Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.05.2005, Az. VIII ZR 279/04

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2005, 3439

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.] Verkündet am: 25. Mai 2005 Kirchgeßner, Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja

HGB § 87a Art und Umfang der einem Versicherungsunternehmen gemäß § 87a Abs. 3 Satz 2 HGB obliegenden Nachbearbeitung notleidender Versicherungsverträge bestimmen sich nach den Umständen des Einzelfalls. Das Versicherungsunternehmen kann entweder eigene geeignete Maßnahmen zur [X.] ergreifen oder sich dar-auf beschränken, dem Versicherungsvertreter durch eine Stornogefahrmitteilung Ge-legenheit zu geben, den notleidend gewordenen Vertrag selbst nachzubearbeiten (Bestätigung von [X.], Urteil vom 19. November 1982 - [X.], [X.], 371; Urteil vom 12. November 1987 - [X.], NJW-RR 1988, 546). [X.], Urteil vom 25. Mai 2005 - [X.] - [X.] - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 4. Mai 2005 durch die Vorsitzende Richterin [X.] und [X.] [X.], [X.], Dr. Leimert und [X.] für Recht erkannt: Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil der 1. Zivilkammer des [X.] vom 1. September 2004 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsge-richt zurückverwiesen. Von Rechts wegen Tatbestand: Die Parteien streiten über die Rückzahlung von [X.]. Die Klägerin ist ein Versicherungsunternehmen. Der Beklagte war von [X.] 1998 bis Januar 2000 für die Klägerin als Versicherungsvertreter tätig. Er erhielt für von ihm vermittelte Versicherungsverträge [X.]eils einen Vorschuß in Höhe von 80 % der Vermittlungsprovision; die restlichen 20 % behielt die Kläge-rin als sogenannte Stornoreserve ein. Die Klägerin verlangt die Rückzahlung von [X.] für insgesamt 18 Versicherungsverträge mit der Begründung, diese Vertragsverhältnisse seien nach Beendigung des [X.] storniert worden, ohne daß die Prämienzahlungen die [X.]eils für das endgültige Entstehen des Provisionsanspruchs erforderliche Hö-he erreicht hätten. [X.] hatte sie dem Beklagten nach [X.] 3 - sen Ausscheiden aus ihren Diensten nicht mehr zukommen lassen. Eigene [X.]maßnahmen sind nach Darstellung der Klägerin erfolglos geblie-ben. Insgesamt macht die Klägerin Rückzahlungsansprüche in Höhe von 2.699,96 • geltend, die sie mit einem Guthaben des Beklagten in Höhe von 1.087,17 • verrechnet. Die auf Zahlung des Differenzbetrages von 1.612,79 • nebst Zinsen gerichtete Klage hatte in den Vorinstanzen keinen Erfolg. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung der [X.] beantragt, verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe: Die Revision hat Erfolg.
[X.] Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im [X.] ausgeführt: Die Klägerin könne die an den Beklagten geleisteten Provisionsvor-schüsse nicht zurückfordern, weil sie nicht dargelegt habe, daß die Stornierung der betreffenden Versicherungsverträge von ihr nicht zu vertreten sei. Auch nach Beendigung des Versicherungsvertretervertrages habe es ihr oblegen, dem Beklagten [X.] zuzusenden, um ihm die Möglichkeit zu geben, die notleidenden Verträge selbst zu retten. Eine solche Verpflichtung bestehe jedenfalls dann, wenn eigene Stornobekämpfungsmaßnahmen des - 4 - Versicherungsunternehmens - wie im vorliegenden Fall - erfolglos geblieben seien. I[X.] Diese Beurteilung greift die Revision mit Erfolg an. Entgegen der [X.] des Berufungsgerichts scheitert das Provisionsrückzahlungsbegehren der Klägerin nicht daran, daß die Klägerin dem Beklagten nach der Beendigung des Versicherungsvertreterverhältnisses keine [X.] mehr hat zukommen lassen. 1. Gemäß § 92 Abs. 4 HGB hat der Versicherungsvertreter - abweichend von § 87a Abs. 1 HGB - erst dann Anspruch auf Provision, wenn der Versiche-rungsnehmer die Prämie gezahlt hat, aus der sich die Provision nach dem [X.] berechnet. Nach der Vorschrift des § 87a Abs. 3 HGB, die auch für den Versicherungsvertreter gilt ([X.], Urteil vom 19. November 1982 - [X.], [X.], 371 unter I 2 a; Senatsurteil vom 21. März 2001 - [X.] ZR 149/99, [X.], 760 unter [X.]; [X.]/von [X.], § 92 Rdnr. 25 m.w.Nachw.), besteht [X.] auch dann Anspruch auf Provision, wenn feststeht, daß der Unternehmer das Geschäft ganz oder teilweise nicht oder nicht so ausführt, wie es abge-schlossen worden ist; der Anspruch auf Provision entfällt im Falle der Nichtaus-führung aber, wenn und soweit diese auf Umständen beruht, die der [X.] nicht zu vertreten hat (Senatsurteil vom 21. März 2001 aaO m.Nachw.). 2. Mit Rücksicht auf Besonderheiten, die sich aus der Natur des Versi-cherungsverhältnisses ergeben, ist anerkannt, daß das [X.] im Regelfall nicht gehalten ist, im Klagewege gegen säumige Versiche-rungsnehmer vorzugehen, wenn außergerichtliche Maßnahmen erfolglos ge-blieben sind (von [X.] aaO, § 92 Rdnr. 31; [X.] in [X.]/ - 5 - Boujong/[X.], HGB, § 92 Rdnr. 24; [X.], [X.], 119, 121, je m.w.Nachw.). Die Nichtausführung (Stornierung) des Vertrages ist vielmehr schon dann von dem Versicherungsunternehmen nicht zu vertreten (§ 87a Abs. 3 Satz 2 HGB), wenn es notleidende Verträge in dem gebotenen Umfang "nachbearbeitet" hat ([X.], Urteil vom 19. November 1982 aaO unter [X.]; Ur-teil vom 12. November 1987 - [X.], NJW-RR 1988, 546 unter [X.]; vgl. auch Senatsurteil vom 21. März 2001 aaO; von [X.] aaO § 92 Rdnr. 28; [X.] aaO § 92 Rdnr. 17, [X.]. m.w.Nachw.). 3. Ob zu den Maßnahmen, die das Versicherungsunternehmen hiernach zur [X.] zu ergreifen hat, in jedem Fall auch [X.] an den Versicherungsvertreter zählen, wird in der Rechtsprechung der Instanz-gerichte und im Schrifttum unterschiedlich beurteilt. Für die [X.] bis zur Beendigung des Versicherungsvertreterverhältnisses werden solche Mitteilungen überwiegend für erforderlich gehalten ([X.] 1984, 760; [X.], [X.], 1135; [X.], [X.], 1017, 1018 f.; [X.] in [X.]/Thume, Handbuch des gesamten [X.], [X.], 3. Aufl., [X.]. 1230 ff.; von [X.] aaO § 92 Rdnr. 32; [X.] in Großkommentar zum HGB, 4. Aufl., § 92 Rdnr. 16; [X.], Handelsvertreterrecht, 3. Aufl., § 87a HGB Rdnr. 27). Umstritten ist demgegenüber, ob das Versicherungsunternehmen einem Versicherungsvertreter auch dann [X.] zukommen lassen muß, wenn dieser inzwischen aus seinen Diensten ausgeschieden ist (so [X.], NJW-RR 2000, 915, 916; wohl auch [X.], NJW 1978, 327, 328; [X.] aaO § 92 Rdnr. 21; von [X.] aaO § 92 Rdnr. 32; [X.] aaO § 87a Rdnr. 27; [X.], [X.], [X.], [X.]. aaO; [X.] VersR 1984, 935, 936; [X.] aaO Rdnr. 1235 ff.; wohl auch [X.] aaO). - 6 - 4. Nach der Rechtsprechung des seinerzeit für das Handelsvertreterrecht zuständigen [X.] Zivilsenats des [X.] bestimmen sich Art und Um-fang der dem Versicherungsunternehmen obliegenden Nachbearbeitung notlei-dender Versicherungsverträge nach den Umständen des Einzelfalls ([X.], Ur-teil vom 19. November 1982 aaO unter [X.]; Urteil vom 12. November 1987 aaO unter [X.]). Nach dieser Auffassung, die der erkennende Senat teilt, kann das Versicherungsunternehmen entweder eigene Maßnahmen zur Stornoab-wehr ergreifen, die dann freilich nach Art und Umfang ausreichend sein müs-sen, was im Streitfall von ihm darzulegen und zu beweisen ist, oder sich darauf beschränken, dem Versicherungsvertreter durch eine Stornogefahrmitteilung Gelegenheit zu geben, den notleidend gewordenen Vertrag selbst nachzubear-beiten ([X.], Urteil vom 12. November 1987 aaO). Sind Stornogefahrmitteilun-gen somit nur eines von mehreren zur [X.] in Betracht kommenden Mitteln, unter denen das Versicherungsunternehmen die Wahl hat, und besteht demzufolge auch gegenüber einem noch in den Diensten des [X.] stehenden Vertreter weder eine Pflicht noch auch nur eine Oblie-genheit zu [X.], kann im Verhältnis zu einem - wie hier - aus den Diensten des Versicherers ausgeschiedenen Vertreter nichts anderes gelten. - 7 - II[X.] Das Berufungsurteil ist daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist nicht zur Endentscheidung reif, da das Berufungsgericht - von seinem recht-lichen Standpunkt aus folgerichtig - keine Feststellungen dazu getroffen hat, ob die Klägerin nach Art und Umfang ausreichende eigene Maßnahmen zur Stor-noabwehr ergriffen hat. Damit die hierzu fehlenden Feststellungen nachgeholt werden können, ist die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO).

[X.] Dr. [X.] [X.]
Dr. Leimert [X.]

Meta

VIII ZR 279/04

25.05.2005

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.05.2005, Az. VIII ZR 279/04 (REWIS RS 2005, 3439)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2005, 3439

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