Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.09.2016, Az. IV ZR 210/14

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 4745

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[X.]:[X.]:BGH:2016:280916UIVZR210.14.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
IV ZR 210/14

Verkündet am:

28. September 2016

Schick

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

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Der IV.
Zivilsenat des [X.] hat durch die
Vorsitzende Richterin [X.], die Richterin [X.], die Richter Dr.
Karczewski, [X.] und die Richterin [X.] im schriftli-chen Verfahren gemäß § 128 Abs. 2 ZPO mit Schriftsatzfrist bis zum
5.
September 2016

für Recht erkannt:

Auf die Revision der
Klägerseite
wird das Urteil des 20.
Zivilsenats des [X.] vom 2.
Mai 2014
aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des [X.], an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 9.622,56

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerseite (Versicherungsnehmer: im Folgenden d.
[X.]) be-gehrt von dem beklagten Versicherer (im Folgenden Versicherer) Rück-zahlung geleisteter Versicherungsbeiträge einer fondsgebundenen Le-bensversicherung.

Diese wurde aufgrund Antrags d.
[X.] mit
Versicherungsbeginn zum 1. Juni
2003 nach dem so genannten Policenmodell des §
5a [X.] in der 1
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seinerzeit gültigen Fassung (im Folgenden §
5a [X.] a.F.) abgeschlos-sen.

Mit Schreiben vom Juli
2010
erklärte d. [X.] den Widerspruch ge-mäß § 5a [X.] a.F., hilfsweise die Kündigung des [X.]. Der Versicherer akzeptierte die Kündigung und zahlte den Rück-kaufswert aus.

Mit der Klage verlangt d.
[X.] Rückzahlung aller auf den Vertrag ge-leisteten Beiträge nebst Zinsen abzüglich des bereits gezahlten [X.].

Nach Auffassung d.
[X.] ist der Versicherungsvertrag nicht wirksam zustande gekommen, weil er zum einen nicht ordnungsgemäß belehrt worden sei
und zum anderen §
5a [X.] a.F. mit den [X.] nicht vereinbar sei.

Der Versicherer hat die Einrede der Verjährung erhoben.

Das [X.] hat die Klage abgewiesen, das [X.] die hiergegen gerichtete Berufung zurückgewiesen. Mit der Revision ver-folgt d.
[X.] das Klagebegehren

soweit für das Revisionsverfahren noch von Interesse -
weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur [X.] an das Berufungsgericht.
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I. Dieses
hat einen Prämienrückerstattungsanspruch aus unge-rechtfertigter Bereicherung verneint. Der Versicherer habe zwar nicht ordnungsgemäß über das Widerspruchsrecht belehrt. Der Vertrag sei aber gemäß § 5a Abs. 2 Satz 4 [X.] a.F. ein Jahr nach Zahlung der [X.] Prämie endgültig wirksam geworden.

[X.] Die Revision ist begründet.

1. Ein Anspruch auf Prämienrückzahlung aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB

der mit der Revision allein weiterverfolgt wird -
kann d. [X.] mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung nicht versagt wer-den.

a)
Der zwischen den Parteien geschlossene Versicherungsvertrag schafft nach dem für das Revisionsverfahren maßgeblichen Sachverhalt keinen Rechtsgrund für die Prämienzahlung. Er ist infolge des Wider-spruchs d. [X.]
nicht wirksam zustande gekommen. Der Widerspruch war

ungeachtet des Ablaufs der in § 5a Abs. 2 Satz 4 [X.] a.F. normierten Jahresfrist

rechtzeitig.

[X.]) Nach den revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden [X.] belehrte der Versicherer d. [X.]

auch un-ter Berücksichtigung des Vorbringens der Revisionserwiderung

nicht ordnungsgemäß im Sinne von
§ 5a Abs. 2 Satz 1 [X.] a.F. über das [X.]. Die Widerspruchsbelehrung im maßgeblichen [X.] genügt diesen Anforderungen schon deshalb nicht, weil
sie inhaltlich fehlerhaft ist. Sie enthält keinen Hinweis auf die nach § 5a Abs.
1 Satz 1 [X.] in der ab 1. August 2001 gültigen Fassung erforderli-9
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che, aber auch ausreichende Textform des Widerspruchs. Dieses For-merfordernis konnte d. [X.] entgegen der Auffassung der Revisionserwi-derung nicht aus der Formulierung entnehmen, dass zur Wahrung der Frist die rechtzeitige Absendung des Widerspruchs genüge (Senatsurteil vom 22. Juli 2015

IV ZR 35/14, juris Rn. 12).

Für einen solchen Fall bestimmte §
5a Abs.
2 Satz
4 [X.] a.F. zwar, dass das Widerspruchsrecht ein Jahr nach Zahlung der ersten Prämie erlischt. Das Widerspruchsrecht bestand hier aber nach Ablauf der Jahresfrist und noch im Zeitpunkt der Widerspruchserklärung fort.

Das ergibt die richtlinienkonforme Auslegung des §
5a Abs.
2 Satz
4 [X.] a.F. auf der Grundlage der Vorabentscheidung des [X.] der [X.] vom 19.
Dezember 2013 ([X.], 225). Der Senat hat mit Urteil vom 7.
Mai 2014 ([X.], [X.], 101 Rn.
17-34) entschieden und im Einzelnen begründet, die Regelung müsse richtlinienkonform teleologisch dergestalt reduziert werden, dass sie im Anwendungsbereich der [X.] und der [X.] keine Anwendung findet und für davon er-fasste Lebens-
und Rentenversicherungen sowie Zusatzversicherungen zur Lebensversicherung grundsätzlich ein Widerspruchsrecht fortbesteht, wenn d. [X.]
wie hier

nicht ordnungsgemäß über das Recht zum [X.] belehrt worden ist und/oder die Verbraucherinformation oder die Versicherungsbedingungen nicht erhalten hat.

bb) Die hilfsweise Kündigung des [X.] steht dem Widerspruch nicht entgegen (vgl. Senatsurteil vom 7.
Mai 2014 [X.]O Rn.
36 m.w.[X.]). Ein Erlöschen des Widerspruchsrechts nach beiderseits 14
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vollständiger Leistungserbringung kommt ebenfalls nicht in Betracht (vgl. Senatsurteil vom 7.
Mai 2014 [X.]O Rn.
37 m.w.[X.]).

[X.]) D. [X.] hat das Recht zum Widerspruch auch nicht verwirkt. Es fehlt jedenfalls am Umstandsmoment. Ein schutzwürdiges Vertrauen kann der Versicherer schon deshalb nicht in Anspruch nehmen, weil er die Situation selbst herbeigeführt hat, indem er d. [X.] keine ordnungs-gemäße Widerspruchsbelehrung erteilte. Ob

wie die Revisionserwide-rung meint

der Verwirkungseinwand möglich ist, wenn eine [X.] nur marginale Fehler aufweist, braucht hier nicht ent-schieden zu werden. Der genannte [X.] ist nicht [X.], sondern betrifft einen wesentlichen Punkt für die Ausübung des [X.]s, nämlich die Form des Widerspruchs (vgl. Senatsurteil vom 29. Juli 2015

[X.], [X.], 1104 Rn. 29, 30).

b)
Die bereicherungsrechtlichen Rechtsfolgen der Europarechts-widrigkeit des §
5a Abs.
2 Satz
4 [X.] a.F. sind nicht auf eine Wirkung ab Zugang des Widerspruchs (ex nunc) zu beschränken, sondern nur ei-ne Rückwirkung entspricht dem [X.] (dazu im Einzelnen Senatsurteil vom 7.
Mai 2014 [X.]O Rn.
42-44).

2. Ein [X.] war bei Erhebung der Klage im März 2011 noch nicht verjährt. Zu diesem Zeitpunkt war die maßgebliche re-gelmäßige dreijährige Verjährungsfrist des §
195 BGB nicht abgelaufen. Diese konnte erst mit Schluss des Jahres 2010 beginnen, da d. [X.] erst in diesem Jahr den Widerspruch erklärte. Der nach einem Widerspruch gemäß §
5a [X.] a.F. geltend gemachte Bereicherungsanspruch ent-stand erst mit Ausübung des Widerspruchsrechts im Sinne von §
199 Abs.
1 Nr.
1 BGB; jedenfalls zu diesem Zeitpunkt hatte d. [X.] Kenntnis 17
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von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners im Sinne von §
199 Abs.
1 Nr.
2 BGB (vgl. Senatsurteil vom 8.
April 2015 -
IV ZR 103/15, [X.], 865 Rn.
19
ff.).

3. Der Höhe nach umfasst der [X.] nach §
812 Abs.
1 Satz
1 Alt.
1 BGB nicht uneingeschränkt alle gezahlten Prämien. Vielmehr muss sich d. [X.] bei der bereicherungsrechtlichen Rückabwick-lung den jedenfalls bis zur Kündigung des Vertrages genossenen Versi-cherungsschutz anrechnen lassen. Der Wert des Versicherungsschutzes kann unter Berücksichtigung der Prämienkalkulation bemessen werden; bei Lebensversicherungen kann etwa dem Risikoanteil Bedeutung [X.] (Senatsurteil vom 7.
Mai 2014 [X.]O Rn.
45 m.w.[X.]).

Da es hierzu an Feststellungen fehlt, ist der Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuver-weisen. Es wird den Parteien Gelegenheit zu ergänzendem Vortrag zu geben haben (vgl. Senatsurteil vom 7.
Mai 2014 [X.]O Rn.
46) und dabei auch die Vorgaben der Senatsurteile vom 29. Juli 2015 (IV ZR
384/14,

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[X.], 1101 Rn. 35
ff.; [X.], [X.], 1104 Rn. 34 ff.) sowie vom 11. November 2015 ([X.], [X.], 33 Rn. 31 ff.) zu beachten haben.

[X.] [X.] Dr.
Karczewski

[X.] [X.]
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 21.12.2011 -
26 [X.]/11 -

O[X.], Entscheidung vom 02.05.2014 -
20 U 22/12 -

Meta

IV ZR 210/14

28.09.2016

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.09.2016, Az. IV ZR 210/14 (REWIS RS 2016, 4745)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 4745

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Zitiert

IV ZR 210/14

IV ZR 76/11

IV ZR 448/14

IV ZR 103/15

IV ZR 513/14

20 U 22/12

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