Bundesfinanzhof, Urteil vom 07.10.2021, Az. III R 15/18

3. Senat | REWIS RS 2021, 2040

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Gegenstand

Keine Hinzurechnung von Stückzinsen eines Sachdarlehens


Leitsatz

1. NV: Erhält ein Unternehmen ein Sachdarlehen über festverzinsliche Anleihen, die es nach Empfang veräußert und später zwecks Rückgabe zurückerwirbt, so sind weder die beim Rückerwerb dem Veräußerer zu vergütenden Stückzinsen noch die im Zeitraum zwischen der Überlassung der Anleihen und deren Rückgabe an den Darlehensgeber aufgelaufenen Stückzinsen als Entgelte für Schulden hinzuzurechnen.

2. NV: Eine konkludente Abbedingung des § 101 BGB --die Zinsen der überlassenen Anleihen stehen der Verleiherin zu-- begründet kein zusätzliches Entgelt für die Gewährung eines Wertpapierdarlehens.

Tenor

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 22.02.2018 - 3 K 3018/15 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.

Tatbestand

I.

1

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob bei Sachdarlehen über festverzinsliche Anleihen, die die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) nach Erhalt veräußert und später zurückerworben hat, Stückzinsen als Entgelte für [X.] von § 8 Nr. 1 Alternative 3 des [X.] in der bis zum [X.] geltenden Fassung (GewStG 2002) hinzuzurechnen sind.

2

Die Klägerin ist eine zum [X.] gehörende GmbH mit Sitz in der [X.] ([X.]). An der gleichfalls zum [X.] gehörenden [X.]. mit Sitz in [X.] ist sie weder unmittelbar noch mittelbar beteiligt.

3

Die Klägerin schloss am 19.01.2005 mit der [X.]. einen "Rahmenvertrag für Wertpapierdarlehen" (Rahmenvertrag), der nach dessen Nr. 1 die Grundlage für einzelne [X.] i.S. des § 607 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) bildet und nach dessen Nr. 11 Abs. 5 dem Recht [X.]s unterliegt. Die Klägerin erhält danach als Darlehensnehmerin das unbeschränkte Eigentum an den überlassenen Wertpapieren (Nr. 3 Abs. 2 Satz 1 des Rahmenvertrags) und schuldet der Darlehensgeberin --der [X.].-- ein Entgelt, das sich aus dem im Einzelabschluss vereinbarten Prozentsatz bezogen auf den Marktwert der Wertpapiere an dem im Einzelabschluss vereinbarten Tag errechnet (Nr. 5). Die während der Laufzeit des Darlehens auf die überlassenen Wertpapiere geleisteten Zinsen, Gewinnanteile und sonstigen Ausschüttungen stehen der Darlehensgeberin zu. Deren Gegenwert hat die Darlehensnehmerin mit Wertstellung zum Tag der tatsächlichen Zahlung an die Darlehensgeberin zu zahlen (sog. Kompensationszahlung, Nr. 6 des Rahmenvertrags). Am Ende der Laufzeit des jeweiligen Darlehens hat die Darlehensnehmerin --entsprechend § 607 Abs. 1 Satz 2 BGB-- Wertpapiere gleicher Art, Güte und Menge zurück zu gewähren (Nr. 1 Abs. 1 Satz 3 des Rahmenvertrags).

4

In den Jahren 2005 bis 2009 schlossen die Klägerin als Darlehensnehmerin und die [X.]. als Darlehensgeberin nacheinander 14 Verträge über [X.]. Auf das Jahr 2005 (Streitjahr) entfielen zwei Verträge mit folgenden Konditionen:

Vertrag vom:

19.01.2005

16.12.2005

Laufzeit

25.01.2005 bis 30.12.2005

     20.12.2005 bis 13.12.2006

Nennwert (Face Value)

323.500.000 €

365.160.000 €

Nominalzins (Coupon)

5,375 %

2,25 %

Kurswert ([X.] price)

111,11 (25.01.2005)

 99,600 (20.12.2005)

Kurswert inkl. Stückzinsen     
([X.])

111,419246575

99,630821918

Betrag (Amount)

360.441.262,67 €

363.811.909,32 €

Nächster Zinstermin

04.01.2006

15.12.2006

Leihgebühr p.a.

0,7 % 

0,48 %

Leihgebühr nominal

2.375.908,66 €
(339d/360d)

1.736.595,51 €
(358d/360d)

davon auf 2005 entfallend

2.375.908,66 €

53.359,00 €

5

Die Klägerin veräußerte die ihr übertragenen Anleihen nach Erhalt am 25.01.2005 zu [X.] von 111,09 % und am 20.12.2005 zu [X.] von 99,60 % zuzüglich Stückzinsen an Dritte.

6

Zeitgleich schloss sie zur Sicherung der ihr gegenüber der [X.]. obliegenden Rückgewährverpflichtung unbedingte Termingeschäfte (Forwards) über entsprechende Anleihen mit der X-Bank ab.

7

Die Anleihe über 323.500.000 € wurde danach zu [X.] von 108,524; die Anleihe über 365.160.000 € zu [X.] von 100,105 % erworben. Die bis zum Erwerb anfallenden Stückzinsen in Höhe von 17.149.931,51 € (360 Zinstage) bzw. 8.171.080,27 € (363 Zinstage) wurden separat ausgewiesen und in Rechnung gestellt. Davon entfielen rechnerisch 16.149.519 € (339 Zinstage) bzw. 247.608 € (11 Zinstage) auf die in das Streitjahr fallenden Vertragslaufzeiten.

8

Zum Ende der Laufzeit der [X.] übertrug die Klägerin die auf Grundlage der Termingeschäfte erworbenen Anleihen an die [X.]. zurück. Kompensationszahlungen nach Nr. 6 des Rahmenvertrags waren nicht zu leisten, da in die Laufzeit der [X.] keine Zinstermine fielen.

9

Die Klägerin passivierte das [X.] (Rückübertragungsverpflichtung) vom 20.01.2005 mit 360.441.263 € (Amount = Nennwert * [X.]). Zum Ende der Laufzeit des [X.] nahm die Klägerin [X.]e Zuschreibungen auf das [X.] auf der Grundlage des Kurses der Forwardgeschäfte unter zeitanteiliger Berücksichtigung der Stückzinsen vor. Das [X.] vom 20.12.2005 passivierte die Klägerin mit 363.811.909 € (Amount = Nennwert * [X.]); zum Bilanzstichtag wurde eine Zuschreibung in Höhe von 410.328 € vorgenommen.

In der am 13.04.2007 eingereichten Gewerbesteuererklärung für das Streitjahr ging die Klägerin davon aus, dass aufgrund der aufeinanderfolgenden [X.] eine Dauerschuld vorliege und rechnete die an die [X.]. gezahlte bzw. geschuldete zeitanteilige Leihgebühr in Höhe von 2.429.268 € gemäß § 8 Nr. 1 Alternative 3 GewStG 2002 zur Hälfte dem Gewinn aus Gewerbebetrieb hinzu. Die Veranlagung wurde in diesem Punkt erklärungsgemäß unter Nachprüfungsvorbehalt durchgeführt (§ 164 der Abgabenordnung --AO--).

Im Rahmen der bei der Klägerin für die Veranlagungszeiträume 2002 bis 2006 durchgeführten Außenprüfung vertraten die Prüfer und ihnen folgend der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --[X.]--) die Auffassung, dass neben der Leihgebühr auch [X.] ([X.]) oder Kompensationszahlungen --im Streitjahr also [X.] in Höhe von 16.397.120 €-- als gemäß § 8 Nr. 1 Alternative 3 GewStG 2002 hinzuzurechnende Entgelte für [X.] zu beurteilen seien. Bei Anleihe und Zinsanspruch handele es sich um zwei unterschiedliche und deshalb getrennt zu aktivierende Wirtschaftsgüter. Dem Konto [X.] seien die auf die Laufzeit des [X.]s entfallenden Stückzinsen [X.] zuzuschreiben. Der darin zum Ausdruck kommende, durch den Zinslauf der entliehenen Wertpapiere bei der Klägerin verursachte Aufwand sei wirtschaftlich als weiteres Entgelt für das [X.] anzusehen.

Auf Antrag der Klägerin erging am 29.05.2012 ein Änderungsbescheid über den [X.] 2005, in dem die vom [X.] angenommenen weiteren Entgelte in Höhe von 16.397.120 € gemäß § 8 Nr. 1 Alternative 3 GewStG 2002 bei der Ermittlung des [X.] zur Hälfte hinzugerechnet wurden. Der Nachprüfungsvorbehalt blieb bestehen.

Während des dagegen gerichteten [X.] ergingen aus nicht streitbefangenen Gründen am 24.10.2012 und 29.09.2014 Änderungsbescheide. Der Vorbehalt der Nachprüfung wurde mit dem Änderungsbescheid vom 29.09.2014 aufgehoben.

Der Einspruch der Klägerin wurde mit [X.] vom 28.09.2015 als unbegründet zurückgewiesen.

Die Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht (FG) entschied, die während der Laufzeit eines [X.]s über festverzinsliche Anleihen aufgelaufenen Stückzinsen stellten keine Entgelte für [X.] des § 8 Nr. 1 Alternative 3 GewStG 2002 dar (Entscheidungen der Finanzgerichte 2018, 1121).

Das [X.] rügt die Verletzung materiellen Rechts.

Das [X.] beantragt,
das [X.] aufzuheben und die Klage als unbegründet abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision ist nicht begründet. Sie war deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--). Die von der Klägerin beim (Rück-)Erwerb der Anleihen dem Veräußerer vergüteten Stückzinsen (2.) gehören ebenso wenig zu den Entgelten für sog. [X.] wie die zwischen der Überlassung der Anleihen an die Klägerin und deren Rückgabe an die [X.]. aufgelaufenen Stückzinsen (3.). Das [X.] hat deshalb zutreffend entschieden, dass sie dem Gewinn der Klägerin aus Gewerbebetrieb nicht hinzuzurechnen sind.

1. Dem Gewinn aus Gewerbebetrieb (§ 7 [X.] 2002) sind gemäß § 8 Nr. 1 Alternative 3 [X.] 2002 die "[X.]älfte der Entgelte für Schulden" hinzuzurechnen, die der nicht nur vorübergehenden Verstärkung des [X.] dienen. Eine solche [X.]inzurechnung setzt voraus, dass ein [X.] vorliegt, das als sog. Dauerschuld angesehen werden kann (z.B. Urteil des [X.] --[X.]-- vom 14.12.2011 - I R 37/11, [X.], 993). Zinsen und andere als Entgelte zu behandelnde Aufwendungen des Darlehensnehmers sind auf dieser Grundlage als Entgelte [X.] von § 8 Nr. 1 [X.] 2002 zu qualifizieren.

Zwischen den Beteiligten ist zu Recht unstreitig, dass das [X.] zutreffend davon ausgegangen ist, dass es sich bei den von der Klägerin aufgrund der erhaltenen Anleihen passivierten [X.]sverbindlichkeiten (§ 607 [X.]) um [X.] [X.] von § 8 Nr. 1 Alternative 3 [X.] 2002 handelt, weil sich durch die jeweils kurz vor dem Laufzeitende der einzelnen [X.] zwischen der Klägerin und der [X.]. vereinbarten [X.] eine Laufzeit von insgesamt mehr als einem Jahr ergab. Der wirtschaftliche Zusammenhang der einzelnen [X.] lässt die Begründung mehrerer einzelner Schuldverhältnisse in den [X.]intergrund treten und bewirkt eine einheitliche Beurteilung ([X.]-Urteile vom 06.06.1973 - I R 257/70, [X.], 465, [X.] 1973, 670, und vom 16.01.1974 - I R 254/70, [X.], 425, [X.] 1974, 388; Güroff in Glanegger/Güroff, [X.], 6. Aufl., § 8 Nr. 1 Rz 27; Abschn. 45 Abs. 1 Satz 2 ff. der Gewerbesteuer-Richtlinien 1998).

2. Die von der Klägerin beim Erwerb der kurz darauf an die [X.]. zurückgegebenen Anleihen für die Stückzinsen aufgewendeten Beträge sind nicht hinzuzurechnen, weil sie nicht [X.] von § 8 Nr. 1 [X.] 2002 zu Betriebsausgaben geführt haben; sie sind im Übrigen auch keine "Entgelte für Schulden".

a) Dem Gewinn aus Gewerbebetrieb werden nach § 8 [X.] 2002 die dort genannten Beträge wieder hinzugerechnet, soweit sie bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt worden sind. Eine [X.]inzurechnung von Entgelten für Schulden nach § 8 Nr. 1 [X.] 2002 setzt daher deren Abziehbarkeit als Betriebsausgaben voraus. Der betreffende Aufwand muss bei der [X.] Gewinnermittlung eine Betriebsausgabe nach § 4 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) darstellen ([X.]-Urteil vom 11.12.1997 - IV R 92/96, [X.] 1998, 1222, Rz 13 und 19, betreffend Refinanzierungskredit für Darlehen an Schwestergesellschaft). Eine Gewinnabsetzung liegt daher nicht vor, wenn der Aufwand in die [X.]erstellungskosten eines Wirtschaftsguts eingeht (z.B. Senatsurteil vom 30.07.2020 - III R 24/18, [X.], 342, [X.] 2021, 122; [X.]-Urteil vom 20.05.2021 - IV R 31/18, [X.] 2021, 1367, beide betreffend Mietaufwendungen als Teil von [X.]erstellungskosten unterjährig ausgeschiedener Wirtschaftsgüter).

b) Erwirbt ein Steuerpflichtiger --wie hier die [X.] Wertpapiere, um seine Verpflichtung zur Rückgabe von als [X.] erhaltenen Anleihen zu erfüllen, so hat er dem Veräußerer die seit dem letzten Zinszahlungstermin aufgelaufenen Stückzinsen zu vergüten. Die aufgrund des (Rück-)Erwerbs der Anleihen an den Veräußerer --die [X.] für die Stückzinsen gezahlten Beträge minderten den Gewinn der Klägerin jedoch nicht. Denn die Klägerin erhielt dafür --mit der erworbenen [X.] eine gleichwertige Zinsforderung, die als sonstiger Vermögensgegenstand zu aktivieren war ([X.]/[X.] in [X.]., 12. Aufl., § 255 [X.]GB Rz 307; [X.]/[X.]/[X.], § 6 EStG Rz 858); der Vorgang war mithin erfolgsneutral.

Dabei ist unerheblich, ob das Wertpapier und der Stückzins buchhalterisch zutreffend gesondert erfasst oder die Stückzinsen fälschlich als Teil der Anschaffungskosten des Wertpapiers behandelt werden. Für den Betriebsausgabenabzug ist es ebenfalls unerheblich, ob die mit Stückzinsen von der [X.] erworbene Anleihe tatsächlich über einen Bilanzstichtag gehalten und die erworbenen Stückzinsen buchhalterisch erfolgsneutral behandelt und in der Bilanz aktiviert wurden. Maßgeblich ist insofern, dass die für den Erwerb der Stückzinsen aufgewendeten Beträge den Gewinn der Klägerin nicht minderten, sondern aufgrund der Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich erfolgsneutral waren. Dies entspricht dem Senatsurteil in [X.], 342, [X.] 2021, 122 und dem [X.]-Urteil in [X.] 2021, 1367, wonach es für eine [X.]inzurechnung von Mietzinsen nach § 8 Nr. 1 Buchst. d [X.] 2002 darauf ankommt, ob diese sich unmittelbar als Betriebsausgaben ausgewirkt haben oder aber den handelsrechtlichen [X.]erstellungskostenbegriff erfüllen.

c) Einer [X.]inzurechnung der Beträge, die beim Erwerb der kurz darauf an die [X.]. zurückgegebenen Anleihen für die Stückzinsen anfielen, steht weiter entgegen, dass es sich dabei nicht um Entgelte "für" Schulden [X.] des § 8 Nr. 1 [X.] 2002 handelte.

aa) Als Entgelte für Schulden sind nach § 8 Nr. 1 [X.] 2002 nur die Gegenleistungen für die Zurverfügungstellung von Fremdkapital hinzuzurechnen ([X.]-Urteile vom 09.08.2000 - I R 92/99, [X.], 141, [X.] 2001, 609, betreffend nach der Darlehenssumme bemessene laufende Verwaltungskostenbeiträge; vom 30.04.2003 - I R 19/02, [X.], 357, [X.] 2004, 192, betreffend aktivierte [X.]; vom 21.05.2014 - I R 85/12, [X.] 2014, 1588, [X.] --[X.]-- 2014, 1007, betreffend [X.] aus Kaufvertrag, und vom 29.03.2007 - IV R 55/05, [X.], 103, [X.] 2007, 655, betreffend [X.] für Ausfallbürgschaft). Leistungen, die nicht die Nutzung des Fremdkapitals abgelten, die also nicht mit der tatsächlichen Nutzung oder der Nutzungsmöglichkeit von Fremdkapital zusammenhängen, sondern für eine andere Leistung oder aus einem anderen Rechtsgrund erbracht werden, sind daher nicht hinzuzurechnen (vgl. [X.]/[X.]/[X.]ofmeister, § 8 [X.] Rz 41; [X.]/[X.], [X.], 2011, § 4 Rz 260; [X.]/[X.], [X.], 2009, § 8 Nr. 1a Rz 19). Deshalb werden z.B. Bereitstellungszinsen nicht hinzugerechnet, weil durch sie nicht die Inanspruchnahme von Fremdkapital abgegolten wird, sondern die Zurverfügungstellung und das Bereithalten der erst später auszuzahlenden Gelder ([X.]-Urteil vom 10.07.1996 - I R 12/96, [X.], 86, [X.] 1997, 253; Güroff in Glanegger/Güroff, [X.], 10. Aufl., § 8 Nr. 1 Buchst. a Rz 6b).

bb) Die beim Erwerb der Anleihen für die Stückzinsen aufgewendeten Beträge wurden nicht an die Darlehensgeberin für die Kapitalüberlassung gezahlt, sondern an den Veräußerer für die Übertragung der Anleihen. Die Zahlungen beruhten auch nicht auf dem [X.] mit der [X.]., d.h. der Entgegennahme und Rückgabe der Anleihen, sondern auf dem Entschluss der Klägerin, die Anleihen nach ihrem Erhalt zu veräußern, sodass sie vor Fälligkeit des [X.]s gleichartige Anleihen zurückerwerben und dabei die beim Veräußerer aufgelaufenen Stückzinsen vergüten musste. [X.]ätte die Klägerin die Anleihen nicht sogleich nach Erhalt veräußert, sondern bis zur Rückgabe selbst gehalten, weil z.B. ihr Kapitalbedarf unerwartet entfiel, oder hätte sie die ihr überlassenen Anleihen zur Besicherung eines von einem [X.] gewährten Gelddarlehens eingesetzt, so wäre es nicht zum Wiedererwerb der Anleihen nebst aufgelaufener Stückzinsen gekommen. Der Klägerin wären dann --auch wirtschaftlich betrachtet-- für das [X.] nur Aufwendungen in [X.]öhe der vereinbarten sog. Leihgebühr von 0,7 % bzw. 0,48 % entstanden, die sie der [X.]. schuldete.

Eine Zusammenfassung der [X.]sverträge und der Forwards, durch die die zurückzugebenden Anleihen von der [X.] erworben wurden, wäre im Übrigen selbst dann ausgeschlossen, wenn beide ohne einander nicht denkbar wären, denn jedes einzelne Schuldverhältnis muss im [X.]inblick auf § 8 Nr. 1 [X.] 2002 grundsätzlich für sich beurteilt werden ([X.]-Urteil in [X.], 103, [X.] 2007, 655, betreffend [X.], zur Zusammenfassung mehrerer Schuldverhältnisse s. dort Rz 22). Einer (ausnahmsweisen) Zusammenfassung von [X.] und Forwards stand danach entgegen, dass es der Klägerin frei stand, wann und von wem sie die Anleihen zurückerwerben wollte.

3. Die im Zeitraum zwischen der Überlassung der Anleihen an die Klägerin und deren Rückgabe an die [X.]. aufgelaufenen Stückzinsen sind ebenfalls nicht hinzuzurechnen. Sie stehen zwar mit der Überlassung des [X.]s im Zusammenhang, es handelt sich jedoch auch insoweit nicht um "Entgelte für Schulden" [X.] von § 8 Nr. 1 [X.] 2002.

a) Die Klägerin war nach § 607 Abs. 1 Satz 2 [X.] verpflichtet, ein Darlehensentgelt zu zahlen und bei Fälligkeit Anleihen "gleicher Art, Güte und Menge" zurückzugeben. Das Gesetz unterscheidet mithin zwischen der Rückgabe der Sache einerseits und der Zahlung eines Entgelts andererseits (vgl. dazu [X.][X.], 8. Aufl., § 607 Rz 28 und 32).

Die Rückerstattungspflicht des Darlehensnehmers entsteht dabei nicht durch die im Abschluss des Darlehensvertrags manifestierte Vereinbarung der Parteien, sondern ohne Weiteres kraft Gesetzes als Folge der Vereinbarung der zeitlich begrenzten Überlassung der vereinbarten vertretbaren Sache durch den Darlehensgeber; sie steht [X.] als die Pflicht zur Zahlung des [X.] nicht im [X.] ([X.][X.], a.a.[X.], § 607 Rz 32).

Da die während der Darlehenslaufzeit aufgelaufenen Stückzinsen den Anleihen gewissermaßen innewohnten oder anhafteten und eine Rückgabe der Anleihen ohne die Stückzinsen oder aber nur mit den bis zum Empfang der Anleihen von der [X.]. aufgelaufenen Stückzinsen ausgeschlossen war, erfüllte die Klägerin insoweit lediglich ihre gesetzliche Rückerstattungspflicht und leistete kein Entgelt. Entgelt für die Darlehensgewährung (§ 609 [X.]) war danach lediglich die in Nr. 5 des Rahmenvertrags vereinbarte sog. Leihgebühr, da es zu den in Nr. 6 des Rahmenvertrags geregelten Kompensationszahlungen nicht gekommen ist.

Die entgegenstehende Auffassung des [X.] liefe demgegenüber darauf hinaus, dass die Überlassung verzinslicher Anleihen im Wege eines unentgeltlichen [X.]s ausgeschlossen wäre, weil Anleihen nicht von dem aufgelaufenen Zinsanspruch getrennt werden können oder dass ein unentgeltliches [X.] voraussetzen würde, dass der Darlehensgeber dem Darlehensnehmer die aufgelaufenen Stückzinsen bei Rückgabe vergütet.

b) Die während der Darlehenslaufzeit aufgelaufenen Stückzinsen sind auch nicht als Entgelt [X.] von § 8 Nr. 1 [X.] 2002 zu behandeln, weil die Klägerin als Eigentümerin von Wertpapieren oder als Forderungsinhaberin der Anleihen nach § 101 [X.] ein Recht auf deren Früchte --hier: [X.] hatte und auf diese gegenüber der [X.]. verzichtet hat.

aa) § 101 [X.] regelt das schuldrechtliche Verhältnis sukzessiv Fruchtziehungsberechtigter untereinander ([X.]/[X.], [X.], 16. Aufl., § 101 Rz 1). Die dispositive Vorschrift des § 101 [X.] kommt jedoch in der Praxis nur selten zur Anwendung (vgl. [X.]-Urteil vom 21.05.1986 - I R 199/84, [X.], 44, [X.] 1986, 794, Rz 16 f.) und ist bei der Veräußerung von börsennotierten Wertpapieren nicht anwendbar, weil dort der Ausgleich schon im Kurswert berücksichtigt ist (Urteil des [X.] vom 19.04.2011 - II ZR 237/09, [X.], 261, Rz 23; [X.]/Stieper (2017), [X.] § 101 Rz 7; [X.][X.], 9. Aufl., § 101 Rz 11).

bb) Nach dem zwischen der Klägerin und der [X.]. geschlossenen Rahmenvertrag sollen die Zinsen der überlassenen Anleihen weiterhin der [X.] zustehen. In dieser konkludenten Abbedingung des § 101 Nr. 2 [X.] liegt hinsichtlich des Verzichts auf die Vergütung von Stückzinsen kein zusätzliches Entgelt für die Gewährung des Wertpapierdarlehens.

Denn ein Anspruch aus § 101 Nr. 2 [X.] bestand nicht, weil es sich um börsennotierte Anleihen handelte. Die Annahme eines zusätzlichen Entgelts wäre aber selbst dann ausgeschlossen, wenn ein Anspruch der Klägerin aus § 101 Nr. 2 [X.] hätte entstehen können. Denn eine vertragliche Vereinbarung, die die Anwendung des § 101 Nr. 2 [X.] ausschließt, ist der Besteuerung grundsätzlich zugrunde zu legen; die Früchte sind dann nicht anteilig dem Rechtsvorgänger zuzurechnen, weil sie während seiner Inhaberschaft oder Besitzzeit entstanden sind oder erwirtschaftet wurden (z.B. [X.] vom 10.08.2004 - I B 2/04, [X.] 2005, 239).

cc) Dem [X.] ist zuzugestehen, dass der Verzicht auf eine zustehende Forderung als Entgelt zu qualifizieren sein kann. Dies setzt indessen regelmäßig voraus, dass ein entsprechender Anspruch bereits besteht. Ein Entgelt ist daher nicht gegeben, wenn nicht ein bestehender Anspruch z.B. erlassen wird, sondern ein --möglicher-- Anspruch durch entsprechende Vertragsgestaltung nicht zur Entstehung gelangt. Eine Regelung, durch die von § 101 Nr. 2 [X.]albsatz 2 [X.] abgewichen wird, ist --sofern nicht rechtsmissbräuchlich-- steuerlich hinzunehmen ([X.]-Urteile vom 27.06.1978 - VIII R 168/73, [X.], 532, [X.] 1978, 674, und vom 09.03.1982 - VIII R 160/81, [X.], 72, [X.] 1982, 540, bestätigt durch Beschluss des [X.] des [X.] vom 29.11.1982 - GrS 1/81, [X.]E 137, 433, [X.] 1983, 272; [X.]-Urteil vom 22.05.1984 - VIII R 316/83, [X.]E 141, 255, [X.] 1984, 746, Rz 12).

c) Für das vorstehende Ergebnis ist unerheblich, wie der der Klägerin entstandene Aufwand für die dem Veräußerer der Anleihen vergüteten Stückzinsen oder die [X.]sverbindlichkeit bilanziell dargestellt wurde. Die von der Klägerin vorgenommene Zuschreibung auf dem [X.] führt nicht dazu, dass dieser Betrag --was für die [X.]inzurechnung erforderlich wäre-- als der [X.]. [X.] Entgelt für deren [X.] zu behandeln wäre. [X.] Bewertungs- bzw. Wertberichtigungsmaßnahmen im [X.] sind nicht als Entgelt zu qualifizieren ([X.]-Urteil in [X.] 2014, 1588, [X.] 2014, 1007, Rz 18; [X.]/[X.], a.a.[X.], § 4 Rz 260; vgl. auch [X.], [X.] 2016, § 8 [X.] [X.] 8.1 zu Teilwertabschreibungen).

d) Unerheblich ist auch, dass der Rückerwerb aufgrund des mit der Bank vereinbarten Forwards bereits im Zeitpunkt der Veräußerung der Anleihen feststand. Ob die zurückgegebenen Anleihen vor Ende der [X.]slaufzeit unmittelbar von der [X.] geliefert (physical delivery) oder aber von [X.] oder an der Börse erworben wurden und die Bank aufgrund des Forwards lediglich einen Barausgleich leistete, ist ebenfalls ohne Bedeutung.

e) Der Senat verkennt nicht, dass sich die Klägerin durch die gewählte Gestaltung --Kombination des [X.]s mit der Veräußerung und dem Rückerwerb der erhaltenen Anleihen, wobei die Stückzinsen zu vergüten waren-- wirtschaftlich betrachtet ein Gelddarlehen verschafft hat, für das sie neben der Leihgebühr auch die Differenz der bei der Veräußerung der Anleihen vom Käufer erhaltenen und der von ihr beim Rückerwerb dem Verkäufer vergüteten Stückzinsen aufwenden musste, wobei die Rückgewähr zu einem Verlust der bis dahin ihr zustehenden Stückzinsen führte, während die [X.]. sowohl die Leihgebühr als auch die während der Darlehenslaufzeit entstandenen Anleihenszinsen erhalten hat.

Das ist für das Ergebnis des Rechtsstreits aber ohne Bedeutung, weil für die Bestimmung der hinzuzurechnenden "Entgelte für Schulden" der Gesetzeswortlaut und grundsätzlich nicht eine davon abweichende wirtschaftliche Betrachtungsweise maßgeblich ist. Für eine am Gesetzeswortlaut orientierte und gegen eine wirtschaftliche Auslegung hat sich der [X.] im Übrigen auch --dort zu Gunsten der [X.] im Doppelstockmodell sowie bei der Weiter- und Zwischenvermietung entschieden (Senatsurteil vom 11.12.2018 - III R 23/16, [X.]E 263, 260, [X.] 2019, 640; [X.]-Urteile vom 08.12.2016 - IV R 55/10, [X.]E 256, 519, [X.] 2017, 722; vom 04.06.2014 - I R 70/12, [X.]E 246, 67, [X.] 2015, 289, und Senatsurteil vom [X.] - III R 24/16, [X.]E 265, 379, [X.] 2020, 48, Rz 25, offengelassen bei durchgeleitetem Darlehen).

Dies widerspricht schließlich auch nicht dem [X.]-Urteil in [X.] 2014, 1588, [X.] 2014, 1007. Denn jener Entscheidung liegt keine wirtschaftliche Betrachtungsweise zugrunde, sondern die Erwägung, dass die monatlichen Zahlungen der dortigen Klägerin an die Verkäuferin nicht der Abwicklung oder Erfüllung des Kaufvertrags dienten, sondern die Klägerin auf den eigenständigen Rechtsgrund der [X.] zahlte, durch die wiederum die Anschaffung von Wirtschaftsgütern entgolten wurde.

f) Für den Senat ist nicht ersichtlich, dass die gewählte Gestaltung als Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts (§ 42 AO) gewertet werden könnte. Die Beteiligten haben dazu nichts vorgetragen, und das [X.] hat nicht festgestellt, dass es sich um eine ungewöhnliche Gestaltung handelt.

4. [X.] ergibt sich aus § 135 Abs. 1 [X.]O.

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III R 15/18

07.10.2021

Bundesfinanzhof 3. Senat

Urteil

vorgehend Finanzgericht Baden-Württemberg, 22. Februar 2018, Az: 3 K 3018/15, Urteil

§ 8 Nr 1 GewStG 2002, § 607 BGB, § 609 BGB, § 101 Nr 2 BGB, § 4 Abs 4 EStG 2002, § 255 HGB, EStG VZ 2005, GewStG VZ 2005

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 07.10.2021, Az. III R 15/18 (REWIS RS 2021, 2040)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 2040

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