Bundesgerichtshof, Versäumnisurteil vom 01.12.2010, Az. VIII ZR 310/09

8. Zivilsenat | REWIS RS 2010, 868

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Provisionsanspruch des Versicherungsvertreters bei Stornierung des Versicherungsvertrages: Eigene Maßnahmen des Versicherungsunternehmens zur Stornogefahrabwehr; Stornogefahrmitteilung an den Versicherungsvertreter im Rahmen der Nachbearbeitungspflicht


Leitsatz

1. Ergreift ein Versicherungsunternehmen im Rahmen der Nachbearbeitung notleidender Versicherungsverträge (§ 92 Abs. 2, § 87a Abs. 3 Satz 2 HGB) eigene Maßnahmen der Stornogefahrabwehr, müssen diese nach Art und Umfang ausreichend sein (Bestätigung der Senatsurteile vom 25. Mai 2005, VIII ZR 279/04 und VIII ZR 237/04). Hierzu ist es erforderlich, dass das Versicherungsunternehmen den Versicherungsnehmer zur Erfüllung seiner Vertragspflicht ernsthaft und nachdrücklich anhält. Die bloße Übersendung eines Mahnschreibens reicht hierzu im Regelfall nicht aus .

2. Im Falle einer Stornogefahrabwehr mittels Stornogefahrmitteilung an den Versicherungsvertreter genügt das Versicherungsunternehmen seiner Nachbearbeitungspflicht, wenn es die Stornogefahrmitteilung auf eine Weise versendet, dass bei normalem Verlauf mit deren rechtzeitigem Eingang bei dem Versicherungsvertreter zu rechnen ist. Bei einer Übersendung der Stornogefahrmitteilung auf dem Postweg darf das Versicherungsunternehmen grundsätzlich darauf vertrauen, dass die Postsendung ordnungsgemäß befördert wird. Deshalb führt ein ausnahmsweise eintretender Postverlust nicht dazu, dass die Stornierung des Versicherungsvertrages auf Umständen beruht, die das Versicherungsunternehmen zu vertreten hat (§ 92 Abs. 2, § 87a Abs. 3 Satz 2 HGB) .

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 11. Zivilsenats des [X.] vom 5. November 2009 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an einen anderen Senat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Rückzahlung von [X.] und [X.]. Die Klägerin ist ein Versicherungsunternehmen. Die Parteien schlossen am 28. Dezember 2007 eine Zusammenarbeitsvereinbarung nebst [X.]zusage, wonach der [X.] als selbständiger Handelsmakler im Sinne der §§ 93 ff. HGB der Klägerin Versicherungen vermitteln sollte. Ziffer 1.3 dieser Vereinbarung enthält unter anderem folgende Regelung:

"Wir sind nicht verpflichtet, jedoch berechtigt, [X.] zu leisten. Soweit wir Vorauszahlungen leisten, ist ein sich durch den teilweisen oder vollständigen Abgang eines Versicherungsvertrages ergebender Anspruch auf Rückzahlung der unverdienten [X.] sofort nach deren Belastung zur Rückzahlung fällig. …"

2

Hinsichtlich der Entstehung der [X.], für die Ziffer 1.4 der Zusammenarbeitsvereinbarung eine Abrechnung im [X.] vorsieht, heißt es in Ziffer 1.2 unter anderem:

"Die [X.] entsteht, soweit folgend nichts anderes bestimmt ist, jeweils anteilig mit Beitragszahlung und ist jeweils nur insoweit verdient und fällig, soweit sie:

a) für [X.] aus 50 % der tatsächlich an die Gesellschaft gezahlten, nicht mit Rückkaufswert, Überschussanteilen usw. verrechneten Beiträge gedeckt ist,

b) für [X.] aus 50 % der jeweils für die Versicherung an die [X.] gedeckt ist.

1.2.1 Bei Versicherungen nach dem [X.] wird bei Tod der versicherten Person innerhalb der ersten 18 Monate nach Versicherungsbeginn pro Monat 1/18 der Abschluss-[X.] verdient; insgesamt jedoch begrenzt auf 50 % der tatsächlich gezahlten Beiträge.

1.2.2 Bei Einzel- und [X.] nach dem Tarif 629 entsteht die Abschluss-[X.] anteilig mit der jeweiligen Beitragszahlung wie folgt und ist auch nur insoweit fällig und verdient: …"

3

In einem der Zusammenarbeitsvereinbarung als Anlage beigefügten Abkommen vereinbarten die Parteien zudem die Zahlung eines Organisationszuschusses, auf den die gleichen Bestimmungen und Bewertungskriterien wie für die Abschlusscourtage Anwendung finden sollten. Gemäß diesem Abkommen sollte der [X.], da die Klägerin über keine Verwaltungsgeschäftsstellen verfügt, die bis zur Policierung eines Versicherungsantrags erforderlichen Arbeiten selbst vornehmen und für diese über die Vermittlung hinausgehenden Dienstleistungen einen Organisationszuschuss in Höhe von 4 Promille auf die jeweilige [X.] erhalten. Dieser Zuschuss setzte sich aus 2 Promille für die Erstellung eigener Angebote und 2 Promille für die Entwicklung und Durchführung eigener Werbemaßnahmen zusammen.

4

In der Folgezeit vermittelte der [X.] für die Klägerin Versicherungsverträge, wofür die Klägerin vereinbarungsgemäß sowohl [X.]- als auch Organisationszuschüsse zahlte. Mehrere Verträge wurden storniert, da die Versicherungsnehmer den Erstbeitrag oder die Folgebeiträge nicht zahlten.

5

Mit der Klage begehrt die Klägerin wegen dieser Stornierungen die Rückzahlung der geleisteten Vorschüsse in Höhe von insgesamt 22.102,31 € sowie die Zahlung der [X.] in Höhe von 57 €, insgesamt mithin 22.159,31 €. Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin hat das [X.] zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe

6

Die Revision hat Erfolg. Über das Rechtsmittel ist antragsgemäß durch Versäumnisurteil zu entscheiden, da der [X.] in der mündlichen Revisionsverhandlung trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht vertreten war. Inhaltlich beruht das Urteil indessen nicht auf der Säumnis des [X.]n, sondern auf einer Sachprüfung (vgl. [X.], Urteil vom 4. April 1962 - [X.], [X.]Z 37, 79, 81 ff.).

I.

7

Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:

8

Der Klägerin stehe ein Rückforderungsanspruch weder aus Ziffer 1.3 der Zusammenarbeitsvereinbarung der Parteien vom 28. Dezember 2007 noch aus ungerechtfertigter Bereicherung (§ 812 Abs. 1 BGB) zu. Voraussetzung einer Rückzahlungspflicht sei, dass der Unternehmer die Nichtausführung des Geschäfts nicht zu vertreten habe (§ 92 Abs. 2 i.V.m. § 87a Abs. 3 Satz 2 [X.] analog). Den Unternehmer treffe die Pflicht, bei Gefährdung eines Vertrags dessen Nachbearbeitung selbst vorzunehmen oder zu veranlassen. Er müsse sich bemühen, den Versicherungsnehmer zur Vertragsfortführung und insbesondere zur Prämienzahlung zu veranlassen. [X.] der Unternehmer dies, sei die Nichtausführung des Geschäfts von ihm zu vertreten mit der Folge, dass der Provisionsanspruch gemäß § 87a Abs. 3 Satz 1 [X.] bestehen bleibe. Diese Vorschrift sei hier anwendbar, wobei offen bleiben könne, ob der [X.] Versicherungsvertreter und § 87a Abs. 3 Satz 1 [X.] daher unmittelbar anwendbar oder ob er als Versicherungsmakler anzusehen sei, der sich ausnahmsweise auf § 87a Abs. 3 Satz 1 [X.] berufen könne. Ebenso könne offen bleiben, ob sich eine [X.] bzw. Stornogefahrmitteilungspflicht aus § 242 BGB (so [X.], [X.], 439) oder aus einer analogen Anwendung des § 87a Abs. 3 Satz 1 [X.] (so [X.], BeckRS 2005, 08775) ergebe. Nach der Rechtsprechung des [X.] könne sich im Einzelfall aus einer an [X.] orientierten Auslegung der vertraglichen Vereinbarung zwischen dem Versicherer und dem Versicherungsmakler ergeben, dass der Versicherer dem Makler [X.] machen oder sich unter Umständen sogar um die Rücknahme einer bereits erklärten Kündigung bemühen müsse. Nach der Rechtsprechung des [X.] sei § 87a Abs. 3 Satz 1 [X.] auf den Versicherungsmakler analog anzuwenden, wenn dieser bezüglich etwaiger Stornierungen im Einzelfall genauso schutzwürdig sei wie ein Versicherungsvertreter, was vor allem dann der Fall sein könne, wenn der Versicherungsmakler zu dem Versicherer in laufender Geschäftsbeziehung stehe, dort insbesondere ein Agenturkonto für ihn geführt werde, die Tätigkeit im Rahmen dieser Geschäftsbeziehung den wesentlichen Teil seiner Vermittlungsarbeit ausmache und er aufgrund einer allgemeinen mit ihm geschlossenen Abrede laufend Provisionsvorschüsse beziehe.

9

In Erweiterung dieser Rechtsprechung sei hier eine entsprechende Schutzbedürftigkeit des als Versicherungsmakler bezeichneten Vermittlers anzunehmen. Die Klägerin habe dem [X.]n trotz Fehlens einer vertraglichen Verpflichtung laufend Vorschüsse für abgeschlossene Versicherungsverträge gewährt und sich damit so verhalten, als existiere eine entsprechende Verpflichtung. Der [X.] sei in das Organisationssystem der Klägerin eingebunden, die ihm mangels eigener Verwaltungsgeschäftsstellen alle bis zur Policierung erforderlichen Arbeiten vollständig übertragen habe. Weiterhin gewähre die Klägerin für die Pflege, Betreuung und Nachbearbeitung der Versicherungen, die sich im beitragspflichtigen Bestand befänden, ein Bestandspflegegeld. Auch habe die Klägerin dem [X.]n nach eigenem Vorbringen stets [X.] zukommen lassen. Aus der Einbindung des [X.]n in die Organisationsstruktur der Klägerin und der tatsächlichen Handhabung der Übersendung von [X.] ergebe sich die Verpflichtung der Klägerin, entweder selbst die Verträge nachzubearbeiten oder an den [X.]n [X.] zu übersenden.

Ohne Bedeutung für diese Verpflichtung der Klägerin sei, dass der [X.] im Geschäftsverkehr als Versicherungsmakler aufgetreten sei, keine Vollmacht für den Abschluss von Versicherungsverträgen gehabt habe und seinerseits als Versicherungsmakler versichert sei. Entscheidend sei nicht, ob der [X.] Versicherungsvertreter oder Versicherungsmakler sei, sondern ob er dergestalt in die Organisationsstruktur der Klägerin eingebunden sei, dass für diese zu seinen Gunsten eine Fürsorgepflicht bestanden habe, notleidende Verträge nachzubearbeiten oder dem [X.]n [X.] zukommen zu lassen. Dies sei zu bejahen.

Die Klägerin habe die Voraussetzungen der ihr demgemäß obliegenden Bemühungen zum Erhalt der Versicherungsverträge nicht hinreichend dargetan, obwohl ihr als Unternehmer die Darlegungs- und Beweislast für die Voraussetzungen des § 87 Abs. 3 Satz 2 [X.] obliege. Eine eigene Nachbearbeitung habe sie nicht geleistet. Hierfür reiche der in den Mahnschreiben an die Versicherten enthaltene Hinweis auf die Vorteile einer Versicherung und das Angebot einer Beratung nicht aus. Den Versand von [X.] an den [X.]n habe die Klägerin nicht hinreichend vorgetragen. Sie habe behauptet, den [X.]n mehrfach vor der Stornierung über die stornogefährdeten Verträge informiert zu haben. Der [X.] sei mittels Schreiben auf Zahlungsrückstände der Versicherungsnehmer hingewiesen worden; es seien E-Mails ausgetauscht worden. Dieser Vortrag sei nicht substantiiert genug. Es sei nicht ersichtlich, auf welche [X.] sich diese Mitteilungen bezogen und welchen Inhalt sie gehabt hätten. Soweit die Klägerin weiter vorgetragen habe, dem [X.]n Mitteilungen über Zahlungsrückstände übersandt zu haben, habe der [X.] den Zugang der Mehrzahl dieser Mitteilungen bestritten. Die Klägerin sei für den Zugang dieser Mitteilungen beweisbelastet, habe jedoch keinen Beweis angetreten. Soweit der Zugang einzelner Mitteilungen unstreitig sei, habe der [X.] behauptet, diese erst nach erfolgter Kündigung des [X.] und damit nicht rechtzeitig erhalten zu haben, um seinerseits das Vertragsverhältnis durch geeignete Maßnahmen mit dem Ziel einer Aufrechterhaltung des Versicherungsvertrages nachzubearbeiten. Die Klägerin sei insoweit auch für den rechtzeitigen Zugang dieser Mitteilungen beweisbelastet. Der Vortrag des [X.]n sei so auszulegen, dass ihm infolge Zeitablaufs eine eigene Nachbearbeitung nicht mehr möglich gewesen sei.

II.

Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann ein Anspruch der Klägerin auf Rückzahlung der streitgegenständlichen [X.] und [X.] nicht verneint werden. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts scheitert der Anspruch der Klägerin nicht daran, dass der Vortrag der Klägerin zu den von ihr behaupteten [X.] nicht hinreichend substantiiert wäre und dass die Klägerin keinen Beweis für den (rechtzeitigen) Zugang der von ihr versandten [X.] angetreten hat.

1. Im Ausgangspunkt zutreffend ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen eines Rückzahlungsanspruchs der Klägerin nach Nr. 1.3 der Zusammenarbeitsvereinbarung der Parteien vom 28. Dezember 2007 insoweit vorliegen, als unstreitig mehrere der vom [X.]n vermittelten Versicherungsverträge storniert wurden. Ebenfalls im Ausgangspunkt zutreffend hat das Berufungsgericht anhand der in § 92 Abs. 2 in Verbindung mit § 87a Abs. 3 Satz 2 [X.] enthaltenen Regelung geprüft, ob die Nichtausführung der streitgegenständlichen Versicherungsverträge auf Umständen beruht, die die Klägerin nicht zu vertreten hat, und der Provisionsanspruch des [X.]n deshalb - mit der Folge einer Rückzahlungsverpflichtung - entfallen ist.

a) Grundsätzlich entsteht der Anspruch des [X.] auf Provision - abweichend von § 87a Abs. 1 [X.] - erst dann, wenn der Versicherungsnehmer die Prämie gezahlt hat, aus der sich die Provision nach dem Versicherungsvertretervertrag berechnet (§ 92 Abs. 4 [X.]). Nach der Vorschrift des § 87a Abs. 3 [X.], die auch für den Versicherungsvertreter gilt, besteht allerdings auch dann Anspruch auf Provision, wenn feststeht, dass der Unternehmer das Geschäft ganz oder teilweise nicht oder nicht so ausführt, wie es abgeschlossen worden ist; der Anspruch auf Provision entfällt im Falle der Nichtausführung aber, wenn und soweit diese auf Umständen beruht, die der Unternehmer nicht zu vertreten hat (Senatsurteile vom 25. Mai 2005 - [X.], NJW-RR 2005, 1196 unter [X.], und [X.], juris Rn. 10; jeweils mwN).

Mit Rücksicht auf Besonderheiten, die sich aus der Natur des Versicherungsverhältnisses ergeben, ist anerkannt, dass das Versicherungsunternehmen im Regelfall nicht gehalten ist, im Klagewege gegen säumige Versicherungsnehmer vorzugehen, wenn außergerichtliche Maßnahmen erfolglos geblieben sind. Die Nichtausführung (Stornierung) des Vertrages ist vielmehr schon dann von dem Versicherungsunternehmen nicht zu vertreten (§ 87a Abs. 3 Satz 2 [X.]), wenn es notleidende Verträge in dem gebotenen Umfang "nachbearbeitet" hat (Senatsurteile vom 25. Mai 2005 - [X.], aaO unter [X.], und [X.], juris Rn. 11; jeweils mwN). Art und Umfang der dem Versicherungsunternehmen obliegenden Nachbearbeitung notleidender Versicherungsverträge bestimmen sich nach den Umständen des Einzelfalls. Das Versicherungsunternehmen kann entweder eigene Maßnahmen zur [X.] ergreifen, die dann freilich nach Art und Umfang ausreichend sein müssen, was im Streitfall von ihm darzulegen und zu beweisen ist, oder sich darauf beschränken, dem Versicherungsvertreter durch eine Stornogefahrmitteilung Gelegenheit zu geben, den notleidend gewordenen Vertrag selbst nachzubearbeiten (Senatsurteile vom 25. Mai 2005 - [X.], aaO unter [X.], und [X.], juris Rn. 14; jeweils mwN; [X.]/[X.], [X.], 34. Aufl., § 87a Rn. 27; [X.] in [X.], 5. Aufl., § 87a Rn. 78 und § 92 Rn. 11 ff.; Thume in Röhricht/[X.] von Westphalen, [X.], 3. Aufl., § 92 Rn. 9-11; Sonnenschein/Weitemeyer in [X.], [X.], 2. Aufl., § 92 Rn. 16).

b) Von diesen Grundsätzen ist auch das Berufungsgericht ausgegangen. Dabei hat es offen gelassen, ob der [X.] im Streitfall für die Klägerin als Versicherungsvertreter tätig war und deshalb die oben genannten Grundsätze unmittelbar zur Anwendung kommen oder ob er als Versicherungsmakler tätig war. [X.] ist deshalb letzteres entsprechend dem Sachvortrag der Klägerin mangels gegenteiliger Feststellungen des Berufungsgerichts zu unterstellen.

Dabei bedarf die in Rechtsprechung und Literatur umstrittene, vom Berufungsgericht ebenfalls offen gelassene Frage, ob § 87a Abs. 3 [X.] auch auf den Versicherungsmakler entsprechend anzuwenden ist, wenn dieser im Einzelfall genauso schutzwürdig ist wie ein Versicherungsvertreter (so [X.], Urteil vom 21. Januar 1999 - 18 U 109/98, BeckRS 2005, 08775 unter [X.]; [X.], NJW-RR 1997, 1482, 1483; [X.], NJW-RR 1994, 1306 f.; [X.], [X.], 334, 335 f.; [X.], aaO, § 92 Rn. 19), oder ob eine solche Analogie schon mangels einer planwidrigen Gesetzeslücke nicht möglich ist ([X.], [X.], 133 f.; KG, Urteil vom 14. Januar 1999 - 10 U 7263/97, juris Rn. 7; [X.], [X.], 1688; [X.]/[X.], aaO, § 93 Rn. 7; MünchKomm[X.]/von [X.], 2. Aufl., § 87a Rn. 5; in diesem Sinne auch [X.], Urteil vom 13. Juni 1951 - [X.], [X.]Z 2, 281, 283 f.; [X.], 134, 137 mwN, jeweils zu § 88 [X.] aF) und sich lediglich im Einzelfall aus [X.] (§ 242 BGB) oder einer hieran orientierten Auslegung des Vertrages zwischen dem Versicherungsmakler und dem Versicherer für letzteren eine [X.] ergeben kann ([X.], aaO; [X.], aaO; [X.] in [X.], aaO, § 93 Rn. 167), hier keiner abschließenden Klärung. Denn jedenfalls kann - wie hier der Fall - der Gesichtspunkt von [X.] (§ 242 BGB) im Einzelfall Anlass für eine abweichende rechtliche Bewertung geben. Unter welchen Voraussetzungen unter Berücksichtigung des § 242 BGB ausnahmsweise eine Verpflichtung des Versicherers gegenüber dem Versicherungsmakler bestehen kann, notleidende Versicherungsverträge nachzubearbeiten, hängt von den besonderen Umständen des jeweiligen Einzelfalls ab und entzieht sich einer allgemeinen Betrachtung. Die im Einzelfall vorzunehmende wertende Betrachtung der Gesamtumstände unter dem Gesichtspunkt des § 242 BGB obliegt in erster Linie dem Tatrichter und kann vom Revisionsgericht nur eingeschränkt daraufhin überprüft werden, ob der Tatrichter die maßgeblichen Tatsachen vollständig festgestellt und gewürdigt und ob er die allgemein anerkannten Maßstäbe berücksichtigt und richtig angewandt hat (vgl. Senatsurteile vom 21. Oktober 2009 - [X.], [X.], 3781 Rn. 19; vom 9. März 2005 - [X.], [X.], 538 unter [X.]; vom 11. Januar 2006 - [X.], [X.], 338 Rn. 12; Senatsbeschluss vom 14. September 2010 - [X.], [X.], 680 Rn. 4). Einen hiernach beachtlichen Rechtsfehler zeigt die Revision nicht auf.

2. Das Berufungsgericht ist unter Würdigung der Gesamtumstände des [X.] zu dem Ergebnis gelangt, der [X.] sei in gleicher Weise schutzbedürftig wie ein Handelsvertreter. Es hat hierbei darauf abgestellt, dass der [X.] laufend [X.] für die der Klägerin vermittelten Versicherungsverträge erhalten habe, er in die Organisationsstruktur der Klägerin eingebunden gewesen sei und er von der Klägerin sowohl einen Organisationszuschuss als auch ein Bestandspflegegeld erhalten habe. Soweit das Berufungsgericht aufgrund dieser Umstände auch für den Fall einer Einstufung des [X.]n als Versicherungsmakler zu der Bewertung gelangt ist, die Klägerin, die zudem nach eigenem Vorbringen regelmäßig [X.] an den [X.]n gesandt haben will, treffe hier eine [X.], so ist diese tatrichterliche Beurteilung revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Insbesondere die Ausgestaltung der in der Zusammenarbeitsvereinbarung der Parteien getroffenen gestreckten, mit [X.] verbundenen Vergütungsregelung spricht hier für eine starke Annäherung der Stellung des [X.]n an diejenige eines [X.].

Die von der Revision gegen diese Beurteilung erhobenen Verfahrensrügen hat der Senat geprüft, aber nicht für durchgreifend erachtet. Von einer Begründung wird gemäß § 564 Satz 1 ZPO abgesehen.

3. Mit Erfolg wendet sich die Revision indessen gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, der Klage sei der Erfolg zu versagen, weil die Klägerin den Versand von [X.] nicht hinreichend vorgetragen und auch keinen Beweis für deren (rechtzeitigen) Zugang angetreten habe. Mit dieser Begründung können die Voraussetzungen des § 92 Abs. 2 in Verbindung mit § 87a Abs. 3 Satz 2 [X.] für ein Entfallen des Provisionsanspruchs des [X.]n nicht verneint werden. Denn die Klägerin hat sowohl zum Inhalt der [X.] als auch zu deren Absendung an den [X.]n, die nach dem übrigen Vortrag des [X.]n als bestritten anzusehen ist (§ 138 Abs. 3 ZPO), ausreichenden Vortrag gehalten und diesen unter Beweis gestellt. Einen Beweis für den Zugang der Mitteilungen brauchte die Klägerin entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht anzutreten.

a) Ohne Erfolg rügt die Revision allerdings, dass es für eine ordnungsgemäße Nachbearbeitung notleidender Versicherungsverträge durch den Versicherer genüge, wenn dieser den betroffenen Versicherungsnehmern - wie hier der Fall - jeweils ein Mahnschreiben übersende und in diesem eindringlich auf die Vorteile der abgeschlossenen Versicherung hinweise. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts lautete der in den Mahnschreiben der Klägerin enthaltene Hinweis: "Bedenken Sie die Vorteile einer Lebens- bzw. Rentenversicherung: Versicherungsschutz für den Bezugsberechtigten, steuerliche Vergünstigungen für die gezahlten Beiträge, Beteiligungen an den Überschüssen. Sollten Sie Fragen zu Ihrer Versicherung haben, wenden Sie sich an uns. Wir sind gerne bereit, Sie zu beraten und Ihnen Vorschläge zu unterbreiten."

Dem Berufungsgericht ist darin beizupflichten, dass ein solches Schreiben alleine keine ausreichende Maßnahme der [X.] durch den Versicherer darstellt. Nach der bereits erwähnten Rechtsprechung des Senats (siehe oben 1 a) bestimmen sich Art und Umfang der dem Versicherungsunternehmen obliegenden Nachbearbeitung notleidender Versicherungsverträge zwar nach den Umständen des Einzelfalls. Entschließt sich das Versicherungsunternehmen, eigene Maßnahmen zur [X.] zu ergreifen, müssen diese jedoch nach Art und Umfang ausreichend sein (Senatsurteile vom 25. Mai 2005 - [X.] und [X.], jeweils aaO). Hierzu ist es im Regelfall erforderlich, dass der Unternehmer/Versicherer aktiv tätig wird und den Versicherungsnehmer zur Erfüllung seiner Vertragspflicht ernsthaft und nachdrücklich anhält (so bereits [X.], 123, 132; ebenso [X.], [X.], 71 f.; [X.], aaO, § 92 Rn. 12; MünchKomm[X.]/von [X.], 3. Aufl., § 92 Rn. 29; vgl. [X.] in [X.]/Boujong/[X.]/Strohn, [X.], 2. Aufl., § 92 Rn. 22; Thume, aaO, § 92 Rn. 10). Welcher konkreten Maßnahmen es hierfür bedarf, kann nicht abstrakt entschieden werden, sondern bedarf stets einer Würdigung der Umstände des Einzelfalls. Jedenfalls aber reicht unter dem Gesichtspunkt der dem Versicherer gegenüber dem Versicherungsvertreter obliegenden Treuepflicht, Rücksicht auf das Provisionsinteresse des [X.] zu nehmen (vgl. [X.], Urteil vom 19. November 1982 - [X.], [X.], 371 unter [X.] aa), im Regelfall die bloße Übersendung eines Mahnschreibens an den Versicherungsnehmer als Maßnahme der [X.] nicht aus ([X.], [X.], 511, 512; [X.] aaO; [X.], Beschluss vom 21. Februar 2007 - [X.]/06, juris Rn. 12; [X.], aaO, § 87a Rn. 78 und § 92 Rn. 12; [X.], aaO; [X.]/[X.], aaO, § 87a Rn. 27; jeweils mwN; vgl. [X.], 123, 133 f.; vgl. auch Senatsurteil vom 25. Mai 2005 - [X.], aaO Rn. 17; MünchKomm[X.]/von [X.], aaO Rn. 28 ff.; aA [X.], [X.], 326 und [X.], 1135; vgl. auch [X.], [X.] 1984, 760, für den Fall wiederholter Mahnungen und Kündigungsandrohungen). Hieran ändert sich durch den im Streitfall in das jeweilige Mahnschreiben aufgenommenen Hinweis auf die Vorteile der (Lebens-) Versicherung nichts. Denn auch mit diesem Zusatz ist in dem Mahnschreiben jedenfalls kein nachdrückliches Anhalten des Versicherungsnehmers zur Erfüllung seiner Vertragspflicht zu sehen. Einer Entscheidung, ob der Versicherer im Falle der eigenen Nachbearbeitung gehalten ist, nach den Gründen für die Nichtzahlung zu forschen und nach einer Lösung gemeinsam mit dem Prämienschuldner zu suchen (so [X.], aaO; [X.], aaO; MünchKomm[X.]/von [X.], aaO Rn. 30; jeweils mwN; [X.], Urteil vom 7. Oktober 2010 - 12 [X.], juris Rn. 36; [X.], Beschluss vom 21. Februar 2007 - [X.]/06, aaO; vgl. auch Senatsurteil vom 25. Mai 2005 - [X.], aaO) und ob dafür regelmäßig eine persönliche Rücksprache mit dem Schuldner erforderlich ist (so [X.], aaO; [X.], Beschluss vom 21. Februar 2007 - [X.]/06, aaO; [X.], aaO; [X.], aaO; [X.]/[X.], aaO), bedarf es daher nicht.

b) Mit Erfolg wendet sich die Revision indessen gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, die Klägerin sei ihrer [X.] auch nicht in Form der Übersendung von [X.] an den [X.]n nachgekommen. Zutreffend und von der Revision nicht beanstandet ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen, dass den Versicherer die Darlegungs- und Beweislast dafür trifft, dass er eine ordnungsgemäße Nachbearbeitung des notleidenden Versicherungsvertrages vorgenommen hat (Senatsurteile vom 25. Mai 2005 - [X.], aaO, und [X.], aaO Rn. 14; [X.], aaO Rn. 28; Thume, aaO, § 87a Rn. 31). Nicht frei von [X.] ist hingegen die Annahme des Berufungsgerichts, der Versicherer habe, wenn er im Rahmen der Nachbearbeitung zum Mittel der Stornogefahrmitteilung greife, auch deren (rechtzeitigen) Zugang darzulegen und erforderlichenfalls zu beweisen. Zwar wird sowohl in der Rechtsprechung als auch in der Literatur vertreten, dass es bei der Stornogefahrmitteilung auf deren Zugang ankommt, damit die Voraussetzungen des § 87a Abs. 3 Satz 2 [X.] erfüllt sind und die für den Versicherer günstige Folge des Entfallens des Provisionsanspruchs eintritt ([X.], aaO; [X.], aaO Rn. 21; [X.], aaO, § 87a Rn. 78 und § 92 Rn. 18; vgl. auch [X.], aaO Rn. 32; [X.], aaO; jeweils zur Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich der Rechtzeitigkeit des Zugangs der Stornogefahrmitteilung). Diese Auslegung des § 87a Abs. 3 Satz 2 [X.] geht indes über den Wortlaut dieser Vorschrift hinaus und ist auch nicht mit Blick auf den Sinn und Zweck der Vorschrift geboten.

Nach § 87a Abs. 3 Satz 2 [X.] entfällt der ansonsten gemäß Satz 1 dieser Vorschrift auch bei einer Nichtausführung (Stornierung) des Versicherungsvertrages bestehende Provisionsanspruch, wenn und soweit die Stornierung auf Umständen beruht, die der Unternehmer (Versicherer) nicht zu vertreten hat. Entschließt sich der Versicherer, der bei einem Versicherungsvertrag bestehenden Stornogefahr durch die Versendung einer Stornogefahrmitteilung an den Versicherungsvertreter (oder hier an den Versicherungsmakler) entgegenzuwirken, und sendet er zu diesem Zweck eine Mitteilung, die diesen von ihrem Inhalt her in die Lage versetzt, seinerseits Stornogefahrabwehrmaßnahmen zu ergreifen, so rechtzeitig an den Versicherungsvertreter, dass bei normalem Verlauf mit deren rechtzeitigem Eingang zu rechnen ist, so ist er seiner Pflicht zur Stornogefahrabwehr in ausreichendem Maße nachgekommen. [X.] der Versicherer [X.] durch die Post, so darf er grundsätzlich darauf vertrauen, dass die Postsendung ordnungsgemäß befördert wird und, wenn sie im [X.] werktags aufgegeben wird, am folgenden Werktag ausgeliefert wird (vgl. [X.], Beschlüsse vom 21. Oktober 2010 - [X.], juris Rn. 15; vom 20. Mai 2009 - [X.], [X.], 2379 Rn. 8 mwN). Geht eine Stornogefahrmitteilung gleichwohl ausnahmsweise auf dem Postweg verloren, so ist dies - und damit ebenso das hierauf zurückzuführende Unterbleiben von Nachbearbeitungsmaßnahmen des [X.] - ein Umstand, den der Versicherer nicht im Sinne des § 87a Abs. 3 Satz 2 [X.] zu vertreten hat.

III.

Nach alledem kann das angefochtene Urteil keinen Bestand haben; es ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist nicht entscheidungsreif, weil das Berufungsgericht keine Feststellungen zur Absendung der [X.] an den [X.]n getroffen hat. Dies wird nachzuholen sein. Das Berufungsgericht wird hierbei auch dem im Berufungsurteil rechtsfehlerhaft als nicht ausreichend substantiiert bewerteten Vortrag der Klägerin zur Versendung von [X.] mittels E-Mail nachzugehen haben. Die Sache ist daher an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO). Hierbei macht der Senat von der Möglichkeit des § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch. Bei der neuen Verhandlung und Entscheidung wird auch zu berücksichtigen sein, dass mit der Klage nicht nur die Rückzahlung von [X.]n und [X.]n, sondern auch die Zahlung der [X.] in Höhe von 57 € geltend gemacht wird. Das Berufungsurteil lässt Ausführungen zu diesem - seitens des [X.]n nicht in Abrede gestellten - Teil der Klageforderung vermissen.

[X.]                                      Dr. Hessel                                     Dr. [X.]

               Dr. [X.]                                   Dr. Bünger

Meta

VIII ZR 310/09

01.12.2010

Bundesgerichtshof 8. Zivilsenat

Versäumnisurteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Celle, 5. November 2009, Az: 11 U 119/09, Urteil

§ 87a Abs 3 S 2 HGB, § 92 Abs 2 HGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Versäumnisurteil vom 01.12.2010, Az. VIII ZR 310/09 (REWIS RS 2010, 868)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 868

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

VIII ZR 310/09 (Bundesgerichtshof)


I ZR 248/19 (Bundesgerichtshof)

Provisionsanspruch des Versicherungsmaklers: Wegfall des Anspruchs bei Ausübung des Widerrufsrechts durch den Versicherungsnehmer; Nachbearbeitungspflicht des …


VII ZR 130/11 (Bundesgerichtshof)

Provisionsanspruch des Versicherungsvertreters: Pflichten des Versicherungsunternehmens bei Gefahr der Stornierung notleidender Versicherungsverträge


VII ZR 130/11 (Bundesgerichtshof)


VIII ZR 279/04 (Bundesgerichtshof)


Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.