Bundesgerichtshof, Urteil vom 12.11.2015, Az. IX ZR 301/14

9. Zivilsenat | REWIS RS 2015, 2422

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Gegenstand

Anfechtung außerhalb des Insolvenzverfahrens: Auswirkungen einer dem Schuldner erteilten Restschuldbefreiung auf die Einzelgläubigeranfechtung


Leitsatz

1. Eine dem Schuldner erteilte Restschuldbefreiung steht der Gläubigeranfechtung jedenfalls dann nicht entgegen, wenn der Gläubiger die Anfechtungsklage bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens erhoben hat und die Anfechtung Rechtshandlungen betrifft, die vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden sind.

2. Die Auswirkungen einer Insolvenz auf das Recht der Einzelgläubigeranfechtung sind nicht Gegenstand des Insolvenzstatuts nach Art. 4 Abs. 1 EuInsVO.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 2. Zivilsenats des [X.] vom 26. November 2014 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Klägerin gewährte der [X.] einen unbefristeten Kredit in Höhe von zuletzt 7,2 Mio. €. Alleingesellschafter und Geschäftsführer der [X.] war [X.](fortan: Schuldner). Der Schuldner verbürgte sich gegenüber der Klägerin für den der [X.] gewährten Kredit.

2

Der Schuldner ist mit der Beklagten zu 2 verheiratet, die Beklagte zu 1 ist ihre gemeinsame Tochter. Der Schuldner und die Beklagte zu 2 waren je zur Hälfte Miteigentümer des unbelasteten Grundstücks K.    in [X.]      . Mit notariellem Vertrag vom 26. März 2007 übertrug der Schuldner seinen hälftigen Miteigentumsanteil auf die Beklagte zu 2. Eine Gegenleistung sah der notarielle Vertrag nicht vor. Mit notariellem Vertrag vom 21. Juli 2008 übertrug die Beklagte zu 2 ihr Eigentum am Grundstück K.        in [X.]          unentgeltlich auf die Beklagte zu 1.

3

Am 1. November 2008 eröffnete das Insolvenzgericht das Insolvenzverfahren über das Vermögen der [X.] Die Klägerin nahm den Schuldner aus der Bürgschaft in Höhe von 1.000.000 € in Anspruch. Mit Urteil vom 2. März 2010 verurteilte das [X.] den Schuldner, 1.000.000 € nebst Zinsen an die Klägerin zu zahlen; das Urteil ist seit 2. Februar 2011 rechtskräftig.

4

Am 19. Juni 2010 erhob die Klägerin Anfechtungsklage gegen die Beklagten. Am 8. Juli 2011 reichte der Schuldner beim [X.] von [X.] in [X.] eine Debtor’s Bankruptcy Petition ein. Der High Court of Justice eröffnete das Verfahren am 6. Februar 2012. Das Verfahren wurde am 6. Februar 2013 abgeschlossen.

5

Das [X.] hat der Klage stattgegeben, das [X.] hat die Klage auf die Berufung der Beklagten als unzulässig abgewiesen. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der zugelassenen Revision, mit der sie die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils erstrebt.

Entscheidungsgründe

6

Die Revision hat Erfolg und führt zur Aufhebung und Zurückverweisung.

I.

7

Das Berufungsgericht nimmt an, die Klage sei unzulässig, weil der Schuldner Restschuldbefreiung ([X.]) nach [X.] Recht erlangt habe. Diese sei in [X.] anzuerkennen und führe zu einer Umgestaltung der Forderung. Sie bewirke, dass dem Schuldner ein materiell-rechtlicher Einwand zustehe, den er nach § 767 ZPO verfolgen könne. Damit werde die Forderung zu einer unvollkommenen Verbindlichkeit, so dass der Gläubiger die Leistung nicht mehr verlangen (§ 271 Abs. 1 BGB) könne und es daher an der nach § 2 [X.] erforderlichen Fälligkeit fehle. Hierauf könne sich auch der [X.] berufen.

8

Aus § 301 Abs. 2 [X.] lasse sich nichts für den Gläubiger herleiten. Hierbei handele es sich um eine Sonderregel für Dritte, die es übernommen hätten, für die Forderung des Schuldners in einer bestimmten Weise einzustehen. Das Anfechtungsrecht führe nur dazu, dass der Dritte die Vollstreckung in bestimmte Vermögenswerte dulden müsse. Es gleiche also nur die Minderung der Haftungssumme beim Schuldner aus. Darauf, dass sich die Restschuldbefreiung letztlich auf die persönliche Situation des Schuldners beziehe, komme es nicht an. Vielmehr sei ein Anspruch, wenn er nachträglich eingeschränkt oder ausgeschlossen werde, nur noch im verbleibenden Umfang im [X.] zu berücksichtigen. Dies gelte auch dann, wenn dies auf die wirtschaftliche Situation des Schuldners zurückzuführen sei.

II.

9

Das hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.

1. Die Anforderungen an eine Gläubigeranfechtung richten sich nach [X.] Recht. § 19 [X.] bestimmt, dass außerhalb eines Insolvenzverfahrens für die Anfechtbarkeit einer Rechtshandlung das Recht maßgeblich ist, dem die Wirkungen der Rechtshandlung unterliegen. Dies ist hier [X.] Recht, weil das Grundstück, dessen Belastung und Übereignung angefochten werden soll, in [X.] belegen ist (vgl. [X.], Urteil vom 8. Dezember 2011 - [X.], [X.], 185 Rn. 13). Dies gilt auch für den Fall, dass der Schuldner im Ausland wohnhaft ist oder im Ausland ein Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners durchgeführt worden ist.

2. Die Klage ist - anders als das Berufungsgericht meint - zulässig, weil die von § 2 [X.] genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Danach genügt es, wenn der Gläubiger einen vollstreckbaren Titel erlangt hat, die Forderung des Gläubigers fällig ist und das Vermögen des Schuldners für eine vollständige Befriedigung des Gläubigers nicht ausreicht. Dass dem Schuldner eine Restschuldbefreiung erteilt ist oder er [X.] gemäß section 280 ff. [X.] 1986 (fortan: [X.] 1986) nach [X.] Recht erlangt hat, steht der Gläubigeranfechtung jedenfalls dann nicht entgegen, wenn - wie im Streitfall - der Gläubiger die Anfechtungsklage bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens erhoben hat und die Anfechtung Rechtshandlungen betrifft, die vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden sind.

a) Die Klägerin hat ein rechtskräftiges Urteil erlangt, wonach der Schuldner ihr 1.000.000 € nebst Zinsen zu bezahlen hat. Diese Forderung ist fällig. Das Schuldnervermögen reicht nach den - unstreitigen - Erklärungen des Schuldners nicht aus, um den titulierten Anspruch zu erfüllen. Zudem wäre der Klägerin aufgrund der nach [X.] Recht erfolgten [X.] der (weitere) Zugriff auf das Vermögen des Schuldners versagt (vgl. section 281 (1) [X.] 1986).

b) Das Anfechtungsgesetz enthält keine Einschränkung, wonach eine Gläubigeranfechtung ausscheidet, wenn der Schuldner ein Insolvenzverfahren durchlaufen hat und dieses Insolvenzverfahren abgeschlossen ist. Ebensowenig ist eine Gläubigeranfechtung grundsätzlich ausgeschlossen, wenn der Schuldner als Ergebnis eines Insolvenzverfahrens von seinen am Ende des Insolvenzverfahrens noch bestehenden Verbindlichkeiten befreit worden ist, er also etwa Restschuldbefreiung gemäß §§ 286 ff. [X.] erlangt hat oder die Gläubiger aufgrund eines vergleichbaren [X.] eines ausländischen Insolvenzverfahrens nur noch eingeschränkt auf das Vermögen des Schuldners zugreifen können.

aa) Das Insolvenzverfahren steht der Anfechtungsklage der Klägerin nicht entgegen. Gemäß § 18 Abs. 1 [X.] kann ein einzelner Gläubiger einen Anfechtungsanspruch nach Beendigung eines Insolvenzverfahrens selbst verfolgen. Dies gilt auch für den Fall, dass der Rechtsstreit bereits vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens anhängig war (MünchKomm-[X.]/Kirchhof, § 18 Rn. 13).

bb) Eine einem Schuldner im Rahmen eines Insolvenzverfahrens gewährte Schuldbefreiung ist kein dem [X.] zustehender Einwand. Dies gilt jedenfalls, soweit - wie im Streitfall - der Anfechtungsanspruch bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens rechtshängig ist und mit der Gläubigeranfechtung Rechtshandlungen angefochten werden, die vorgenommen worden sind, bevor das Insolvenzverfahren eröffnet wurde.

Allerdings ist der [X.] grundsätzlich berechtigt, Einwände gegen den Bestand des dem Vollstreckungstitel zugrunde liegenden Anspruchs in den Grenzen des § 767 ZPO zu erheben ([X.], Urteil vom 16. August 2007 - [X.], [X.]Z 173, 328 Rn. 23 mwN). Der Schuldner selbst könnte im Hinblick auf die [X.] eine Vollstreckung aus dem Urteil des [X.] vom 2. März 2010 mit der [X.] abwehren (vgl. [X.], Beschluss vom 25. September 2008 - [X.], [X.], 2219 Rn. 8). Ob dies im Streitfall möglich ist, kann dahinstehen.

Die Beklagte ist im Streitfall nicht befugt, sich gegenüber dem Anfechtungsanspruch auf die Entschuldung des Schuldners zu berufen. Dies ergibt sich aus den der Restschuldbefreiung und dem Anfechtungsrecht des einzelnen Gläubigers zugrunde liegenden Wertungen. Bereits die Regelungen der Insolvenzordnung machen deutlich, dass eine Restschuldbefreiung nicht sämtliche Rechte der Insolvenzgläubiger ausschließt. So werden gemäß § 301 Abs. 2 [X.] Rechte der Insolvenzgläubiger insbesondere bei akzessorischen Rechten von der Restschuldbefreiung nicht berührt. Dies zeigt, dass - auch wenn die Restschuldbefreiung zu einer unvollkommenen Verbindlichkeit führt - diese nur die Person des Schuldners betrifft; im Verhältnis zu [X.] verbleibt es zugunsten des Gläubigers dabei, dass die Forderung in vollem Umfang durchsetzbar ist. Weiter ordnet die Insolvenzordnung an, dass ein Gläubiger, der befriedigt worden ist, obwohl er dies auf Grund der Restschuldbefreiung nicht zu beanspruchen hatte, diese Leistungen behalten darf; es gibt keine Pflicht zur Rückgewähr (§ 301 Abs. 3 [X.]). Schließlich bestätigt - der im Streitfall allerdings noch nicht anwendbare (Art. 103h Satz 1 EG[X.]) - § 300a Abs. 1 Satz 2 [X.] nF, dass trotz einer bereits erteilten Restschuldbefreiung weiterhin eine Insolvenzanfechtung zulässig ist.

Auch nach Sinn und Zweck der Restschuldbefreiung ist es nicht geboten, diese auf jede Gläubigeranfechtung zu erstrecken. Die Restschuldbefreiung wirkt nur zugunsten des Schuldners. Es handelt sich um eine Möglichkeit, sich von der Haftung auch für solche Verbindlichkeiten zu befreien, die aus dem vorhandenen Schuldnervermögen nicht erfüllt werden können (BT-Drucks. 12/2443 [X.]). Sie soll dem Schuldner einen wirtschaftlichen Neuanfang ermöglichen (MünchKomm-[X.]/[X.], 3. Aufl. Vor §§ 286-303 Rn. 7; [X.] in Kübler/Prütting/Bork, [X.], Stand April 2014 § 286 Rn. 1). Diese Entschuldung beruht gerade darauf, dass das Vermögen des Schuldners im Rahmen des Insolvenzverfahrens zugunsten der Gläubiger verwertet worden ist. Ihm soll hingegen nicht ermöglicht werden, bis zur Erteilung der Restschuldbefreiung erworbenes oder vorhandenes Vermögen zu behalten, sondern er soll die Chance erhalten, nach Abschluss des Insolvenzverfahrens neues Vermögen zu erwirtschaften. Demgegenüber erhält der Gläubiger - soweit dem Schuldner eine Restschuldbefreiung versprochen wird - tatsächlich keine Leistung. Die Befreiung des Schuldners von den Verbindlichkeiten ist mithin in erster Linie auf die persönliche Situation des Schuldners zurückzuführen; sie berührt weder den ursprünglichen Bestand der Forderung noch gewährt sie dem Gläubiger eine Befriedigung.

Die Regeln der Gläubigeranfechtung beruhen darauf, dass anfechtbar weggegebenes Vermögen des Schuldners weiterhin den Gläubigern offensteht, um daraus ihre Forderungen befriedigen zu können. Unterliegt ein Gegenstand der Gläubigeranfechtung nach §§ 3 ff [X.], so soll damit der Gläubiger in den Stand gesetzt werden, auf den anfechtbar weggegebenen Gegenstand zuzugreifen (vgl. § 11 Abs. 1 [X.]). Es geht gerade darum, den Zugriff auf ehemaliges Vermögen des Schuldners zu erweitern, weil und soweit der Gläubiger aufgrund der Unzulänglichkeit des Schuldnervermögens leer ausgeht. Dieser Grund trifft auch dann zu, wenn dem Schuldner aufgrund seiner [X.] eine Restschuldbefreiung erteilt worden ist. Das rechtfertigt es, den Zugriff der Gläubiger im Wege der Gläubigeranfechtung auf ehemaliges Vermögen des Schuldners jedenfalls dann trotz Restschuldbefreiung zuzulassen, sofern die Anfechtungsklage bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens erhoben und die Rechtshandlung vorgenommen worden ist, bevor das Insolvenzverfahren eröffnet wurde. In diesem Fall erfasst eine Gläubigeranfechtung nur Vermögen, das ohne Weggabe im Rahmen des Insolvenzverfahrens hätte verwertet werden können. Die betroffenen Vermögensgegenstände waren bereits zum Zeitpunkt der Restschuldbefreiung vorhanden und hätten bis zur Restschuldbefreiung einem Zugriff der Gläubiger offengestanden, wenn sie der Schuldner noch besessen hätte.

Soweit nach § 12 [X.] sich der [X.] wegen einer Erstattung einer Gegenleistung oder eines infolge der Anfechtung wiederauflebenden Anspruchs an den Schuldner halten kann, wird damit - jedenfalls wenn es sich um Rechtshandlungen handelt, die vorgenommen worden sind, bevor das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist - die Wirkung der Restschuldbefreiung nicht umgangen. Denn auch solche Ansprüche des [X.]s werden von der Restschuldbefreiung erfasst (§ 301 Abs. 1 [X.]). Es handelt sich um Insolvenzforderungen, die der [X.] - gegebenenfalls als bedingte Forderung - hätte anmelden können (§§ 38, 41 [X.]). Im Übrigen gilt § 301 Abs. 2 Satz 2 [X.] entsprechend.

cc) Eine [X.] Restschuldbefreiung ([X.] gemäß section 280 ff [X.] 1986) hat keine weitergehenden Wirkungen für die Einzelgläubigeranfechtung als eine Restschuldbefreiung. Dabei kann dahinstehen, wie sich nach [X.] Recht eine [X.] gemäß section 280 ff [X.] 1986 auf das Recht der Einzelgläubigeranfechtung auswirkt. Denn die Voraussetzungen für eine Einzelgläubigeranfechtung regelt das Anfechtungsgesetz.

Entsprechend den Wertungen des Anfechtungsgesetzes entfällt der Anfechtungsanspruch eines Gläubigers nicht schon dann, wenn der Schuldner als Ergebnis eines Insolvenzverfahrens von seinen am Ende des Insolvenzverfahrens noch bestehenden Verbindlichkeiten befreit worden ist, wenn der Gläubiger hierbei keine Leistung erhalten hat und die Schuldbefreiung darauf abzielt, dem Schuldner nach Verwertung seines vorhandenen Vermögens einen wirtschaftlichen Neubeginn zu ermöglichen. Dies ist bei der [X.] gemäß section 280 ff [X.] 1986 der Fall. Sie ist als Rechtsinstitut nach allgemeiner Meinung mit der Restschuldbefreiung vergleichbar (vgl. [X.]/Guglia, [X.] 2014, 397, 398 f; Allemand/Baister/[X.]/[X.]/[X.]/[X.]/Vallender, [X.], 1, 4). Ein Rechtsinstitut des ausländischen Rechts, dass in Anlass und Wirkungen der Restschuldbefreiung vergleichbar ist, berührt den Anfechtungsanspruch eines Gläubigers nicht.

Das [X.] nach Art. 4 Abs. 1 EuInsVO betrifft nicht die Auswirkungen einer Insolvenz auf das Recht der Einzelgläubigeranfechtung. Deshalb ist unerheblich, ob eine [X.] nach [X.] Recht eine Einzelgläubigeranfechtung ausschließt. Die [X.] (EuInsVO) erfasst nur Fallgestaltungen, die als insolvenzrechtliche im Sinne der EuInsVO einzuordnen sind ([X.] in [X.], EuZPR-EuIPR, 4. Aufl. Art. 4 EG-InsVO Rn. 8). Ihr Anwendungsbereich ist nach ständiger Rechtsprechung des [X.] im Hinblick auf ihren sechsten Erwägungsgrund nicht weit auszulegen ([X.], Urteil vom 4. September 2014 - [X.]/13, [X.], 96 Rn. 22; vom 11. Juni 2015 - [X.]/13, [X.], 1299 Rn. 27). Entscheidend ist, ob ein Anspruch anlässlich eines Insolvenzverfahrens erhoben wurde und ob er seinen Ursprung im [X.] hat (vgl. [X.], Urteil vom 4. Dezember 2014 - [X.]/13, [X.], 196 Rn. 18 mwN).

Dies trifft auf die Einzelgläubigeranfechtung nicht zu. Das nach der EuInsVO berufene [X.] umfasst daher nicht die Regeln des anwendbaren Insolvenzrechts, welche die Einzelgläubigeranfechtung betreffen. Insbesondere erstreckt die EuInsVO die Wirkungen der lex fori concursus nicht auf die Frage, wie sich die Rechtsbeziehungen zwischen Gläubigern und [X.] gestalten, wenn das Insolvenzverfahren beendet ist und der Schuldner hiervon nicht betroffen ist (vgl. auch Art. 4 Abs. 2 lit. [X.]). Denn dies gehört nicht mehr zum autonom auszulegenden Begriff des Insolvenzverfahrens im Sinne des Art. 4 EuInsVO. Auch aus Art. 4 Abs. 2 lit. m EuInsVO ergibt sich nicht, dass die lex fori concursus zugleich über Voraussetzungen der Gläubigeranfechtung bestimmt ([X.], EuInsVO, 4. Aufl. Art. 4 Rn. 36). [X.] fallen vielmehr unter die [X.] (vgl. [X.], Urteil vom 10. Januar 1990 - [X.]/88, [X.] 1991, 45 zu Art. 16 Abs. 1 EuGVÜ; ebenso [X.], Urteil vom 19. April 2012 - [X.]/10, [X.], 1049 Rn. 29, 48 für die Anfechtungsklage eines Zessionars; Kropholler/von [X.], Europäisches Zivilprozessrecht, 9. Aufl. Art. 1 [X.] Rn. 35). Bezüglich dieser aus den Regeln der EuInsVO folgenden Abgrenzung zum Recht der Einzelgläubigeranfechtung besteht kein Raum für einen vernünftigen Zweifel, weshalb der Senat ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV an den [X.] zur Auslegung der Europäischen Insolvenzverordnung im Streitfall nicht für erforderlich erachtet.

III.

Das Berufungsgericht wird daher in der Sache über die geltend gemachte Gläubigeranfechtung zu entscheiden haben.

Kayser                       Gehrlein                                Vill

               Lohmann                       [X.]

Meta

IX ZR 301/14

12.11.2015

Bundesgerichtshof 9. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Köln, 26. November 2014, Az: 2 U 146/11, Urteil

§ 2 AnfG, Art 4 Abs 1 EGV 1346/2000

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 12.11.2015, Az. IX ZR 301/14 (REWIS RS 2015, 2422)

Papier­fundstellen: NJW 2016, 246 REWIS RS 2015, 2422

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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