Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.06.2013, Az. 5 StR 581/12

5. Strafsenat | REWIS RS 2013, 5105

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5 [X.]/12

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS

vom 12. Juni
2013
in der Strafsache
gegen

1.

2.

wegen Betruges u.a.

-
2
-

Der 5. Strafsenat des [X.] hat am
12. Juni
2013
beschlossen:

Auf die Revisionen
der
Angeklagten wird
das Urteil des [X.] vom 6. Juni 2012 nach § 349 Abs. 4
StPO aufgehoben.

Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Wirt-schaftsstrafkammer des [X.] zurückverwiesen.

G
r ü n d e

Das [X.] hat die Angeklagten wegen Betruges in zwei Fällen, den Angeklagten

[X.]
zudem noch wegen versuchter Erpressung ver-urteilt und gegen beide Angeklagten Gesamtfreiheitsstrafen von einem Jahr und sechs Monaten verhängt, deren Vollstreckung jeweils zur Bewährung ausgesetzt wurde. Die hiergegen gerichteten Revisionen der beiden Ange-klagten haben in vollem Umfang Erfolg.

1. Das [X.] hat die Verurteilungen wegen Betruges nicht rechtsfehlerfrei begründet.

a) Es sieht einen (mittäterschaftlichen) Betrug darin, dass die Ange-klagten als für die A.
in [X.]
tätige Beratungsapotheker bei der Versorgung von Krebspatienten durch ermächtigte Krankenhausärzte der Abrechnung von Medikamenten zu Klinikpreisen zustimmten. Ebenso hätten die Angeklagten betrügerisch gehandelt, indem sie im Zusammenwirken mit der beliefernden
Apotheke bei aus Fertigarzneimitteln zusammengestellten Medikamenten die Abrechnung eines
hierfür nicht vorgesehenen Hersteller-1
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rabatts veranlassten. Beides hat das [X.] als jeweils selbständige Betrugshandlung
(Verkaufs-
und Rabattschaden) gewertet, welche die Ange-klagten jeweils in Mittäterschaft mit den leistenden und abrechnenden [X.]n
begangen hätten.

b) Dies hält rechtlicher Überprüfung schon deshalb nicht stand, weil die Wirtschaftsstrafkammer nicht hinreichend konkret dargelegt hat, wie die beiden Angeklagten in das System der Arzneimittelbeschaffung eingebunden waren. Dies war erforderlich, weil sowohl der Bezug auf die Verschreibung der ermächtigten Ärzte als auch deren Abrechnung durch die leistenden [X.] ohne unmittelbare Beteiligung der Angeklagten erfolgt ist. Die [X.] eine Überprüfung der Verurteilung der Angeklagten als Mittäter zu ermöglichen. Ebenso wenig erlauben die insoweit wenig aussagekräftigen Urteilsgründe eine Einordnung des Handelns der Angeklagten als [X.]. Es kann
nicht gänzlich ausgeschlossen werden,
dass der [X.] Handlungs-schwerpunkt auf einem
Unterlassen liegt, etwa in Form einer

dann nicht einmal zwingend gegen eine Garantenpflicht verstoßenden

Nichtbean-standung
namens der [X.]
gegenüber den bei dieser geltend gemachten Abrechnungen. Schließlich genügen auch die
Ausführungen zur Schadens-höhe den rechtlichen Anforderungen nicht, weil sich das [X.] insoweit allein auf die Ergebnisse der sachverständigen Zeugin [X.]
stützt, ohne konkret den Rechenweg wenigstens in seinen grundlegenden Zügen mitzu-teilen. Die Schadensberechnung war hier kein lediglich einfacher [X.] (vgl. [X.], Urteil
vom 12.
Mai
2009

1 StR 718/08, [X.], 2546), bei dem die bloße Ergebnismitteilung ausreichen könnte.

c) [X.] begegnet aber jedenfalls die Feststel-lung des Vermögensschadens im Sinne des § 263 StGB.
Im Ansatz zutref-fend geht das [X.] davon aus,
dass verschreibungspflichtige Arznei-mittel preisgebunden sind. Für diese werden nach § 78 [X.] i.V.m. der [X.] und Spannen durch Rechtsverordnung fest-4
5
-
4
-

gelegt (vgl. zur Entstehungsgeschichte [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.], 2012, § 78 Rn. 2 ff.). Nach § 1 Abs. 3 Nr. 2 dieser Verordnung (AMPreisV) gelten die durch die Verordnung vorgegebenen Spannen
nicht für die Abgabe an Krankenhäuser
(vgl. [X.], Beschluss vom 5. Juli 2012

5 StR 1/12, [X.], 628).

Das [X.] beschränkt sich jedoch
darauf, die Preise für [X.] aus dem Krankenhaus-
und dem Offizinbereich (gegebenen-falls unter Berücksichtigung zusätzlicher zulässiger Rabatte) [X.]. Dies begegnet hier durchgreifenden Bedenken. Wie der [X.] bereits entschieden hat, begründet die täuschungsbedingte [X.] niedrigerer Preise nicht ohne weiteres einen Vermögensschaden. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die erzielten
Preise zumindest kostendeckend sind. Da der Betrug nicht die Vermögensmehrung schützt, sondern nur den [X.], kommt eine Verurteilung wegen Betruges nur dann in [X.], wenn die
Möglichkeit des Absatzes für das liefernde Unternehmen auch zu dem höheren Preis gesichert erscheint. Nur in diesem Fall läge
näm-lich ein Vermögensschaden im Sinne des § 263 StGB vor ([X.], Beschlüsse vom 9. Juni
2004

5 [X.], NJW 2004, 2603,
und vom 14. Juni 1991

3 [X.], NJW 1991, 2573).

Mit dieser Frage setzt sich die Wirtschaftsstrafkammer hier nicht aus-einander, weil sie mögliche andere Bezugsquellen nicht berücksichtigt. Es hätte nämlich der Erörterung bedurft, ob sich die Arzneimittel auf dem [X.] oder dem Markt für Parallelimporte dann zu ähnlichen, jedenfalls günstigeren
Bedingungen hätten beschaffen lassen. Die Differenz zum Offi-zinpreis stellt deshalb nicht zwangsläufig den Schaden dar, wenn das [X.] anderweitig
hätte günstiger beschafft werden können. Dies gilt im Übrigen auch für die Zubereitungen aus Fertigarzneimitteln. Insoweit muss geprüft werden, ob ohne den Ansatz des Herstellerrabatts (§ 130a SGB
V) vergleichbar günstig Produktalternativen zur Verfügung gestanden hätten.

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Die Entscheidung des gemeinsamen Senats der obersten Bundesge-richte (Beschluss vom 22. August 2012

GemS-OBG 1/10, [X.]Z 194, 354) schließt ein solches vergleichendes Vorgehen nicht aus. Dort ist zwar ausge-führt, dass die [X.] Vorschriften für den [X.] auch für verschreibungspflichtige Arzneimitteln gelten, die Apotheken mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat der [X.] im Wege des Versandhandels nach [X.] an Endverbraucher abgeben. In der Entscheidung wird aber auch darauf hingewiesen, dass der ([X.] auf [X.] der pharmazeutischen Unternehmer (§ 4 Abs. 18 [X.]) zulässig bleibt. Nur um diesen Beschaffungsvorgang von dem pharmazeutischen Unternehmer geht es hier. Daneben gilt, dass der Herstellerrabatt ebenso wenig wie das deut-sche Preisrecht nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts
für
ein-geführte Arzneimittel
gelten würde ([X.], 161). Jedenfalls bis zur Ent-scheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Bundesgerichte ist von dieser Rechtsprechung auszugehen
(vgl. dazu [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.], 2012, § 78 Rn. 79
ff.).

d) Die Feststellungen zum subjektiven Tatbestand reichen hier [X.] nicht aus. Das [X.] schließt aus dem Gespräch der Angeklagten mit dem Apotheker B.
wie auch aus der Höhe der abgerechneten Preise, dass die beiden Angeklagten den Einsatz von [X.] kannten. Gleichfalls folgert es aus den Bekundungen des Zeugen B.
auch ihr Wissen um die unberechtigte Inanspruchnahme des Herstellerrabatts.
Die [X.] verhält sich jedoch nicht zu der Frage, ob die Angeklagten auch
die vorgelagerte rechtliche Bewertung in ihrer (als Nichtjuristen) jedenfalls partiell laienhaften Sphäre zutreffend gewürdigt haben.

Die Regelung des § 14 Abs.
4 [X.] lässt nicht ohne weiteres den Schluss zu, dass die Belieferung der ermächtigten Krankenhausärzte zwin-gend zu [X.] zu erfolgen hätte.
Ebenso wenig ergibt sich eine sol-che Rechtsfolge aus § 1 Abs. 3 AMPreisV. Insoweit hat das [X.] die-sen Normbefehl, auf den sich die Betrugsstrafbarkeit bezog, nicht deutlich 8
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herausgearbeitet (vgl. [X.] [Kammer]
NJW 2002, 3693).
Insbesondere hätte sich das [X.] mit der Frage befassen müssen, welche Vorstel-lung die Angeklagten hatten. Der bloße Bezug auf ein Schreiben, in dem die-se Auffassung vertreten wird, vermag isoliert keine Kenntnis von der Rechtswidrigkeit der Belieferung mit Krankenhausware begründen.
Auch in-soweit kommt es auf den

vom [X.] nicht näher beleuchteten

Ge-samtkontext der Bestellungen an. Hielten die Angeklagten nämlich eine Ver-sorgung der von ermächtigten Krankenhausärzten in den Räumen des [X.] ambulant behandelten Patienten
für rechtlich möglich, dann [X.] ihnen gegenüber den beliefernden pharmazeutischen Unternehmen der [X.] im Sinne des
§ 263 StGB fehlen.

Zudem arbeitet das [X.] in diesem Teil der Urteilsgründe mit Verweisungen auf im Selbstleseverfahren eingeführte Urkunden. Dies ist nicht zulässig (§ 267 Abs. 1 Satz 3 StPO

vgl. hierzu [X.], Beschluss vom
26. Februar 2013

[X.]/12
Rn.
41,
zur Veröffentlichung in [X.]St be-stimmt).

2. Soweit der Angeklagte

[X.]
wegen versuchter Erpressung verurteilt wurde, hat schon der [X.] gemäß § 349 Abs. 4 StPO die Aufhebung beantragt. Er hat zutreffend ausgeführt, dass eine [X.] im Sinne der §§ 240, 253
StGB nicht hinreichend belegt ist, zudem die Ausführungen im Urteil zum Vermögensnachteil unzureichend sind.

3. Die Aufhebung der Schuldsprüche zieht auch
die umfassende Auf-hebung der Feststellungen nach sich, weil die bislang getroffenen [X.] sind. Das Verfahren gibt Anlass zu dem Hinweis, dass ge-gen nicht geständige Angeklagte eine Verständigung nach § 257c StPO al-lenfalls
in

hier nicht in Betracht kommenden

Ausnahmekonstellationen möglich sein kann (§ 257c
Abs. 2 Satz 3 StPO), weil in solchen
Fällen
eine nicht hinnehmbare Beschränkung der unbedingten Pflicht zur umfassenden Wahrheitsermittlung zu besorgen sein könnte
(vgl. [X.],
Urteil vom 11
12
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7
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19.
März 2013

2 BvR 2628/10, [X.], 1058,
1068 f.). Im Hinblick auf die Vielzahl der Strafmilderungsgründe und die lange zurückliegenden [X.] wird
eine Sachbehandlung
nach
§ 153
StPO,
allenfalls nach § 153a
StPO
naheliegen. Gänzlich fernliegend erscheint es allerdings, bei den
An-geklagten im Verurteilungsfalle
erneut den Regelstrafrahmen des besonders schweren Falles nach § 263 Abs. 3 StGB zugrunde zu legen.

Mit der [X.] erledigt sich die Kostenbeschwerde des

He.

.

Basdorf Raum Schneider

Dölp Bellay

14

Meta

5 StR 581/12

12.06.2013

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.06.2013, Az. 5 StR 581/12 (REWIS RS 2013, 5105)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 5105

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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5 StR 581/12

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2 BvR 2628/10

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