Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.03.2008, Az. IX ZR 119/06

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2008, 4973

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.]/06 Verkündet am: 13. März 2008 [X.] als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja ZPO § 867 Abs. 3; BGB § 1124 Abs. 2, § 1147 a) Die Pfändung von Mietforderungen im Wege der Zwangsvollstreckung aus einem persönlichen Titel führt auch dann nicht zur (relativen) Unwirksamkeit zeitlich vo-rangehender Verfügungen über diese Forderungen, wenn der [X.] zuvor die Eintragung einer Zwangshypothek bewirkt hatte. b) Der Inhaber einer Zwangshypothek, der sich durch Pfändung von Mieten aus dem Grundstück befriedigen will, benötigt einen dinglichen Titel. [X.], Urteil vom 13. März 2008 - [X.]/06 - [X.] [X.]
- 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 13. März 2008 durch [X.] [X.], [X.], [X.], [X.] und die Richterin [X.] für Recht erkannt: Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 5. Zivilsenats des [X.] vom 23. Mai 2006 aufgehoben. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 22. Zivilkammer des [X.] vom 15. Dezember 2005 wird [X.]. Die Beklagte trägt die Kosten der Rechtsmittelverfahren ein-schließlich der durch die Nebenintervention verursachten Kosten. Von Rechts wegen

Tatbestand: Die Klägerin geht im Wege der [X.] (§ 771 ZPO) ge-gen einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vor, mit dem die Beklagte Mietansprüche des Nebenintervenienten (fortan: Schuldner) gegen die Mieter des Objekts [X.] gepfändet hat. Für die Klägerin ist an diesem Grundstück an [X.] eine Grundschuld in Höhe von 3.200.000,00 DM eingetragen. Am 4. September 2002 trat der Schuldner 1 - 3 - außerdem sämtliche Ansprüche aus der Vermietung des Objekts an die [X.] ab. 2 Die Beklagte hat ebenfalls Forderungen gegen den Schuldner. Am 14. Mai 1991 hatten der Schuldner und seine Ehefrau im Zusammenhang mit der Bestellung einer Grundschuld an einem anderen, zwischenzeitlich zwangs-versteigerten Grundstück die persönliche Haftung für den Grundschuldbetrag nebst Zinsen und Nebenleistungen übernommen und sich insoweit der Zwangsvollstreckung in ihr gesamtes Vermögen unterworfen. Aufgrund dessen ließ die Beklagte am 21. März 2002 Zwangshypotheken auf dem mittlerweile in Wohnungseigentumseinheiten geteilten Grundstück

in [X.]eintragen. Am 1. Juni 2005 erwirkte sie einen Pfändungs- und Überwei-sungsbeschluss hinsichtlich der "derzeitigen und künftigen Ansprüche des Schuldners auf Zahlung der fälligen und künftig fällig werdenden Mietzinsen" aus der Vermietung dieses Grundstücks. Als "Titel" ist die vollstreckbare Aus-fertigung der [X.] an dem anderen Grundstück angegeben. Der Beschluss enthält folgenden weiteren Vermerk "Gepfändet wird sowohl aus dem persönlichen als auch aus dem dinglichen Anspruch." Das [X.] hat die Pfändung der Mietforderungen für unzulässig gehalten. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht die Klage abgewiesen. Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin weiterhin den Antrag, die Zwangsvollstreckung in die Mietforderungen für unzu-lässig zu erklären. 3 - 4 - Entscheidungsgründe: 4 Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Wiederherstellung des landgerichtli-chen Urteils. [X.] Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Die vollstreckbare Urkunde vom 14. Mai 1991, in der sich der Schuldner der Zwangsvollstreckung in sein ge-samtes Vermögen unterworfen habe, habe eine ausreichende Grundlage für die Zwangshypotheken dargestellt. Durch die Pfändung der Mieten sei die nach § 1124 Abs. 2 BGB erforderliche Beschlagnahme der Mietforderungen bewirkt worden. Die Beschlagnahme gehe der Abtretung vor, unabhängig davon, dass die Grundschuld der Klägerin einen besseren Rang habe als die Zwangshypo-theken der Beklagten; denn die Klägerin habe die Mietforderungen ihrerseits nicht beschlagnahmen lassen. Der dingliche Anspruch auf Duldung der Zwangsvollstreckung folge aus den Zwangssicherungshypotheken, aber auch aus der notariellen Urkunde vom 14. Mai 1991. 5 I[X.] Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung in [X.] nicht stand. 6 1. Die Klage ist als [X.] zulässig. Die Klägerin beruft sich auf ein die Zwangsvollstreckung in die Mieten hinderndes Recht, nämlich 7 - 5 - darauf, aufgrund der Abtretung vom 4. September 2002 Inhaberin der von der Beklagten gepfändeten Mietforderungen geworden zu sein. 8 2. Die Klage ist auch begründet. 9 a) Soweit der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 1. Juni 2005 auf der Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung in der notariellen Urkunde vom 14. Mai 1991 (§ 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO) beruht, hat die Abtretung vom 4. September 2002 Vorrang vor der späteren Pfändung. Die Vorschrift des § 1124 Abs. 2 BGB ändert daran nichts. Gemäß § 1124 Abs. 2 BGB ist eine Vorausverfügung über Forderungen auf Miete dem Hypothekengläubiger ge-genüber unwirksam, soweit sie sich auf die Miete für eine spätere [X.] als den zur [X.] der Beschlagnahme laufenden Kalendermonat bezieht. Die Vorschrift setzt also eine Beschlagnahme der Mietforderungen zugunsten des [X.] voraus. Die Beschlagnahme der Mietforderungen kann durch deren Pfändung bewirkt werden; sie muss nicht durch Anordnung der Zwangs-verwaltung erfolgen ([X.] 163, 201, 208). Grundlage der Pfändung muss dann jedoch der dingliche Anspruch sein ([X.], aaO). Bei einer [X.] aufgrund einer Unterwerfungserklärung wegen einer persönlichen Forderung ist diese Voraussetzung nicht erfüllt. Um einen Duldungstitel im [X.] von § 800 ZPO handelte es sich bei der Unterwerfungserklärung nicht. b) Soweit der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss auf den am 21. März 2002 eingetragenen Zwangshypotheken beruht, fehlt es an einem Vollstreckungstitel. 10 aa) Die Eintragung einer Zwangshypothek ist eine Art der [X.] in das Grundstück (§ 866 Abs. 1 ZPO). Mit ihrer Eintragung entsteht 11 - 6 - die Hypothek (§ 867 Satz 2 ZPO). Eine Hypothek gewährt dem Gläubiger we-gen einer ihm zustehenden Forderung einen dinglichen Anspruch auf Zahlung des [X.] aus dem Grundstück (§ 1113 Abs. 1 BGB). Die Be-friedigung des Gläubigers aus dem Grundstück und den Gegenständen, auf die sich die Hypothek erstreckt, erfolgt im Wege der Zwangsvollstreckung (§ 1147 BGB). Diese findet nur aus einem besonderen dinglichen Titel statt, der auf Duldung der Zwangsvollstreckung in das belastete Grundstück aus der Hypo-thek lautet. Einen solchen Titel hat die Beklagte nicht erwirkt.
[X.]) Für die Zwangsvollstreckung aus einer Zwangshypothek enthält § 867 Abs. 3 ZPO allerdings eine besondere Vorschrift. Danach genügt zur Be-friedigung aus dem Grundstück durch Zwangsversteigerung der vollstreckbare ([X.], auf dem die Eintragung vermerkt ist. Ein gesonderter Dul-dungstitel als Voraussetzung der Zwangsvollstreckung ist nicht erforderlich. Auf diese Vorschrift hat die Beklagte sich berufen, und das Berufungsgericht hat sie für anwendbar gehalten. 12 cc) Der Anwendungsbereich des § 867 Abs. 3 ZPO ist jedoch auf die Zwangsvollstreckung im Wege der Zwangsversteigerung beschränkt. Auf den hier vorliegenden Fall der Zwangsvollstreckung durch Pfändung von zum [X.] der Hypothek gehörenden Mietforderungen ist diese Vorschrift nicht anwendbar. 13 (1) Der Wortlaut der Vorschrift ist eindeutig. Nur die Zwangsvollstreckung im Wege der Zwangsversteigerung wird benannt; andere Arten der [X.] werden nicht erwähnt. 14 - 7 - (2) Den Gesetzesmaterialien lässt sich entnehmen, dass der Begriff "Zwangsversteigerung" bewusst verwandt worden ist, also nicht nur als Beispiel für alle denkbaren Arten der Zwangsvollstreckung aus einer Zwangshypothek dienen sollte. In der Begründung des [X.] zum [X.] zur Änderung zwangsvollstreckungsrechtlicher Vorschriften ([X.]) heißt es zwar, "das Erfordernis eines besonderen dinglichen Duldungstitels als Voraussetzung für die Zwangsvollstreckung aus einer Zwangshypothek" solle entfallen (BT-Drucks. 13/341, [X.] unter 3; vgl. auch S. 12 unter 6a). Sowohl die Analyse des bis dahin geltenden Rechts (aaO, S. 36 ff) als auch die Begründung der Neufassung (aaO, [X.] f) behandelt [X.] ausschließlich die Zwangsversteigerung. Am Ende der Einzelbegründung wird überdies ausgeführt, aus welchem Grund die Einbeziehung der Zwangs-verwaltung nicht erforderlich sei (aaO). 15 (3) Die Zwangsverwaltung ist deshalb aus dem Anwendungsbereich des § 867 Abs. 3 ZPO herausgenommen worden, weil auch im Falle der Vollstre-ckung aus dem Titel über den persönlichen Anspruch der Rang der Zwangshy-pothek gewahrt werde (vgl. § 155 Abs. 2, § 10 Abs. 1 Nr. 1 bis 5, § 11 Abs. 1 [X.]), das gesetzgeberische Ziel - die [X.] Vollstreckung aus der Zwangshypothek ohne einen zusätzlich zu erwirkenden Duldungstitel - also be-reits erreicht sei (BT-Drucks. 13/341, [X.] f). Mit der Pfändung von Mieten durch den Inhaber einer Zwangshypothek befasst sich die [X.] demgegenüber nicht. Dieser Umstand allein lässt den Schluss auf eine Regelungslücke jedoch nicht zu. Vielmehr ist die gesetzliche Regelung in dem Sinne zu verstehen, dass der mit einem Vermerk gemäß § 867 Abs. 3 ZPO ver-sehene Titel über den persönlichen Anspruch eine Pfändung der Mieten mit der Wirkung des § 1124 Abs. 2 BGB nicht erlaubt. 16 - 8 - [X.]) Gemäß § 866 Abs. 1 ZPO erfolgt die Zwangsvollstreckung in ein Grundstück durch Eintragung einer Sicherungshypothek für die Forderung, durch Zwangsversteigerung und durch Zwangsverwaltung. Die Zwangsvollstre-ckung durch Eintragung einer Sicherungshypothek ist mit der Eintragung abge-schlossen (vgl. § 867 Abs. 1 ZPO). Weitere Maßnahmen wie die [X.], die Zwangsverwaltung oder die Pfändung der Mietforderungen sind selbständige Maßregeln (vgl. § 866 Abs. 2 ZPO), die nur unter den gesetzlich normierten Voraussetzungen zulässig sind. Der Gesetzgeber kann dieses in der amtlichen Begründung des Entwurfs der [X.] so bezeichnete "formale" Argument überwinden und das Erfordernis des Dul-dungstitels abschaffen (BT-Drucks. 13/341, [X.]). Für die Pfändung der Miet-forderung fehlt jedoch eine entsprechende Entscheidung des Gesetzgebers. 17 [X.]b) Gegen ein bloßes Versehen des Gesetzgebers spricht der erklärt fragmentarische Charakter der [X.]. Nach dem all-gemeinen Teil der amtlichen Begründung verzichtete der Entwurf "im Interesse der raschen Umsetzbarkeit" ausdrücklich auf eine grundlegende Reform des gesamten Vollstreckungsrechts und beschränkte sich auf die Überarbeitung einzelner Regelungen, deren Änderung von der Praxis als besonders dringlich erachtet worden war (BT-Drucks. 13/341, [X.]). Wenn sich die Begründung zu § 867 Abs. 3 ZPO dann nur mit den praktisch besonders wichtigen Vollstre-ckungsarten "Zwangsversteigerung" und "Zwangsverwaltung" befasste, andere Vollstreckungsarten wie die Pfändung von zum Hypothekenverband gehören-den Mietforderungen jedoch ausließ, geschah dies bewusst. 18 ccc) Die Vorschrift des § 1124 Abs. 2 BGB bezweckt den Schutz des [X.] vor einer Aushöhlung des Wertes seiner Sicherheit durch die isolierte Abtretung der Mietforderungen oder gleichstehenden Verfü-19 - 9 - gungen des Eigentümers. Dem Hypothekengläubiger soll die laufende Miete oder Pacht als Haftungsobjekt dienen. Deshalb schränkt § 1124 Abs. 2 BGB das [X.] ein ([X.] 163, 201, 207 f). Die isolierte Pfändung der Mietforderungen aufgrund eines persönlichen Titels verdient keinen besonderen Schutz, sei es vor oder nach der Erwirkung einer Zwangshypothek.
II[X.] Das angefochtene Urteil kann damit keinen Bestand haben. Es ist [X.] (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsver-letzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis er-folgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist, hat der Senat 20 - 10 - selbst in der Sache zu entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO). Die Berufung der [X.] gegen das Urteil des [X.]s wird zurückgewiesen.
Ri[X.] [X.] hat Urlaub und ist daher verhindert zu unterschreiben. [X.] [X.] [X.] [X.] [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 15.12.2005 - 22 O 16014/05 - [X.], Entscheidung vom 23.05.2006 - 5 [X.]/06 -

Meta

IX ZR 119/06

13.03.2008

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.03.2008, Az. IX ZR 119/06 (REWIS RS 2008, 4973)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2008, 4973

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