Bundesgerichtshof, Beschluss vom 06.02.2024, Az. 3 StR 36/23

3. Strafsenat | REWIS RS 2024, 949

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Tenor

Das die [X.] betreffende Verfahren wird eingestellt.

Gründe

1

Das [X.] hat die drei Angeklagten am 26. April 2022 unter Freispruch im Übrigen wegen mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung und teils weiterer Delikte zu ([X.] verurteilt. Es hat verschiedene [X.] getroffen. Gegenüber der [X.] hat es die Einziehung von [X.] in Höhe von 17.470 € angeordnet. Der Senat hat durch Beschluss vom 10. August 2023 von der Einziehung bestimmter sichergestellter Gegenstände abgesehen und die Revisionen der Angeklagten im Übrigen verworfen. Die [X.] beanstandet mit ihrer Revision die Verletzung formellen und materiellen Rechts.

2

1. Das die [X.] betreffende Verfahren ist entsprechend § 206a Abs. 1 [X.] einzustellen; denn sie ist inzwischen unanfechtbar verboten worden und mithin erloschen (vgl. § 3 Abs. 1 Satz 1, § 11 Abs. 2 Satz 1 und 3 [X.]; BVerwG, Urteil vom 27. November 2002 - 6 A 4.02, NVwZ 2003, 986, 987). Das [X.] hat die Klagen gegen das mit Verfügung des [X.] vom 7. Juli 2021 ausgesprochene Verbot der [X.] (s. BAnz [X.], 12. Juli 2021 [X.]) durch Urteil vom 19. September 2023 abgewiesen (BVerwG, Urteil vom 19. September 2023 - 6 A 12.21, juris).

3

Mit dem Erlöschen der [X.] infolge vereinsrechtlichen Verbotes kommt eine weitere Beteiligung im Strafverfahren nicht mehr in Betracht. Dafür bedarf es keiner Vertiefung, wie sich die Rechtslage in Konstellationen darstellt, in denen es sich bei der [X.] um eine natürliche Person handelt und diese verstirbt oder um eine juristische Person und sich diese in Liquidation befindet (vgl. [X.], Urteil vom 16. Dezember 1958 - 1 StR 431/58, [X.]St 12, 273, 277; [X.], [X.], 27. Aufl., § 427 Rn. 29 ff.; KK-[X.]/Schmidt/[X.], 9. Aufl., § 427 Rn. 6; [X.]/[X.]/[X.], [X.], 66. Aufl., § 427 Rn. 8). Jedenfalls in der vorliegenden Konstellation scheidet die Fortführung des die [X.] betreffenden Verfahrens mit einem etwaigen Rechtsnachfolger aus. Zwar erwirbt der - in Bezug auf das [X.] - Einziehungsbegünstigte mit Unanfechtbarkeit des Verbots das Vereinsvermögen sowie eingezogene Gegenstände als besondere Vermögensmasse (§ 11 Abs. 2 Satz 1 [X.]), aus der Gläubiger zu befriedigen sind (§ 13 Abs. 1 Satz 1 [X.]). Damit tritt er aber nicht allgemein in die Rechte und Pflichten des Vereins ein (vgl. [X.]/[X.]/Wache, Strafrechtliche Nebengesetze, Stand: 249. EL, § 11 [X.] Rn. 5; [X.] in [X.]/[X.]/Ruthing, Sicherheitsrecht des [X.], 2. Aufl., § 11 [X.] Rn. 6; [X.]/[X.]/[X.], [X.], § 11 Rn. 14; [X.], [X.], 2. Aufl., § 11 Rn. 4; anders [X.]/Stöber, Stand: 1. August 2023, BGB § 41 Rn. 38).

4

2. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Es ist nicht angezeigt, die notwendigen Auslagen der - aufgrund der vereinsrechtlichen Verbotsverfügung nicht mehr bestehenden - [X.] nach der [X.] des § 472b Abs. 3 [X.] der Staatskasse aufzuerlegen. Insofern stellt sich die Rechtslage anders dar als bei einem Angeklagten, für den die Kostenregelung des § 467 [X.] gilt (s. BT-Drucks. V/1319 S. 86; [X.], Urteil vom 28. Februar 1959 - 1 StE 1/59, [X.]St 13, 32, 41; [X.][X.], [X.], 26. Aufl., § 467 Rn. 21, § 472b Rn. 8; SK-[X.]/[X.], 5. Aufl., § 472b Rn. 10; vgl. etwa für den Fall des Todes des Angeklagten [X.], Beschluss vom 8. Dezember 2022 - 4 StR 75/22, [X.], 213 Rn. 4 mwN). Von einer Anordnung der Einziehung wird im Sinne des § 472b Abs. 3 [X.] abgesehen, wenn eine solche im Ergebnis unterbleibt (s. [X.][X.], [X.], 26. Aufl., § 472b Rn. 8; MüKo[X.]/[X.], § 472b Rn. 16; SK-[X.]/[X.], 5. Aufl., § 472b Rn. 9).

5

Es kann dahinstehen, ob es überhaupt sachgerecht sein kann, eine Auslagenentscheidung zugunsten eines rechtskräftig verbotenen Vereins zu treffen; zumindest unter den gegebenen Umständen ist eine solche nicht geboten. Im Rahmen der Ermessensentscheidung ist zwar zu berücksichtigen, dass es sich bei den nach den Urteilsfeststellungen durch die Vereinigung angesammelten, von der Einziehungsanordnung betroffenen Beträgen entgegen der Annahme des [X.]s nicht ohne Weiteres um Tatertrag gemäß § 73 Abs. 1, § 73b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StGB handelt (vgl. dazu näher [X.], Urteil vom 15. Juni 2022 - 3 StR 295/21, [X.]St 67, 87 Rn. 9). Jedoch hat zumindest eine entschädigungslose Sicherungseinziehung nach § 74b Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 StGB als zur weiteren strafrechtswidrigen Verwendung im Sinne der Vereinigung vorgesehene Tatmittel (s. [X.], Beschluss vom 9. März 2021 - 3 StR 197/20, [X.]R StGB § 74b Abs. 1 Gefahr 1; Urteil vom 15. Juni 2022 - 3 StR 295/21, [X.]St 67, 87 Rn. 21) oder eine Einziehung nach § 74 Abs. 1, § 74e Satz 1 Nr. 2 StGB derart nahegelegen, dass eine Auslagenerstattung unbillig erscheint.

Schäfer     

      

Paul     

      

Hohoff

      

Anstötz     

      

Kreicker     

      

Meta

3 StR 36/23

06.02.2024

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend BGH, 10. August 2023, Az: 3 StR 36/23, Beschluss

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 06.02.2024, Az. 3 StR 36/23 (REWIS RS 2024, 949)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2024, 949

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