Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.02.2013, Az. VII ZR 3/12

VII. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 8306

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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
VII ZR 3/12
vom
7. Februar 2013
in dem Rechtsstreit

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Der VII. Zivilsenat des [X.] hat am 7. Februar 2013 durch den Vorsitzenden Richter Prof.
Dr.
[X.] und die Richter Dr.
Eick, Halfmeier, Kosziol und Prof.
Dr.
Jurgeleit
beschlossen:
Der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision wird stattgegeben.
Das Urteil des 6.
Zivilsenats des Kammergerichts vom 22.
Novem-ber 2011 wird gemäß § 544 Abs. 7 ZPO aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Gründe:
I.
Der Kläger
verlangt von den [X.] weiteres Architektenhonorar, der Beklagte zu 1 begehrt widerklagend Rückzahlung bereits entrichteten Honorars.
Die [X.] waren Eigentümer eines Hausgrundstücks in B. Sie woll-ten das Gebäude sanieren und die dort befindlichen Wohnungen ausbauen [X.]. Der Kläger schätzte die Baukosten Anfang 2003 auf 775.000

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mer 2003 auf 667.000

Oktober
2003 schlossen die Parteien einen schriftlichen Architektenvertrag über die Leistungsphasen 1 bis 9 des §
15 Abs.
2 HOAI a.F. Der Architektenvertrag bestimmt u.a.:
"Im Rahmen seiner vertraglichen Aufgaben hat der Architekt gegenüber dem Bauherrn eine umfassende Beratungspflicht. Wenn erkennbar wird, dass die ermittelten Baukosten oder der vom Bauherrn angegebene wirtschaftliche Rahmen überschritten werden, ist der Architekt verpflichtet, den Bau-herrn unverzüglich zu informieren."
Der Kläger reichte im Dezember 2003 den (ersten) Bauantrag ein. Dieser hatte außer der Gebäudesanierung die Zusammenlegung von Wohnungen, teilweise zu [X.], zum Gegenstand. Die Baugenehmigung wurde später erteilt.
Im Frühjahr 2004 wurde festgestellt, dass der Dachstuhl mit Holzschutz-mitteln kontaminiert war. Ebenfalls im Frühjahr 2004 beantragte der Kläger für die [X.] ein [X.] über 1.230.000

m-mer 2004 bewilligt wurde.
Die [X.] entschlossen sich -
nach den Feststellungen des [X.] im Frühjahr 2004 -, einen neuen Dachstuhl nebst Fahrstuhl er-richten zu lassen. Im Februar 2005 reichte der Kläger deshalb einen zweiten Bauantrag ein. Die Herstellungskosten gab er nach den Feststellungen des Be-rufungsgerichts zu niedrig an, nämlich mit 771.400

i-gung wurde Ende Juni 2005 erteilt. Nachdem die Finanzierungsmittel der [X.] erschöpft waren, kam es im September 2005 zum Baustillstand. Eine [X.] gelang nicht.
Anfang 2009 veräußerten die [X.] das Grundstück
mit dem unferti-gen Bauwerk. Der Kläger, der bereits ein Honorar von 102.122,37

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hatte, kündigte den Architektenvertrag fristlos und verlangte mit seiner Schluss-rechnung weitere 107.907,72

Mit der Klage hat der Kläger Zahlung des vorgenannten [X.] verlangt. [X.] hat der Beklagte zu 1 Rückzahlung des bereits entrich-teten Honorars verlangt. Die Klage hatte in erster Instanz überwiegend Erfolg, die Widerklage hat das [X.] abgewiesen. Die Berufung der [X.] hatte Erfolg; die Anschlussberufung des [X.] hat das Berufungsgericht zu-rückgewiesen. Mit der Nichtzulassungsbeschwerde verfolgt der Kläger sein Zahlungsverlangen und seinen Antrag auf Abweisung der Widerklage weiter.

II.
1. Das Berufungsgericht ist der Auffassung, dass der Honoraranspruch des [X.] durch eine (Primär-)Aufrechnung der [X.] mit einem Scha-densersatzanspruch erloschen sei. Der Schadensersatzanspruch führe auch zum Erfolg der Widerklage des [X.] zu 1. Der Kläger habe gegen seine Verpflichtung, das Bauvorhaben der [X.] auch wirtschaftlich zu betreuen und sie wegen der Kostenentwicklung fortlaufend und umfassend zu [X.], schuldhaft verstoßen.
Der Kläger habe es bereits im Rahmen der Grundlagenermittlung unter-lassen, konkret zu ermitteln, ob den [X.] überhaupt finanzielle Mittel für das Bauprojekt zur Verfügung gestanden hätten. Ferner sei die Kostenschät-zung, die dem zweiten Bauantrag zugrunde gelegen habe, deutlich zu niedrig gewesen. Eine weitere Pflichtverletzung sei darin zu sehen, dass die [X.] im weiteren Verlauf der Planung keine aktuellen Informationen mehr erhalten hätten. Den [X.] sei dadurch ein Schaden entstanden, weil sie in Un-
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kenntnis der zu erwartenden Gesamtbaukosten dem Dachausbau nebst Fahr-stuhleinbau zugestimmt hätten.
2. Der Beschwerde ist stattzugeben. Das Berufungsgericht geht zwar im Ansatz zutreffend davon aus, dass ein Schadensersatzanspruch gegen den Architekten wegen Verletzung seiner Vertragspflichten in Betracht kommt, wenn er den Auftraggeber unzutreffend über die voraussichtlichen Baukosten berät ([X.], Urteile vom 11.
November
2004 -
VII
ZR
128/03, [X.], 400 = NZBau 2005, 158; vom 24.
Juni
1999 -
VII ZR 196/98, [X.], 1319 = [X.] 2000, 28; [X.] in: [X.], Bauvertragsrecht, 2012, §
633 BGB Rn.
99
ff., 107
ff.; [X.] in: [X.]/[X.], Kompendium des Baurechts, 3.
Aufl., Teil
12 Rn.
462). Das Berufungsgericht hat bei seiner Beurteilung allerdings erhebli-ches Vorbringen des [X.] im [X.] nicht berücksichtigt und damit gegen das Verfahrensgrundrecht des Art.
103 Abs.
1 GG auf Gewährung rechtlichen Gehörs verstoßen (vgl. [X.], Beschlüsse vom 27.
Januar
2011
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VII
ZR
175/09, [X.], 876 Rn.
11; vom 24.
November
2011
-
VII
ZR
65/11, [X.] 2012, 228 Rn.
7). Das Berufungsurteil ist deshalb aufzu-heben und die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, §
544 Abs.
7 ZPO.
a) Das Berufungsgericht hat angenommen, der Kläger habe seine Pflicht zur Kostenberatung bereits dadurch verletzt, dass er es im
Rahmen der Grund-lagenermittlung unterlassen habe, konkret zu ermitteln, ob seine Pläne für die [X.] finanzierbar seien. Dabei hat das Berufungsgericht den Sachvortrag des [X.] übergangen, wonach die Kostenschätzung im [X.] 2003 die Zusammenlegung und den maisonetteartigen Umbau von Wohnungen noch nicht enthalten habe. Entsprechende [X.] hätten die [X.] erst später geäußert. Diesen Sachvortrag hat der Kläger bereits in erster Instanz gehalten.

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b) Das Berufungsgericht
hat ferner darauf abgestellt, der [X.] sei bereits im Frühjahr 2004 auf den Dachausbau erweitert worden. Im [X.] Zusammenhang mit der Entscheidung, das kontaminierte Dach zu ent-fernen und im erneuerten Dach Wohnraum zu schaffen,
so hat
das Berufungs-gericht weiter ausgeführt, sei ein Kredit in Höhe von rund 1.230.000

worden. Dabei hat das Berufungsgericht erneut Sachvortrag des [X.] über-gangen. Danach seien dem Kreditantrag nur die Kosten für bis dahin geplante Sanierung zugrunde gelegt worden, nicht jedoch für den Dachausbau, weil die Entscheidung darüber, ob dieser erfolge, noch gar nicht gefallen sei. Die [X.] hätten die Entscheidung für den Dachausbau erst im November 2004 auf der Grundlage eines Sachverständigengutachtens vom 29.
Oktober
2004 getroffen. Auch dies hat der Kläger bereits in erster Instanz geltend gemacht.
c) Die Gehörsverstöße sind entscheidungserheblich. Es kann nicht aus-geschlossen werden, dass das Berufungsgericht zu einem anderen Urteil [X.] wäre, wenn es den Sachvortrag des [X.] zutreffend in seine Erwä-gungen einbezogen hätte. Hätte das Berufungsgericht berücksichtigt, dass die [X.] erst nach der Kostenschätzung vom [X.] 2003 Umgestaltungs-vorstellungen geäußert hätten, wäre dem Kläger insoweit möglicherweise keine für den geltend gemachten Schaden ursächliche Pflichtverletzung zur Last zu legen. Hätte das Berufungsgericht ferner berücksichtigt, dass die Entscheidung für den Dachausbau erst nach der Kreditzusage gefallen sei, wäre dem Kläger möglicherweise auch unter diesem Gesichtspunkt keine ursächliche [X.] zu legen.
Der Senat weist darauf hin, dass nach den Feststellungen des [X.] die Kostenschätzung, die dem (zweiten) Bauantrag im Februar 2005 zugrunde gelegen hat, für die Entscheidung, den Dachausbau vorzuneh-men, nicht ursächlich geworden sein kann. Denn danach ist -
was der Kläger
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allerdings bestreitet -
diese Entscheidung bereits zuvor getroffen worden. Das gilt auch für die unterbliebene Information der [X.] im weiteren Verlauf der Planung.
3. Das Berufungsurteil kann daher mit der gegebenen Begründung kei-nen Bestand haben. Die Zurückverweisung gibt dem Berufungsgericht Gele-genheit, sich gegebenenfalls mit den weiteren Rügen
der Nichtzulassungsbe-schwerde zu befassen, insbesondere im Hinblick auf das Schreiben des [X.] vom 4. Mai 2006.
Zur Schadensberechnung weist der Senat darauf hin, dass die Vermö-genslage mit und ohne eine eventuelle Falschberatung verglichen werden muss (vgl. [X.], Bauvertragsrecht, aaO, § 633 Rn. 107).

[X.]
Eick
Halfmeier

Kosziol
Jurgeleit
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 15.12.2010 -
35 O 28/09 -

KG Berlin, Entscheidung vom 22.11.2011 -
6 [X.] -

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Meta

VII ZR 3/12

07.02.2013

Bundesgerichtshof VII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.02.2013, Az. VII ZR 3/12 (REWIS RS 2013, 8306)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 8306

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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