], Rz 35; A. (Exercice du droit a deduction) vom 18.03.2021 - [X.]/19, [X.]:C:2021:216, Rz 40).

c) Die von der Klägerin mit [X.] und [X.] vereinbarte Abrechnung durch Gutschrift war zulässig (§ 14 Abs. 2 [X.]atz 2 U[X.]tG, Art. 220, 224 Mw[X.]t[X.]ystRL); denn eine vom Leistungsempfänger ausgestellte Gutschrift ist als "Rechnung oder ähnliches Dokument" zu betrachten, wenn sie die für die Rechnungen vorgeschriebenen Angaben enthält, mit Einverständnis des [X.]teuerpflichtigen, der die Gegenstände liefert oder die Dienstleistungen erbringt, ausgestellt wird und dieser dem in ihr ausgewiesenen [X.] widersprechen kann (vgl. EuG[X.]-Urteil [X.] vom 17.09.1997 - [X.]/96, [X.]:[X.]). Dies ist nach [X.] Recht der Fall.

d) Die Gutschrift muss über eine Leistung des Unternehmers ausgestellt worden sein (vgl. BF[X.]-Urteil vom [X.] ([X.]), BF[X.]E 267, 189, B[X.]tBl II 2021, 542, Rz 23); dies ist vorliegend der Fall, da nach den tatsächlichen Feststellungen des [X.] sowohl [X.] als auch [X.] Gold als Unternehmer geliefert haben.

e) Da nur eine gesetzlich geschuldete [X.]teuer als Vorsteuer abziehbar ist (vgl. BF[X.]-Urteile vom 29.08.2018 - XI R 37/17, BF[X.]E 262, 286, B[X.]tBl II 2019, 378, Rz 18; vom 05.12.2018 - XI R 10/16, BF[X.]/NV 2019, 433, Rz 58; vom 23.10.2019 - V R 46/17, BF[X.]E 267, 140, B[X.]tBl II 2022, 779, Rz 17), muss die Leistung, über die durch Gutschrift abgerechnet worden ist, außerdem steuerpflichtig sein. Dies war bei Ausstellung der Gutschriften der Fall, da nach den tatsächlichen Feststellungen des [X.] sowohl [X.] als auch [X.] zum damaligen Zeitpunkt auf die [X.]teuerbefreiung des § 25c U[X.]tG verzichtet hatten.

3. Entgegen der Auffassung des [X.] und des [X.] haben diese Gutschriften durch die im [X.]eptember und November 2010 erklärten Widersprüche nicht ihre Wirkung verloren, weil die Widersprüche aufgrund der zum [X.] wirksam gewordenen Ausgliederung gegenüber der X-Gmb[X.] hätten erklärt werden müssen. Die Vorentscheidung ist deshalb aufzuheben.

a) Führt der Unternehmer eine Lieferung oder eine sonstige Leistung nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 aus, ist er, soweit er einen Umsatz an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen oder an eine juristische Person, die nicht Unternehmer ist, ausführt, verpflichtet, innerhalb von sechs Monaten nach Ausführung der Leistung eine Rechnung auszustellen (§ 14 Abs. 2 [X.]atz 1 Nr. 2 [X.]atz 2 U[X.]tG). Nach § 14 Abs. 2 [X.]atz 2 U[X.]tG kann eine Rechnung von einem in [X.]atz 1 Nr. 2 bezeichneten Leistungsempfänger für eine Lieferung oder sonstige Leistung des Unternehmers ausgestellt werden, sofern dies vorher vereinbart wurde (Gutschrift).

b) Zur Bestimmung des Ausstellers einer Rechnung ist von der [X.] (und Rechtspflicht) zur Abrechnung auszugehen; bei Gutschriften handelt es sich mithin um [X.], bei denen nach den Grundsätzen des Zivilrechts die [X.] zur Abrechnung dem Leistungsempfänger zufällt (vgl. BF[X.]-Urteil vom 04.03.1982 - V R 107/79, BF[X.]E 135, 118, B[X.]tBl II 1982, 309, Rz 13 und 15). Dies ist vor dem [X.]intergrund zu sehen, dass es sich nach ständiger Rechtsprechung des [X.] (BG[X.]) bei dem Anspruch auf Ausstellung einer die Umsatzsteuer ausweisenden Rechnung um einen zivilrechtlichen Anspruch handelt, der vor den ordentlichen Gerichten geltend zu machen ist (vgl. BG[X.]-Urteile vom 11.12.1974 - VIII ZR 186/73, [X.], [X.], 77, unter I.1.; vom 14.01.1980 - II ZR 76/79, [X.], 872, unter 7.; BG[X.]-Beschluss vom 29.04.2008 - VIII ZB 61/07, BG[X.]Z 176, 222, Rz 24 ff.). Der Anspruch richtet sich daher grundsätzlich gegen den Unternehmer, der zivilrechtlich als Vertragspartner des [X.]teuerpflichtigen anzusehen ist (vgl. BG[X.]-Urteil vom 10.03.2010 - VIII ZR 65/09, Deutsches [X.]teuerrecht 2010, 1183, Rz 13 ff.); es handelt sich um eine Nebenpflicht aus dem bürgerlich-rechtlichen Vertragsverhältnis zwischen dem Leistenden und dem Leistungsempfänger, die sich ansonsten bereits aus Treu und Glauben ergeben würde (BG[X.]-Urteil vom 24.02.1988 - VIII ZR 64/87, BG[X.]Z 103, 284, Rz 9).

c) Zum Widerspruch gegen die Gutschrift sieht § 14 Abs. 2 [X.]atz 3 U[X.]tG vor, dass die Gutschrift die Wirkung einer Rechnung verliert, sobald der Empfänger der Gutschrift dem ihm übermittelten Dokument widerspricht. Ein wirksamer Widerspruch hat zur Folge, dass die Gutschrift die Wirkung als Rechnung ex nunc und nicht rückwirkend verliert (BF[X.]-Urteil vom 19.05.1993 - V R 110/88, BF[X.]E 172, 163, B[X.]tBl II 1993, 779, Rz 27).

aa) Nach der Rechtsprechung des BF[X.] ist es [X.]ache der am Leistungsaustausch beteiligten Unternehmer, sich über die Frage der Richtigkeit der Gutschrift auseinanderzusetzen und gegebenenfalls eine neue Abrechnung, sei es durch Gutschrift oder Rechnung, herbeizuführen (BF[X.]-Urteil vom 19.05.1993 - V R 110/88, BF[X.]E 172, 163, B[X.]tBl II 1993, 779, Rz 24). Die Finanzverwaltung soll unter anderem bei zivilrechtlich begründeten Meinungsverschiedenheiten der Vertragsparteien nicht entscheiden müssen, welche der Meinungen zutreffend ist (vgl. BF[X.]-Urteil vom 23.01.2013 - XI R 25/11, BF[X.]E 239, 547, B[X.]tBl II 2013, 417, Rz 27). Ebenso ist deshalb zum Beispiel die zivilrechtliche Befugnis zur Rechnungsberichtigung grundsätzlich nicht zu prüfen (vgl. BF[X.]-Urteil vom 23.01.2013 - XI R 25/11, BF[X.]E 239, 547, B[X.]tBl II 2013, 417, Rz 30).

bb) Erforderlich ist aber ein Widerspruch im [X.]inne einer wirksamen Willenserklärung (vgl. BF[X.]-Urteil vom 23.01.2013 - XI R 25/11, BF[X.]E 239, 547, B[X.]tBl II 2013, 417, Rz 21). Das bedeutet, dass der Widerspruch, damit er als Willenserklärung wirksam ist, gegenüber der Person zu erklären ist, die Vertragspartei ist und die gegebenenfalls bei zivilrechtlichen Meinungsverschiedenheiten als Gläubigerin ihren auf einer vertraglichen Nebenpflicht beruhenden Anspruch auf Rechnungserteilung auf dem Zivilrechtsweg klären lassen kann.

d) Ausgehend davon hat das [X.] zu Unrecht die Widersprüche gegen die Gutschriften als wirksam angesehen. Die Vorentscheidung ist deshalb aufzuheben.

aa) Das [X.] hat angenommen, [X.] und [X.] hätten allen ihnen zuvor übermittelten Gutschriften mit [X.]chreiben vom 19.09.2010 beziehungsweise 10.11.2010 wirksam nach § 14 Abs. 2 [X.]atz 3 U[X.]tG widersprochen. Die Erklärungen seien der Klägerin als ursprünglicher Erstellerin der Gutschriften wirksam zugegangen. [X.]ie seien an die [X.] als Ausstellerin der Gutschrift adressiert gewesen und auch unstrittig derart in den Machtbereich der Klägerin gelangt, dass diese davon Kenntnis habe nehmen können und dies auch getan habe. Die mit Wirkung vom [X.] erfolgten [X.] stünden dem nicht entgegen. Es komme nicht darauf an, ob die zivilrechtlichen Vertragsverhältnisse mit den Lieferanten [X.] und [X.] im Zuge der Ausgliederung zur Aufnahme auf die X-Gmb[X.] übergegangen seien. Denn bei der Ausgliederung eines Geschäftsbetriebs trete der übernehmende Rechtsträger nicht in das steuerrechtliche [X.]chuldverhältnis des fortbestehenden Rechtsträgers ein; dieses verbleibe beim fortbestehenden übertragenden Rechtsträger.

bb) Dies ist nicht frei von [X.]. Denn aufgrund dessen, dass der Anspruch auf Rechnungserteilung und die Berechtigung zur Erteilung von Gutschriften bei zivilrechtlichen Verträgen zivilrechtlicher Natur ist (s. dazu unter [X.]), kommt es für die Frage, ob ein Widerspruch wirksam ist, nicht auf das Vorliegen einer steuerrechtlichen Gesamtrechtsnachfolge an, sondern auf die Frage, wer hierfür zivilrechtlich zuständig ist. Die erforderliche Willenserklärung ist an denjenigen zu richten, der zivilrechtlich dazu berechtigt ist, die Rechnung oder Gutschrift zu erteilen. Dies war seit dem [X.] nicht mehr die Klägerin.

(1) Nach § 123 Abs. 3 Nr. 1 [X.] kann ein Rechtsträger (übertragender Rechtsträger) --wie hier die [X.] aus seinem Vermögen einen Teil oder mehrere Teile zur Aufnahme durch Übertragung dieses Teils oder dieser Teile jeweils als Gesamtheit auf einen bestehenden oder mehrere bestehende Rechtsträger (übernehmende Rechtsträger) --wie hier die X-Gmb[X.]-- gegen Gewährung von Anteilen oder Mitgliedschaften dieses Rechtsträgers oder dieser Rechtsträger an den übertragenden Rechtsträger ausgliedern (Ausgliederung). Die Eintragung der [X.]paltung in das Register des [X.]itzes des übertragenden Rechtsträgers hat nach § 131 Abs. 1 Nr. 1 [X.] unter anderem die Wirkung, dass bei Ausgliederung der ausgegliederte Teil oder die ausgegliederten Teile des Vermögens des übertragenden Rechtsträgers einschließlich der Verbindlichkeiten entsprechend der im [X.]paltungs- und Übernahmevertrag vorgesehenen Aufteilung jeweils als Gesamtheit auf die übernehmenden Rechtsträger übergehen.

(2) Bei der Ausgliederung handelt es sich um eine besondere Übertragungsart, die es gestattet, anstelle der Einzelübertragung verschiedener Vermögensgegenstände eine allein durch den Parteiwillen zusammengefasste [X.]umme von Vermögensgegenständen in einem Akt zu übertragen (BF[X.]-Urteil vom 07.08.2002 - I R 99/00, BF[X.]E 199, 489, B[X.]tBl II 2003, 835, Rz 17). Es soll zwar keine Gesamtrechtsnachfolge im [X.]inne des § 45 AO eintreten (vgl. BF[X.]-Urteile vom 26.09.2006 - X R 21/04, BF[X.]/NV 2007, 186, Rz 29; vom 05.11.2009 - IV R 29/08, BF[X.]E 226, 492, Rz 19 f.). Mit der Eintragung im [X.]andelsregister geht aber im Wege der [X.]onderrechtsnachfolge das von der Ausgliederung umfasste Vermögen des Unternehmens einschließlich der Verbindlichkeiten sowie bestehender Verträge [X.] im Wege der partiellen Gesamtrechtsnachfolge gemäß § 131 Abs. 1 Nr. 1 [X.] auf den übernehmenden Rechtsträger über (vgl. BG[X.]-Urteil vom 02.07.2021 - V ZR 201/20, Monatsschrift für Deutsches Recht 2021, 1384, Rz 11 und 19; Urteil des [X.] --BAG-- vom 16.05.2013 - 6 [X.] 556/11, [X.], 163, Rz 18). Ein gesonderter Übertragungsakt hinsichtlich der einzelnen Gegenstände ist nicht erforderlich (vgl. [X.] vom 19.10.2017 - 8 [X.] 63/16, [X.], 345, Rz 23). Die partielle Gesamtrechtsnachfolge umfasst unter anderem die gesamten Vertragsverhältnisse, die auf diese Weise ohne Zustimmung der anderen Vertragspartei kraft Gesetzes auf den übernehmenden Rechtsträger übertragen werden (Urteil des [X.] vom 11.09.2019 - B 6 KA 2/18 R, [X.], 178, Rz 36). Ob der Dritte die Bekanntmachung kannte, ist wegen der Publizität des [X.]andelsregisters (§ 15 Abs. 2 des [X.]andelsgesetzbuchs) unerheblich (vgl. BG[X.]-Urteil vom 25.01.2008 - V ZR 79/07, BG[X.]Z 175, 123, Rz 30; a.A. wohl [X.], Zeitschrift für Wirtschaftsrecht 1997, 301, 309).

(3) Nach diesen Grundsätzen ist --wovon auch das [X.] ausgegangen ist-- aufgrund der Ausgliederung am [X.] zivilrechtlich die X-Gmb[X.] Vertragspartnerin des [X.] und des [X.] geworden. Nur sie war fortan für die Erteilung von (geänderten oder neuen) Gutschriften zuständig und konnte im Fall eines Widerspruchs den gegebenenfalls bestehenden zivilrechtlichen Anspruch auf Erteilung einer Rechnung mit offenem [X.]teuerausweis gegebenenfalls gerichtlich durchsetzen. An sie wären daher die Widersprüche zu richten gewesen. Dies ist nicht geschehen. Adressatin der Widersprüche ist nach den tatsächlichen Feststellungen des [X.] die Klägerin (unter der Firma [X.]) und nicht die X-Gmb[X.]. Die Widersprüche sind daher unwirksam, da sie an den falschen Empfänger adressiert sind.

cc) Diese Auslegung trägt außerdem --was das [X.] bei seiner Urteilsfindung noch nicht berücksichtigen [X.] den unionsrechtlichen Vorgaben Rechnung. Nach Auffassung des Gerichtshofs der [X.] (EuG[X.]) hat die einseitige Annullierung einer Rechnung durch einen Lieferer, gefolgt von der Ausstellung einer neuen Rechnung über dieselben Lieferungen durch diesen Lieferer in einem späteren Erstattungszeitraum, ohne dass die Lieferungen in Frage gestellt würden, weder einen Einfluss auf das Bestehen des bereits geltend gemachten Anspruchs auf [X.] noch auf den Zeitraum, für den er geltend zu machen ist (vgl. EuG[X.]-Urteil Wilo [X.]almson France vom 21.10.2021 - [X.]/20, [X.]:C:2021:870, Tenor Ziffer 3). Für den Vorsteuerabzug gilt insoweit nichts anderes; denn der Anspruch auf Erstattung der in einem anderen Mitgliedstaat entrichteten Mehrwertsteuer entspricht dem Anspruch auf Abzug der in seinem eigenen Mitgliedstaat entrichteten Vorsteuer (vgl. EuG[X.]-Urteile [X.]M[X.] group vom 21.09.2017 - [X.]/16, [X.]:C:2017:712, Rz 38; [X.] vom 21.03.2018 - [X.]/16, [X.]:[X.], Rz 36; C[X.]EP Equipment Pooling vom 11.06.2020 - [X.]/19, [X.]:[X.], Rz 52). Die Klägerin hatte im [X.]treitfall den Anspruch auf Vorsteuerabzug im Zeitpunkt des Widerspruchs bereits (erfolgreich) in ihrer Umsatzsteuer-Voranmeldung (§ 18 Abs. 1 U[X.]tG) geltend gemacht. Die nationalen Regelungen zur Umsatzsteuer-Jahreserklärung (§ 18 Abs. 3 U[X.]tG) sind fakultativ (Art. 261 Mw[X.]t[X.]ystRL).

4. Die [X.]ache ist spruchreif im [X.]inne der [X.]tattgabe der Klage im [X.]auptantrag. [X.]oweit [X.] und [X.] ihren Verzicht auf die [X.]teuerbefreiung des § 25c U[X.]tG widerrufen haben sollten, ist (auch) dieser Widerruf --entgegen der Auffassung des [X.]-- unwirksam, da die Gutschriften nicht wirksam berichtigt worden sind.

a) Die Erklärung des Verzichts auf eine [X.]teuerbefreiung (Option) ist eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung, die rechtsgestaltend auf das bestehende Umsatzsteuerrechtsverhältnis einwirkt (vgl. BF[X.]-Urteile vom [X.], BF[X.]E 121, 550, B[X.]tBl II 1977, 448, Rz 22; vom [X.] - V R 53/72, BF[X.]E 127, 238 , B[X.]tBl II 1979, 394, Rz 19). Der Verzicht kann auch durch schlüssiges Verhalten erklärt werden, soweit aus den Erklärungen und sonstigen Verlautbarungen, in die das gesamte Verhalten einzubeziehen ist, der Wille zum Verzicht eindeutig hervorgeht; der Unternehmer verzichtet auf die [X.]teuerbefreiung unter anderem dann, wenn er darüber gegenüber dem Leistungsempfänger mit besonderem Ausweis der Umsatzsteuer abrechnet (vgl. BF[X.]-Urteile vom 02.04.1998 - V R 34/97, BF[X.]E 185, 536, B[X.]tBl II 1998, 695, Rz 27; vom 16.07.1997 - XI R 94/96, BF[X.]E 183, 301, B[X.]tBl II 1997, 670, Rz 20).

b) Ein erklärter Verzicht auf die [X.]teuerbefreiung kann widerrufen und damit im Ergebnis die Leistung (wieder) als steuerfrei behandelt werden (zu § 25c U[X.]tG s. BF[X.]-Urteil vom 10.12.2009 - XI R 7/08, BF[X.]/NV 2010, 1497; zu § 9 U[X.]tG s. § 14c Abs. 1 [X.]atz 3 U[X.]tG sowie BF[X.]-Urteile vom [X.] - V R 53/72, BF[X.]E 127, 238 , B[X.]tBl II 1979, 394, Rz 20; vom 19.12.2013 - V R 7/12, BF[X.]E 245, 80, B[X.]tBl II 2017, 841, Rz 20). Macht der leistende Unternehmer den Verzicht auf die [X.]teuerbefreiung für Anlagegold wirksam rückgängig, so verliert der Leistungsempfänger den Vorsteuerabzug rückwirkend im Jahr des Leistungsbezugs (vgl. BF[X.]-Urteil vom 10.12.2009 - XI R 7/08, BF[X.]/NV 2010, 1497).

aa) Der Verzicht und sein Widerruf als actus contrarius sind dabei mit Blick auf die zeitlichen Grenzen ihrer Ausübung gleich zu behandeln (vgl. BF[X.]-Urteil vom 02.07.2021 - XI R 22/19, BF[X.]E 274, 170, Rz 20); es kommt darauf an, wie der Unternehmer den Umsatz im letzten maßgebenden Zeitpunkt behandelt.

bb) Der Widerruf des Verzichts ist nach der bisherigen Rechtsprechung des BF[X.] nicht von der Zustimmung des Leistungsempfängers abhängig, und zwar selbst dann nicht, wenn der leistende Unternehmer dem Leistungsempfänger gegenüber an sich zivilrechtlich verpflichtet ist, den Umsatz als steuerpflichtig zu behandeln, das heißt auf die [X.]teuerbefreiung zu verzichten (vgl. BF[X.]-Urteile vom 25.02.1993 - V R 78/88, BF[X.]E 171, 369, B[X.]tBl II 1993, 777; vom 11.08.1994 - XI R 57/93, BF[X.]/NV 1995, 170). Die Rückgabe der [X.] ist ebenfalls nicht erforderlich (vgl. auch BF[X.]-Urteil vom 29.10.1992 - V R 48/90, BF[X.]E 169, 559, B[X.]tBl II 1993, 251).

cc) [X.]at der Unternehmer auf die [X.]teuerfreiheit des Umsatzes dadurch verzichtet, dass er dem Leistungsempfänger den Umsatz unter gesondertem Ausweis der Umsatzsteuer in Rechnung gestellt hatte, kann er den Verzicht allerdings nur dadurch rückgängig machen, dass er dem Leistungsempfänger eine berichtigte Rechnung ohne Umsatzsteuer erteilt (vgl. BF[X.]-Urteil vom 01.02.2001 - V R 23/00, BF[X.]E 194, 493, B[X.]tBl II 2003, 673; BF[X.]-Beschluss vom 03.04.2013 - V B 64/12, BF[X.]/NV 2013, 1135).

c) Dies ist aus den unter II.3. genannten Gründen im [X.]treitfall nicht geschehen. Die Gutschriften mit offenem [X.]teuerausweis sind immer noch wirksam. Der Widerruf des Verzichts auf die [X.]teuerbefreiung des § 25c U[X.]tG ist daher unwirksam.

5. Da die Klage in ihrem [X.]auptantrag Erfolg hat, muss über die [X.]ilfsanträge vom [X.]enat nicht mehr entschieden werden.

6. [X.] beruht auf § 135 Abs. 1 [X.]O.

Meta

XI R 41/20

12.07.2023

Bundesfinanzhof 11. Senat

Urteil

vorgehend FG Nürnberg, 27. Oktober 2020, Az: 2 K 483/18, 2 K 1687/18, Urteil

§ 14 Abs 2 S 2 UStG 2005, § 14 Abs 2 S 3 UStG 2005, § 15 Abs 1 S 1 Nr 1 S 2 UStG 2005, § 25c Abs 3 UStG 2005, Art 178 Buchst a EGRL 112/2006, Art 220 EGRL 112/2006, Art 224 EGRL 112/2006, § 123 Abs 3 Nr 1 UmwG, § 131 Nr 1 UmwG, UStG VZ 2010, § 433 Abs 1 BGB, § 242 BGB, § 45 AO

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 12.07.2023, Az. XI R 41/20 (REWIS RS 2023, 8151)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 8151


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. 2 K 483/18

FG Nürnberg, 2 K 483/18, 27.10.2020.


Az. XI R 41/20

Bundesfinanzhof, XI R 41/20, 12.07.2023.


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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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V ZR 79/07

VIII ZR 65/09

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