Bundesgerichtshof, Beschluss vom 23.06.2021, Az. VII ZB 37/20

7. Zivilsenat | REWIS RS 2021, 4719

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Gegenstand

Zwangsvollstreckung: Voraussetzung für die Anordnung der Zwangsversteigerung aufgrund einer auf dem Grundstück des Schuldners eingetragenen und auf einem Zahlungstitel vermerkten Sicherungshypothek gegenüber dem rechtsgeschäftlichen Erwerber; Umschreibung des Zahlungstitels gegen den rechtsgeschäftlichen Erwerber


Leitsatz

1. Die Anordnung der Zwangsversteigerung aufgrund einer nach § 867 Abs. 1 ZPO auf dem Grundstück des Schuldners eingetragenen und auf einem Zahlungstitel vermerkten Sicherungshypothek setzt gegenüber dem rechtsgeschäftlichen Erwerber des Grundstücks auch nach der Einfügung von § 867 Abs. 3 ZPO die Erwirkung eines Duldungstitels gemäß § 1147 BGB voraus.

2. Eine Umschreibung des Zahlungstitels gegen den rechtsgeschäftlichen Erwerber nach § 727 Abs. 1 ZPO kommt nicht in Betracht.

Tenor

Die Rechtsbeschwerde des Gläubigers gegen den Beschluss des 4. Zivilsenats des [X.] vom 16. Juni 2020 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Der Gläubiger begehrt die Umschreibung eines Versäumnisurteils und zweier [X.], die er gegen den Schuldner erwirkt hat, auf den Antragsgegner in entsprechender Anwendung des § 727 ZPO beschränkt auf die Zwangsvollstreckung wegen einer Zwangshypothek.

2

Mit Versäumnisurteil vom 23. Dezember 2008 verurteilte das [X.] den Schuldner, an den Gläubiger einen [X.]etrag in Höhe von 8.665,34 € zu zahlen. In diesem Verfahren erließ das [X.] auf Antrag des Gläubigers unter dem 10. Februar und 24. September 2009 zudem zwei [X.] gegen den Schuldner. Aufgrund dieser Titel wurde am 9. Dezember 2011 zugunsten des Gläubigers eine Zwangshypothek zulasten des hälftigen Miteigentumsanteils des Schuldners im Grundbuch des [X.] von [X.] [X.]latt      in Höhe von 7.823,83 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen [X.]asiszinssatz aus einem [X.]etrag in Höhe von 7.301,90 € seit dem 28. November 2011 eingetragen und dies auf den vollstreckbaren Titeln vermerkt.

3

Im Jahr 2012 übertrug der Schuldner seinen hälftigen Miteigentumsanteil an seinen [X.], den Antragsgegner, der als Eigentümer im Grundbuch eingetragen wurde.

4

Der Gläubiger hat beantragt, die vollstreckbaren Ausfertigungen des Versäumnisurteils und der beiden [X.] auf den Antragsgegner, beschränkt auf die Zwangsvollstreckung wegen der Zwangshypothek, umzuschreiben.

5

Das [X.] hat den Antrag zurückgewiesen. Die hiergegen gerichtete sofortige [X.]eschwerde des Gläubigers ist ohne Erfolg geblieben. Mit der vom [X.]eschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Gläubiger seinen Antrag weiter.

II.

6

Die gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde ist nicht begründet.

7

1. Das [X.]eschwerdegericht hat - soweit für die Rechtsbeschwerde von [X.]edeutung - ausgeführt, der Gläubiger benötige für die Fortsetzung der Zwangsvollstreckung einen gesonderten Schuldtitel gegen den neuen Eigentümer. Denn der Erwerber sei nicht Rechtsnachfolger des in dem Zahlungstitel bezeichneten Schuldners.

8

Der Gegenansicht, die eine Umschreibung des Titels nach § 727 Abs. 1 ZPO gegen den Erwerber für möglich halte, sei nicht zu folgen. Nach dieser Ansicht handele es sich bei dem mit dem Eintragungsvermerk versehenen Zahlungstitel um eine vollstreckbare Urkunde im Sinne von § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO hinsichtlich des dinglichen Anspruchs des Gläubigers auf Duldung der Zwangsvollstreckung aus der Zwangshypothek. [X.]etreffend dieses allein maßgeblichen, in § 867 Abs. 3 ZPO verkörperten, dinglichen Anspruchs sei der Erwerber Rechtsnachfolger des ursprünglichen Schuldners geworden.

9

Gegen diese Auffassung spreche aber § 17 Abs. 1 [X.], wonach die Zwangsversteigerung nur angeordnet werden dürfe, wenn der Schuldner auch Eigentümer des Grundstücks oder Erbe des eingetragenen Eigentümers sei. Vorliegend sei der Schuldner aus dem Versäumnisurteil beziehungsweise den [X.]n indes nicht mit dem Eigentümer identisch.

So sei zum [X.]eispiel auch in § 323 AO ausdrücklich vorgesehen, dass es eines gesonderten Duldungstitels gegen den neuen Eigentümer bedürfe, wenn nach Eintragung der Zwangshypothek ein Eigentumswechsel eingetreten sei. Dies habe nach dem Grundsatz der Einheitlichkeit der Rechtsordnung auch für eine Sicherungshypothek zu gelten, die aufgrund eines zivilrechtlichen Titels eingetragen worden sei.

Von dem [X.]edürfnis eines eigenständigen Duldungstitels sei nicht zuletzt der Gesetzgeber ausgegangen, indem er in der Gesetzesbegründung zum Entwurf eines [X.] zur Änderung zwangsvollstreckungsrechtlicher Vorschriften ([X.]) ausgeführt habe, dass ein neuer Grundstückseigentümer gegen die Zwangsversteigerung aus der Zwangshypothek durch § 17 [X.] geschützt sei; im Falle des Eigentümerwechsels bedürfe es nach wie vor eines gesonderten Duldungstitels.

2. Dies hält der rechtlichen Nachprüfung stand.

a) Zu Recht hat das [X.]eschwerdegericht den Antrag des Gläubigers, die gegen den Schuldner erwirkten Vollstreckungstitel nach § 727 Abs. 1 ZPO auf den Antragsgegner als Rechtsnachfolger umzuschreiben, zurückgewiesen.

aa) Nach dieser Vorschrift kann eine vollstreckbare Ausfertigung für den Rechtsnachfolger des in dem Urteil bezeichneten Gläubigers sowie gegen denjenigen Rechtsnachfolger des in dem Urteil bezeichneten Schuldners und denjenigen [X.]esitzer der in Streit befangenen Sache, gegen die das Urteil nach § 325 ZPO wirksam ist, erteilt werden, sofern die Rechtsnachfolge oder das [X.]esitzverhältnis bei dem Gericht offenkundig ist oder durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nachgewiesen wird. Die Voraussetzungen für eine Umschreibung des Titels nach § 727 Abs. 1 ZPO liegen nicht vor.

Der Antragsgegner ist weder Rechtsnachfolger des Schuldners noch [X.]esitzer der in Streit befangenen Sache, gegen den das Urteil nach § 325 ZPO wirksam ist. Hinsichtlich der auf Zahlung lautenden Titel gegen den Schuldner, die Grundlage für die Zwangsvollstreckung gegen den Schuldner in dessen Miteigentumsanteil sind, erfordert die Rechtsnachfolge auf Seiten des Schuldners eine Übernahme der titulierten Zahlungsverpflichtung. Dafür, dass der Antragsgegner die Zahlungsverpflichtung des Schuldners aus den streitgegenständlichen [X.] übernommen hat, fehlen jegliche Anhaltspunkte. Dies ergibt sich insbesondere nicht aus dem vom Gläubiger vorgelegten Grundstücksübertragungsvertrag.

Der Antragsgegner ist durch die Übertragung des dem Schuldner zustehenden Miteigentumsanteils auf ihn außerdem nicht [X.]esitzer der in Streit befangenen Sache geworden. Das Grundstück ist im Erkenntnisverfahren nicht streitbefangen gewesen, sondern ist lediglich Gegenstand der aufgrund der Vollstreckungstitel durchgeführten Zwangsvollstreckung des Gläubigers. Eine auf die Zwangsvollstreckung aus einer Zwangshypothek in Form der Zwangsversteigerung begrenzte Rechtsnachfolge auf [X.] ist dem Zwangsvollstreckungsrecht fremd.

bb) Durch die Vorschrift des § 867 Abs. 3 ZPO ist ein dinglicher Titel gegen den Erwerber des Grundstücks, für das der Gläubiger nach § 867 Abs. 1 ZPO die Eintragung einer Zwangshypothek erwirkt hat, nicht entbehrlich geworden. § 867 Abs. 3 ZPO bestimmt, dass zur [X.]efriedigung aus dem Grundstück durch Zwangsversteigerung der vollstreckbare Titel genügt, auf dem die Eintragung vermerkt ist. Der Vorschrift lässt sich entgegen einer in der Literatur vertretenen Auffassung (vgl. [X.]/[X.], 2019, [X.], § 1147 Rn. 25; [X.], Handbuch der [X.], 3. Aufl., Teil [X.] Rn. 157; [X.], Rpfleger 2004, 1, 9 f.; [X.], Rpfleger 2001, 385, 394; [X.], [X.], 637, 640 f.) nicht entnehmen, dass mit dem Vermerk über die eingetragene Zwangshypothek zugleich ein dinglicher Titel entsteht, der in entsprechender Anwendung des § 727 Abs. 1 ZPO auf den [X.] umgeschrieben werden könnte.

Für die Annahme, dass der Vermerk über die Eintragung einer Zwangs-hypothek auf dem Grundstück des Schuldners zu einem Titel mit dinglicher Wirkung führen soll, finden sich im Wortlaut des § 867 Abs. 3 ZPO keine Anhaltspunkte.

Eine solche dingliche Wirkung gegenüber dem Erwerber des mit der Zwangshypothek belasteten Grundstücks ergibt sich entgegen der Meinung der Rechtsbeschwerde auch nicht aus dem Gesetzeszweck. Nach dem mit der Einfügung des § 867 Abs. 3 ZPO zum 1. Januar 1999 ([X.], [X.]l. I S. 3039, 3041) verfolgten Zweck sollte die Zwangsvollstreckung gegenüber dem Schuldner für die Zwangsvollstreckung in das durch die die Zwangshypothek belegte Grundstück des Schuldners in Form der Zwangsversteigerung erleichtert werden. So sollte die Erwirkung eines Duldungstitels gemäß § 1147 [X.] aus der Zwangshypothek gegen den Schuldner entbehrlich werden (vgl. [X.]T-Drucks. 13/341, [X.]).

Nach der Gesetzesbegründung zu § 867 Abs. 3 ZPO soll der auf den Titel gesetzte Vermerk über die Eintragung einer Zwangshypothek dem persönlichen Titel dagegen keine dingliche Wirkung verleihen. Das Erfordernis eines besonderen dinglichen Duldungstitels als Voraussetzung für die Zwangsvollstreckung aus einer Zwangshypothek gegen den Schuldner soll vielmehr entfallen (vgl. [X.]T-Drucks. 13/341, [X.]). Für die Zwangsvollstreckung gegen den Erwerber des mit der Zwangshypothek belasteten Grundstücks ist im Hinblick auf § 17 Abs. 1 [X.] nach der bestehenden Rechtslage daher weiterhin ein Duldungstitel gemäß § 1147 [X.] gegen diesen erforderlich (so ausdrücklich auch [X.]T-Drucks. 13/341, [X.]). Dies entspricht der ganz herrschenden Auffassung in Rechtsprechung und Schrifttum (vgl. [X.]GH, Urteil vom 26. April 2007 - [X.] Rn. 8, NJW-RR 2007, 1247; [X.], [X.]eschluss vom 27. Oktober 2009 - 3 T 518/09, [X.]eckRS 2010, 1565, juris Rn. 4 f.; Hk-ZV/[X.], 4. Aufl., § 867 Rn. 52; [X.]/Schütze/[X.]ittmann, ZPO, 4. Aufl., § 867 Rn. 38; [X.]/[X.]/[X.], Handbuch Immobilienrecht, 4. Aufl., Kapitel 15 Rn. 234; [X.]/[X.], ZPO, 33. Aufl., § 867 Rn. 20; [X.], FPR 2013, 382; [X.]/Dörndorfer, 6. Aufl., § 867 Rn. 57; Musielak/Voit/Flockenhaus, ZPO, 18. Aufl., § 867 Rn. 11; [X.], ZPO, 23. Aufl., § 867 Rn. 49; [X.], 9. Aufl., § 867 Rn. 24; [X.], [X.] 2014, 171, 176; [X.] in Festschrift für [X.], 1997, [X.], 552).

Diese Auslegung der Vorschrift des § 867 Abs. 3 ZPO steht, systematisch betrachtet, zudem im Einklang mit der Regelung in § 323 Satz 1 AO, wonach es für den Fall, dass nach § [X.] eine Sicherungshypothek, eine Schiffshypothek oder ein Registerpfandrecht an einem Luftfahrzeug eingetragen worden ist, zur Zwangsversteigerung aus diesem Recht nur dann eines Duldungsbescheids bedarf, wenn nach der Eintragung dieses Rechts ein Eigentumswechsel eingetreten ist.

b) Ob der Antragsgegner, wie der Gläubiger erstmals mit der Rechtsbeschwerde vorträgt, den mit der eingetragenen Zwangshypothek belasteten Miteigentumsanteil im Wege der vorweggenommenen Erbfolge erhalten hat, ist für das vom Gläubiger verfolgte [X.]egehren ohne [X.]edeutung.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

[X.]     

      

Halfmeier     

      

Jurgeleit

      

Graßnack     

      

Sacher     

      

Meta

VII ZB 37/20

23.06.2021

Bundesgerichtshof 7. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend OLG Celle, 16. Juni 2020, Az: 4 W 33/20

§ 727 Abs 1 ZPO, § 867 Abs 1 ZPO, § 867 Abs 3 ZPO, § 1147 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 23.06.2021, Az. VII ZB 37/20 (REWIS RS 2021, 4719)

Papier­fundstellen: MDR 2021, 1216-1217 WM2021,1645 REWIS RS 2021, 4719

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3 CS 23.30

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