Bundesgerichtshof, Beschluss vom 21.11.2023, Az. 2 StR 427/23

2. Strafsenat | REWIS RS 2023, 8987

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Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 12. Mai 2023 im gesamten Rechtsfolgenausspruch mit den zugrundeliegenden Feststellungen aufgehoben.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Jugendkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

2. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird verworfen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung unter Einbeziehung von zwei früheren Verurteilungen zu einer Einheitsjugendstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Ferner hat es die Einziehung des Werts von Taterträgen in Höhe von 2.982 Euro gegen den Angeklagten als Gesamtschuldner aus einer der früheren Verurteilungen aufrechterhalten. Die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten erzielt den aus der [X.] ersichtlichen Erfolg, im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

2

1. Der Strafausspruch begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken und hat keinen Bestand.

3

Ausgehend von der Annahme schädlicher Neigungen und einer Schwere der Schuld hat die [X.] die den ausgeurteilten Sachverhalt betreffenden Strafzumessungserwägungen in den Blick genommen. Sodann hat es unter Bezugnahme hierauf „im Rahmen der gebotenen Gesamtschau unter Einbeziehung [der zwei früheren Verurteilungen] und Berücksichtigung der dort festgestellten Taten und der dortigen Ausführungen zur Strafzumessung“ auf eine Einheitsjugendstrafe erkannt. Dies ist rechtsfehlerhaft. Denn bei Anwendung von § 31 Abs. 2 [X.] verliert das einbezogene Urteil im Strafausspruch seine Wirkung mit der Folge, dass der zur Verhängung einer einheitlichen Jugendstrafe berufene Tatrichter im Rahmen der Strafzumessung eine neue, selbstständige, von der früheren Beurteilung unabhängige einheitliche Rechtsfolgenbemessung für die früher und jetzt abgeurteilten Taten vorzunehmen hat ([X.], Beschluss vom 9. Mai 2023 – 2 StR 57/23 Rn. 4 mwN). Daran fehlt es hier.

4

2. Auch die Einziehungsentscheidung unterliegt der Aufhebung.

5

Wird ein früheres Urteil gemäß § 105 Abs. 1, § 31 Abs. 2 Satz 1 [X.] in die nunmehrige Entscheidung einbezogen, so entfallen die in dem einbezogenen Urteil verhängten Rechtsfolgen, als wäre diese Entscheidung nicht ergangen. Hierzu zählt auch die Einziehung als Nebenfolge i. S. des § 8 Abs. 3 Satz 1 [X.]. Die Voraussetzungen der festgesetzten Maßnahmen sind erneut zu prüfen und gegebenenfalls neu anzuordnen ([X.], Beschluss vom 29. November 2022 – 3 [X.], NStZ-RR 2023, 93 mwN). Dem wird das angefochtene Urteil nicht gerecht. Die [X.] hat nicht nach Prüfung erneut über die Einziehung entschieden, sondern bloß deren Bestehenbleiben angeordnet.

6

3. Im Umfang der Aufhebung bedarf die Sache neuer Verhandlung und Entscheidung. Das neue Tatgericht wird bei der Strafzumessung zudem in den Blick zu nehmen haben, dass auch im Jugendstrafecht der Grundsatz gilt, dass zulässiges Verteidigungsverhalten (hier: „die Tatbegehung massiv herabspielende […] und eine tatsächlich nicht vorliegende Notwehrsituation konstruierende […] Einlassung“) nicht zum Nachteil des Angeklagten (hier: zur Bejahung schädlicher Neigungen) verwertet werden darf (st. Rspr.; vgl. nur [X.], Beschluss vom 13. April 2023 – 4 StR 499/22 Rn. 8 mwN); gegebenenfalls darüberhinausgehende Umstände („unkritische Verharmlosungstendenzen“) wären überdies allein durch eine Verteidigererklärung, die sich der Angeklagte zu eigen macht, nicht hinreichend belegt.

Krehl     

  

Ri[X.] Prof. Dr. Eschelbach
ist an der Unterschriftsleistung
gehindert.

  

[X.]   

  

  

Krehl 

  

  

  

Meyberg     

  

     Schmidt     

  

Meta

2 StR 427/23

21.11.2023

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Aachen, 12. Mai 2023, Az: 91 KLs 3/23

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 21.11.2023, Az. 2 StR 427/23 (REWIS RS 2023, 8987)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 8987

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