Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.01.2006, Az. I ZR 98/02

I. Zivilsenat | REWIS RS 2006, 5511

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.]/02 Verkündet am: 19. Januar 2006 [X.] als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja Verwarnung aus Kennzeichenrecht II BGB § 823 Abs. 1 Ai Der Inhaber einer eingetragenen Marke kann bei einer Verwarnung aus diesem Schutzrecht grundsätzlich davon ausgehen, dass dem Bestand des Rechts [X.] absoluten Eintragungshindernisse entgegenstehen, wie sie das [X.] vor der Eintragung zu prüfen hatte. [X.], [X.]. v. 19. Januar 2006 - [X.]/02 - [X.] [X.] - 2 - Der [X.] Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhand-lung vom 19. Januar 2006 durch [X.] Dr. [X.] und [X.] v. Ungern-Sternberg, Prof. [X.], Pokrant und Dr. Schaffert für Recht erkannt:
Die Revision gegen das [X.]eil des 2. Zivilsenats des [X.] vom 21. Februar 2002 wird auf Kosten der [X.] zu 1 zurückgewiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand: Die Klägerin, die u.a. Sanitärarmaturen nebst Zubehör herstellt und ver-treibt, war Inhaberin zweier dreidimensionaler Marken, die beim [X.] und Markenamt jeweils für "[X.] waren (Marke Nr. 396 54 198: angemeldet am 13.12.1996, eingetragen am 17.2.1997; Marke Nr. 396 55 854: angemeldet am 21.12.1996, eingetragen am 12.2.1997; im Folgenden: [X.]). 1 - 3 - Die [X.] zu 1 (im Folgenden: [X.]), deren Geschäftsführer der [X.] zu 2 ist, stellt Strahlregler für Sanitärarmaturen her, die am Auslauf mit Rundgittern versehen sind. 2 3 Mit Schreiben vom 13. Oktober 1997 machte die Klägerin gegenüber der [X.]n geltend, deren Strahlregler verletzten die [X.], und verlang-te die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung. Die [X.] wies diese Forderung als unberechtigt zurück und beantragte beim [X.] und Markenamt die Löschung der [X.]. Die Klägerin hat mit ihrer im Juni 1998 erhobenen Klage beantragt, die [X.]n wegen Verletzung der [X.] zur Unterlassung und Auskunfts-erteilung zu verurteilen sowie ihre Schadensersatzpflicht festzustellen. 4 Mit [X.]üssen vom 15. Dezember 1998 und 22. März 1999 hat das [X.] die Löschung der [X.] ausgespro-chen, weil diesen jegliche Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] fehle. Dabei hat es davon abgesehen, der Klägerin die Kosten der [X.]n aufzuerlegen. Das [X.] hat mit [X.]üssen vom 15. Dezember 1999 die Beschwerden der Klägerin und die auf Änderung der Kostenentscheidungen gerichteten Anschlußbeschwerden der [X.]n zu-rückgewiesen. 5 Die Klägerin hat daraufhin ihre Klage mit Zustimmung der [X.]n zurückgenommen. 6 Bereits vorher hatte die [X.] ihre Widerklage mit Schriftsatz vom 25. April 2000 erhoben, mit der sie die Erstattung der Kosten verlangt, die sie in 7 - 4 - den Löschungsverfahren aufgewendet hat (17.848 DM nebst Zinsen). Die Klägerin sei ihr insoweit schadensersatzpflichtig, weil ihre Abmahnung vom 13. Oktober 1997 unberechtigt gewesen sei. 8 Die Klägerin hat demgegenüber geltend gemacht, sie habe bei ihrer Ab-mahnung nicht schuldhaft gehandelt. Das [X.] hat der Widerklage stattgegeben. 9 Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht das [X.]eil des [X.]s abgeändert und die Widerklage abgewiesen ([X.] GRUR-RR 2002, 213). 10 Mit ihrer (vom Berufungsgericht zugelassenen) Revision, deren Zurück-weisung die Klägerin beantragt, begehrt die [X.] die Wiederherstellung des landgerichtlichen [X.]eils. 11 Mit [X.]uss vom 12. August 2004 ([X.], 958 = [X.], 1366 - Verwarnung aus Kennzeichenrecht I) hat der [X.] für Zivilsachen folgende Frage zur Entscheidung vorgelegt: 12 Kann eine unbegründete Verwarnung aus einem Kennzeichen-recht bei schuldhaftem Handeln als rechtswidriger Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb gemäß § 823 Abs. 1 BGB zum Schadensersatz verpflichten oder kann sich eine Schadensersatzpflicht, falls nicht § 826 BGB eingreift, nur aus dem Recht des unlauteren [X.] (§ 3, § 4 Nrn. 1, 8 und 10, § 9 UWG) ergeben? - 5 - Mit [X.]uss vom 15. Juli 2005 ([X.], [X.], 882 = [X.], 1408 - Unberechtigte Schutzrechtsverwarnung, für [X.] vorgesehen) hat der [X.] für Zivilsachen diese Frage wie folgt beantwortet: 13 Die unbegründete Verwarnung aus einem Kennzeichenrecht kann ebenso wie eine sonstige unberechtigte Schutzrechtsverwarnung unter dem Gesichtspunkt eines rechtswidrigen und schuldhaften Eingriffs in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewer-bebetrieb zum Schadensersatz verpflichten.

Entscheidungsgründe: [X.] Das Berufungsgericht hat die Widerklage als unbegründet angesehen. Die Klage könne allenfalls auf einen Anspruch wegen schuldhaften Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb der [X.]n gestützt werden, weil sich die Schutzrechtsverwarnung der Klägerin vom 13. Oktober 1997 als unberechtigt erwiesen habe. Ein solcher Anspruch sei jedoch schon deshalb nicht gegeben, weil der geltend gemachte Schaden (die Kosten der Löschungsverfahren) nicht in den Schutzbereich eines Schadensersatzan-spruchs wegen Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb falle. 14 Die Klägerin habe zudem bei ihrer auf die [X.] gestützten [X.] nicht schuldhaft gehandelt. Das [X.] ha-be die Unterscheidungskraft dieser Marken, die später in den Löschungsverfah-ren verneint worden sei, vor der Eintragung von Amts wegen geprüft. Die [X.] - 6 - gerin habe danach darauf vertrauen dürfen, dass ihre dreidimensionalen [X.] unterscheidungskräftig seien. 16 I[X.] Die [X.] gegen diese Beurteilung haben keinen Erfolg. 17 1. Für die Widerklage fehlt es nicht am Rechtsschutzbedürfnis. Die [X.] könnte die Kosten der zur Löschung der [X.] betriebenen Ver-fahren nicht einfacher im Kostenfestsetzungsverfahren als Kosten der im [X.] Rechtsstreit betriebenen Rechtsverteidigung geltend machen. Nach § 91 ZPO bezieht sich die Kostenpflicht der unterliegenden Partei auf die Kos-ten des Rechtsstreits. Dazu gehören nicht die Kosten von Verfahren, die betrie-ben werden, um den im Rechtsstreit zugrunde zu legenden Sachverhalt zu ver-ändern (vgl. [X.].ZPO/[X.], 2. Aufl., § 91 Rdn. 16). 2. Das Berufungsgericht hat zu Recht entschieden, dass der [X.]n gegen die Klägerin wegen deren Schutzrechtsverwarnung kein Schadenser-satzanspruch zusteht. 18 a) Der [X.]n steht kein Anspruch gegen die Klägerin aus § 823 Abs. 1 BGB unter dem Gesichtspunkt zu, dass die Schutzrechtsverwarnung rechtswidrig und schuldhaft in ihren eingerichteten und ausgeübten Gewerbe-betrieb eingegriffen habe. 19 [X.]) Nach dem [X.]uss des [X.] vom 15. Juli 2005 ist davon auszugehen, dass auch die unbegründete Verwarnung aus ei-nem Kennzeichenrecht unter dem Gesichtspunkt eines rechtswidrigen und schuldhaften Eingriffs in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewer-bebetrieb zum Schadensersatz verpflichten kann. 20 - 7 - 21 bb) Die Verwarnung der [X.]n aus den [X.] war unbegrün-det. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass die [X.] erst später gelöscht worden sind, weil die Löschung der Marken wegen Nichtigkeit (§ 50 Abs. 1, § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.]) zur Folge hat, dass die Wirkungen der Ein-tragung als von Anfang an nicht eingetreten gelten (§ 52 Abs. 2 [X.]; vgl. dazu auch - zum Patentrecht - [X.], [X.]. [X.], [X.], 715, 716 = [X.], 682 - Spritzgießmaschine, m.w.N.). [X.]) Die Frage, ob die Verwarnung aus den [X.] bereits deshalb als rechtswidrig anzusehen ist, weil sie unbegründet war, kann offenbleiben. 22 Das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb ist ein of-fener Tatbestand, dessen Inhalt und Grenzen sich erst aus einer Interessen- und Güterabwägung mit der im Einzelfall konkret kollidierenden [X.] anderer ergeben (st. Rspr.; vgl. [X.] 138, 311, 318 m.w.N.). Die Rechtswidrigkeit eines Eingriffs wird nicht indiziert, sondern ist in jedem Einzel-fall unter Heranziehung aller Umstände zu prüfen (vgl. [X.] 59, 30, 34; [X.], [X.]. v. 14.4.2005 - [X.], [X.], 1195, 1197). 23 Der [X.]uss des [X.] legt die Annahme na-he, dass dies auch bei einem unbegründeten Vorgehen aus einem Schutzrecht gilt. So wird darin dargelegt, weshalb für unbegründete Klagen aus einem Schutzrecht, die fahrlässig erhoben worden sind, an[X.] als für eine unbegrün-dete Verwarnung grundsätzlich nicht nach dem Recht der unerlaubten Hand-lung gehaftet wird ([X.] - [X.] - [X.], 882, 884 - Unberechtigte Schutz-rechtsverwarnung). Danach können, je nachdem, ob in der Form einer Verwar-nung oder einer Klage unbegründet aus dem Schutzrecht vorgegangen wird, 24 - 8 - bei der Anwendung des § 823 Abs. 1 BGB unterschiedliche Abwägungsge-sichtspunkte zum Tragen kommen. Dies spricht dafür, dass auch ein unbegrün-detes Vorgehen aus einem Schutzrecht nicht ohne weiteres, sondern erst auf-grund einer Interessen- und Güterabwägung als rechtswidrig beurteilt werden soll (vgl. dazu Sack, BB 2005, 2368, 2370 f.; vgl. weiter [X.].BGB/ [X.], 4. Aufl., § 823 Rdn. 192; [X.]/[X.], NJW 2005, 3470, 3471 f.; [X.], [X.], 230, 231; Teplitzky, [X.], 9, 14; [X.]., [X.], 1433 f.). Diese Rechtsansicht weicht allerdings von früheren Entscheidungen des [X.] ab (vgl. etwa - jeweils zu einer Klage aus einem ge-werblichen Schutzrecht - [X.] 38, 200, 206 f. - [X.]; [X.], [X.]. v. 30.11.1995 - [X.], [X.], 812, 813, insoweit nicht in [X.] 131, 233; vgl. weiter - zu einer Schutzrechtsverwarnung und der nach-folgenden Klage - [X.] [X.], 715, 717 - Spritzgießmaschine). Die [X.], ob nach der Feststellung der Unbegründetheit einer [X.] ihre Rechtswidrigkeit noch gesondert zu prüfen ist, muss im vorliegenden Fall aber nicht näher erörtert werden, weil der Klägerin - wie nachstehend [X.] - jedenfalls kein Verschulden vorgeworfen werden kann. [X.]) Die Klägerin hat bei ihrer auf die [X.] gestützten Schutz-rechtsverwarnung nicht schuldhaft gehandelt. Art und Umfang der Sorgfalts-pflichten eines Verwarners werden maßgeblich dadurch bestimmt, inwieweit er auf den Bestand und die Tragfähigkeit seines Schutzrechts vertrauen darf. Die Klägerin konnte bei der Schutzrechtsverwarnung von der Rechtsbeständigkeit ihrer Marken ausgehen, weil das [X.] vor deren Eintragung das Vorliegen absoluter Eintragungshindernisse nach § 8 [X.] zu prüfen hatte. Die Sorgfaltspflichten eines Markenrechtsinhabers würden im allgemeinen überspannt, wenn von ihm bei einer Verwarnung eine bessere Be-urteilung der Rechtslage verlangt würde, als sie der Eintragungsbehörde [X.] - 9 - lich war (vgl. dazu auch [X.] [X.], 715, 717 - Spritzgießmaschine). Be-sondere Umstände, aufgrund deren die Klägerin ausnahmsweise eine besonde-re Sorgfaltspflicht getroffen hätte, sind nicht gegeben. 26 b) Der [X.]n steht wegen der vor Inkrafttreten des [X.] vom 3. Juli 2004 ausgesprochenen Schutzrechts-verwarnung auch kein Schadensersatzanspruch aus § 1 UWG a.F. zu. Die Klä-gerin hat - wie dargelegt - jedenfalls nicht schuldhaft gehandelt, als sie ihre vermeintlichen Rechte aus den für sie eingetragenen Marken im Wege der Schutzrechtsverwarnung geltend gemacht hat. 3. Entgegen der Ansicht der Revision kann die [X.] Schadensersatz aus § 823 Abs. 1 BGB wegen Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb auch nicht deshalb verlangen, weil die Klägerin das [X.] betrieben und ihre Markenrechte in den Löschungsverfahren ver-teidigt hat. Das Betreiben dieser Verfahren kann der Klägerin nicht als rechts-widriges Verhalten angelastet werden (vgl. [X.] - [X.] - [X.], 882, 884 - Unberechtigte Schutzrechtsverwarnung). Dies gilt unabhängig davon, ob die Klägerin während der Verfahren Anlass hatte, an der Rechtsbeständigkeit ihrer Markenrechte zu zweifeln. 27 4. Das Berufungsgericht hat entgegen der Ansicht der Revision auch [X.] entschieden, dass der [X.]n kein Anspruch aus §§ 677, 683 BGB darauf zusteht, dass ihr die durch die Löschungsverfahren entstandenen Kos-ten als Aufwendungen aus berechtigter Geschäftsführung ohne Auftrag ersetzt werden. Ein solcher Anspruch besteht schon deshalb nicht, weil die Klägerin durch die Schutzrechtsverwarnung und ihr Verhalten in den beiden [X.] - 10 - verfahren klargestellt hat, dass die Durchführung dieser Verfahren nicht ihrem Willen entsprach. 29 II[X.] Die Revision der [X.]n war danach auf ihre Kosten zurückzuwei-sen (§ 97 Abs. 1 ZPO). [X.] v. Ungern-Sternberg Bornkamm

Pokrant Schaffert Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 18.01.2001 - 4 O 217/98 - [X.], Entscheidung vom 21.02.2002 - 2 U 33/01 -

Meta

I ZR 98/02

19.01.2006

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.01.2006, Az. I ZR 98/02 (REWIS RS 2006, 5511)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2006, 5511

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