Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.04.2017, Az. I ZB 69/16

I. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 12712

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:060417BIZB69.16.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I [X.]/16
vom

6. April 2017

in der Rechtsbeschwerdesache

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
ZPO § 1031 Abs. 1
Nach Aufhebung von §
1027 Abs. 2 ZPO aF kommt der Abschluss einer Schiedsvereinbarung durch Handelsbrauch nicht mehr in Betracht.

[X.], Beschluss vom 6. April 2017 -
I [X.]/16 -
OLG [X.]

-
2
-
Der [X.] Zivilsenat des [X.] hat am 6. April 2017 durch [X.]
Dr.
Büscher, die Richter Prof.
Dr.
Schaffert, Dr.
Kirchhoff, die Richterin Dr.
[X.] und den Richter Feddersen
beschlossen:
[X.] gegen den Beschluss des [X.] [X.]s
[X.]

6.
Zivilsenat
vom 16.
Juni 2016 wird auf Kosten der Antragstellerin als unzulässig verworfen.
Gegenstandswert: 10.200

Gründe:
[X.] Die Antragstellerin bietet einen Linienschifffahrtsdienst
zwischen dem Nordwestkontinent und Nordafrika an. Die Antragsgegnerin handelt mit Holz.
Im März 2013 verständigten sich die O.

M.

T.

N.V.
(im Weiteren: [X.]) und die Antragsgegnerin über die Verschiffung einer Partie Holz nach [X.] mit Ankunft
zwischen dem
13. und
15.
April 2013. Streitig
ist, ob die [X.] im eigenen Namen mit der Antragsgegnerin einen [X.] oder als Agentin der Antragstellerin gehandelt hat. Aus zwischen den Parteien ebenfalls streitigen Gründen wurde der Transport nicht durchgeführt. Da keine Ladung aufgenommen wurde, stellte die Antragstellerin kein Konnos-sement aus. Sie macht nun Fehlfracht gegenüber der Antragsgegnerin geltend.
Klausel
3
c der [X.] der Antragstellerin lautet:
Any dispute arising
under, [X.], the contract evidenced by the Bill of Lading regarding a cargo carried or intended to be
carried, [X.] so being
carried, [X.] be
referred
to arbitration in HAMBURG.

1
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3
-
3
-
Die [X.]-Signatur der [X.] enthält folgende Gerichtsstandklausel:
In case of disputes the Antwerp courts are
exclusively competent and the Bel-gian jurisdiction will be applicable.
In
einer E-Mail vom 20.
März 2013, mit der der Geschäftsführer der An-tragsgegnerin der [X.] den ausgehandelten Preis bestätigte, heißt es:
As
I mention
earlier I need the BL with the date of 30th

Die Antragstellerin meint, die Schiedsklausel der Konnossementbedin-gungen sei bereits mit der Buchung wirksam in den [X.]. Aufgrund einer nur wenige Wochen zuvor erfolgten
anderen
Buchung [X.] die Antragsgegnerin konkrete Kenntnis der Konnossementbedingungen
ge-habt.
Die Antragstellerin beantragt,
festzustellen, dass zwischen den Parteien im Zusammenhang mit Streitigkeiten aus einer Buchung vom 20.
März 2013 eine Schiedsvereinbarung besteht und durchführbar ist,
hilfsweise,
festzustellen, dass zwischen den Parteien im Zusammenhang mit Streitigkeiten aus einer Buchung vom 20.
März 2013

ein wirksamer Frachtvertrag zwischen den Parteien unterstellt

eine Schiedsvereinbarung besteht und durchführbar ist.
Das [X.] hat den Antrag und den Hilfsantrag
zurückgewie-sen. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin, mit der sie ihre Anträge weiterverfolgt.
I[X.] Das [X.] hat angenommen, selbst im Falle eines direk-ten Vertragsschlusses zwischen den Parteien bestehe zwischen ihnen keine wirksame Schiedsvereinbarung. Dazu hat es ausgeführt:
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-
4
-
Die Anforderungen an
eine formwirksame Schiedsvereinbarung gemäß §
1031 ZPO seien nicht erfüllt. Die Voraussetzungen des §
1031 Abs.
1 oder
Abs.
2 ZPO lägen
unstreitig nicht
vor. Die Schiedsvereinbarung in den Konnos-sementbedingungen der Antragstellerin sei auch nicht
gemäß §
1031 Abs.
3 ZPO
durch Bezugnahme Bestandteil des

unterstellten

Vertrags geworden. Ein bloßer Handelsbrauch reiche hierfür nicht aus. Erforderlich sei vielmehr eine unmissverständliche Bezugnahme. Dafür
genüge
nicht die von der [X.] in der [X.] vom 20.

sei unbegründet, weil er
ebenfalls eine [X.] voraussetze.
II[X.] [X.] ist statthaft (§
1065 Abs.
1 Satz
1, §
1062 Abs.
1 Nr.
2 Fall
1 ZPO). Sie ist aber unzulässig, weil weder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Siche-rung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des [X.] erfordert (§
574 Abs.
2 ZPO).
1. [X.] ist nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zulässig, weil es das [X.] versäumt hat, anhand von §
1031 Abs.
4 ZPO aF zu prüfen, ob eine Schiedsvereinbarung zwischen den Parteien abgeschlossen worden ist. Zwar ist §
1031 Abs.
4 ZPO aF auf den Streitfall anwendbar. Die Beurteilung des [X.]s, es fehle an einer formwirksamen Schiedsvereinbarung, erweist sich aber auch nach dieser Be-stimmung als rechtsfehlerfrei.
a) Auf
den im März 2013 abgeschlossenen Frachtvertrag
ist
§
1031 ZPO in der bis zum 24.
April 2013 geltenden Fassung
anzuwenden.
Nach §
1031 Abs.
4 ZPO aF konnte eine Schiedsvereinbarung auch durch die Begebung eines [X.] begründet
werden, wenn darin ausdrücklich auf die in einem [X.] enthaltene Schiedsklausel Bezug genommen wurde.
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b) Auf §
1031 Abs.
4 ZPO aF kommt
es im Streitfall
jedoch
nicht an. Die Begründung einer Schiedsvereinbarung
nach dieser Bestimmung kommt nicht in Betracht, weil nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Oberlandes-gerichts kein Konnossement begeben worden ist.
Die Antragsgegnerin hat zwar mit [X.] vom 20.
März 2013 ein Kon-nossement von der [X.] erbeten. Die Antragstellerin hat aber kein Konnosse-ment ausgestellt, weil keine Ladung aufgenommen wurde. Die Begebung eines nicht ausgestellten [X.] ist begrifflich ausgeschlossen. Die [X.] durch den Verfrachter ist notwendige Bedingung für die Entstehung des [X.] als Wertpapier.
Es handelt sich um eine Empfangsbescheini-gung des [X.] über die zur Beförderung übernommenen Güter, die erst bei Begebung einen selbständigen schuldrechtlichen Auslieferungsanspruch des legitimierten Inhabers dieses Papiers begründet
(vgl. Begründung
der Bun-desregierung
zum Gesetzentwurf
zur Neuregelung des [X.], BT-Drucks.
13/5274, S.
37). Die Begebung setzt eine Besitzübergabe voraus (vgl. [X.], Seehandelsrecht, 4.
Aufl., §
650 HGB Rn.
9), die nur bei ei-nem ausgestellten Dokument in Betracht kommt.
2. Das [X.] hat den Anspruch der Antragstellerin auf [X.] Gehör gemäß Art.
103 Abs.
1 GG nicht verletzt.
a) Das [X.] hat angenommen, ein bloßer Handelsbrauch genüge nicht
für
den Abschluss einer Schiedsvereinbarung. Auf der Grundlage dieser Beurteilung hatte es keinen Anlass, Beweis zu
dem Sachvortrag der [X.] zu erheben, wonach es
in
der Linienschifffahrt
Handelsbrauch sei, dass die Konnossementbedingungen eines Linienreeders Schiedsklauseln ent-halten.
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6
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b) Das [X.] hat ferner
im tatbestandlichen Teil seines Be-schlusses
den Vortrag der Antragsgegnerin
wiedergegeben, wonach
die [X.] schon früher in Geschäftsverbindung gestanden
hatten
und der [X.] aufgrund einer Buchung vom Dezember 2012 das Konnossement Nr.
102 bekannt war, das eine Schiedsklausel enthielt. Das [X.]
hatte keinen Anlass, sich auch
im Rahmen der rechtlichen Ausführungen ausdrück-lich mit diesem Vortrag auseinanderzusetzen. Eine
im Zusammenhang mit früheren Frachtverträgen erfolgte Übersendung von Konnossementen
mit [X.] war nicht geeignet, den Abschluss einer [X.] im Streitfall zu begründen. Im Zusammenhang mit dem Streitfall fehlt es an einer Bezugnahme auf Konnossementbedingungen mit einer Schieds-klausel.
3. Die Entscheidung des [X.]s steht auch nicht in [X.] zu Entscheidungen der [X.]e [X.] und Bremen.
a) Aus dem Urteil des [X.]s [X.] vom 30.
Juni 1992 ([X.] 1993, 25
f.) ergeben sich schon deshalb keine Aufschlüsse für den Streitfall, weil nach der bis zum 31.
Dezember 1997 geltenden Bestimmung des §
1027 Abs.
2 ZPO eine Schiedsvereinbarung auch stillschweigend nach [X.] abgeschlossen werden konnte (vgl. [X.], Urteil vom 3.
Dezember 1992
III
ZR
30/91, NJW 1993, 1798).
§
1027 Abs.
2 ZPO
aF
begründete für Handelsgeschäfte eine Ausnahme von §
1027 Abs.
1 ZPO aF, wonach ein Schiedsvertrag ausdrücklich geschlossen werden musste. Mit der Neuregelung des [X.] zum 1.
Januar 1998 wurde die Vorschrift des §
1027 Abs.
2 ZPO
aF
gestrichen und klargestellt, dass [X.] immer ungültig sind, wenn sie die Erfordernisse des §
1031 ZPO nicht erfüllen (vgl. Begründung der Bundesregierung zum Gesetzentwurf zur Neuregelung des [X.], BT-Drucks.
13/5274, S.
36).
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Nach
Aufhebung von §
1027 Abs. 2 ZPO aF kommt der Abschluss einer Schiedsvereinbarung durch Handelsbrauch nicht mehr in Betracht (vgl. [X.]/[X.][X.], ZPO, 75.
Aufl., §
1031 Rn.
7; Schütze in [X.]/Schütze, ZPO, 4.
Aufl., §
1031 Rn.
34). Die Gegenansicht (Schlosser in [X.], ZPO, 22.
Aufl., §
1031 Rn.
4) ist mit dem
Wortlaut des §
1031 ZPO und dem
vom Gesetzgeber mit der Aufhebung des
§
1027 Abs.
2
ZPO aF
ver-folgten Ziel
unvereinbar.
b) Im Fall des [X.]s Bremen ([X.] 2002, 405, 407) war dem [X.] anders als im Streitfall ein Konnossement ausgehändigt [X.], das eine Schiedsklausel enthielt. Das [X.] Bremen hat die Voraussetzungen des §
1031 Abs. 2 ZPO als erfüllt angesehen, weil der Inhalt des [X.] nach der Verkehrssitte als Vertragsinhalt angesehen wird.
Im Streitfall fehlt es unstreitig an der Aushändigung eines [X.].
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IV. Danach ist die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des [X.] auf Kosten der Antragstellerin zurückzuweisen (§
97 Abs.
1 ZPO).

Büscher
Schaffert
Kirchhoff

[X.]
Feddersen
Vorinstanz:
OLG [X.], Entscheidung vom 16.06.2016 -
6 Sch 6/14 -

23

Meta

I ZB 69/16

06.04.2017

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.04.2017, Az. I ZB 69/16 (REWIS RS 2017, 12712)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 12712

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