Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.03.2009, Az. IX ZB 141/08

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2009, 4715

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[X.]BESCHLUSS [X.]/08 vom 5. März 2009 in dem Insolvenzeröffnungsverfahren Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja [X.] § 290 Abs. 1 Nr. 4 Der die Restschuldbefreiung ausschließende Versagungsgrund der Verschwendung liegt ohne Hinzutreten besonderer Unwertmerkmale nicht vor, wenn der Schuldner nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit einzelne Gläubiger befriedigt. [X.], [X.]uss vom 5. März 2009 - [X.]/08 - [X.]
AG Rostock - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat durch [X.] Ganter und [X.] Dr. Gehrlein, [X.], [X.] und Grupp am 5. März 2009 beschlossen: Auf die Rechtsbeschwerde der Schuldnerin wird der [X.]uss der 2. Zivilkammer des [X.] vom 28. Mai 2008 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Entscheidung an das [X.] zurückverwiesen. Gerichtskosten für das Rechtsbeschwerdeverfahren sind nicht zu erheben. Der Gegenstandswert wird auf 5.000 • festgesetzt. Gründe: [X.] Die Schuldnerin hat durch Schriftsatz vom 1. November 2007 die Eröff-nung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen, Restschuldbefreiung und Stundung der Verfahrenskosten beantragt. Der bereits zahlungsunfähigen 1 - 3 - Schuldnerin stand nach den Feststellungen eines im Eröffnungsverfahren [X.] Gutachters aus dem Verkauf eines Grundstücks am 27. April 2007 ein Betrag von 24.221,05 • zur Verfügung. Sie verwendete diese Mittel u.a. zur Tilgung von zwei zu diesem Zeitpunkt noch nicht fälligen [X.] über jeweils 7.000 •. Das Amtsgericht hat durch [X.]uss vom 12. März 2008 den Stun-dungsantrag zurückgewiesen, weil infolge Vermögensverschwendung der [X.] des § 290 Abs. 1 Nr. 4 [X.] gegeben sei. Das [X.] hat die von der Schuldnerin dagegen eingelegte sofortige Beschwerde durch den angefochtenen [X.]uss zurückgewiesen. Mit ihrer Rechtsbeschwerde verfolgt die Schuldnerin ihr Stundungsbegehren weiter. 2 I[X.] Die gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO, §§ 7, 6 Abs. 1, § 4d Abs. 1 [X.] statthafte und auch im Übrigen zulässige (§ 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) Rechtsbeschwerde ist begründet. 3 1. Die Entscheidung des [X.]s unterliegt bereits von Amts wegen ([X.] 154, 99, 101; [X.] Urt. v. 22. Juni 2007 - [X.], NJW-RR 2007, 1412 Rn. 11; MünchKomm-[X.]/Ganter, 2. Aufl. § 7 Rn. 86, 89, 96; [X.]/[X.], 3. Aufl. § 547 Rn. 3) der Aufhebung, weil den Mindestan-forderungen an die Begründung nicht genügt ist (§ 576 Abs. 3, § 547 Nr. 6 ZPO). 4 - 4 - a) [X.]üsse, die der Rechtsbeschwerde unterliegen, müssen den maßgeblichen Sachverhalt, über den entschieden wird, wiedergeben und den Streitgegenstand und die Anträge der Parteien in beiden Instanzen erkennen lassen; andernfalls sind sie nicht mit gesetzmäßigen Gründen versehen. Fehlen tatsächliche Feststellungen, so ist das Rechtsbeschwerdegericht zu einer recht-lichen Überprüfung nicht in der Lage. Ausführungen des [X.], die eine solche Überprüfung nicht ermöglichen, sind keine Gründe im zivilpro-zessualen Sinne ([X.], [X.]. v. 20. Juni 2002 - [X.] ZB 56/01, [X.], 2648, 2649; [X.]. v. 12. Juli 2004 - [X.], NJW-RR 2005, 78; v. 20. Juni 2006 - [X.], [X.], 2910 Rn. 14). Sind neue rechtliche Gesichts-punkte aufgetreten, muss sich das Beschwerdegericht im Rahmen seiner recht-lichen Würdigung damit auseinandersetzen ([X.] 156, 216, 219; [X.], Urt. v. 22. Juni 2007, aaO Rn. 10). 5 b) Die Mindestanforderungen an die Darstellung des Sachverhalts und die rechtliche Begründung sind in vorliegender Sache nicht gewahrt, weil sich das [X.], ohne auch nur ansatzweise eine eigene gedankliche Durch-dringung der tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte erkennen zu lassen, mit einer reinen Bezugnahme auf die erstinstanzliche Entscheidung begnügt hat. 6 aa) Es kann dahinstehen, ob das Beschwerdegericht den Anforderungen an die Darstellung des Sachverhalts und der erstinstanzlichen Anträge durch eine Bezugnahme auf den amtsgerichtlichen [X.]uss entsprechen konnte. Denn das Beschwerdegericht hat nicht auf den [X.], sondern verfah-rensfehlerhaft auf den Antrag der Schuldnerin, wie aus der Verweisung auf die "Antragsgründe" zum Ausdruck kommt, Bezug genommen. Da der [X.]uss des Amtsgerichts seinerseits eine eigenständige Sachverhaltsdarstellung und 7 - 5 - keine Bezugnahme auf Schriftsätze enthält, ist die Verweisung des Beschwer-degerichts auf den Antrag der Schuldnerin zur Sachverhaltsdarstellung unge-eignet. Überdies enthält der Antrag der Schuldnerin keine Angaben zu dem hier maßgeblichen, auf Erkenntnissen des gerichtlichen Gutachters beruhenden Tatsachenkomplex der Verwendung des aus einem Grundstücksverkauf erziel-ten Erlöses. [X.]) Ferner hat sich die Schuldnerin in ihrer sofortigen Beschwerde im Einzelnen mit der Rechtsfrage auseinandergesetzt, ob bei Zahlungen des Schuldners auf erfüllbare Forderungen der Tatbestand des § 290 Abs. 1 Nr. 4 [X.] gegeben ist. Insoweit hat die Schuldnerin geltend gemacht, eine Ver-schwendung von Vermögen liege nur vor, wenn Vermögenswerte außerhalb einer sinnvollen und nachvollziehbaren Verhaltensweise verbraucht würde. [X.] im Mittelpunkt stehenden neuen rechtlichen Gesichtspunkte hat das Be-schwerdegericht ebenfalls [X.] nicht gewürdigt. 8 2. Die Zurückverweisung gibt dem [X.] Gelegenheit, unter Be-achtung der nachfolgenden Erwägungen abermals über das Stundungsbegeh-ren der Schuldnerin zu befinden. Auf der Grundlage der amtsgerichtlichen Fest-stellungen sind die Vordergerichte zu Unrecht unter dem Gesichtspunkt einer Vermögensverschwendung von dem einer Verfahrenskostenstundung [X.] Versagungsgrund des § 290 Abs. 1 Nr. 4 [X.] ausgegangen. 9 a) Der Versagungsgrund des § 290 Abs. 1 Nr. 4 [X.] greift insbesondere ein, wenn der Schuldner im letzten Jahr vor dem Eröffnungsantrag die [X.] der Gläubiger vorsätzlich oder grob fahrlässig dadurch beeinträchtigt hat, dass er Vermögen verschwendet hat. Eine Verschwendung liegt vor, wenn der Schuldner einen unangemessen luxuriösen Lebensstil führt ([X.], [X.]. v. 10 - 6 - 9. Dezember 2004 - [X.] ZB 132/04, Z[X.] 2005, 146; BT-Drucks. 12/2443 [X.]). Ebenso verhält es sich, wenn Werte außerhalb einer sinnvollen und nachvollziehbaren Verhaltensweise verbraucht werden oder Ausgaben im [X.] zum Gesamtvermögen und dem Einkommen des Schuldners als grob unangemessen und wirtschaftlich nicht nachvollziehbar erscheinen ([X.], [X.]. v. 21. September 2006 - [X.] ZB 24/06, Z[X.] 2006, 1103, 1104 Rn. 9 m.w.[X.]). Als Verschwendung können ferner Ausgaben von Summen im Rah-men von Glücksspiel (vgl. [X.] Z[X.] 2007, 387), Wetten oder [X.] anzusehen sein ([X.] in [X.]/[X.], [X.] § 290 Rn. 82). Auch die schenkweise [X.] von Vermögensgegenständen ohne nachvollziehbaren Anlass kommt als Verschwendung in Betracht ([X.] in [X.]/[X.], aaO), wenngleich eine nach § 134 [X.] anfechtbare Schenkung für sich genommen nicht ohne weiteres den Versagungsgrund aus-füllt (FK-[X.]/[X.], 5. Aufl. § 290 Rn. 36). Der Tatbestand des § 290 Abs. 1 Nr. 4 [X.] kann schließlich gegeben sein, wenn der Schuldner ohne zwingen-den wirtschaftlichen Grund Waren erheblich unter dem Einkaufs-, Gestehungs- oder Marktpreis veräußert oder Leistungen weit unter Wert erbringt (FK-[X.]/[X.], aaO; MünchKomm-[X.]/[X.], aaO § 290 Rn. 60). b) Bei dieser Sachlage liegt eine Verschwendung durch die Schuldnerin nicht vor. Die Schuldnerin mag ihren beiden Gläubigern durch die Begleichung noch nicht fälliger Forderungen eine inkongruente Befriedigung gewährt haben, die Veranlassung für eine [X.] oder Vorsatzanfechtung bieten kann. [X.] die Erfüllung von Verbindlichkeiten kann jedenfalls ohne Hinzutreten [X.] Umstände nicht als Unredlichkeit gewertet werden, die den [X.] des § 290 Abs. 1 Nr. 4 [X.] begründet. Zwar wird vereinzelt eine durch § 290 Abs. 1 Nr. 4 [X.] sanktionierte "[X.]italerhaltungspflicht" des Schuldners postuliert, die es ihm verbiete, im Stadium der Zahlungsunfähigkeit 11 - 7 - einzelne Gläubiger zu befriedigen (AG Hamburg Z[X.] 2008, 51, 52; vgl. auch [X.] NZI 2007, 473, 474). Ein solches Verständnis ist jedoch mit dem auf besondere Unwertmerkmale abstellenden Tatbestand der Verschwendung nicht vereinbar. § 290 Abs. 1 Nr. 4 [X.] kann nicht die Obliegenheit des Schuldners entnommen werden, sein Vermögen nach Eintritt der [X.] bis zur Verfahrenseröffnung zum Zwecke der gleichmäßigen Gläubi-gerbefriedigung wertmäßig in seinem Bestand zu erhalten (HK-[X.]/[X.], 5. Aufl. § 290 Rn. 20). Eine derartige, zusätzlich mit einem Ersatzanspruch eigener Art (Gehrlein/[X.], GmbH-Recht in der Praxis, 2. Aufl. [X.]. 5 Rn. 101) verknüpfte [X.] sehen lediglich § 64 Satz 1 GmbHG, § 92 Abs. 2 Satz 1 AktG, § 99 Satz 1 [X.] für die Geschäftsleiter von [X.]italgesellschaften vor. - 8 - 3. Wegen der [X.] hat der Senat gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 GKG angeordnet, dass Gerichtskosten für das [X.] nicht zu erheben sind. 12 Ganter Gehrlein [X.]

Fischer Grupp

Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 12.03.2008 - 60 IN 432/07 - [X.], Entscheidung vom 28.05.2008 - 2 T 125/08 -

Meta

IX ZB 141/08

05.03.2009

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.03.2009, Az. IX ZB 141/08 (REWIS RS 2009, 4715)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2009, 4715

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