Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 01.09.2010, Az. 5 AZN 599/10

5. Senat | REWIS RS 2010, 3687

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Gegenstand

Begründung einer Nichtzulassungsbeschwerde - Wiedergabe umfangreicher Schriftsätze


Tenor

1. Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des [X.] vom 6. Mai 2010 - 2 [X.]/09 - wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

3. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 7.335,52 Euro festgesetzt.

Gründe

1

I. Die Parteien streiten noch über Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall (Juli 2009) und Vergütung wegen Annahmeverzugs (August und September 2009). Insoweit haben die Vorinstanzen der Klage stattgegeben. Das [X.] hat die Revision nicht zugelassen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Beklagten.

2

II. Soweit die Beklagte die Zulassung der Revision wegen einer Divergenz geltend macht, entspricht die Beschwerdebegründung nicht den gesetzlichen Anforderungen, § 72a Abs. 3 ArbGG.

3

1. Zur ordnungsgemäßen Begründung einer Divergenzbeschwerde gehört, dass der Beschwerdeführer einen abstrakten Rechtssatz aus der anzufechtenden Entscheidung sowie einen hiervon abweichenden abstrakten Rechtssatz aus einer Entscheidung des [X.] oder eines anderen der in § 72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG genannten Gerichte anführt und darlegt, dass das anzufechtende Urteil auf dieser Abweichung beruht (vgl. [X.] 6. Dezember 1994 - 9 [X.] 337/94 - [X.]E 78, 373, 375). Nach § 72a Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ArbGG müssen diese Voraussetzungen in der Begründung der Beschwerde dargelegt und die Entscheidung, von der das Urteil abweicht, bezeichnet werden ([X.] 14. April 2005 - 1 [X.] 840/04 - [X.]E 114, 200). Allein die Darlegung einer fehlerhaften Rechtsanwendung bzw. fehlerhaften oder unterlassenen Anwendung der Rechtsprechung des [X.] oder eines anderen der im Gesetz genannten Gerichte reicht zur Begründung einer Divergenzbeschwerde nicht aus (vgl. [X.] 23. Juli 1996 - 1 ABN 18/96 - [X.] ArbGG 1979 § 72a Divergenz Nr. 33 = EzA ArbGG 1979 § 72a Nr. 76).

4

2. Hieran fehlt es. Die Beklagte hat keinen fallübergreifenden Rechtssatz, sondern lediglich eine einzelfallbezogene Rechtsanwendung des [X.]s zur Frage der Arbeitsunfähigkeit des [X.] dargelegt.

5

III. [X.] ist unbegründet.

6

1. Der Rechtsstreit wirft keine grundsätzliche, klärungsbedürftige Rechtsfrage auf. Die von der Beklagten aufgeworfene Rechtsfrage nach den Rechtsfolgen einer vertraglich vereinbarten Freistellungserklärung ist nicht mehr klärungsbedürftig. Der Senat hat mit Urteil vom 23. Januar 2008 (- 5 [X.] - EzA BGB 2002 § 615 Nr. 22) entschieden, dass durch eine Freistellungsvereinbarung regelmäßig allein die Arbeitspflicht des Arbeitnehmers aufgehoben wird, ohne weitere Rechtsfolgen zu regeln. Sie lässt den Vertragsinhalt unberührt. Soll die Freistellungsvereinbarung einen Entgeltanspruch unabhängig von den gesetzlichen, tarifvertraglichen oder arbeitsvertraglichen Voraussetzungen begründen, bedarf dies einer besonderen Regelung.

7

2. Das [X.] hat den Anspruch der Beklagten auf rechtliches Gehör nicht verletzt.

8

a) Soweit die Beklagte geltend macht, sie habe hinsichtlich der Ansprüche auf Annahmeverzugsvergütung (und damit nur für August und September 2009) unter Beweisantritt vorgetragen, der Kläger sei nicht mehr zur Erbringung der Tätigkeit als Servicemonteur im Stande gewesen, bezieht sich der konkrete Vortrag im Schriftsatz vom 4. Februar 2010 lediglich auf die Stellungnahmen des [X.] und greift diese auf („gesundheitliche Bedenken“). Das [X.] hat sich mit diesem Vortrag auseinandergesetzt und diesen als nicht ausreichend bewertet.

9

b) Im Übrigen fehlt es bereits an einer ordnungsgemäßen Darlegung eines Verstoßes. Wird mit der Nichtzulassungsbeschwerde gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 3 ArbGG eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht, muss nach § 72a Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 ArbGG die Beschwerdebegründung die Darlegung der Verletzung dieses Anspruchs und deren Entscheidungserheblichkeit enthalten. Die bloße Benennung eines Zulassungsgrundes genügt nicht. Der Beschwerdeführer hat vielmehr zu dessen Voraussetzungen substantiiert vorzutragen ([X.] 20. Januar 2005 - 2 [X.] 941/04 - [X.]E 113, 195 ; 22. März 2005 - 1 [X.] - [X.]E 114, 157; 20. Mai 2008 - 9 [X.] 1258/07 - [X.]E 126, 346). [X.] der Beschwerdeführer geltend machen, das [X.] habe seinen Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt, indem es seine Ausführungen nicht berücksichtigt habe, muss er konkret und im Einzelnen schlüssig dartun, welches wesentliche und entscheidungserhebliche Vorbringen das [X.] bei seiner Entscheidung übergangen haben soll ([X.] 31. Mai 2006 - 5 [X.]) - [X.]E 118, 229). Ein rügebezogener Vortrag wird nicht durch die umfassende wörtliche Wiedergabe von Schriftsätzen ersetzt. Deren Inhalt ist vielmehr jeweils konkret auf die gerügte Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör zu beziehen.

c) Die seitenlange wörtliche Wiedergabe der in der Berufungsinstanz eingereichten Schriftsätze beinhaltet keine konkrete Darlegung eines entscheidungserheblichen Verstoßes gegen Art. 103 Abs. 1 GG und ersetzt diese auch nicht. Zudem betreffen diese Ausführungen allein die Frage eines anderweitigen Einsatzes. Diese Frage wäre jedoch nur erheblich, wenn eine dauernde Leistungsunfähigkeit feststünde. Bezüglich der auf § 3 [X.] gestützten Ansprüche für Juli 2009 hat die Beklagte ebenfalls keine konkreten [X.] erhoben, sondern lediglich im Rahmen der [X.] und September 2009 pauschal auf die Arbeitsunfähigkeit des [X.] verwiesen. Im Weiteren hat sie über mehrere Seiten umfangreich und wörtlich Schriftsätze wiederholt, ohne einen konkreten Zulassungsgrund aufzuzeigen.

IV. Die Beklagte hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

V. Die Wertfestsetzung beruht auf § 63 GKG.

        

    Müller-Glöge    

        

    Laux    

        

    Biebl    

        

        

        

    Buschmann    

        

    Wolf    

        

        

Meta

5 AZN 599/10

01.09.2010

Bundesarbeitsgericht 5. Senat

Beschluss

Sachgebiet: AZN

vorgehend ArbG Berlin, 11. November 2009, Az: 10 Ca 15577/09, Urteil

§ 72a Abs 1 ArbGG, § 72a Abs 3 S 1 ArbGG, § 72a Abs 3 S 2 Nr 2 ArbGG, § 72a Abs 3 S 2 Nr 3 ArbGG, § 72 Abs 2 Nr 2 ArbGG, Art 103 Abs 1 GG, § 611 Abs 1 BGB, § 72a Abs 3 S 2 Nr 1 ArbGG, § 130 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 01.09.2010, Az. 5 AZN 599/10 (REWIS RS 2010, 3687)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 3687

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